Schlagwortarchiv für: Michèle Binswanger

Gesinnungs-Journalismus

Was ist nur aus Nick Lüthi geworden?

Der war früher mal ein unabhängiger Journalist, der die «Medienwoche» herausgab. Sie wurde dann ein weiteres Opfer der aussterbenden Spezies Medienkritik.

Seither verdingt er sich auf persoenlich.com als Redaktor. Hier wird meistens mit Wattebäuschen geworfen. Hier aber nicht. Der leicht unrasierte Herr mit gebleckten Zähnen ist «Martin Steiger, Anwalt und Medienrechtler». Also im Prinzip eine valable Figur, um etwas zum Zuger Skandal-Urteil zu sagen, dass Jolanda Spiess-Hegglin für 4 ehrverletzende Artikel eine Gewinnherausgabe von über 300’000 Franken zusprach.

Der Mann sagt für einen Juristen erstaunliche Dinge. Wieso sei Ringier mit seiner Argumentation nicht durchgekommen?

«Das lag aber auch daran, dass das Gericht auf dem Bundesgerichtsurteil zur Gewinnherausgabe in Sachen Willy Schnyder, dem Vater der Tennisspielerin Patty Schnyder, von 2006 aufbaute und auf die rechtliche Lehre verweisen konnte

Damit wäre er bei der Anwaltsprüfung durchgerasselt. Das Bundesgericht hat lediglich den grundsätzlichen Anspruch – im Gegensatz zur Vorinstanz – bestätigt. Es wurde damals, hinter die Ohren schreiben, keine Gewinnberechnung durchgeführt, weil man sich in einem Vergleich einigte.

Dann sollte der Jurist vielleicht die Finger von Finanzrechnungen lassen, denn er hat eine Meinung, aber keine Ahnung:

«Mir erscheint mit Blick auf den begründeten Entscheid plausibel, dass Jolanda Spiess mit ihren finanziellen Forderungen deutlich näher an der Wahrheit lag als Ringier.»

Und was ist mit der abschreckenden Wirkung dieses Fehlurteils? «Nein, ich teile diese Befürchtung nicht.» Dass Verlage damit bedroht sind, dass aufgrund von aberwitzigen Berechnungen Zahlungen in der Region Hunderttausende fällig werden könnten und kritische Berichterstattung unter diesem Damoklesschwert eingeschränkt wäre – nichts Abschreckendes. Da lachen selbst juristisch nicht ausgebildete Hühner.

Aber der Anwalt kann noch mehr, auch inhaltslose Sätze: «Die Medienfreiheit ist kein Freipass für Persönlichkeitsverletzungen.» Hat auch niemand behauptet …

Und dann noch zwei Brüller zum Schluss: «Das Kantonsgericht Zug hat mit seinem Entscheid erst einmal ein bemerkenswertes und lange erwartetes medienrechtliches Präjudiz geschaffen.» Es hat tatsächlich ein Präjudiz geschaffen, das aber so schnell wie möglich korrigiert werden muss, da es auf Luftberechnungen ruht.

Und: «Wenn es alles in allem bei dieser Rechtsprechung bleibt, wird jener Journalismus in der Schweiz, der auf Qualität setzt, erheblich gestärkt.»

Nach diesem juristischen Geplapper kommt allerdings noch eine Fussnote, die genau das Gegenteil beweist. Zum einen, dass Lüthi nicht auf Qualität, sondern auf Gesinnung setzt. Zum zweiten, dass es völlig unter jeder Kanone ist, jemanden als Fachmann zu präsentieren, der mit einer der beiden Parteien verbandelt ist. Es gäbe nun wahrlich genügend Medienanwälte in der Schweiz, die zumindest eine nur fachlich motivierte Meinung abgeben könnten. Aber so?

«Martin Steiger sitzt im Beirat von #NetzCourage, einer Organisation, die Jolanda Spiess-Hegglin gegründet hatte.»  Als die Hassleaks nachwiesen, auf welch üble Art JSH gegen ihre Feindin Michèle Binswanger vorging («Drecksarbeit», die Autorin so fertigmachen, dass sie am besten «auswandern» sollte), gingen die tapferen Beiräte auf Tauchstation.

Die NZZ schrieb damals: «Die zitierten Chat-Wortmeldungen sind teilweise krass und lassen sich mitnichten mit Spiess-Hegglins Ansinnen vereinbaren, Hass im Netz zu bekämpfen

Nur Steiger verstieg sich auf Anfrage zur Antwort: «Als Beiratsmitglied stehe ich dem Vorstand von #NetzCourage weiterhin mit meinem Fachwissen zur Verfügung: Der Vorstand fragt, ich gebe Rat. Meine Beiratstätigkeit erfolgt ausschliesslich gegenüber dem Vorstand und nicht gegenüber der Öffentlichkeit.»

Nun geht er aber an die Öffentlichkeit, und wie …

 

Wumms: Aline Trede

Die grüne «Nationalrätin und Unternehmerin» heuchelt vor sich hin.

Die Fraktionschefin der Grünen ist keine Zierde des Parlaments. So keifte sie in Fäkaliensprache «Stoppt dieses Scheissbuch», obwohl die umfangreiche Recherche von Michèle Binswanger gar noch nicht erschienen war. Aber sie gehört halt zum Unterstützerkreis einer Zuger Aktivistin, um die es eher ruhig geworden ist.

Auch opportunistische Heuchelei ist ihr nicht fremd: «Ich fliege nicht und finde, dass es in Europa für mich noch genug zu entdecken gibt.» Es gibt allerdings auch in Brasilien und Uruguay genug zu entdecken, weshalb Trede an einem Parlamentarierreisli dorthin teilnahm. Denn merke: Reisen auf Kosten des Steuerzahlers machen am meisten Spass. Und Trede fliegt nicht, ausser sie fliegt doch.

Nun berichtet sie in ihrer Kolumne im «Blick» über einen Ausflug nach Orgosolo. Der sardische Ort ist bekannt für seine Murales, seine Wandgemälde. Die sind in ihren Aussagen nicht über jeden Zweifel erhaben; so wird der deutsche Staatsmann Helmut Schmidt wegen des Todes von RAF-Terroristen in Stammheim als «Experte in Sachen Staatsmord» beschimpft.

