Schlagwortarchiv für: Mark Pieth

Manchmal schwächelt auch die NZZ

Wie kann man nur Mark Pieth zur Fifa interviewen …

Er wird ausführlich gelobhudelt: «Vorkämpfer gegen Korruption … hat sich als Anti-Korruptions-Experte einen Namen gemacht. Er gründete 2003 das Basel Institute on Governance … Bis 2013 leitete er die unabhängige Kommission für Governance und trieb die Fifa-Reformen voran.»

Das ist, höflich formuliert, eine etwas einäugige Sicht der Dinge. Man kann es mit Fug und Recht auch so sehen: bei der Fifa sollte er mit seinem Ruf dafür sorgen, dass der ewige Geruch nach Korruption weggepustet würde. Gebracht hat es schlichtweg – nichts. Zunächst verkündete er grossmäulig, man habe «unabhängige Strukturen gepflanzt, die funktionieren können». Bloss 18 Monaten danach wurden Fifa-Funktionäre spektakulär im Baur au Lac verhaftet – Korruptionsverdacht.

Nichts gebracht ist allerdings relativ. Denn der Professor arbeitete nicht gratis für die Fifa. Sondern zu einem Stundenansatz von 650 Franken und einem Tageshonorar von 5000 Eiern. Pieth alleine kassierte rund 215’000 Franken, sein «gemeinnütziges Institut» räumte 2,5 Millionen ab. Money for nothing.

Der Professor ist auch immer grossmäulig dabei, wenn es gilt gegen andere und vor allem gegen die Schweiz auszuteilen, wie der «Blick» mal zusammenfassend dargestellt hat. Wenn man dem emeritierten, aber lautstarken Professor zitiert, der immer und überall gerne auftritt, wenn er «Korruption» krähen darf, als Interviewpartner über die Fifa die Spalten öffnet, bekommt der Spruch vom Bock zum Gärtner eine ganz neue Dimension.

Hier darf Pieth mal wieder richtig vom Leder ziehen:

«Auf brutale Weise geht’s nur noch um Gewinnmaximierung.»

Er meint damit aber nicht die 2,5 Millionen, die er und sein Institut für nix abräumten.

Jammern darf er auch: «So wurde damals unser Reformprogramm torpediert.» Oder mit anderen Worten: auf ganzer Linie gescheitert, nachdem er sich als Feigenblatt willig missbrauchen liess. Dann widerspricht er sich auch gerne selbst, wie toll doch seine Arbeit gewesen sei: «Damals brachten wir professionelle Leute von aussen in die Fifa rein. Das war wichtig für die Reform. Doch die hat man alle entfernt. Jetzt dominieren Unfähigkeit oder Gefälligkeit. Früher tat die Ethikkommission ihre Arbeit.»

Starke Worte hat Pieth auch heute noch; über die Vergabe der Fussball-WM an Saudi-Arabien sagt er: «Die Fifa geht einen Deal mit dem Teufel ein.» Auch für den Schweizer Fussballverband hat er nur Beschimpfungen auf Lager: «Ja, im Übrigen sind es Feiglinge. Das gilt für fast ganz Europa.» Von sich selbst hingegen hat er eine ungebrochen hohe Meinung: «Vor der Fifa war ich daran beteiligt, die Uno zu reformieren.»

Aber zum Schluss blitzt doch noch ein Spürchen Selbstkritik durch: Nach seinem grossartigen Reformwerk der UNO (2000 Seiten!) «waren sie sehr freundlich, warfen aber alles in den Papierkorb. In der Fifa war es ähnlich. Ich war zu wenig Fussballer. Deshalb merkte ich das sehr spät

Tja, zu wenig Fussballer, zu wenig effizient, zu mediengeil, von allem etwas «zu». Sollte die NZZ lassen, wenn auch ZACKBUM in journalistischer Manier einen Ratschlag geben darf. Eine Seite mit Pieth ist eine verschenkte, verschwendete Seite.

Slalomfahrer Pieth

Der Vielschwätzer ist eine Schande für seinen Beruf.

Das konstatierte ZACKBUM bereits im Mai 2022. Schon damals äusserte sich der emeritierte Professor Mark Pieth zu angeblichen krummen Geschäften von Schweizer Anwälten. Wie meist recht kenntnisfrei, aber dezidiert in der Meinung.

Seit Jahren zehrt er von seinem Ruf als angeblicher Korruptionsspezialist. Obwohl er selbst sich auf diesem Gebiet alles andere als mit Ruhm bekleckert hat.

