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Qualitätskontrolle nach Hausherrenart

Wie Tamedia Artikel spült, wenn’s dem Oberboss nicht passt.

Im Internet steht nur noch eine rauchende Ruine:

«Liebe Leserinnen und Leser
Im Dezember 2023 traf die publizistische Leitung von Tamedia die Entscheidung, den hinter diesem Link liegenden Artikel zu depublizieren. Der Artikel mit dem Titel «Zwei schwere Unfälle, zwei Todesfälle, eine verprügelte Betreuerin» erweckte mit der Bebilderung und im Text den Eindruck einer Parteinahme. Er war nicht mit den Qualitätsstandards des «Tages-Anzeigers» vereinbar.»

Am 18. November war der Artikel erschienen. Er kritisiert die Zustände in einem Heim für schwere Epileptiker. Nur sechs Tage, bevor das jährliche Qualitätsmonitoring besprochen wurde. Das ist ein Jubelbericht, der vom ehemaligen Chefredaktor Res Strehle abgeliefert wird. Dabei wird dieser Artikel erwähnt, der ansonsten unsichtbare «Leiter Publizistik» Mathias Müller von Blumencron, den wir der Einfachheit halber Müller nennen wollen, müllert, dass ihm die Illustration zu drastisch sei.

Da soll nach mehreren Ohrenzeugen Oberboss Pietro Supino mit seinem üblichen psychologischen Geschick eingegriffen haben. Es habe hier grobe handwerkliche Fehler gegeben, und überhaupt: «Ich schäme mich für diesen Text. Er ist inakzeptabel

Das alles wissen wir, weil die Affäre an die «Republik» durchgestochen wurde, die als Intimfeindin von Tamedia genüsslich ausbreitet:

«Bei der Veranstaltung in Winterthur herrscht nach Supinos Tirade Sprachlosigkeit. Die Führungs­spitze des Verlags, die fast vollständig anwesend ist, schweigt betreten: die im vergangenen Jahr neu engagierte CEO Jessica Peppel-Schulz, ihr inzwischen für die Qualitäts­monitorings zuständiger Vorgänger Marco Boselli, der publizistische Leiter Mathias Müller von Blumencron, der Zeitungs­verbund-Chefredaktor Benjamin Geiger und Ressort­leiterin Angela Barandun. Eine einzige Lokal­journalistin wagt es, gegenüber ihrem obersten Chef direkt anzumerken, sie halte die Art und Weise seiner Kritik für unangemessen. «Wir waren alle bestürzt, ja geschockt», erklärt ein Journalist das grosse Schweigen. Umso mehr wird Supinos Auftritt in den Tagen und Wochen danach zum Redaktions­gespräch

Genauso wie bei der «Republik» peinliches Schweigen über den Autor des grossen «Tamedia»-Verrisses herrscht, der inzwischen in Ungnade fiel, ohne dass er Gelegenheit bekam, sich zu rechtfertigen.

Der Artikel über die Baumgarten-Stiftung, ein klischeehaftes Porträt über eine Zürcher Stadtratskandidatin, was mit der Entlassung des Redaktors endete, Supinos feinfühliges Management des Roshani-Skandals, der Mann weiss, wie man für schlechte Stimmung sorgt.

Ein weiterer Höhepunkt war sein reingewuchteter Jubelkommentar für die Annahme der Subventionsmilliarde im Referendum, nachdem er zuvor höchstselbst mit einer völlig beknackten Werbekampagne, einer Sonderdividende und einer teuren Villa für Stimmung gesorgt hatte, die zur Ablehnung führte.

Nachdem der Artikel gelöscht wurde, Pardon, depupliziert, stellte sich die Redaktion etwas auf die Hinterbeine, immer laut «Republik». Das famose Recherchedesk wurde gebeten, den Artikel zu prüfen. Ergebnis: vorbildlich, hätten wir auch gebracht. Angela Barandum, Leiterin Zürich Ressort, Benjamin Geiger, Chefredaktor des Zürcher Zeitungsverbundes, und sogar Raphaela Birrer hätten darauf gedrängt, ihn zu republizieren, auch der Rechtsdienst des Verlags hätte ihn für korrekt befunden.

Und die eigentlich Betroffenen? Die Kommunikationsstelle des Heims meint, es habe zwar vereinzelt Ungenauigkeiten gegeben, aber man habe keine Gegendarstellung verlangt und: «Von unserer Seite wurde nie ein Antrag auf Online-Depublikation bei Tamedia gestellt

Solche «Depublikationen» sind eher selten in der Schweiz. CH Media löschte eine Glosse über die neue Werbekampagne der UBS; die Monsterbank hatte sich beschwert. 2018 musste ein Schmierenporträt des Konzernjournalisten Philipp Loser vom Netz genommen werden, weil der den Somedia-Verleger Hanspeter Lebrument, der gerade eine Kaufofferte von Tamedia abgelehnt hatte, ohne ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu bieten verunglimpft hatte.