Trede hat aber anderes betrachtet: «Zu sehen sind Wandmalereien, die aufzeigen, dass Krieg und Unterdrückung ein Teufelskreis sind.» Daher kümmert sich Trede gleich um die grossen Fragen:

«Warum führt jemand Krieg? Warum sollen alle die gleiche Religion haben? Warum leben einige in Saus und Braus, während andere nichts zu essen haben

Das beschäftigt die Menschheit, seit unsere Vorfahren sich in der Höhle ein Mammut gebraten haben und beim Kauen darüber philosophierten. Aber leider hat auch Trede keine Antwort darauf. Oder höchstens eine kleine:

«Wir sollten mehr in die Friedenspolitik investieren und eine friedenspolitische Strategie entwickeln. Dass diese Diskussion nicht mehr geführt wird, ist auch dem von der bürgerlichen Mehrheit und den Medien sofortigen Abtun als naive Pazifisten geschuldet. Klar bleibt: Frieden ist die einzige Lösung. Krieg hat keine Zukunft.»

Tja, ob die GSoA heute noch ein paar Prozent Stimmen machen würde? Und wo werden Debatten über friedenspolitische Strategien abgetan? Sie werden schlichtweg nicht geführt, am allerwenigsten von Trede.

Aber gut, dass sie endlich eine gültige Antwort gibt. Gewalt ist keine Lösung, wussten wir’s doch. «Krieg hat keine Zukunft», behauptet sie noch kühn. Das wagen wir allerdings zu bezweifeln. Oder sollte das gar eine versteckte (oder offene) Kritik an den Kriegshandlungen Israels sein? Will Trede damit sagen, dass im Nahen Osten endlich Friedensverhandlungen geführt werden sollten? Damit setzt sie sich doch der Gefahr aus, als Antisemitin gebrandmarkt zu werden, ts, ts.

ZACKBUM hingegen hatte nur eine kleine, friedfertige Frage an Trede. Mit welchen Transportmitteln denn die Nicht-Fliegerin auf die Insel Sardinien gelangte. Bequem per Flieger oder tatsächlich mit Zug und Schiff? Aber so friedfertig sich Trede auch gibt, die mitteleuropäische Sitte, auf journalistische Anfragen zu antworten, die geht ihr nachhaltig ab.

Schon als ZACKBUM fragte, wie sich denn die Flugreisen nach Lateinamerika mit ihrem Bekenntnis, nicht zu fliegen, vereinbaren liessen, schwieg sie verkniffen.

Grün ist die Farbe der Heuchelei, das gilt nicht nur in Deutschland.

Der Neumarkt-Schwank

Schwankende Gutmenschen gefangen in ihrem Labyrinth.

Michèle Binswanger macht eine wahre Lachnummer im «Tages-Anzeiger» publik. Kurzfassung: das überwoke und mit Millionen aus dem Steuersäckel subventionierte Theater am Neumarkt hat eine Klage am Hals. Wegen Verletzung der Antirassismus-Strafnorm.

Das ist zum Totlachen, aber kein Witz. Das Theater fiel schon mehrfach durch mehr als schräge Nummern auf. So dem Auftritt einer deutschen Randaletruppe, die angeblich den «Stürmer»-Streicher aus Roger Köppel austreiben wollte. Oder mit einer Solidaritätswebseite für den Schläger Brian K.

Nun ist dem sensiblen, solidarischen, antirassistischen, linksgrünen, gegen Hetze, Rechtspopulismus und die SVP ankämpfenden Ensemble aber die Höchststrafe passiert. Man (und frau und everybody beyond) ist in die eigene Grube der Überkorrektheit gefallen.

Die Ausgangslage war aber auch echt scheisse, wenn man das so sagen darf. Also echt scheisse für Gutmenschen. Denn es trug sich zu, dass das Neumarkt  den Schauspieler Yan Balistoy beschäftigte. Der ist Schweizer mit israelischer Herkunft. Und es beschäftigt eine Schauspielerin aus dem Libanon. Na und, ist doch echt multikulti.

Leider nein. Denn im Libanon herrscht auch die fundamental-religiöse Terrortruppe Hizbollah. Und diese Hetzbolla ist für die Durchsetzung eines Gesetzes aus dem Jahre 1948 besorgt, das es libanesischen Staatsangehörigen verbiete, mit Israelis Kontakt zu pflegen oder gar öffentlich aufzutreten.

Das gelte selbstverständlich nicht in der Schweiz, wurde argumentiert, aber die im Libanon lebende Familie der Schauspielerin könnte Repressionen ausgesetzt werden. Und was tat der Gutmenschentrottelhaufen vom Neumarkt? Er wog und wägte, räsonierte ohne Räson  – und gab dem Ansinnen der Schauspielerin statt, dass sie leider nicht mit dem Kollegen mit israelischem Migrationshintergrund auftreten könne.

Damit der israelische Kollege richtig in Wallungen käme, verlängerte die Direktion dann auch seinen Vertrag nicht. Putzige Begründung: zu wenig Einsatzmöglichkeiten.

Nun will der Mann Rache und überzieht das Theater mit einer Strafanzeige gegen «den Verwaltungsratspräsidenten, die drei Direktorinnen und den Hausdramaturgen», schreibt Tamedia, der diese Anzeige offensichtlich zugespielt wurde.

In der Anzeige wird feinsinnig argumentiert, es «sei fraglich, ob die Angaben der libanesischen Schauspielerin überhaupt zutreffen, dass es ihr aufgrund des Gesetzes verboten sei, mit Balistoy aufzutreten. Dieses regle nämlich «gemäss seinem Wortlaut (und nach Verständnis der Unterzeichneten und des Anzeigers) primär die Einreise und den Warenverkehr zwischen Israel und dem Libanon»». Auch eine Gefährdung der im Libanon lebenden Familie der Schauspielerin könne ihm nicht entnommen werden.

Nachdem diese Vorwürfe im Dezember letzten Jahres publik wurden, salbaderte das Theater weihevoll das Übliche, es sei ein

«Haus der Vielheit und Offenheit. Anti-israelisches und anti-jüdisches Gedankengut haben bei uns keinen Platz».

Das mag ja durchaus so sein, dass hier keine Sprechchöre «From the River to the Sea» erklingen. Das ändert aber nichts daran, dass sich ein Schweizer Theater den Behauptungen einer ausländischen Schauspielerin beugte, sie nicht weiter nachprüfte und somit indirekt libanesische Gagagesetzgebung in die Schweiz immigrierte.