Schon 2020 zählte der «Blick» mal seine markigen Worte und seine peinliche Performance auf. Denn im Austeilen war der Professor schon immer gut:

  • «Im «Tages-Anzeiger» über Michael Lauber: «Meine Sorge ist, dass Lauber weiter den Zugang zum Haus hat und seine Gehilfen die Macht übernehmen.»
  • In «20 Minuten» über die Gerichtskommission: «Die Gerichtskommission hat ängstlich gehandelt, und Präsident Andrea Caroni (FDP-Ständerat, die Red.) ist alles andere als über alle Zweifel erhaben.»
  • In der «Schweiz am Wochenende» über das Bundesstrafgericht: «Wir haben am Bundesstrafgericht einen Alltag von Mobbing und Sexismus. Und wir haben die Aufsicht über das Bundesstrafgericht, die selber nicht funktioniert und im gleichen Spital krank ist.»
  • In der «NZZ» über Amerika: «Da muss man aufpassen – grundsätzlich halte ich nicht viel von der US-Justiz.»
  • In der «Süddeutschen»: «Lauber und Infantino haben sich aneinandergekettet wie Wärter und Sträfling beim Gefangenentransport.»
  • Im «Walliser Boten» über Gianni Infantinos Freund Rinaldo Arnold: «Die Walliserinnen und Walliser sollten sich überlegen, ob sie Oberstaatsanwalt Arnold nicht suspendieren lassen wollen.»»

Was er wohl über sich selbst gesagt hätte, wenn er seine Leistung als Korruptionsexperte bei der Fifa bewerten müsste? Dort sollte er mit seinem Ruf dafür sorgen, dass der ewige Geruch nach Korruption weggepustet würde. Gebracht hat es schlichtweg – nichts. Zunächst verkündete er grossmäulig, man habe «unabhängige Strukturen gepflanzt, die funktionieren können». Bloss 18 Monaten danach wurden Fifa-Funktionäre spektakulär im Baur au Lac verhaftet – Korruptionsverdacht.

Nichts gebracht ist allerdings relativ. Denn der Professor arbeitete nicht gratis für die Fifa. Sondern zu einem Stundenansatz von 650 Franken und einem Tageshonorar von 5000 Eiern. Pieth alleine kassierte rund 215’000 Franken, sein «gemeinnütziges Institut» räumte 2,5 Millionen ab. Money for nothing.

Aber solche Peinlichkeiten halten ihn nicht davon ab, auch heute noch seinen Senf abzugeben, wenn man ihn fragt. Diesen Fehler macht diesmal die NZZ.

Lorenz Honegger interviewt den Crack zum aktuellen Skandalfall, dass die USA zwei Schweizer Anwälte auf ihre berüchtigte Sanktionsliste der Ofac gesetzt haben. In dieser Dunkelkammer herrscht reine Willkür, es ist kein Rechtsweg möglich, und wen es trifft, der ist gesellschaftlich und wirtschaftlich ruiniert.

Wie es sich für einen Rechtsprofessor eben nicht gehört, bezieht sich Pieth in seiner Antwort auf reine Spekulationen und Vermutungen: «Die betroffenen Anwälte sind 2016 bereits in den Panama-Papers aufgetaucht und haben laut Berichten Sergei Roldugin, einem engen Vertrauten Putins, geholfen, Gelder in Offshore-Strukturen zu verstecken

Laut Berichten? Eine Bankrotterklärung für einen Rechtsprofessor. Dass das von beiden Rechtsanwälten bestritten wird, die Unschuldsvermutung gelten sollte, was interessiert ihn das. Er weiss noch mehr: «Aber die Schweizer Anwälte haben sich letztlich zur Verfügung gestellt, Vermögen über Offshore-Gesellschaften in Steueroasen zu verstecken.»

Oder mit anderen Worten: er hat von dieser Tätigkeit nicht den Hauch einer Ahnung, er weiss nichts über all die Compliance-Vorschriften, die Finanzinstitute aufgetürmt haben. Aber das hält einen Professor nie davon ab, Sachen zu verzapfen.

Noch kunterbunter wird es in seiner Beurteilung der USA. Er wirft ihnen zwar Doppelmoral vor, behauptet dann aber fröhlich:

«Sie selbst tolerieren in Staaten wie Delaware oder Utah unzählige Briefkastenfirmen. Allerdings können sie in ihrem eigenen Land mehr Kontrolle über die Geldflüsse und Transaktionen ausüben. Sie haben einen besseren Zugriff auf die Identitäten der wirtschaftlich berechtigten Personen

What a bullshit. Vielleicht hätte Interviewer Honegger vorher lesen sollen, was sein Kollege Peter A. Fischer über die Heuchelei der Amis schrieb – in der NZZ. Denn die Financial Action Task Force (FATF) der OECD beurteilt jeweils, inwieweit die Vorschriften ihrer Mitgliedsstaaten den globalen Standards entsprechen.