Auch in den beiden anderen Tamediafällen hatte Supino seine Hand im Spiel. Nun hat er offenbar in Müller, der von publizistischer Leitung und Digitalmarketing ungefähr so viel Ahnung hat wie eine Kuh von Finanzflussplanung, einen willigen Helfershelfer gefunden, der alle redaktionsinterne Kritik abbügelt.

Um das Desaster zu vervollständigen, fehlt nur noch eins: eine interne Bespitzelung aller Kommunikationsmedien, um herauszufinden, wer das der «Republik» gesteckt hat.

Weise Worte, leise gemüllt

Tx, Pardon, Tamedia, Pardon, «Tages-Anzeiger» hat einen Sprücheklopfer.

Wegen der Unfähigkeit der Führungsetage gefeuert zu werden, das ist unangenehm. Davor Angst zu haben, wegen der Unfähigkeit der Führungsetage gefeuert zu werden, das ist ungemein motivierend für die Arbeit.

Man müsste untersuchen, ob um das Glashaus an der Werdstrasse in Zürich der Alkoholkonsum und der Verbrauch von Beruhigungsmitteln in letzter Zeit deutlich angestiegen ist.

Denn zu all diesem Ungemach hinzu müssen sich die verbliebenden Mitarbeiter noch dumme Sprüche anhören. Wenn sie hier die gleiche Sensibilität wie gegenüber angeblicher verbaler sexueller Belästigung hätten, müsste es eigentlich ein neues Protestschreiben geben. Die anstössigen Beispiele müssten dann nicht einmal anonym sein.

Denn der Urheber ist bekannt. Es handelt sich um Mathias Müller von Blumencron (für uns einfach Müller). Der ist zurzeit «Leiter Publizistik» und eigentlich für die Digitalstrategie zuständig. Was für eine Digitalstrategie? Ein anderes, trübes Thema.

Aber hier geht es darum, wie Müller Publikum und Mitarbeiter quält. «So ärgerlich und unangenehm der neuerliche Abbau für den einzelnen Betroffenen auch ist, so bringt er letztlich keine grosse Veränderung mit sich», sagt Müller persoenlich.com. Aha, ein Abbau ohne Veränderungen, ein Wunder der Unternehmensführung.

Aber natürlich ist ein Abbau auch immer eine Chance, ganz klar. Worin liegt die? Die einzelnen Medienmarken sollen ihr publizistisches Profil schärfen und ihre Stärken noch besser und konsequenter ausspielen. Das tut nun ziemlich weh im Kopf. Also sollen diese Medienmarken, deren Profil durch ständige Zusammenlegungen und dem Abfüllen einen Einheitssauce aus der Zentralredaktion deutlich unschärfer wurde, nun wieder nachschärfen? Mit weniger Leuten? Und welche Stärken sollen nach einer neuerlichen Schwächung besser und konsequenter werden? Das ist Bullshit-Bingo, unterste Schublade.

Zudem sollen mehr Digitalabos verkauft werden, was ja bedeutet, dass Müller hier versagt. Gleichzeitig aber, so weiss er, «müssen wir die gedruckte Zeitung noch stärker auf die Erwartungen und Bedürfnisse eines älteren Publikums ausrichten». Wunderbar, das schafft man sicherlich, indem man immer mehr billige Kindersoldaten einstellt und die älteren Leser mit Themen wie Gendersternchen und inkludierende Sprache quält, von einem Kolumnisten namens Kim ganz zu schweigen.

Aber damit ist Müller mit seiner Quälerei noch nicht am Ende. Denn eigentlich ist er ja der Online-Hirsch, daher weiss er: auch hier muss – was wohl, genau – der Fokus geschärft werden. «Das geht nur, wenn man in den Redaktionen sehr sorgfältig überlegt, was der Kern des Auftrags ist.» Endlich ein überfälliger Ordnungsruf. Denn die Redaktionen sind da völlig aus dem Ruder gelaufen. Sie denken an den Verkauf von Gebrauchtwagen, Glace und Kleidern in Übergrössen. Dazu ist ein Pizzalieferdienst in der Mache, Modeshows oder Kurse für Balkongärtner. All dieser Wildwuchs muss ein Ende haben. Stattdessen alle mal sorgfältig überlegen: was macht ihr hier eigentlich? Wozu habt ihr ein Telefon und einen Computer? Und wozu dient dieses komische Programm, wo man Bilder und Texte einfüllen kann? He, schon mal drüber nachgedacht?

Aber Müller liefert noch mehr Munition für ein geharnischtes Protestschreiben: «Artikel, von denen klar ist, dass sie nur sehr wenige Leute lesen werden, kann man weglassen.» Ob das Andreas Tobler und  einige andere persönlich nehmen werden?

Auf jeden Fall muss man auf diese Idee auch erst mal kommen, nicht wahr.

ZACKBUM ist sich sicher, dass es hier genügend Unterschriften unter einem Protestbrief geben wird, der in strengen Worten zum Ausdruck bringt: kujoniert, eingespart und entlassen zu werden, das ist das eine. Aber mit solchen dämlichen Sprüchen belästigt zu werden, das ist unerträglich und muss sofort eingestellt werden. Wir fordern einen Sensibilisierungsbeauftragten (m/w/d), der solche verbalen Übergriffigkeiten unterbindet und als Ombudsstelle für gequälte Mitarbeiter dient. Aber subito, sonst fliegen Steine ins und aus dem Glashaus.