Zum Bild unbelehrbarer Gutmenschen gehört auch, dass sie für Steuergelder eine «externe Untersuchung» in Auftrag gaben. Die ergab überraschungsfrei: alles super, alles paletti im Haus, selbst Haustiere und Ratten gendern korrekt, neben dem Stuhl gibt es auch eine Stühlin, und wie viele hybride WCs es gibt, wollen wir gar nicht wissen. Die Untersuchung klammerte aber wohlweislich den Fall aus, weswegen sie angestossen wurde.

Dada und Gaga auf der Bühne ist immer willkommen. Um sie herum, aufgeführt von wohlbezahlten Verwaltungsräten, Direktorinnen und Hausdramaturgen: Vorhang, Buhrufe, Abtritte.

Sehr peinlich ist, nebenbei, auch der Auftritt des VR-Präsidenten Thomas Busin, der CH Media im April ein Exklusiv-Interview gab, nachdem er monatelang geschwiegen hatte. Darin kann er keinen Fehler bei sich erkennen, es sei halt eine komplizierte Welt, und jeder, der eine bessere Lösung als die vom Theater gewählte wisse, solle das doch bekanntgeben. Und: «Wir sind der Überzeugung, dass unsere Lösung die bestmögliche war.»

Angesichts des anhaltenden öffentlichen Aufruhrs kann man sagen, dass Busin ein Interview mit einem Bühnenschwank verwechselt. Ein letzter Lacher zum Abschluss: «Wir haben uns gegenüber den Arbeitnehmenden, dem Haus und dem Subventionsgeber korrekt verhalten.» Wenn er das sagt …

Wenn wir das Ende der Groteske vorwegnehmen dürfen: Busin (oder ein Bauernopfer) tritt zurück, um «weiteren Schaden von der Institution abzuwenden». Tut ihm auch nicht weh; der ehemalige Tischtennisspieler betreibt noch das «Liongym Fitness», war Chef der Migros Clubschule, ist Delegierter des VR von «Molino-Pizzerien», im Vorstand von Swiss Golf, im VR von Kieser Training, Axino Solutions und bei der Fraxiness GmbH.

Allerdings scheint dabei das Hirntraining etwas vernachlässigt zu werden.

Hoch lebe Meyer

Hätte ZACKBUM auch nicht gedacht. Aber wir sind fair und objektiv.

Eigentlich gehört Frank A. Meyer, das Hausgespenst des Ringier Verlags, zu den Unkommentierbaren bei ZACKBUM. Aber wer sein Interview liest, das er Michèle Binswanger gegeben hat, kommt nicht umhin, den Hut vor dem 80-Jährigen zu ziehen. Da formuliert er konzis, schlagend und mit messerscharfem Intellekt wie zu seinen besten Zeiten.

Daher ein kleines Best of:

«An einer Bauerndemonstration in Berlin wandte sich jüngst ein Landwirt gegen Leute, «die noch nie gearbeitet und noch nie geschwitzt haben». Er meinte damit jene linksgrüne, elitäre Akademikerschicht, die sich der Sozialdemokratie bemächtigt hat. In der Schweiz geben Cédric Wermuth und Mattea Meyer den Ton an, sozial beflissene Funktionäre, aber eben keine Genossen aus der Arbeiterschaft, weder Pfleger, Maurer noch Schreiner. Das ist das Problem: Erst wenn die Arbeiterbewegung wieder die Bewegung der Arbeiter ist, verschwindet der Rechtspopulismus, der von der Vortäuschung lebt, den Willen des einfachen Volkes zu vertreten.»

«Die linksgrüne Akademikerkaste schafft einflussreiche und einträgliche Positionen für sich und ihre Klientel. In Deutschland gibt es zum Beispiel über 170 Gender-Professuren, überall wimmelt es von NGOs, die heute ja weitgehend subventionierte Regierungsorganisationen sind. Der Aufstieg des Rechtspopulismus ist eine Reaktion auf diese veränderten Herrschaftsverhältnisse bei der Linken.»

«Das aktuelle Beispiel ist der Antikolonialismus der Wokeness-Ideologen: Sie gliedern den Holocaust ein in die Verbrechen des Kolonialismus – und bestreiten damit die Einzigartigkeit des millionenfachen Judenmordes durch die Nazis. Die Gaskammern werden zu einem Ereignis der Kolonialgeschichte – zu einer Untat untervielen. Gleichzeitig wird die Anschuldigung erhoben, auch Israel sei eine weisse, westliche Kolonialmacht und begehe Genozid an den Palästinensern. Der antisemitische Reflex gehört zur Wokenessbewegung wie die reaktionäre Cancel-Culture, die heute durch die Universitäten geistert, von Basel über Berlin bis Princeton und Harvard. Es ist der Versuch der kulturellen Machtergreifung durch ein Akademikermilieu, das sich links nennt, aber rechtsautoritären Aktivismus betreibt.»

«Der Streit ist doch unser Lebenselement – das müsste man meinen. Wenn das zutrifft, dann ist das auch unsere historische Stunde: die Stunde der Streitfreude – das Gegenteil von Anpassung und Korrektheit.»

Auch da, wo er irrt, tut er es mit Verve:

«In dieser Situation können wir nur eines tun: der Ukraine Waffen liefern. Sie muss die Russen so lange bekämpfen, bis sie aufgeben. Dieses Land kämpft um seine Freiheit – und diese Freiheit ist auch unsere Freiheit, denn sie ist unteilbar. Die Ukrainer haben den Westen besser begriffen als der Westen sich selbst.»

Aber wie er seine Rolle bei Ringier beschreibt, das hat dann wieder etwas fast Genialisches:

«Natürlich hatte ich Einfluss. Nicht Macht. Macht hat ein Pflichtenheft. Einfluss ist fliessend, wie es das Wort ja schon zum Ausdruck bringt. Sobald man über Einfluss spricht, schwindet er. Deshalb habe ich nie darüber gesprochen. Und natürlich bestimmte ich nichts, was mir nicht zukam. Ich mischte mich auch nicht ungebührlich ein. Ich war einfach da.»

ZACKBUM hätte auch nie gedacht, dass wir einmal schreiben: schön, dass er noch da ist.

Wumms: Patrick Frey

Schamlos und unanständig, der Mann.

Patrick Frey ist einer der Erblinken, die mit dem woken Kulturtempel «Kosmos» in Zürich eine Millionenpleite hinlegten. Er verkaufte seine Aktien noch rechtzeitig an einen gutmütigen Investor, jammerte aber anschliessend herum, wie ihn das persönlich getroffen habe und wie ungerecht die Welt so sei.