Im Fall der Verhinderung der Beihilfe zur Geldwäscherei durch «nichtfinanzielle Intermediäre» – also beispielsweise Anwälte – erfüllt die Schweiz zu 74 Prozent diese Vorschriften. Die USA hingegen zu – 0 Prozent. In Buchstaben: null.

Aber auch das scheint dem Geldwäschereispezialisten Pieth entgangen zu sein. Er geht noch weiter und betreibt ungeniert Politik: «Es gibt eine echte Gefahr, dass Washington die Rohstoffhandelsplätze in Genf und Zug angreifen könnte. Eine Ablehnung der neuen Geldwäschereiregeln für die Anwälte durch das Schweizer Parlament würde dieses Risiko erhöhen. Materiell hat der Rohstoffhandel wenig mit dieser Gesetzesrevision zu tun. Doch in der Weltpolitik werden solche Themen oft vermischt

Denn neben der Bedeutung des Finanzplatzes Schweiz ist den USA schon lange ein Dorn im Auge, dass viele grosse Rohstoffhändler sich die Schweiz als Sitz ausgesucht haben. Von wegen Stabilität und Rechtssicherheit. All diese Konkurrenz möchten die USA gerne weghauen. So wie sie heute der Schwarzgeldbunker Nummer eins der Welt sind, nicht am Automatischen Informationsaustausch AIA teilnehmen, via Datenkrake FATCA aber Informationen von allen anderen wollen.

Dass sich ein emeritierter Professor mit Geschwätz seinen Ruf ruiniert, ist das eine. Dass die NZZ ihn schwatzen lässt und keine kritischen Nachfragen stellt, das andere, medial Bedenkliche.

Recht und Moral

Wenn Moral Recht fordert, gebiert sie Unrecht. Der Sonntag am Montag.

Strafrechtsprofessor Marcel Niggli sagt einen Gedanken für die Geschichtsbücher:

«Wir wissen bei Gesetzen genau, woran wir sind. Das Recht unterscheidet – anders als die Moral – klar zwischen weiss und schwarz: Das ist erlaubt, das ist nicht erlaubt. Es gibt keine Grauzonen.»

Eigentlich ist es unglaublich, dass nach rund 2000 Jahren des Versuchs der Verfestigung von Rechtsstaatlichkeit dessen Fundamente so nonchalant von so vielen über Bord geworfen werden. Dazu gehört eine ganze Latte von Journalisten, die gewissenlos, aber moralgedopt sich über fundamentale Prinzipien des Rechtsstaats hinwegsetzen wollen.

Dazu gehören Politiker, die als Opportunisten, als Windfähnchen oder gar aus Überzeugung fordern, dass sanktionierte Gelder von reichen Russen an die Ukraine ausgehändigt werden sollten. Dazu gehört sogar ein völlig verpeilter Strafrechtsprofessor, der unter gewaltsamem Umbiegen von eigentlich klaren Gesetzesartikeln behauptet, es gäbe sogar rechtliche Grundlagen für einen solchen Diebstahl und für eine solche Fehlverwendung vieler Millionen.

Alleine schon, dass Mark Pieth so etwas sagen kann (was natürlich sein Recht im Rahmen der Meinungsfreiheit ist), ohne dass ihm Titel und Würden abgesprochen werden, ist ein Skandal. Das ist so, wie wenn ein Herzchirurg sagen würde, dass er es für möglich hält, ein krankes Herz durch Gesundbeten zu heilen.

Hingegen muss jeder Staatsbürger die Ansicht von Niggli teilen: der Wunsch nach Einzug russischer Vermögen mittels Gesetzesänderung «würde die Abschaffung der Gesetze bedeuten. Wenn die Schweiz den Rechtsanspruch auf Eigentum aufhebt, würde ich auswandern.»

Schon das (existierende) Sanktionsgesetz ist ein rechtlicher Grenzfall. Es hebt nämlich ein paar fundamentale Prinzipien auf. Zum Beispiel die sonst zwingende Vorschrift, dass niemand seine Unschuld beweisen muss. Wenn aber Eigentum sanktionierter Personen beschlagnahmt wird, geschieht das ohne einen individuellen Schuldnachweis, sondern nur aufgrund der Zugehörigkeit zu einer unscharf definierten Gruppe.