Versager 1

Nach dem Rausschmeissen ist vor dem Rausschmeissen.

Es muss unbändig Spass machen, bei Tamedia zu arbeiten. Der Journalismus geht vor die Hunde, nur die Attitüde bleibt gleich. Ihren Bauchnabel betrachtende Wichtigtuer belästigen die flüchtenden Leser mit ihren Befindlichkeiten und Ansichten über die Welt. Vor allem über Themen wie Gendern, obwohl sie selbst einräumen müssen, dass das der Mehrheit ihrer Leser schwer am Popo vorbeigeht. Aber da sehen sie dann eine Erziehungsaufgabe. Im Journalismus gibt es nichts Schlimmeres.

Das ist das eine.

Das andere ist ein Management, das aus Versagern besteht. Wir wollen nicht vertiefen, dass diverse leitende Redakteurinnen nicht qua Kompetenz, sondern qua Geschlecht in ihre Positionen kamen. Dort können sie jede Menge Quatsch machen, denn wer würde sich trauen, freiwillig in den Sexismus-Hammer zu laufen?

Das ist das andere.

Aber noch schlimmer als das – doch, es lässt sich steigern – ist das Versagen des männlichen obersten Managements. Nach dem Hammer in der Romandie (3,5 Millionen Sparübung, wohl 28 Stellen weg, mehr als 10 Prozent!) kommen nun wie angekündigt nochmal 2,5 Millionen und rund 20 Stellen in der Deutschschweiz obendrauf.

Das findet statt, nachdem in nur drei Jahren bereits 70 Millionen eingespart werden mussten. Kurzer Zwischenstopp: 2021 spülte es 832,7 Millionen Gewinn nach Steuern (EAT) in die vielen Taschen des Coninx-Clans. Sondergewinn durch das Joint Venture mit Ringier mit den Verkaufsplattformen. 2022 schnurrte das dann auf einen Verlust von 4,6 Millionen zusammen. Natürlich gab es zuvor Champagner und Sonderdividende, im letzten Jahr dann nur Champagner. Denn Big Boss Pietro Supino ist unkaputtbar. Im Gegensatz zu seinem Konzern.

Wie wurde das schöngeredet? Ein Satz für Humoristen: «TX Group steigert den Umsatz organisch um rund 7 Prozent und schliesst das Geschäftsjahr 2022 mit einem normalisierten Betriebsergebnis von 100 Mio. CHF ab.»

Wir Beobachter können uns die Lachtränen aus den Augen wischen, für die Tamedia-Mitarbeiter ist es entschieden weniger lustig. Während Supino beim Verkünden solcher Bad News lieber segelt, müssen seine Untergebenen Andreas Schaffner und Mathias Müller von Blumencron (wir nennen den Herrn einfach Müller) den neusten Rausschmiss rundreden.

Erosion im Printmarkt, Stabilisierung des publizistischen Geschäfts, das Digitalgeschäft wachse zwar, könne die Verluste nicht kompensieren. Aber: Kostenoptimierung, zukunftsfähig, schlagkräftig, Blabla.

Realität ist: der neue Digital-Guru Müller bringt’s nicht. Er hat’s auch in seinen vorherigen Stellen nicht wirklich gebracht; man sah ihn immer lieber gehen als kommen. Die von seinem vorherigen Arbeitgeber «Tagesspiegel» abgekupferte Idee «Der Verkehrsmonitor – Mehr als nur Neuigkeiten» wird’s garantiert nicht rumreissen.

Genauso wenig die neue CEO Jessica Peppel-Schulz. Die war nach einem «Sabbatical Break» von schlappen neun Monaten für 28 Monate CEO bei Conde Nast. Dem deutschen Ableger des Lifestyle-Konzerns. Das forderte sie so, dass sie sich neuerlich ins Sabbatical Break von gleich 10 Monaten begab – bis zum Stellenantritt am 1. Oktober bei Tamedia. Das gibt Hoffnung.

Was die Fähigkeiten des obersten Chefs betrifft, wollen wir uns nicht wiederholen.

Das ist das dritte und Fatale. Natürlich gibt es im Journalismus Herausforderungen zu bewältigen. Nachdem uns das Internet erst vorgestern aus heiterem Himmel angesprungen hat, sucht das Management noch nach Antworten. Verständlich.

Oder im Ernst: wer wirklich meint, er könne deutlich weniger Leistung, deutlich weniger Angebot für deutlich angehobene Preise erfolgreich verkaufen, der ist wohl mal mit dem Kopf in die Druckmaschine geraten.

Im Ernst: Der Niedergang des Qualitätsjournalismus im Hause Tamedia, im Gebäude Tx, ist nicht in erster Linie den Umständen geschuldet. Sondern dem krachenden Versagen des leitenden Managements. Wem jahrelang nur dumme Sprüche, Gedöns und haltlose Behauptungen («Digitalisierung!») einfallen, wem in Wirklichkeit nichts anderes als Zu-Tode-Sparen einfällt, wer damit den Leser für dumm verkaufen will («noch besser, noch näher»), der hat’s nicht anders verdient.