Nun muss der Steuerzahler einen Millionenschaden wegräumen, und das Schicksal der über 70 Angestellten, die von einem Tag auf den anderen auf der Strasse standen, interessierte weder Frey noch die anderen Bruchpiloten einen Dreck.

Das wären nun genug Gründe, einfach mal die Schnauze zu halten und den moralisch erhobenen Zeigefinger unten zu behalten. Wer dermassen moralfrei handelt, sollte wenigstens den Anstand haben, etwas in sich zu gehen.

Aber doch nicht Frey. Der keift gegen einen Kommentar von Michèle Binswanger: «Weder «hält» Judith Butler «die Gräueltaten der Hamas für legitim», noch sagt sie im Interview, «wer die Hamas als Terroristen bezeichne, mache sich des Genozids mitschuldig». Der Vorwurf eines «moralischen Bankrotts» fällt auf Binswanger und diese Art von Journalismus zurück.»

Es ist richtig, dass Butler in dem Interview Israel des Genozids beschuldigt. Es ist auch richtig, dass Butler 2006 sagte, dass es extrem wichtig sei, die Hamas und die Hetzbolla als «soziale Bewegungen zu verstehen, die fortschrittlich, links, Teil der globalen Linken» seien.

Ob Frey hier weiter recht hat oder nicht, ist für einmal völlig unerheblich. Wer selbst einen solchen Bankrott hingelegt hat, hat nicht lebenslänglich, aber doch eine hübsche Zeitlang jedes Recht verwirkt, anderen in irgend einer Form Bankrott vorzuwerfen. Tut er es dennoch, fällt das auf ihn zurück.

Aber das zeichnet diese Art von Gutmenschen aus: sie sind völlig schamfrei.

Jolanda Spiess-Hegglin: Sie klagt mal wieder

Dieser Artikel ist zuerst auf «Die Ostschweiz» erschienen. Nach haltlosen Behauptungen von RA Zulauf wurde er dort gelöscht – aus Angst vor «Androhung einer Klage». ZACKBUM ist gespannt …

«Im Oktober habe ich sie gebeten, zu einem Fragenkatalog Stellung zu nehmen.» Das ist ein Satz in Michèle Binswangers Buch über die Zuger Landammannfeier, bei der es zu einer intimen Begegnung zwischen zwei Politikern kam.

Der Laie könnte nun meinen, dass an diesem Satz nicht viel zu rütteln ist, vorausgesetzt, die in ihm enthaltene Tatsachenbehauptung ist richtig. Da täuscht sich aber der Laie. Denn dieser Satz muss laut der Anwältin von Jolanda Spiess-Hegglin (JSH) verboten werden.

Zusammen mit weiteren 195 Buchpassagen. Das fordert Anwältin Rena Zulauf in einer 88 Seiten umfassenden Klageschrift, plus Anhang von 34 Seiten. Plus jede Menge Beilagen.

Die Sache mit der Intimsphäre

Das Buch umfasst 219 Seiten und erschien nach einem jahrelangen Rechtsstreit, mit dem Spiess-Hegglin versuchte, juristisches Neuland zu betreten und ein ganzes Manuskript, dessen Inhalt ihr nicht bekannt war, präventiv zu verbieten. Das prozessierte JSH bis ans Bundesgericht hoch, erhob dort sogar noch Einsprache gegen das Bundesgerichtsurteil, dass das Buch selbstverständlich publiziert werden dürfe.

Als ob das nicht schräg genug wäre, ist nach dieser Kaskade von krachenden Niederlagen nun noch eine Klage beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegen die Schweiz in dieser Sache hängig.

Nun könnte man meinen, dass eine Person, die seit fast zehn Jahren behauptet, ihr wichtigstes Anliegen sei, dass ihre Intimsphäre aus der Öffentlichkeit verschwindet, es dann mal gut sein lässt.

Aber offensichtlich ist diese Intimsphäre nach Ansicht von JSH ungefähr drei Meter breit, fünf Meter lang und drei Kilometer hoch.

Dass den Juristen, die angesichts der Klagefreudigkeit von JSH das Buchmanuskript von «Die Zuger Landammann-Affäre. Eine Recherche» sorgfältig studierten, tatsächlich 196 Passagen, also faktisch auf jeder Seite eine, entgangen sein sollten, die Beanstandenswertes enthalten, ist abwegig.

20’000 Franken «Genugtuung»

Durch viele Niederlagen in dieser Sache unbelehrt, behauptet Zulauf nichts weniger, als dass die Persönlichkeitsrechte ihrer Mandantin 196-mal verletzt worden seien, also sozusagen zerfetzt. Zudem fordert sie den Gewinn aus dem Buchverkauf, samt fünf Prozent Zinsen. Zur genaueren Beurteilung soll die Buchautorin ihre Steuererklärung offenlegen. Zudem seien 20’000 Franken «Genugtuung» fällig, natürlich soll die Autorin die Verfahrenskosten und eine Entschädigung für die Bemühungen der Anwältin übernehmen.

Das würde sich läppern. In Anwaltskreisen geht man davon aus, dass die Erstellung einer Seite Klageschrift mit allem Drum und Dran mindestens eine Stunde in Anspruch nimmt. Bei einem gehobenen Stundenansatz von Fr. 600.- (konservativ geschätzt) wären wir bei 88 Seiten schon mal bei über 50’000 Franken.

Wie es so ihre Art ist, mäandert sich Zulauf mit nicht sachdienlichen rhetorischen Verirrungen durch die Seiten: «Die Aggressorin, die Beklagte, lässt jegliche Selbstreflexion missen.» Das könnte sich Zulauf an den Spiegel heften. Toll ist auch: «Die Beklagte nutzt Allgemeinplätze und abstrakte Einordnungen, die dazu dienen, die Klägerin in einem ungünstigen und herabsetzenden Licht darzustellen.» Genau das hat sich Zulauf vorgenommen. Den Höhepunkt an Nonsens erreicht die Anwältin aber hier: «Abermals wird auf Sokrates verwiesen: Wir wissen, dass wir nichts wissen.»

Schrotschussverfahren

Es ist nun tatsächlich die Frage, ob es reine Fürsorgepflicht nicht geböte, JSH von einer solchen Geldverschwendung abzuhalten. Denn es ist mehr als offensichtlich, dass hier einfach per Schrotschussverfahren losgeballert wird, in der Hoffnung, dass vielleicht eine oder zwei Schrotkörner treffen, was dann als grosser Sieg verkauft werden könnte.