Es muss leider gesagt sein: das letzte Mal wurde in dunklen Zeiten mit Juden so umgesprungen. Wobei wir alle uns einig sind, dass es sich damals um einen Unrechtsstaat handelte und um ein Verbrechen.

Genau gleich verhält es sich mit der Forderung nach Schweizer Waffenlieferungen an die Ukraine. Dass geistige Tiefflieger wie Sanija Ameti die sofortige Lieferung von Schweizer Panzern für die Verlängerung des Krieges dort fordern, ist nicht weiter bedenklich; sie weiss es nicht besser.

Dass diese Forderung aber auch von ansonsten ernst zu nehmenden Politikern bis ins bürgerliche Lager hinein erhoben wird, zeigt ebenfalls ein bedenkliches Verhältnis zum Schweizer Rechtsstaat, dessen Gesetze das eindeutig, glasklar und nicht wegschwurbelbar verbieten.

Das vor allem von Publizisten angemerkt wird, dass doch das Ausland den Kopf über die Schweiz schüttle und deren «Abseitsstehen» verurteile, ist an Dummheit und Arroganz nicht zu überbieten. Das Ausland schüttelt den Kopf darüber, dass sich die Schweiz an ihre Gesetze hält? Deutschland schüttelt den Kopf, das sich selbst nicht an seine Kriegsmaterialexportgesetze hält?

In welcher Welt leben wir eigentlich? Selbst Franz Josef Strauss, sonst nicht gerade bekannt als unerbittlich gesetzestreuer Bürger, zitierte immer gerne den Satz: pacta sunt servanda. Vereinbarungen sind einzuhalten. Gilt diese Richtschnur unseres Handelns nicht mehr, fallen wir zurück in Barbarei, Faustrecht und Willkür.

Gerade Russland ist ein abschreckendes Beispiel dafür. Abgesehen davon, dass auch innerhalb der Landesgrenzen kein Rechtsstaat herrscht: der Überfall auf die Ukraine war nur möglich, weil sich Russland nicht an eigene Vereinbarungen gehalten hat, nämlich die verbindliche Zusicherung der Respektierung der territorialen Integrität der Ukraine. Abgesehen vom Bruch des Völkerrechts.

Aus solchen Rechtsbrüchen erwächst immer Unheil, Ungutes, Chaos, Leid, Zerstörung, Krieg.

Natürlich werden solche Verbrechen begründet. Russland sagt ja nicht: jawohl, wir sind wortbrüchig geworden und entgegen allen Gesetzen in der Ukraine eingefallen. Russland bemäntelt dieses Verbrechen mit vielen Begründungen. Inklusive dem moralischen Recht, sich gegen ein angeblich faschistisches Regime mit Expansionsgelüsten wehren zu müssen.

Die Parallelen sind noch deutlicher. Die NZZ berichtet: «Wjatscheslaw Wolodin, Sprecher der Staatsduma, schlägt vor, das Eigentum von «Schurken» zu beschlagnahmen, die ins Ausland gegangen sind und den Krieg kritisieren.»

Fällt den moralinübersäuerten Schweizer Brandstiftern nicht auf, dass sie genau das Gleiche tun? Sie behaupten, aus angeblich übergeordneten moralischen Gründen gebe es sozusagen einen übergesetzlichen Notstand. Der Laie holzt sich einfach eine Begründung zu recht; «wer nicht die Ukraine unterstützt, unterstützt Putin», behauptet ein abgehalfterter Dummschwätzer.

Krude, krumme und fatale Gedanken wälzt auch der Parteichef der «Mitte». Nachdem Gerhard Pfister lange geschwiegen hat, ist er sich inzwischen sicher, woher der Wind weht und rhabarbert vor sich hin:

«Die Schweiz kennt die bewaffnete Neutralität. Sie muss sich angemessen verteidigen können. Die Schweiz und ihre Werte werden jetzt in der Ukraine mitverteidigt. Es liegt darum im Landesinteresse der Schweiz, die Verteidigung der Ukraine zu unterstützen. Darum ist das für mich ein Verteidigungsfall.»

Schweizer Werte werden in der Ukraine verteidigt? Also unter anderem Korruption, gekaufte Wahlen, Zensur, Aushebelung parlamentarischer Demokratie, Unterdrückung jeglicher Opposition? Der Letzte, der einen solchen Unsinn verzapfte, war der damalige deutsche Verteidigungsminister Struck: «Die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland wird heute auch am Hindukusch verteidigt.» Nachdem Afghanistan für den Westen verloren ist, müsste nach dieser Logik Deutschlands Sicherheit flöten gegangen sein.

