Schlagwortarchiv für: Martin Läubli

Tagi: Dummes Geschwätz von gestern

Das Kurzzeitgedächtnis der Journalisten in seiner schlimmsten Form.

«Was geht mich mein dummes Geschwätz von gestern an.» Es ist nicht sicher, ob das Lenin oder Konrad Adenauer (oder beide) gesagt haben.

Der «Tages-Anzeiger» titelt: «Gehyptes ETH-Start-up gerät ins Stottern – was ist da losClimeworks will mit grossen Staubsaugern CO2 aus der Luft filtern und unschädlich machen. Aber die Sauger haben Verstopfung, grossartige Projekte erbringen nicht im Ansatz die versprochene Leistung.

Multimillionen sind in die Luft geblasen worden, jetzt setzt es Massenentlassungen, begleitet von Durchhalteparolen. Und für den Tagi ist es plötzlich «gehypt».

Wer hat’s denn gehypt und hyperventiliert?

Regierungsrätin Carmen Walker Späh durfte in einem Gastbeitrag in den Qualitätsmedien aus dem Hause Tamedia im Juni 2024 jubilieren: «Die Schweiz ist bereits ein führender Standort für die Entwicklung solcher zukunftsweisenden Lösungen. Unternehmen wie Climeworks, das CO₂ direkt aus der Atmosphäre entfernt …»

Gut, eine Politikerin. Im August 2024 legte Klima-Koryphäe Simon Schmid aus der Qualitätsredaktion nach: «Das könnte mit Techniken passieren, wie sie etwa die Schweizer Firma Climeworks entwickelt und auf Island bereits umsetzt.»

Natürlich mit einem vorsichtigen Konjunktiv, man weiss ja nie so genau.

Im Oktober war dann die nächste Koryphäe, Joachim Laukenmann, dran. Er warnt in bewegenden Worten vor den schrecklichen Folgen der Erderwärmung. Aber es ist Abhilfe in Sicht: «Eine Anlage der Schweizer Firma Climeworks in Island, genannt Mammoth, die CO2 aus aus der Luft einfängt.» Allerdings in so geringen Mengen, dass schon alleine ihr Bau und Betrieb mehr CO2 freisetzt als «eingefangen» wird.

Im November 2024 interviewte er einen «Forscher», der unwidersprochen sagen durfte: «Ein Beispiel für diesen neuen Markt sind die Aktivitäten der Schweizer Firma Climeworks, die mithilfe grosser Filter CO₂ aus der Atmosphäre entfernt und das Gas im Untergrund lagert.»

Im Dezember durfte Spezialist Martin Läubli in die Tasten greifen: «Grosse Hoffnung wird in die – noch teure – direkte Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre gesetzt, wie das die Schweizer Firma Climeworks in Island macht.»

Nach diesem Hype nun die plötzliche Ernüchterung. Entlassungen, die Bude gerate ins Stottern.

Das passiert der versierten Redaktion vom Tagi natürlich nie.

Dass sie, ohne sich die Ergebnisse genauer anzuschauen, mitgehypt hat: Schwamm drüber. Wer erinnert sich schon noch an unser dummes Geschwätz von gestern?

«Ein geplantes Megaprojekt in den USA steht wegen drohender Mittelkürzungen still», unken Claudia Gnähm und eben der Läubli. «Das Filtern von 5 Millionen Tonnen CO2 hat Climeworks bereits vertraglich zugesichert. Aber: Tatsächlich aus der Luft entfernt hat Climeworks bisher aber nur 1000 Tonnen CO₂.» Ziele knapp verfehlt.

Glücklicherweise gibt es immer einen «Klimaexperten», der tröstliche Worte parat hat: «Grundsätzlich sieht er derzeit keinen Anlass, an den Zielen von Climeworks zu zweifeln.» Grundsätzlich ist eben etwas anderes als tatsächlich.

Die Pläne sind weiterhin gigantisch: «Das Langfristziel der Klimapionierin: bis 2050 pro Jahr eine Milliarde Tonnen CO₂ zu reduzieren

Von 1000 Tonnen auf eine Milliarde, und das soll mit Redimensionierung und Massenentlassung erreicht werden. Hätte der Tagi nicht mitgehypt, würde er das wohl so bezeichnen, wie es eine solche Hybris von Erbauern von Luftschlössern verdient: heisse Luft.

Beim Co2-Absaugen kennt sich Tamedia halt nicht so aus. Bei Entlassungen hingegen schon.

Kompetenz war gestern, Geschwafel ist heute.

Der Elefant und die Hitze

Tamedia taucht in neue Tiefpunkte ab. Hitzschlag?