Was ist dann das Motiv von JSH? Motivforschung ist in solchen Fällen sehr schwierig. Dass sich jemand, der eigentlich in Ruhe gelassen werden will, dermassen penetrant in die Öffentlichkeit drängt, ist widersprüchlich. Offensichtlich will JSH die Deutungshoheit über die Ereignisse an dieser Feier zurückgewinnen. Nur, was ihr akzeptabel erscheint, soll darüber veröffentlicht werden können.

Erschwerend kommt hinzu, dass JSH bislang gegen Ringier nur erreicht hat, dass die Ringier-Organe ihre Persönlichkeitsrechte verletzt haben. Es bleibt nur noch die Forderung nach Gewinnherausgabe gegenüber Ringier, wobei hier die Vorstellung von Millionenprofiten von JSH und ihrem Irrwisch-Berater Hansi Voigt ins Reich der Fantasie gehören.

Viele Mitkämpfer, darunter sogar mehrere Vereinspräsidentinnen, haben sich von ihr abgewandt. Die Veröffentlichung interner Mails hat gezeigt, dass die hasserfüllte Kämpferin gegen Hass im Internet selbst eine üble Kampagne gegen die ihr unliebsame Journalistin und Buchautorin befeuerte: Das Ziel müsse sein, dass sie auswandere, verkündete JSH die Marschrichtung.

In welchem Zustand sich die Vereinsfinanzen befinden, wie korrekt JSH die Einnahmen aus ihren diversen Spendenaufrufen verbucht hat, wer eigentlich die horrenden Gerichtskosten in eigener Sache zahlt, das alles sind offene Fragen. Zudem wurde ein Mitarbeiter auf die ruppige Art entlassen, Dienstleistungen wurden eingestellt. Überhaupt sind JSH und «Netzcourage» weitgehend aus der öffentlichen Debatte verschwunden.

Opfer journalistischer Nachstellungen

Das muss nun also ein verzweifelter Versuch sein, viele Schneebälle von Anschuldigungen zu werfen, in der Hoffnung, dass sich daraus eine Lawine entwickelt. Was passieren wird, ist ein weiterer, recht sinnloser juristischer Schlagabtausch, mit dem absehbaren Resultat: ausser Spesen nichts gewesen.

JSH sieht sich als ewiges Opfer journalistischer Nachstellungen. Diesen Opferstatus will sie dafür missbrauchen, dass über sie nur so geschrieben werden darf, wie es ihrer Selbstwahrnehmung entspricht. Das ist verstörend, und für das Opfer ihrer masslosen juristischen Attacke bedeutet das weitere Geld- und Zeitverschwendung.

Sterben in den USA

Ein Doppelschlag von NZZaS und SoZ über die sinkende Lebenserwartung.

Die USA wollen Vorbild sein. Freiheit und Demokratie überall in die Welt bringen. Wenn die Ukraine dafür kämpft, sind sie zuvorderst dabei.

So das wohlgeölte Propagandabild. Die Realität ist eine andere. Zufällig haben sich sowohl die NZZaS wie auch die SoZ dem Thema «Geraubte Leben» in den USA angenommen. Die NZZaS etwas grundsätzlicher und umfangreicher. Erschreckende Bilanz: «Die Lebenserwartung in den USA fällt fast auf das Niveau von Kuba».

Ein gutes Stichwort. Schon 2007 kritisierte der US-Regisseur Michael Moore in seinem halb-dokumentarischen Film «Sicko» das marode US-Gesundheitssystem, in dem 16 Prozent der Bevölkerung nicht einmal eine Krankenversicherungen haben und weitere Millionen nur eine ungenügende, die ihnen Behandlungen verweigert oder happige Zuzahlungen verlangt. Als Kontrast dazu reiste Moore nach Kuba, an Bord hatte er erkrankte Freiwillige, denen in den USA eine Behandlung verweigert wurde. In Kuba wurden sie kostenlos verarztet.

Natürlich war das propagandistisch überspitzt. Aber in den USA sind Tod und Lebenserwartung extrem klassenspezifisch. Menschen mit Migrationshintergrund, die in ärmlichen Vierteln leben, tun das entschieden weniger lang als reiche Hellhäutige.

«Dabei haben Experten diese Flut des Todes schon lange kommen sehen. Aron und Woolf waren 2013 an der gross angelegten Vergleichsstudie «Shorter Lives, Poorer Health» beteiligt, die fundamentale Faktoren hinter dem Rückschritt Amerikas gegenüber anderen Staaten bei der Lebenserwartung identifiziert hat. Doch die Gesundheits-Bürokratie unter Präsident Barack Obama liess die Studie in der Schublade verschwinden.
Seither sinkt die Lebenserwartung immer schneller, aber die Politik schaut zu.»

Ein weiteres Versagen des Friedensnobelpreisträgers Obama, der trotz seinen vielen Vorschusslorbeeren wohl der überschätzteste US-Präsidenten der letzten 20 Jahre ist.

Weitere Faktoren sind der überhandnehmende Schusswaffengebrauch, Suizide und schwer im Kommen: Drogen.

Dabei wurden Klassiker wie Kokain, Heroin oder Crack durch synthetische Drogen abgelöst. Besonders heimtückisch ist Fentanyl. Eigentlich als Schmerzmittel entwickelt, gehört es zur Familie der Opioiden. Seit Anfang der 80er-Jahre trat es seinen Siegeszug in den USA als billige Droge an. Es wird vor allem in China hergestellt; heutzutage liefert China die Rohstoffe nach Mexiko, wo Fentanyl dann gebraut wird und in die USA geschmuggelt.

Das Teuflische an der Droge ist, dass sie unvergleichlich stärker ist als die klassischen Opiate. Bereits 2 Milligramm stellen für die meisten Menschen eine tödliche Dosis dar. Auf dem Schwarzmarkt sind solche Gewichtsabmessungen illusorisch, zudem wird natürlich auch Fentanyl gestreckt, also weiss der Konsument nie, in welcher Reinheit er den Stoff bekommt. Kein Wunder, dass Fentanyl auch Bestandteil des Cocktails ist, mit dem in den USA die Todesstrafe per Spritze vollzogen wird.