Noch fataler wird es, wenn sogar Rechtsgelehrte sich auf diesen Pfad ins Verderben begeben. Immerhin gab Tamedia Prof. Niggli Gelegenheit (wohl unseren Spuren folgend, denn wir haben ihn zuerst zu diesem Thema befragt), den absurden Behauptungen von Pieth entgegenzutreten.

Aber wir wissen aus Erfahrung, wie eine solche Umbiegung klarer Gesetzes funktioniert. Zunächst steht das Gesetz klar, eindeutig und unbeschädigt da. Dann kommen die ersten Rechtsverdreher und fummeln dran rum. Begleitet von Politikern, die mal dies oder das sagen. Dann wacht die Meute von journalistischen Lemmingen auf, die sich mit Moralin bis unter die Nase aufgepumpt und verantwortungslos fatale Forderungen aufstellen.

Dann kommen besonnene Worte, man müsse vielleicht zuerst das Gesetz ändern, dann ginge schon, was vorher eindeutig verboten war. Und am Schluss steht ein zuvor gut bekleideter Rechtsstaat in Lumpenfetzen gehüllt da. Und keiner dieser Idioten denkt über seine Nasenspitze hinaus, oder hört auf das, was Professor Niggli völlig richtig sagt:

«Heute geht es um ein paar Russen, aber morgen geht es vielleicht um Sie und mich. Denn die Politik sagt damit: Was Ihnen gehört, gehört Ihnen nur, solange es uns passt. Und sonst nehmen wir es Ihnen weg. Das ist eine beunruhigende Perspektive.»

Auch er zieht einen Vergleich, der in diesem Zusammenhang leider auf der Hand liegt:

«Die Enteignungsforderungen gegenüber den Russen bringen eine grosse Skepsis gegenüber dem Recht zum Ausdruck. Das erinnert mich an die Weimarer Republik in den 1930er-Jahren: Man schiebt die Paragrafen nonchalant zur Seite zugunsten von dem, was man für das politisch oder moralisch Richtige hält. Genau so wurde damals in Deutschland die Demokratie zerrieben und letztlich ausgehöhlt.»

Wer sich so an den Fundamenten des Rechtsstaats zu schaffen macht, unterhöhlt tatsächlich nicht einfach ein paar Paragraphen. Sondern die Demokratie, die Gesellschaft, das zivilisierte Zusammenleben.

Hier gibt es nur – wie damals – zwei Möglichkeiten: auswanden oder mit aller Kraft Widerstand leisten.

So steht’s im Gesetz

Wenn vermeintliche Moral wichtiger als Gesetzestreue wird …

… ist eine Gesellschaft in Gefahr, den Bereich des zivilisierten Zusammenlebens zu verlassen. Wenn Gesetze nicht mehr gelten oder umgebogen werden können, ist der Rechtsstaat in Gefahr.

Der Rechtsstaat ist unser einziger Schutzwall gegen Barbarei, Willkür und Faustrecht. Wohin es führen kann, wenn der Rechtsstaat nicht existiert oder dysfunktional wird, kann man bei allzu vielen Ländern der Welt beobachten. Nicht zuletzt in Russland oder der Ukraine. Beides zutiefst korrupte Regimes, wo fundamentale Prinzipien des Rechtsstaats nicht funktionieren.

Nun hat das eine Unrechtsregime das andere überfallen. Da das unter Bruch aller internationalen Verträge erfolgte, in denen Russland die territoriale Integrität der Ukraine zusicherte, ist das Putin-Regime noch mehr ein Paria als das Selenskyj-Regime. Ganz abgesehen davon, dass sich der Krieg in der Ukraine längst zu einem internationalen Konflikt ausgeweitet hat; ein typischer Stellvertreterkrieg wie weiland Korea oder Vietnam. Nur waren dort die USA der Invasor, der unzählige Kriegsverbrechen (Agent Orange, Flächenbombardierungen, Massaker) beging.

In all solchen Auseinandersetzungen der Grossen, der Atommächte, hat ein Kleinstaat wie die Schweiz aus reinem Selbsterhaltungsprinzip die Aufgabe, sich strikt an seine Gesetze zu halten – und sie gegen Angriffe von aussen (und innen!) zu verteidigen.

