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Recycling bei Tamedia

Was ein Qualitätskonzern ist, schreckt nicht vor Zweit- und Drittverwertung zurück.

Das Wiedergewinnen von Rohstoffen ist eines der grossen Themen unserer Gesellschaft. Da sind die Schweizer Weltmeister, hier kommt nichts weg. Plastik,Glas, Karton, Papier, Batterien. Alles wird aufbereitet und wiederverwendet.

Diesem edlen Prinzip hat sich auch Tamedia verschrieben. Allerdings mehr inhaltlich als auf Papier. Nein, das Haus der Qualitätsmedien rezykliert nicht die Rezension der letzten Ausgabe von «Wetten, dass..?» Stattdessen hätten wir dieses Prachtexemplar von Wiederverwertung.

Die Autorin der «Süddeutschen Zeitung» Elisa Britzelmeier kümmert sich um die ins Feuer geratene wohltätige Stiftung von Michelle Hunziker.

Das schlägt sich am 9. März in diesem Artikel in der SZ nieder:

Wunderbar, sagte sich die «SonntagsZeitung» einen Tag später, da müssen wir nicht mal den Titel ändern:

Aber gut, damit der Leser weiss, wofür er sein Geld ausgibt; der Lead wurde umgeschrieben. Das war’s? Aber nein, «wir bleiben dran», sagt sich Tamedia. Also an Britzelmeier, und so titelt der Tagi am 13. März:

Wer die Version in der SoZ nicht gelesen hat, dem entgehen verschiedene feine Unterschiede. So heisst der erste Satz in der SoZ: «Michelle Hunziker hat gerade gut zu tun.» Was für ein Zufall aber auch, genauso lautet der erste Satz in der «SZ»: «Michelle Hunziker hat gerade gut zu tun.» Da sagte sich der Tagi, dass er ja nun diesen Text nicht nochmal seinen Lesern servieren könne. Also veränderte er den ersten Satz grundlegend: «Michelle Hunziker hat gut zu tun.»

Diese feine Redigierarbeit muss man abschmecken. Durch die Amputation des «gerade» wird der Satz doch viel schneller, stromlinienförmig, flutscht nur so. Da wäre es doch vermessen, daran rumzukritisieren, schliesslich handelt es sich hier offensichtlich nicht um Recycling, sondern um eine eigentliche Neuschöpfung, wahrscheinlich sogar unter Einsatz einer KI.

Und bitte, schon der zweite Satz unterscheidet sich dann in den Versionen SoZ und Tagi grundlegend. Zuerst die SoZ: «Während sie hierzulande vor allem als Co-Moderatorin bei «Wetten, dass..?» im Gedächtnis blieb, ist sie in Italien fernsehmässig noch eine Spur erfolgreicher. Dort ist in diesen Tagen eine neue Ausgabe ihrer Show «Michelle Impossible» angelaufen.»

Nun die Version Tagi, wieder deutlich verschlankt: «In Italien ist in diesen Tagen eine neue Ausgabe ihrer Show «Michelle Impossible» angelaufen.» Viel besser so, schneller, kein Rückgriff in die Vergangenheit.

Schliesslich muss Tamedia, wie alle Hersteller von Qualitätsprintprodukten, an das Durchschnittsalter der Leser denken. Die stehen mehrheitlich zumindest knapp davor, demnächst eine 13. AHV-Rente zu bekommen. Und in diesem Alter kann es schon passieren, dass man mal etwas vergisst. Zum Beispiel, dass man einen Text zweimal serviert bekommt.

Nein, wir wiederholen uns: das ist kein Recyclieren. Das ist, nun ja, umformen? Neu einschenken? Verschlanken? Verbessern? Aktualisieren? Vielleicht sollte man Britzelmeier fragen, was sie davon hält …

Blonde Strähnen verheddern sich in Glasnudeln

Wir sind erschüttert: Stimmen die Vorurteile gegen Blondinen doch?

Von Adrian Venetz

Liebe Freunde des kultivierten Zeitgeistes, jetzt heisst es tapfer sein. Wieder einmal erschüttert ein handfester Skandal unseren Seelenfrieden. Wie uns aus der gehobenen Klasse des 20-Minuten-Journalismus zugetragen wird, geschah Folgendes: Die Fernsehmoderatorin Michelle Hunziker machte sich im italienischen Fernsehen über Asiatinnen und Asiaten (und alles dazwischen) lustig. Mit ihren filigranen, engelhaften Zeigefingern zog sie ihre Augen zu Schlitzen und äffte das asiatische Unvermögen nach, den Buchstaben «R» auszusprechen.

Gerade von Michelle Hunziker, die normalerweise durch Hegel-Rezeptionen und ihre wissenschaftlichen Beiträge zur Quantenmechanik von sich reden macht, hätten wir das nicht erwartet. Klarer Fall: Lebten wir noch im 18. Jahrhundert, sähen wir die blonden Strähnen von Frau Hunziker nun arg versengt in den Flammen des Scheiterhaufens.

Weil es sich heutzutage nicht schickt, Frauen und Männer (und alles dazwischen) zu verbrennen, gibt es gottlob Alternativen wie Twitter, Instagram und 20 Minuten (und alles dazwischen). Hier wird Michelle Hunziker nach allen Regeln der Kunst virtuell gesteinigt, worauf sie natürlich stante pede zu Kreuze kriecht und sich entschuldigt. «Bitte hasst mich nicht, wir machen alle Fehler», zitiert 20 Minuten die blonde Hexe. (Auch auf Instagram hat sie sich entschuldigt. Und das will ja was heissen.)

Nur: Ein Schweizer Influencer namens Brian Havarie (sic!) nimmt ihr diese Entschuldigung nicht ab. Dieser junge Mann, der es als Zalando-Model fast so weit gebracht hat wie Atomphysikerin Hunziker, findet die Entschuldigung Hunzikers «nicht authentisch», wie 20 Minuten den «Berner Beauty-Guru mit vietnamesischen Wurzeln» zitiert. Hunziker habe sich wohl aufgrund des medialen Drucks entschuldigt. Der Rassismus sei zu fest verankert. Auf Instagram und Twitter erhält das Zalando-Model reichlich Rückendeckung in seinem Furor gegen das Ex-Model. «Fake! Fake! Fake!», tobt die Instagram-Gemeinde, nachdem sich Hunziker Asche auf ihr blondes Häuptchen gestreut hat.

Gott seis geklagt: Da trinke ich am Morgen in aller Ruhe meinen Kaffee, rauche eine Zigarette, werfe einen scheuen Blick auf 20 Minuten online und muss zum Schluss kommen, dass unsere Welt verdammt nah dran ist, komplett den Verstand zu verlieren.