Schon 2019 veröffentlichte der US-Investigativjournalist Ben Westhoff sein Buch «Fentanyl. Neue Drogenkartelle und die tödliche Welle der Opioidkrise», in dem er minutiös den Weg der neuen Drogen von der Herstellung bis zum Konsumenten nachzeichnete. Es fand kaum Resonanz.

In der SoZ interviewt Michèle Binswanger den US-Journalisten Barry Meier. Der hatte bereits 2003 ein Buch darüber veröffentlicht, wie eine kleine Pharmafirma namens Purdue ein Schmerzmittel auf den Markt pushte. Es versprach, den Menschen Schmerzen zu nehmen, wobei die Gefahr der Entwicklung einer Sucht oder Abhängigkeit bei unter einem Prozent liege. Das Buch hatte kaum Resonanz.

Das Mittel heisst Oxycontin, es kostet hunderttausenden von Menschen in den USA das Leben, hat eine Spur der Zerstörung in Familien und ganzen Gemeinden hinterlassen. In einer geradezu brutalen Serie hat Netflix diesen Skandal nachgezeichnet. In «Painkiller» beginnt jede Folge mit der Schilderung von gebrochenen Menschen, die einen nahen Angehörigen wegen Oxycontin verloren haben. Ihre Geschichte sei echt, nachfolgend sei aus dramaturgischen Gründen Realität und Fiktion gemischt worden.

Es ist die Story, wie eine gnadenlos süchtig machende Droge über Jahrzehnte legal als Arzneimittel verkauft werden konnte. Wie kam Purdue damit durch? Meier:

«Mit schmutzigen Tricks brachten sie die Zulassungsbehörde, Ärzte und Apotheker dazu, das Suchtpotenzial ebenfalls herunterzuspielen. Daraus wurde dann eine grössere Story zum Thema, wie wir mit Schmerz umgehen, wie wir Schmerz behandeln, wie die Pharmaindustrie operiert und die Lügen, die sie erzählt, um ihre Produkte zu verkaufen. … Sie bestachen Politiker, bezahlten Lobbyisten wie der ehemalige Bürgermeister von New York und Trump-Unterstützer Rudy Giuliani, Ärzte und Apotheker.»

Ein typischer US-Skandal besteht darin, dass die Familie Sackler zwar nach vielen Jahren dazu gezwungen wurde, die Firma Purdue in Konkurs gehen zu lassen und eine vergleichsweise lächerliche Entschädigung von 2,5 Milliarden Dollar zu zahlen. Ihr Privatvermögen wird heute immer noch auf 11 Milliarden US-Dollar geschätzt.

In der Netflix-Doku werden Sacklers als Bande von psychopathischen Monstern gezeichnet, die skrupellos nur am Geldverdienen interessiert sind und alles dafür taten, um möglichst lange Profit mit dem Elend von Millionen machen zu können. Das Management wurde zwar angeklagt, aber kein einziger Sackler; niemand musste auch nur einen Tag in den Knast für all diese Untaten. Wie ist das möglich, wer ist dafür verantwortlich?

«Das Justizdepartement, ganz klar. Anstatt Purdues Führungscrew persönlich zur Verantwortung zu ziehen, setzten sie die lokalen Ermittler unter Druck, die Anklagen fallen zu lassen. Die kamen mit einer harmlosen Rüge davon.
Das hat in den USA Tradition. Wirtschaftskriminelle werden bei uns selten belangt. Auch hier gelang es den Anwälten grosser Anwaltsfirmen, sich beim Justizdepartement einzuschmeicheln. Da sitzen dann Kollegen zusammen, und der eine überzeugt den anderen, warum eine Anklage total unfair wäre und dass man die Sache doch lieber mit einem harmlosen Verweis erledigen solle.»

Zufall oder Absicht, mit solchen (seltenen) Lichtblicken versöhnt die Sonntagspresse. Gelegentlich. Selten. Sehr selten.

 

 

 

Massiver Druckversuch

«Bösgläubig und haftbar». Man ist fassungslos.

Die Anwältin von Jolanda Spiess-Hegglin tut alles, um das Buch «Die Zuger Landammann-Affäre» zu verhindern. Dabei greift sie sogar zu Abmahnungen.

«Durch dieses und das vorangehende Schreiben ist» der Empfänger «nunmehr darüber informiert, dass das Buch zahlreiche persönlichkeitsverletzende Aussagen beinhaltet, weshalb» der Empfänger «im Falle der Distribution … nunmehr bösgläubig wäre und deshalb auch finanziell haftbar gemacht werden könnte (Schadenersatz, Gewinnherausgabe, Genugtuung)».

Solche Schreiben versandte Anwältin Rena Zulauf als verzweifelten Versuch, die Publikation und den Verkauf des Sachbuchs von Michèle Binswanger doch noch zu verhindern. Zuvor war Zulauf vor Bundesgericht damit gescheitert. Wogegen sie nochmals rekurrierte – bei ebendiesem Bundesgericht – und nochmals scheiterte.

Um ihre Behauptungen zu untermauern, führt Zulauf an, «dass tatsächlich drei Gerichtsverfahren gegen die Autorin an verschiedenen Zivil- und Strafgerichten sowie dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte hängig sind». Zudem seien «weitere Klagen in Vorbereitung». Das ist absurd. Am Europäischen Gerichtshof klagt Zulauf nicht gegen Binswanger, sondern gegen die Schweiz – weil sie sich mit der Klatsche des Bundesgerichts nicht abfinden will.

Die «verschiedenen Gerichtsverfahren» beziehen sich nicht auf das Buch, sondern auf eine Äusserung von Binswanger ausserhalb des Buchs und auf eine Klage auf Gewinnherausgabe, die auch nichts mit dem Buch zu tun hat. Schliesslich fabuliert Zulauf noch, «dass zahlreiche Passagen im Buch von Michèle Binswanger persönlichkeitsverletzend sind».

Das ist eine reine Behauptung, nichts mehr. Tatsache ist allerdings, dass Zulauf bislang, mit einer Ausnahme, sämtliche Verfahren verloren hat, die sie im Namen ihrer Mandantin anstrengte. Nachdem sie die Publikation trotz aller Müh nicht verhindern konnte, bereitet sie nun offenbar weitere Klagen vor.

Der Ausdruck Zwängerei trifft es hier wohl nicht ganz. Das ist nicht nur unbelehrbar. Sondern auch teuer.