Nun wird seit einiger Zeit vor allem von der EU, aber auch von diversen politischen Parteien in der Schweiz, das «Bundesgesetz über das Kriegsmaterial» in Frage gestellt. Deutschland hat fast identische Bestimmungen, foutiert sich aber darum und liefert inzwischen sogar schwere Waffen wie Kampfpanzer an eine Kriegspartei. Seine Aussenministerin behauptet sogar, die EU befinde sich «im Krieg mit Russland».

Unglaubliche Zustände. Nassforsch fordert vor allem Deutschland von der Schweiz, dass die gefälligst auch auf ihre Gesetze scheissen solle. Verpeilte Kommentatoren behaupten, wer nicht Waffen an die Ukraine liefere, unterstütze Putin. Prinzipienlose Kommentatoren fordern, dass auch die Schweiz sofort und massiv Waffen an die Ukraine liefern soll. Zumindest der Weiterleitung von bereits exportiertem Kriegsmaterial an die Ukraine nicht im Wege stehen soll.

Nun heisst es im entsprechenden und gültigen Gesetz glasklar in Artikel 18:

«In der Regel kann eine Ausfuhrbewilligung nur erteilt werden, wenn es sich um die Lieferung an eine ausländische Regierung oder an eine für diese tätige Unternehmung handelt, und wenn eine Erklärung dieser Regierung vorliegt, dass das Material nicht wieder ausgeführt wird (Nichtwiederausfuhr-Erklärung).»

Glasklar, der nächste Absatz regelt noch präzise definierte, kleine Ausnahmen.

Artikel 22a definiert die «Bewilligungskriterien für Auslandgeschäfte»:

«Auslandsgeschäfte nach Artikel 22 und Abschlüsse von Verträgen nach Artikel 20 werden nicht bewilligt, wenn:
a. das Bestimmungsland in einen internen oder internationalen bewaffneten Konflikt verwickelt ist;
b. das Bestimmungsland Menschenrechte schwerwiegend und systematisch verletzt;
c. im Bestimmungsland ein hohes Risiko besteht, dass das auszuführende Kriegsmaterial gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt wird; oder
d. im Bestimmungsland ein hohes Risiko besteht, dass das auszuführende Kriegsmaterial an einen unerwünschten Endempfänger weitergegeben wird.»

Auch hier gibt es nur eine klar definierte Ausnahme:

«Abweichend von Absatz 2 kann eine Bewilligung für Auslandsgeschäfte für Einsätze zugunsten des Friedens erteilt werden, die auf der Grundlage eines Mandats der Vereinten Nationen, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa oder einer supranationalen Organisation, deren Ziel die Friedensförderung ist, durchgeführt werden.»

Für jeden Laien ist verständlich: es ist ausgeschlossen, Kriegsmaterial an die Ukraine zu liefern. Es ist ausgeschlossen, den Wiederexport von an andere Länder geliefertes Schweizer Kriegsmaterial an die Ukraine zu bewilligen.

Das ist das Gesetz.

Gesetze kann man ändern. Entsprechende Bestrebungen sind im Gange, das ist völlig legitim. Aber bis dieser Prozess mit einer allfälligen Veränderung dieser Gesetze abgeschlossen ist, gelten sie.

Wer daran herumkrittelt, rabulistisch nach Schlupflöchern sucht, moralinsauer übergesetzliche Notwendigkeiten fabuliert, wer gar peinlich berührt davon ist, wenn das Ausland die Schweiz dafür kritisiert, sich an ihre Gesetze zu halten, ist ein gefährlicher Brandstifter im Rechtsstaat.

Darunter sind Politiker, Einzelmasken, die nach Aufmerksamkeit gieren, aber auch Rechtsgelehrte, die zu zeigen versuchen, dass man mit genügend Hinschmalz jedes Gesetz so umbiegen könnte, dass das Gegenteil seiner klaren Aussage gelten würde.

Und natürlich gibt es ein sich ständig vergrösserndes Heer von Schreibtischgenerälen, von schreibenden Kriegsgurgeln, von unerschrockenen Kämpfern am Sandkasten, die gerne Schweizer Waffen in der Ukraine sähen, die dafür sind, dass auch die neutrale Schweiz dafür sorgt, dass noch mehr gelitten, zerstört, getötet wird. Natürlich für eine gute Sache, was jedem Getöteten sicherlich ein gutes Gefühl mit ins Jenseits verschafft.

Die Empörung über das Unrecht, das Russland als Unrechtsstaat verursacht, darf nicht dazu führen, dass auch die Schweiz den Boden der Rechtsstaatlichkeit verlässt. Ein besonders abschreckendes Beispiel liefert gerade der Rechtsprofessor Mark Pieth, der sogar behauptet, dass die von reichen Russen in der Schweiz beschlagnahmten Werte gesetzeskonform enteignet, also gestohlen und an die Ukraine ausgehändigt werden könnten.

