Blütenlese beim «Spiegel»
Wie tief das Blatt gesunken ist, kann man nur im Kaleidoskop darstellen.
Nehmen wir die Hompage des Sturmgeschützes der Demokratie, das nur schreiben will, was ist.
Zunächst mal ein Nasenstüber gegen einen eher dem Blatt nicht sehr sympathischen Kanzlerkandidaten:
Lustiger Titel, dazu passend ein Foto, auf dem Friedrich Merz so aussieht, als habe man ihn gerade dabei ertappt Scheinriese zu spielen.
Dann eine Psychostudie bei Donald Trump. Da ist allerdings schon vieles, allzu vieles psychologisiert worden, gibt es denn noch was? Ach, mit ein wenig Mühe geht da noch einer:
Trump, Kampfsport. «Nirgendwo wirkt der US-Präsident authentischer als in der Umgebung von Figuren aus diesem Milieu», behauptet Nadine Wolter per Ferndiagnose. Trump, Figuren, Milieu, sonst noch Fragen?
Und kann man so etwas einfach mal berichten?
Da labert Heuchler Friedman unwidersprochen, als würden auch beim «Spiegel» lauter Toblers und Beninis sitzen, die ihn in einem sagenhaft schlechten Tamedia-Interview mit Samthandschuhen anfassten. Er behauptet, es gäbe nur ein kurzes Zeitfenster, «in dem wir die aufgeklärte Moderne, die der Menschlichkeit verpflichtete Demokratie, noch schützen können. Ich glaube, dass wir eine Zerbröselung von demokratischen Staaten erleben, wo Rechtsstaatsprinzipien und Minderheitenrechte zunehmend in Gefahr sind. Menschliches Leben, jüdisches Leben ist nur möglich, wenn die Menschlichkeit a priori gilt.»
Menschlichkeit a priori, sagt ein Mensch ohne rot zu werden, der mit Koks beim Sex mit minderjährigen osteuropäischen Zwangsprostituierten ertappt wurde.
Dann die scharfe Frage zur «Lage am Morgen»: «Wird der Kanzler zum Populisten?» Tja, wenn man das wüsste, wo man doch nicht mal genau weiss, was ein Populist eigentlich – ausser ein schlechter Mensch – überhaupt ist.
Dann hätten wir noch diesen hier:
«Der Sprachwissenschaftler Thomas Niehr analysiert Auftreten und Rhetorik von Deutschlands bekanntesten Populistinnen.» Was ist hier falsch? So ziemlich alles. Wenn etwas den Namen Sexismus verdient, dann diese Schlagzeile, diese Idee. Käme jemand, der noch alle Tassen im Schrank hat, auf die Idee, einen «Stilcheck» bei Olaf Scholz und Friedrich Merz zu machen, Deutschlands bekanntesten Kanzlerkandidaten?
Dann kassieren die Grünen, so gerecht ist der «Spiegel» wieder, kräftig Prügel:
«Die Partei verheddert sich in Widersprüchen», wird gebeckmessert. Und dazu noch: «Die Grünen wären gerne beides, eine feministische und und eine Bürgerrechtspartei. Im Fall Gelbhaar haben sie doppelt versagt.» Geht es hier wirklich um Feminismus? Oder gar um Bürgerrechte? Den falschen Baum angebellt, sagt man auf Englisch; hier sind es die falschen Bäume.
Ach, und dann gibt es doch noch die Abteilung Tratsch und Klatsch:
Holy cow; das erweiterte englische Königshaus ist doch immer für ein Gerücht gut. Kommt noch hinzu: «Nun droht auch Ungemach durch Donald Trump: Er könnte die Einreisepapiere des Prinzen veröffentlichen.» Der Mann hat’s wirklich nicht leicht, und Trump kümmert sich offenbar liebevoll um jedes Detail. Wird der Prinz gar wie die illegalen Immigranten ausgeschafft? Fortsetzung folgt.
Und als Absackerchen noch die News von vorgestern:
Liebe Leute, dieses bahnbrechende Heisse-Luft-Interview als Gratis-PR für Merkels Autobiographie ist am 22. November, immerhin 2024, erschienen – und ziert immer noch zuoberst die Rubrik «Das Beste von Spiegel+». Da möchte man ja nicht wisssen, was das Schlechteste wäre.