Dabei verdient sich die Teppichetage unverdient weiterhin dumm und krumm. Ausbaden müssen dieses einmalige Versagen die Mitarbeiter. Entweder werden sie gefeuert, oder sie gehen freiwillig. Oder sie resignieren. Wer bleibt, muss – weil er zu alt oder zu unfähig ist, woanders einen Job zu finden.

Widerspruch wagt keiner, denn hier sind die Manager mal clever. Sie geben zuerst die Zahl der Gefeuerten bekannt, dann werden die in den einzelnen Redaktionen über ihr Schicksal informiert. So traut sich keiner zu offenem Protest. Denn das könnte ja die Stelle gefährden.

So soll attraktiver Journalismus entstehen, dem Leser der Mund wässrig gemacht werden, dazu animiert, das Portemonnaie weit zu öffnen und die exorbitanten Abopreise zu bezahlen?

Da gibt es nur zwei Möglichkeiten, keine dritte. Entweder, die Führungscrew von Tamedia glaubt das wirklich. Dann haben sie allerdings ein Verhältnis zur Realität wie Kim Jong-un. Oder aber, in Wirklichkeit ist ihnen Journalismus schlichtweg scheissegal, wenn man damit keine Subventionen absaugen kann.

Man darf einmal raten, welche Variante es ist.

Verkehrsunfall

Achtung, Luftsack. Der VerkehrsMonitor zündet den Airbag.

Der Airbag soll mit lautem Knall den Fahrzeuginsassen davor schützen, gegen harte Teile des Innenraums zu prallen. Bei der Anpreisung der neuen Luftnummer «VerkehrsMonitor» aus dem Hause Tamedia werden reihenweise solche Airbags ausgelöst.

Zur Idee, so etwas für 200 Franken monatlich an den Mann (und natürlich die Frau, alle Gender inkl.) zu bringen, hat sich ZACKBUM bereits geäussert. Die beim Berliner «Tagesspiegel» vom neuen Digital-Guru und Dampfplauderer Mathias Müller von Blumencron (63) entlehnte Idee wird gegen die Wand fahren, ist unsere Prognose.

Nun gibt aber die Agentur Wirz richtig Gas und zeigt mit den Ankündigungen auf Social Media und anderswo, wie man eine richtig teure Kampagne fährt. Indem man alle Füll- und Schaum- und Nonsenswörter des modernen Marketing aufeinanderstapelt. Das Ergebnis ist ungefähr das Gleiche, wie wenn einem ein Airbag ins Gesicht explodiert. Nur hat der meistens eine sinnvolle Funktion.

Reines Bullshit-Bingo mit Sprüchen, die nun wirklich keiner mehr hören will. Der Leser setzt ab hier die Lektüre auf eigene Gefahr fort:

«Informationsvorsprung für Leader … neue und exklusive Artikel … relevante Infos … kompetente, relevante, hochwertige journalistische Inhalte … viel Nutzwert … für Entscheidungsträger:innen … relevante und exklusive Hintergründe für Profis … Erfahrene Journalist:innen … relevante Beiträge für die Führungskräfte … neue Trends und best practice …»

ZACKBUM bleibt nur die relevante Wiederholung: nein, das haben wir nicht erfunden. Das steht alles so auf engstem Raum. Forderungen nach Schmerzensgeld sind entweder an die Agentur Wirz, an Pietro Supino oder an Müller von Blumencron zu richten. Auf Antworten sollte man nicht hoffen.

Voll verkehrt

Tamedia will mit einem «Verkehrsmonitor» auf die Schnauze fallen.

Tatä, die digitale Offensive rollt. Der «Beirat für Digitalisierung» Mathias Müller von Blumencron, ein Dampfplauderer vor dem Herrn, will die Lücke ausfüllen, die der abrupte Abgang von Marco Boselli hinterlassen hat.

In einem den Leser mit heisser Luft umfächelnden Interview hat – wir nennen ihn der Kürze halber Müller – der Digitalcrack Müller bereits die Marschrichtung angedeutet: «Wir wollen schneller mehr digitale Abonnentinnen und Abonnenten gewinnen.»

Das ist ja wunderbar, und wie geht das? Na, indem morgen der «Verkehrsmonitor» an den Start geht. Was ist denn das? Das ist ein B2B-Portal. Das «Go-to-market» und «Brand-Design» wurde mit der Agentur Wirz entwickelt, auch so ein Heissluftfön. «Datengetriebenes Kampagnensetup, laufende Optimierung, Zusammenspiel mehrerer Disziplinen und mit Fokus auf Impact», und Blabla und Blüblü.

Hört sich irgendwie toll an, aber wer mit einem solchen Headerfoto auf der Homepage startet, sollte vielleicht zuerst einen Grundkurs im Webseitendesign besuchen.