Leider verbietet sich eine vertiefte Qualifikation dieses Vorgehens. Denn frau ist überaus klagefreudig. Das sollten auch allfällige Kommentatoren beherzigen.

Stumm wie ein Fisch

Was nicht mal stimmt, denn Fische geben Laut. Journalisten nicht.

Es ist eine zunehmende Unsitte. Journalisten verlangen lauthals Auskunft, Stellungnahmen und unterstellen flugs unlautere Absichten, wenn jemand einfach nicht auf ihre Anfragen antwortet.

Kurt W. Zimmermann macht sich völlig zu Recht in der aktuellen «Weltwoche» darüber lustig: «Dazu will ich mich nicht äussern», überschreibt er seine Medienkolumne. Als Paradebeispiel dient ihm Anuschka Roshani. Die hat im «Spiegel» ihren ehemaligen Chef und den Tamedia-Verlag in die Pfanne gehauen, dass es nur so gekracht hat.

Inzwischen musste der «Spiegel» bereits diverse Vorwürfe löschen, Prozesse sind hängig, und Roger Schawinski hat ein Aufklärungsbuch geschrieben, in dem – gestützt auf einen topseriösen Untersuchungsbericht – fast alle Vorwürfe von Roshani in der Luft zerrissen und ins Reich der (bösartigen) Fantasie verwiesen werden.

Wäre also durchaus sinnvoll, wenn sich Roshani nach ihrer Breitseite im «Spiegel» Anfang Februar erklären würde. Aber nein, sie sagt kein Wort. Oder nur zwei, drei, als sie von einer wohlgesonnenen Journalistin der «Süddeutschen Zeitung» Gelegenheit erhält, zu einer besonders peinlichen Tatsache Stellung zu nehmen. Nämlich der, dass sie vor ihrem internen und dann öffentlichen Mobbing sich um den Stuhl ihres Chefs schriftlich beworben hatte, obwohl der noch draufsass. Das sei eine «Vorwärtsstrategie» gewesen, darf sie unwidersprochen sagen.

Noch irrer war dann der «Literaturclub» des Schweizer Farbfernsehens, in den sie eingeladen wurde. Man habe entschieden, zum aktuellen Fall nichts zu sagen, sondern nur über Bücher zu sprechen. Geisterbahn ist noch ein sanfter Ausdruck für diese Art von Journalismus.

Aber es greift immer mehr um sich. Der ehemalige publizistische Leiter von CH Media ist offenbar und nachweisbar das Sprachrohr von Jolanda-Spiess-Hegglin gewesen, gab ihr seine Artikel vorab zur Durchsicht und koordinierte die Veröffentlichung mit ihr. Ob das stimme, und was das soll, wurde Pascal Hollenstein gefragt. Schweigen.

Bruchpilot Hansi Voigt ist Journalist und hält seinen Latz eigentlich überall rein. Welch üble Rolle spielte er eigentlich bei der Hetzkampagne gegen Michèle Binswanger? Schweigen. Welche Mitarbeiter hat eigentlich die «Republik» warum entlassen? Schweigen.

Die Beiräte von Hetzcourage, Pardon «Netzcourage» werden angefragt, ob sie nicht auch Zweifel an der charakterlichen Eignung der beiden Exponenten haben. Schweigen, mit Ausnahme eines Anwalts, der sagt, dass er nur mit dem Vorstand in dieser Sache rede, nicht mit der Öffentlichkeit.

Anfragen an Chefredaktoren und Journalisten, eine Anfrage an Fabian Urech von der NZZ, an Kaspar Surber von der WoZ, an Salome Müller von der «Zeit», an Renato Beck von der WoZ, statt einer inhaltlichen Antwort kommt bei ihm zurück: «Sind Sie jetzt im bürgerlichen Mainstream angekommen?» Sonst Schweigen, tiefes Schweigen oder höchstens mal ein flapsiger Spruch.

Schweigen oder Wurstigkeit, ein weiteres Symptom für den Niedergang des Journalismus. Wer soll denn noch Anfragen von Journalisten ernst nehmen, wenn die nicht mal selbst antworten?

Wer soll denn Journalisten noch ernst nehmen, wenn die nicht einmal rechtsgültige Verurteilung wegen eines einzigen Tweets aus dem Jahre 2020 über 70 Treffer in der Mediendatenbank SMD zeitigt, die Veröffentlichung erschreckender «#hateleaks», die Auswertung von tausenden von Mitteilungen, wird hingegen im Mainstream stumm übergangen?

Ist das noch ernstzunehmender Journalismus, betrieben von ernstzunehmenden Journalisten? Die sich über nebensächliche Themen wie Genderstern, inkludierende Sprache und das eifrige Nachführen von Listen von Wörtern, die man nur noch als N-Wort oder als M***kopf ausschreibt, ungehemmt und ungebremst verbreitern?

Sich unglaubwürdig machende Journalisten schreiben über Pipifax, antworten nicht auf Anfragen und legen überhaupt ein geistiges Niveau vor, bei dem sich selbst ein Schimpanse am Kopf kratzt. Das tragen sie zudem in einer Sprache vor, die auch ohne Genderstern mehr Geholper als Gekonntes ist. Sie summen im Chor die gleiche Meinung mit, wiederholen die ewig gleichen Scherenschnitte (Trump, au weia, Putin, sehr au weia, Xi, furchtbar au weia), fühlen mit jeder durch einen wollüstigen Blick belästigten Frau mit, scheren sich aber einen Dreck darum, wenn eine renommierte Journalistin durch eine Schmieren- und Hetzkampagne fertiggemacht werden soll.

Und dann wundern sie sich wirklich, dass die Lust des Publikums rapide abnimmt, dafür auch noch das Portemonnaie zu öffnen? Sich an die «Paywall heranführen» zu lassen, wie das die Chefredaktorin von Tamedia mit unübertroffener Einfalt radebrecht?

Newsblamage bei Hetzcourage

Erschreckendes über «Netzcourage». Die Mainstream-Medien schweigen.

In einer ganzen Serie hat Michèle Binswanger mit Hilfe eines Investigativteams Tausende von internen Äusserungen von Exponenten von «Netzcourage» ausgewertet. Ergebnis: Präsident Hansi Voigt und Gründerin und Geschäftsführerin Jolanda Spiess-Hegglin haben mit allen fiesen Tricks, «Drecksarbeit» und vielen Helfershelfern versucht, eine Buchpublikation zu verhindern und die Autorin so fertigzumachen, dass sie am besten «auswandern» sollte.