Das alles sind Anschläge auf den Schweizer Rechtsstaat. Hoffentlich bleibt er unberührt von diesem Wahnsinn. Falls nicht, ist das keine gute Nachricht für die Ukraine. Aber eine ganz schlechte für jeden Schweizer Staatsbürger.

Walter Mayr: Relotius Reloaded

Spieglein an der Wand, wie hässlich ist das Schweizerland?*

Claas Relotius ruinierte den Ruf des «Spiegel», indem er Geschichten erfand, die Realität dichterisch ausschmückte. Walter Mayr ruiniert den Ruf des Nachrichtenmagazins, indem er weglässt, einseitig einäugig einen Zerrspiegel der Schweiz als Reportage verkauft.

«Schweizer Willkommenskultur: Schatzkammer der Oligarchen». Titel und Einstieg lassen keinen Zweifel daran, dass das Ergebnis der Reportage schon feststand, bevor sich Mayr auf den Weg nach «Zug, Basel, Luzern und Zürich» machte. Denn er weiss: «Russlands Reiche, unter ihnen Kleptokraten und Kriegsverbrecher, fühlen sich wohl in der Schweiz. Es locken Villen, Briefkastenfirmen, Staatsbürgerschaften

Zum Beweis hat Mayr mit einer handverlesenen Schar von Unterstützern seiner vorgefassten Meinung gesprochen. «Zug ist ein Oligarchenparadies und, wenn man so will, die Verkörperung des Geschäftsmodells Schweiz». Zitat von Luzian Franzini, Grünen-Vize und «so etwas wie der oberste Ruhestörer im verschwiegenen Steuersparer-Dorado südlich von Zürich».

Zum Chor der Schweiz-Beschimpfer gesellt sich auch «Balz Bruppacher, Autor des Standardwerks »Die Schatzkammer der Diktatoren«.» Das Buch des pensionierten Journalisten ist bereits 2020 erschienen. Die regierungsnahe «Helsinki-Kommission» der USA darf nicht fehlen, die faktenfrei über die Schweiz ablästerte. Die NGO «Public Eye», das internationale Recherchenetzwerk OCCRP, da hat eine Gegenstimme schlechte Karten: «»Zug ist ein Standort mit Willkommenskultur, ein Teil unseres Erfolgsmodells«, sagt in seinem Büro mit Seeblick treuherzig Heinz Tännler, der Finanzdirektor des Kantons.» Wieso spricht der treuherzig, Franzini hingegen nicht?

Und wie geht’s so den Oligarchen in der Schweiz? «Russen sitzen mit Blick auf Lugano in der italienischen Exklave Campione d’Italia und lassen sich in der »Taverna« bei Michel Walser Hummer servieren. Andere zeigen sich drüben, am Schweizer Ufer, beim Aperitivo im »Boatcenter« in Gesellschaft von Damen mit überdurchschnittlich voluminösen Lippen.» Leider traute sich der rasende Reporter nicht, auch nur einen von denen anzusprechen.

Und in Zürich? «Selbst im noblen Hotel St. Gotthard an der Bahnhofstraße, wo die als »Zarin von Zürich« gerühmte Eigentümerin Ljuba Manz sich vom Chauffeur im Audi A8 W12 vorfahren lässt … Vorbei die Zeiten, da die ehemalige Austernverkäuferin Manz hier Hof hielt … Die aus Charkiw stammende Hotelière hüllt sich derzeit in Schweigen.» Oder einfacher ausgedrückt: sie will nicht mit Mayr sprechen.

Dann noch Thomas Borer, ein weiterer «Antikorruptionsexperte» und schliesslich gegen Schluss der unvermeidliche Mark Pieth, der vielfach gescheiterte «anerkannte Kämpfer gegen Korruption». Der darf dann als Schlusspointe den Daumen senken: «Jahrzehntelang habe die Schweiz unter dem Deckmantel der Neutralität aus akuten Krisen Profit geschlagen – im Zweiten Weltkrieg wie auch später während des Kalten Kriegs und des südafrikanischen Apartheid-Regimes, urteilt der Basler Jurist. Nun stehe einmal mehr die Reputation des Landes auf dem Spiel, denn: »Rein rechtlich gesehen sind Sanktionsverletzungen schwere Verbrechen.«»

Fertig ist der Relotius Reloaded. Dass die Schweiz die EU-Sanktionen copy/paste übernimmt, dass in der Schweiz bereits Milliardenwerte beschlagnahmt wurden, dass immer noch legal arbeitende Firmen mit Verbindungen zu Russland zunehmend Probleme mit ihren Schweizer Bankverbindungen haben, dass die Schweiz als Rechtsstaat nicht einfach auf Verdacht oder Vermutung die Eigentumsgarantie ausser Kraft setzen kann – das alles interessiert Mayr nicht.