Okay, und was bietet der «Verkehrsmonitor»? Bahnbrechend Neues: «exklusive Nachrichten, fundierte Hintergrundgeschichten und aktuelle Recherchen». Die Geschichte des modernen Journalismus wird neu geschrieben. Und für wen soll’s denn sein? Er sei «speziell für Entscheidungsträger:innen und Angestellte der Verkehrs- und Mobilitätsbranche in der Schweiz konzipiert».

Auch das ist ja das Betreten von echtem Neuland. Oder wie lautet der Slogan, so originell wie eine Staumeldung: «Der Verkehrsmonitor – Mehr als nur Neuigkeiten». Wahnsinn. Weniger Rechtschreibung, mehr Neuigkeiten. Gibt es also auch antiquarische Meldungen? Man darf gespannt sein.

Und was kriegt der Leser? «Jeden Werktag 2 bis 3 neue Artikel» plus «jeden Morgen früh via Newsletter als Professional Briefing». Also das, was ZACKBUM auch so schafft, allerdings 7 Tage die Woche, gratis und ohne «Professional Briefing».

Aber Tamedia braucht dafür ein «sechsköpfiges Redaktionsteam». Das dürfte dann, mitsamt der sackteuren Unterstützung durch Wirz, mal so eine Million im ersten Jahr kosten. Mindestens.

Und was kostet es den «B2B»-Kunden? Festhalten anschnallen, Airbag auslösen:

195 Franken im Monat, das ist vielleicht eine Vollbremsung für den Interessenten. Das sind also sagenhafte 2340 Franken im Jahr. Für 780 Artikel, also rund 3 Stutz pro Werk. Plus natürlich der NL.

Bei Unkosten von einer Mio bräuchte es also rund 430 wildentschlossene und vollzahlende Jahres-Abonnenten. Das hört sich nicht nach allzu viel an. Aber: ob das neue Portal wirklich einen Nutzwert produzieren kann, der über die übliche Berichterstattung hinausgeht und diesen exorbitanten Betrag wert ist, wenn das Gratis-Schnupperabo abläuft?

Aber damit nicht genug: «Der VerkehrsMonitor ist das erste Branchenportal von Tamedia Monitor, der B2B-Dachmarke von Tamedia. Es ist geplant, dass Tamedia in den nächsten Jahren mehrere Branchenportale aufbaut, die den jeweiligen Entscheidungsträger:innen und Mitarbeitenden der Branche wichtige Informationen und Hintergründe liefern.»

Aha, es handelt sich also um die erste Attacke einer ganzen Offensive. Das ist vielleicht mal eine originelle Idee. Oder auch nicht:

Gut kopiert ist immer besser als schlecht erfunden:

Gut, beim «Tagesspiegel» sind es Euro, das ist natürlich was ganz anderes. Aber von dort hat Müller natürlich die Idee, nun, mitgebracht, denn er hätte ja mal Co-Chefredaktor werden sollen. Ob diese «Background»-Geschichte in Deutschland Erfolg hat? In einer Präsentation behauptet der «Tagesspiegel» nur wolkig: «Tagesspiegel Background erreicht täglich eine Vielzahl von Leser:innen».

Überwältigender Erfolg hört sich anders an. Aber dafür kann man im «Background» inserieren, was im Monitor bislang nicht erkennbar ist. Und Deutschland hat ein paar potenzielle Leser mehr als die Deutschschweiz. Rund 80 Millionen im Vergleich zu knapp 6 Millionen …

Das Ganze wirkt ein wenig so, als in den guten alten Zeiten der Anfänge des Internets ganze Gelddruckmaschinen dort vermutet wurden – bis die Dotcomblase dann platzte. Sicher, probieren ist immer gut. Aber ob solche Randgruppen-Lösungen die Misere der Bezahlmedien von Tamedia ausgleichen können? Was soll es bringen, Bestandteile der Tageszeitungen, also Autoseiten und Berichte über Mobilität- und Verkehrsthemen, zu kannibalisieren, auszulagern, den Content der Bezahlzeitungen weiter auszudünnen?

Wenn der Stamm morsch ist, hilft dann das Anflanschen von kleinen Seitentrieben? Abgesehen davon, dass es nach der Kenntnis von ZACKBUM – abgesehen vielleicht von einigen Geldanleger-NL – kein Angebot im Internet gibt, nicht mal von der Pornoindustrie, das sagenhafte 200 Franken im Monat kostet. Für läppische rund 60 Artikel.

Ob also Müller dann mal das Schicksal von Boselli erleiden wird? Und Pietro Supino der langen Liste seiner Flops einen weiteren hinzugefügt haben wird? Aber der Mann ist der Einzige im ganzen Verlag, der unkündbar ist.

 

Frauenfeindlich

ZACKBUM hat’s geahnt: Tamedia hat etwas gegen Priska Amstutz.

Die Journalistin ist ein echter Tausendsassa (oder vielleicht eine Tausendsasserin): «Amstutz ist seit 1999 im Journalismus tätig, zunächst beim «Zürich Express», später bei den Zeitschriften und Websites «Annabelle», «Bolero» und «SI Style». Sie entwickelte diverse digitale Formate und war als Unternehmerin in den Bereichen Hotellerie und E-Commerce tätig

Tiefe Einblicke gab sie gerne ihren Lesern:

Wobei sie auch als stv. Chefredaktorin «SI Style» das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden wusste:

Denn was sie bei sich zuhause rumstehen oder rumhängen hat, kann man auch käuflich erwerben. Ob sie am Verkauf der Produkte beteiligt wurde, ist nicht bekannt.