Das ist mal eine Ansage. Das Qualitätsmedium «Tages-Anzeiger» erklärt gaaaanz laaangsam, wieso die SVP mal wieder falsch liegt. «Wissenschaftsredaktor» Martin Läubli nimmt den Mund ziemlich voll: «Wir zeigen auf, warum keine Absicht hinter den zu hohen Temperaturen sein kann und warum Wettervorhersagen zwar immer besser werden, aber keine exakte Wissenschaft sein können.»

Um sich das entsprechende Wissen anzueignen, vermeldet er in der Autorenzeile stolz, sei er seit 2000 im Dienst der Klimaforschung unterwegs. Dafür «besucht und verfolgt er die internationalen Klima- und Umweltkonferenzen». Wir hoffen fürs Klima, dass er das mit dem ÖV und ja nicht mit dem Flugzeug tut.

Aber wie auch immer, ein Fachmann. Der erklärt nun in sechs Punkten länglich und breitlich, welche Daten SRF Meteo für seine Prognosen verwende, was solche Modelle machten, dazu ein Beispiel, ist noch Luft nach oben, und schliesslich: «Was kann man aus der Wetterdebatte lernen?»

Das würde den Leser brennend interessieren. Daher lässt Läubli hier seine ganze Sachkomptenz auf ihn niederregnen (hm, falsches Bild). Die Meteorologen hätten in den letzten Jahren grosse Fortschritte gemacht. Aber:

«Doch nach wie vor ist es nicht möglich, für jeden Punkt auf der Welt und auch in der Schweiz eine absolut präzise Wettervorhersage zu machen. Und das wird vorläufig auch so bleiben. Und wenn ein aufgeregter Tourist eine viel tiefere Temperatur misst, als die Wetter-App angibt, so muss er sich bewusst sein: Sein Standort entspricht nicht unbedingt jenem Gitterpunkt, für den das Modell die Daten errechnet hat

Nimm das, du dummer SVP-Tourist, kann doch nicht so schwer sein. Muss man doch kapieren. Oder nicht?

Oder nicht. Läublis Aufklärungsversuch ist eigentlich brüllend komisch. Denn da schreibt einer umfangreich, gelehrt und hochkompetent einen Artikel, dessen intellektuelles Niveau ungefähr auf Zimmertemperatur liegt. Wenn es sich um ein gut gekühltes Zimmer handelt.

Denn er erzählt dem Leser so ziemlich alles, was der so genau gar nicht wissen wollte. Nur tut er dabei so, als ob er den Riesenelefanten im Raum nicht sehen würde. Man könnte damit direkt einen Slapstick-Kurzfilm drehen, wo Läubli in einer Wetterzentrale herumirrt, auf Bildschirme starrt, wichtig an Hebeln rumspielt, 3-D-Gittermodelle durch den Raum fliegen lässt – und den Riesenelefanten ignoriert, obwohl er gelegentlich sogar über dessen Rüssel stolpert.

Der Riesenelefant materialisiert sich in einer einfachen, aber entscheidenden Frage. Aber ausgerecht die stellt Läubli weder, noch beantwortet er sie.

Sie lautet:

Wenn das alles so wäre, wie Läubli umfangreich behauptet, wieso ist es dann sowohl dem kleinen Kachelmannwetter wie dem grossen Weather Channel möglich, regelmässig sehr präzise Wetterprognosen für Orte auf der ganzen Welt abzuliefern? Wieso täuschen sich die beiden höchstens mal um ein halbes oder um ein Grad nach oben oder nach unten? Während SRF Meteo sich regelmässig und konsequent und immer nur nach oben täuscht? Um bis zu 7 Grad, was nun doch ein Fehler im 20-Prozent-Bereich ist?

Und wenn das halt daran liege, dass SRF leider, leider nicht die Kohle hat, vernünftige Prognosen einzukaufen, aber im Inland von Hand und wahnsinnig akkurat vorhersagt, wieso liegt es dann auch in Genf um vier Grad daneben, natürlich nach oben?

Läubli hätte sich die ganze Mühe der Erklärung sparen können, wie weltweite Wetterprognosen zustande kommen und wie furchtbar schwierig das sei. Dass es niemals möglich sein wird, für jeden Punkt der erde eine präzise Temperaturvorhersage zu machen, geschenkt.

Darum geht es doch gar nicht. Sondern um den Elefanten im Raum. Elefant? Was für ein Elefant? Ich sehe keinen Elefanten, stammelt Läubli, der Klimawissenschaftler. Nicht mal mehr das kriegt Tamedia auf die Reihe, ohne sich unsterblich zu blamieren.