Ein Fall für «Netzcourage», der Fall von «Netzcourage». Das wäre eigentlich ein Anlass für die Mainstreammedien, die sonst jeden Furz einer angeblichen Diskriminierung einer Frau tief einatmen, breit zu berichten. Stattdessen: tiefes Schweigen im Blätterwald. Lediglich «20 Minuten» traute sich mit einer zerquälten Story an die Öffentlichkeit, die vor Konjunktiven und Möglichkeitsformen nur so strotzte.

Ringier? Will das Thema JSH weiträumig umfahren, solange der Prozess wegen Gewinnherausgabe läuft. Tamedia: hat lange Zähne, weil Binswanger dort in leitender Position tätig ist. NZZ? Will sich nach Ausflügen in den Themenbereich «Roshani/Canonica», die nicht sehr glücklich verliefen, lieber vornehm zurückhalten. CH Media? Will vielleicht ihren ehemaligen Leiter Publizistik, den JSH-Lautsprecher Pascal Hollenstein, schützen. Ob bei seinem abrupten Abgang Stillschweigen auch hierüber vereinbart wurde?

Natürlich schweigen wie gemeldet auch die Beiräte und natürlich JSH sowie Voigt auf entsprechende Anfragen.

Binswanger wurde am Mittwoch in Basel wegen Verleumdung verurteilt. Der Prozess drehte sich um einen einzigen Tweet, den Binswanger 2020 abgesetzt hatte und in dem sie JSH vorwarf, «einen Unschuldigen der Vergewaltigung zu bezichtigen». Das bewertete der Einzelrichter als «massiv ehrverletzend». Binswanger hat angekündigt, in Berufung zu gehen.

Darauf rauschte es im Blätterwald, die Mediendatenbank SMD zählt alleine am Tag des Urteils 47 Treffer. Eine fünfteilige Serie mit der Auswertung von Tausenden von Textnachrichten, die eindeutig belegen, wie hier eine hinterlistige Kampagne in Bewegung gesetzt wurde, um Binswanger unmöglich zu machen und die Publikation ihres geplanten Buchs mit allen Mitteln zu verhindern. Medienecho: nahe null. Vorläufiges, nicht rechtskräftiges Urteil wegen eines Tweets: grosses Kino.

Schäbiges Kino. Die meisten Medien, darunter auch «Blick» oder «Tages-Anzeiger», übernahmen einfach die SDA-Tickermeldung zum Prozess. Die NZZ, die bislang eisern geschwiegen hatte, nahm die Enthüllung der Hetzkampagne auf. Aber wie: «Veröffentlicht worden sind die Auszüge in mehreren Beiträgen auf einem Blog von Binswanger, wobei nicht klar ist, wer die Sache recherchiert und verfasst hat.» Das ist wohl nebensächlich, da es sich unter der Verantwortung von Binswanger abspielt, die Authentizität der Belege für diese Schmierenkampagne wäre wohl wichtiger zu erwähnen.

Immerhin räumt Daniel Gerny dann ein: «Die zitierten Chat-Wortmeldungen sind teilweise krass und lassen sich mitnichten mit Spiess-Hegglins Ansinnen vereinbaren, Hass im Netz zu bekämpfen.» Um sofort zu relativieren: «Allerdings ist vorderhand vieles unklar oder bleibt ohne Kontext und wird von den Betroffenen teilweise gar bestritten.» Wer die Dokumentation durchgelesen hat, fragt sich, was wohl Gerny angeschaut hat.

JSH selbst gibt sich abgeklärt und ruft alle Beteiligten zur Mässigung auf. Was im leichten Widerspruch zur Ankündigung ihrer Anwältin steht, dass die Veröffentlichung der Chatprotokolle neue Verfahren nach sich ziehen werde. Vielleicht sollten sich die beiden absprechen.

Schmerzlich peinlich ist aber, dass dieses Urteil auf einem Nebenschauplatz dermassen publizistische Aufmerksamkeit erregt – während der aktuelle Skandal einer nachgewiesenen Hetzkampagne keiner Erwähnung wert war. Ausser in der «Weltwoche» und in einigen wenigen, kleinen Plattformen.

Noch peinlicher ist es, dass alleine ein kleines Organ über diese Affäre so berichtet, wie es auch den sogenannten Qualitätsmedien anstünde: die «Jungfrau Zeitung». Seit 2020 nur noch als Internet-Ausgabe erhältlich, die sich aber laut eigenen Angaben der Aufmerksamkeit von 400’000 Nutzern erfreut. Ausgerechnet die kleine Gossweiler Medien AG, inzwischen in vierter Generation inhabergeführt, zeigt’s den vermeintlich Grossen, wie Berichterstattung geht.

Man kann die Auseinandersetzungen zwischen JSH und Binswanger als Zickenkrieg abtun, man kann sich gelangweilt abwenden. Aber man darf nicht übersehen, dass die Berichterstattung hierüber einen weiteren Tiefpunkt des medialen Schaffens der verbliebenen Rumpfredaktionen von Tamedia, CH Media und Ringier darstellt. Selbst die NZZ macht hier keine gute Falle, wie schon im Roshani-Skandal.

ZACKBUM bleibt dabei: dieses Zwischenurteil über einen einzigen Tweet ist erwähnenswert, aber Kurzfutter. Die Abgründe, die die fünfteilige Enthüllungsserie über die beiden Protagonisten von «Netzcourage» und ihre Helfershelfer aufzeigt, notabene eines Vereins, der auch mit Steuergeldern alimentiert wurde, wäre eine breite Berichterstattung wert gewesen. Aber auch diesen Teil des Handwerks – gewichten, einordnen, priorisieren – haben die überlebenden Redaktoren in ihren Verrichtungsboxen längst vergessen.

Tamedia bricht sich über die mangelnde Akzeptanz der Gendersprache einen ab, plädiert für mehr Sichtbarkeit. Hier wird eine Frau übel gemobbt, dazu noch eine eigene Mitarbeiterin, ausgerechnet von der hasserfüllten Kämpferin gegen Hass im Internet, samt Adlatus und Büttel – und das ist Tamedia weder einen Kommentar, noch eine Erwähnung wert? Aber ein juristischer Zwischenbescheid, das gibt immerhin ein copy and paste von der SDA. Das ist nun wirklich, um es im Tamedia-Stil zu sagen, zum K***.