Relotius wurde von seiner Redaktion unter Druck gesetzt, immer knalligere Storys herzustellen, die den vorgefassten Meinungen in Hamburg entsprachen, den dort gepflegten Narrativen, der dortigen Überheblichkeit, doch tatsächlich «Trump wegzuschreiben» (Originalzitat). Das wurde immer mehr zu einer Mission Impossible, also flüchtete sich Relotius ins Reich der Erfindungen, der Fake News. Mayr ist seine modernere Ausgabe. Er fügt nichts hinzu, er erfindet nichts. Aber er lässt alles weg, was nicht ins Narrativ passt. Nur im Vorspann wirft er die Ansage etwas zu weit ins Reich der Fantasie: er ist keinem einzigen «Kleptokraten und Kriegsverbrecher» auf die Spur gekommen. Stattdessen hat er die Briefkästen von Briefkastenfirmen besichtigt und dem Treiben von Russen (oder waren es gar Ukrainer?) in der Schweiz zugeschaut.

Damit setzt der «Spiegel» seine Selbstdemontage als ernstzunehmendes Nachrichtenmagazin fort. Er hat aus dem Relotius-Desaster offenbar nur gelernt, dass man es vermeiden sollte, die Realität so hinzudichten, wie sie sein sollte. Aber durch Auslassen so hinschreiben, das geht.

*Dieser Artikel erschien in leicht veränderter Form zuerst in der «Weltwoche».

 

Wumms: Mark Pieth

Der Vielschwätzer ist eine Schande für seinen Beruf.

Wo es um Korruptionsbekämpfung geht, da hört man von Mark Pieth. Allerdings meist nur markige Worte. Sein Wirken bei der FIFA war ein besserer Witz. Dann sass er ganz kurz in einem «Expertengremium» für Panama, jahrelang in der OECD und lebt auch nach seiner Pensionierung von seinem Ruf.

Letzthin hat er in einer US-Lobbyorganisation von sich reden gemacht, als er sich in der sogenannten Helsinki-Kommission sehr kritisch über den Schweizer Umgang mit Vermögenswerten von reichen Russen äusserte.

Das kam nicht besonders gut an, weil die USA die grössten Heuchler auf diesem Gebiet sind, bei ihnen die dicksten Schwarzgeldbunker und die mächtigsten Geldwaschmaschinen für alles stehen, was mit krimineller Herkunft zu tun hat.

Nun kritisiert er in der WoZ, dass sich Schweizer Anwälte an Schweizer Gesetze halten. Dazu gehört, dass die Errichtung von Finanzkonstrukten für Mandanten durchs Anwaltsgeheimnis gedeckt ist. Das mag man toll finden oder kritisieren, aber dass ein Rechtsprofessor dagegen polemisiert, in einem Rechtsstaat sich an gültige Gesetze zu halten, das ist schon ein starkes Stück.

Dabei plaudert er so vor sich hin: «Vor allem aber richten die Schweizer Anwälte die Gesellschaften meist nicht in der Schweiz ein, sondern etwa auf den British Virgin Islands. In der Schweiz sitzt nur die Spinne im Netz: der Anwalt.» Mit anderen Worten: Schweizer Anwälte nützen die viel laschere Gesetzgebung der Kolonie eines ehemaligen EU-Staats aus.

Dann behauptet Pieth, dass die EU «entschieden» habe, «in all ihren Mitgliedstaaten ein Register» einzuführen, in dem die wirtschaftlich Berechtigten von Firmen eingetragen sein sollten. Ein typisches EU-Gedöns; Holland, Belgien und Luxemburg balgen sich darum, die undurchsichtigsten Konstrukte zuzulassen.

Deutschland hat tatsächlich ein «Transparenzregister».

Offenbar hat der emeritierte Professor allerdings noch nie versucht, darin Einblick zu nehmen. Nach einem längeren Identifizierungsprozess landet man hier:

Versucht man dann, die App herunterzuladen, wird mitgeteilt, dass sie für die Schweiz nicht zur Verfügung stünde. Und das will Pieth als Vorbild für die Schweiz hinstellen. Was für ein Vielschwätzer.