Auf jeden Fall verhalf ihr diese Stilsicherheit zur nächste Stufe auf der Karriereleiter. Amstutz wurde Co-Chefredaktorin des «Tages-Anzeiger». Warum? Darum. Diese Position bekleidete sie von 2020 bis Anfang 2023. Dann wurde sie ersatzlos gestrichen. Damit dennoch keine Lücke entstand, übernahm nun Raphaela Birrer. Warum? Darum.

Während der männliche Co-Chefredaktor schnell ein warmes Plätzchen als «Leiter Inland» fand, fragte sich männiglich (dazu gibt es leider kein weibliches Pendant), was denn nun mit Amstutz passieren würde. Wie man aus ihrem Buch «Das neue 40. Alles kann, nichts muss» weiss, ist es für sie bis zur Frühpensionierung doch noch etwas hin.

Und wie wird ihr Werk vom Verlag angepriesen? «Kurz danach kam jedoch die viel wichtigere Einsicht, dass in erster Linie die Beachtung, die sie selbst sich schenkt, von Bedeutung ist.» Wohl wahr, und wie verbringt sie so ihre Zeit, wenn sie nicht gerade im Tagi nichts tut? «Sie liebt es, mit ihren beiden Kindern in der Wohnung zu tanzen, ihre champagnerfarbene Vespa, dass sie mit ihrer besten Freundin den Geburtstag teilt, Streichholzschachteln, ihre weißen Haare und dass die Autokorrektur ihren Namen in Prisma ändert

Gut, dass wir das alles wissen. Schliesslich hat die bange Frage, die sich die ganze Branche stellte, eine Antwort gefunden: Sie wird per sofort «Chefin redaktionelle Innovation bei Tamedia». Dennoch ist mit dieser Mitteilung die Angst um ihre zukünftige Karriere nicht besänftigt. Denn «Tamedia» gibt es doch gar nicht mehr …

Aber vielleicht wird der Begriff für diese neu geschaffene Position wiederbelebt. Wer sich fragt, was eigentlich eine solche Chefin macht, findet hier keine Antwort: «Die Zukunft braucht Journalismus, der berührt. Priska Amstutz wird in ihrer neuen Rolle kreative Medienformate entwickeln, die diesem Journalismus eine Heimat geben. … Wir freuen uns sehr, dass wir diese strategisch bedeutende Aufgabe in ihre Hände geben können.» Sagt wer? Sagt Mathias Müller von Blumencron.

Alles klar.

Was für ein Schwätzer

Tamedia-Leute, fürchtet Euch! Müller von Blumencron hat gesprochen.

Mathias Müller von Blumencron (wir gestatten uns, ihn der Einfachheit halber Müller zu nennen) hat eine durchwachsene Karriere hinter sich. 2008 war er in die für ihn viel zu grossen Fussstapfen des «Spiegel»-Chefredaktors Stefan Aust getreten. Zusammen mit Georg Mascolo, denn die Überlegung war soweit richtig, dass es mindestens zwei Leichtgewichte für das Schwergewicht Aust brauche.

2013 dann das Aus, beide wurden gefeuert. Seither irrlichtert er durch die deutsche Presselandschaft, mal als «Chefredakteur digitale Medien» der FAZ. Der Kurzzeitjob dauerte von 2013 bis 2018. Dann sollte er mal Co-Chefredakteur des «Tagesspiegel» werden. Dauerhafter ist sein Einsatz bei Tamedia. Seit 2013 ist er dort «Beirat für Digitalisierung», dann Verwaltungsrat. Und seit dem abrupten Abgang von Marco Boselli ist er nun «interimistisch» der Leiter «Publizistik und Produkt» der Tamedia-Bezahlzeitungen.

Das ist immerhin eine gute Nachricht für «20 Minuten». Trotz seiner zehnjährigen Tätigkeit als Digitalisierungs-Guru ist Tamedia digital schwach auf der Brust und verfehlt eins ums andere Mal die gesteckten Ziele deutlich. Das hat dann Boselli den Kopf und die Anstellung gekostet, aber doch nicht dem digitalen Beirat und Verwaltungsrat Müller.

Der hat nun dem ehemaligen «Medienwoche»-Chefredaktor Nick Lüthi in seiner neuen Funktion als persönlich.com-Redaktor ein Interview gegeben. Das hätte er vielleicht nicht tun sollen. Denn wenn Worte leichter als Bytes sind und der Inhalt des Gesagten weder Schall noch Rauch ist, dann muss sich der Tamedia-Mitarbeiter zu recht vor der digitalen Zukunft fürchten.

Ein harsches Urteil: Ja, aber wohlverdient. Wir zeigen mal einige Luftblasen im Schnelldurchlauf:

«Wir wollen schneller mehr digitale Abonnentinnen und Abonnenten gewinnen. … wir hoffen sowohl beim Tages-Anzeiger als auch in Bern, in Basel und im Zürcher Umland noch überzeugender für unser Publikum zu werden … wir können niemanden zwingen, ein Abo zu kaufen, wir können nur überzeugen. Die Nützlichkeit des Journalismus spielt deshalb heute eine viel stärkere Rolle als früher … wir wollen noch verlässlicher auf der schnellen Ebene sein, noch gründlicher in Analysen und Storys … für jede dieser Kompetenzen, also Newsmanagement, Storys und Nutzwert sowie Podcasts und digitale Innovationen, ist ein Mitglied der neuen Chefredaktion verantwortlich … wenn die Antwort dagegen Tages-Anzeiger lautet, sagen alle, klar, kenne ich … einmal geht es darum, im Kleinen das Grosse zu entdecken. Dann gibt es auch die Spielart, das Grosse herunterzubrechen auf die unmittelbare Umgebung … wir entwickeln etwa gerade mikrolokale Newsletter, die kleine Areale abbilden … wir müssen natürlich aufpassen, dass wir unsere Kolleginnen und Kollegen nicht überfordern … ich bin in vielen Punkten absolut begeistert, was für eine Power, was für eine publizistische Leidenschaft in Redaktionen und Verlag steckt … wir sind zu langsam vorangekommen in den letzten Jahren. Insofern wollen und müssen wir uns nun schneller bewegen … im Moment gucken weder Andreas Schaffner noch ich auf die Uhr, sondern überlegen ständig, wie wir gemeinsam mit unseren Kolleginnen und Kollegen am besten vorankommen.»

Bevor der ZACKBUM-Leser um Gnade winselt: wir mussten uns von vorne bis hinten durch diese schlecht gebackene lauwarme Luft quälen, ohne dass ein Sauerstoffzelt zur Wiederbelebung zur Verfügung stand.

Wer alleine die x-te Umbenennung eines Titels, eines Konzernbestandteils damit begründet, dass niemand den Namen Tamedia kennen würde («Aber wenn jemand fragt, wo man arbeitet, und die Antwortet lautet dann Tamedia, sagen viele Leute: Das habe ich aber noch nie gehört»), während in Bern oder Basel die Sympathiewerte nach oben schnellen, wenn man sagt «ich arbeite beim «Tages-Anzeiger»», der hat sich bereits restlos disqualifiziert. Wer seit zehn Jahren für das Digitale mitverantwortlich ist und zugeben muss, dass die Vorgabe 200’000 Digitalabos mal wieder elend gerissen wurde, ist disqualifiziert.

Wer ein ganzes Interview lang keinen einzigen Satz von sich gibt, dem man eine gewisse inhaltliche Relevanz zubilligen könnte, ist dermassen disqualifiziert, dass ihm eigentlich nochmals widerfahren sollte, was er aus seiner Karriere sehr gut kennt. Eine Trennung «aufgrund unterschiedlicher Auffassungen». Aber leider ist es so: wenn der oberste Boss auch nicht wirklich weiss, was er will (oder kann), dann regiert er mit Bauernopfern (Boselli, Rutishauser), beruft Mediokres an entscheidende Positionen (Birrer, Hasse) und lässt Dampfplauderer um sich sein, die ihm wie Müller in keiner Art und Weise das Wasser abgraben könnten. Und man kann sich nicht wegen unterschiedlicher Auffassungen trennen, wenn einer gar keine hat …

Es ist richtig, dass auch in der Schweiz alle Medienkonzerne herumeiern, wie sie dem ja absolut neuen Phänomen des Internets und des Digitalen begegnen sollen. Wie sie sich nicht weiter von Google, Facebook, Amazon & Co. die Butter vom Online-Werbemarkt nehmen lassen wollen. Aber im Vergleich zu diesem hilflosen Gestammel sind NZZ, CH Media und Ringier sehr gut aufgestellt. Wer ihnen Übles will, könnte ihnen eine Mitarbeit von Müller ans Herz legen. Aber dafür dürften dort die Entscheidungsträger zu schlau sein.

Saubere Schlammschlacht

Fall Canonica: Das Imperium schlägt zurück.

Anuschka Roshani hat vorgelegt und mit der ihrer Meinung nach toxischen Kultur beim Gutmenschenblatt «Das Magazin» abgerechnet. Im Gegensatz zu früheren Kritiken am Hause Tamedia kann sie ihre Vorwürfe zumindest teilweise belegen.

Zudem schreiben «Spiegel» und NZZ, dass weitere Zeugenaussagen und Dokumente vorlägen, die die Anschuldigungen von Roshani untermauerten. Sie hat zudem ihre Aussagen über Vier-Ohren-Gespräche mit eidesstattlichen Versicherungen untermauert.

Dagegen hat sich die Redaktion des «Magazins» auf eisernes Schweigen verlegt. Keine Reaktion auf die Anfragen von ZACKBUM, sicherlich auch keine Reaktion auf Anfragen anderer Medien. Den Gutmenschen dort hat’s die Sprache verschlagen.

Der «Kommunikationsverantwortliche Tamedia» behauptete noch gestern: «Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes kann Tamedia keine weiteren Angaben machen.» Ausser den maliziösen Bemerkungen, dass sich die Vorwürfe «zu einem grossen Teil nicht bestätigten». Dann setzte Tamedia noch einen drauf: «Eine Mitschuld von Frau Roshani an der für alle Beteiligten schwierigen Situation kann Tamedia weder ausschliessen noch bestätigen.»

Was will uns der Konzern damit sagen? Wohl doch ganz klar: Roshani ist mindestens mitschuldig an diesem Schlamassel.

Eher peinlich wurde es dann bereits einen Tag danach. Da pfiff Tamedia nämlich auf den «Persönlichkeitsschutz» und veröffentlichte eine Kurzfassung des Untersuchungsberichts durch die Kanzlei Rudin Cantieni. Das ist die Anlaufstelle der Wahl für die Plagiatsaffäre an der HSG, den Zuständen bei der Kapo Winterthur, Missbrauchsvorwürfen im Sport, usw.

Natürlich tropfte das Dokument in Windeseile aus dem internen Verteiler an die Öffentlichkeit und kann inzwischen beim «Tages-Anzeiger» eingesehen werden. Begleitet wurde es von der Behauptung: «Die publizistische Leistung der Magazin-Redaktion «war und ist hervorragend»». Die Blattkritik durch ZACKBUM kann das allerdings nicht bestätigen.

Der «Untersuchungsbericht» kommt zu für Roshani verheerenden Schlussfolgerungen:

«Die Vorwürfe waren meist unzureichend belegt. Auch ergaben sich zahlreiche Widersprüche. Der Aufforderung, dazu weitere Beweismittel einzureichen, kam Anuschka Roshani nicht nach. Auch konnte keine Befragung zu den Widersprüchen erfolgen, da sie nach den anfänglichen Befragungen – ohne Vorlage eines Arztzeugnisses – mitteilen liess, dass sie für die weitere Untersuchung nicht mehr zur Verfügung stehe. Auch die befragten Personen bestätigten Anuschka Roshanis Vorwürfe mehrheitlich nicht resp. verneinten sie.
Anushka Roshanis Vorwürfe gegenüber der Arbeitgeberin liessen sich nicht erhärten.»

Ein Untersuchungsbericht, in dem nicht einmal der Name der Hauptbeteiligten immer richtig geschrieben wird? Nun ja. Ein Untersuchungsbericht, in dem maliziös auf eine angeblich «bei den Akten» befindliche «Blindbewerbung vom November 2020» verwiesen wird, mit der sich Roshani auf «Finn Canonicas (nicht zur Disposition stehende) Stelle» beim Verleger beworben habe?

Roshani wird hier also regelrecht runtergebürstet, während bei Canonica lediglich empfohlen wird, er solle doch etwas «Sensibilisieren beim Sprachgebrauch» durchführen, bzw. «Führungsschulungen» machen: «Die Untersuchungspersonen empfehlen in diesem Punkt eine Abmahnung resp. Verwarnung. Insgesamt werden auch Führungscoachings empfohlen.»

Offensichtlich ist aber die Geschäftsleitung von Tamedia diesen Empfehlungen nicht gefolgt, sondern trennte sich sowohl von Canonica wie von Roshani. Warum dann nur?

Ein weiterer Satz im Begleitmail, unterzeichnet von den Geschäftsführern Andreas Schaffner und Mathias Müller von Blumencron, ist interessant: «Wir haben beide Parteien über den Inhalt des Untersuchungsberichtes informiert.» Roshani behauptet demgegenüber, dass ihr dieser Inhalt nicht mitgeteilt worden sei.

Hier haben wir einen klaren Fall: eine der beiden Seiten sagt nicht die Wahrheit.

Zwischenbilanz: trotz der Androhung rechtlicher Schritte hat Roshani bislang nichts von ihren Vorwürfen zurückgenommen.

Tamedia hingegen eiert schon in den ersten zwei Tagen nach der Veröffentlichung der massiven Anschuldigungen. Keine weiteren Informationen «aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes», dann einen Tag später ist’s schon mit dem Schutz vorbei.

Dass sich im Solde von Tamedia stehende Mitarbeiter, während Canonica noch am Gerät war, gegenüber den untersuchenden Anwälten «mehrheitlich» nicht dazu hinreissen liessen, die Vorwürfe zu bestätigen, mag nicht wirklich zu erstaunen. Das Wort «mehrheitlich« deutet aber darauf hin, dass es doch ein, zwei Mutige gegeben hat.

Entscheidend wird nun sein, ob noch weitere Mitarbeiter des «Magazins» die Zivilcourage haben, Roshanis Vorwürfe öffentlich zu bestätigen. Laut ihrer Darstellung müsste es ja genügend Ohrenzeugen geben. Vielleicht hat auch sie selbst noch weitere Beweise im Köcher.

Sollte das geschehen, entwickelt sich aus der Affäre Canonica eine Affäre Tamedia. Dann wäre mit weiteren Rücktritten zu rechnen. Pardon, mindestens ein Mitglied der Geschäftsleitung will dann neue Herausforderungen annehmen …