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Wumms: Mark Balsiger

Pole Position erobert. Das hilft der Eigen-PR ungemein.

Auf jedem Gebiet braucht es den Experten. Den Kenner der Sachlage. Denn der überforderte Kindersoldat im Newsroom weiss, dass er eigentlich auf keinem Gebiet sattelfest ist. Also googelt und schreibt er sich was zusammen.

Dann zeigt er’s dem Chef (wenn überhaupt). Der sagt dann: super. Aber wie wär’s, wenn wir da noch einen Experten hinzunähmen? Gibt dem Ganzen doch viel mehr Gewicht.

Richtig, denkt der Redaktor, mein Chef hat immer die guten Ideen. Nun muss ein solcher Experte zwei Eigenschaften erfüllen: andere müssen ihn auch schon zitiert haben. Und er muss rund um die Uhr erreichbar sein. Bei Corona zum Beispiel eroberte sich Marcel Salathé so aus dem Nichts heraus den Status des Oberexperten, bekannt aus Funk und Fernsehen.

Wenn’s um Kinderfragen geht, verteidigt Allan Guggenbühl seit vielen Jahren die Pole Position. Er ist sozusagen die Mutter (und der Vater) aller Experten. Fast schon unheimlich, wie lange und wie präsent er das durchhält.

Als ZACKBUM für den «Stern» arbeitete, gab es in der Schweiz einen Fall, der den fachmännischen Kommentar eines Jugendpsychologen brauchte. Guggenbühls Ruhm hatte sich bis nach Hamburg durchgesprochen, obwohl man verlangte, einen «Guggenbichler oder so» zu interviewen. Der ging auch sofort ans Telefon, meinte aber, dass er diese Woche leider keine Zeit habe. Als erwähnt wurde, dass das ein «Stern»-Interview werde, stand er sofort am nächsten Nachmittag zur Verfügung.

Mehr eine lokale Grösse ist Mark Balsiger. Allerdings hat er sich einen festen Platz im Wanner-TV erobert, was schon mal gut ist.

Auch die «Berner Zeitung» hat seine Nummer auf Kurzwahl gespeichert. Knatsch um eine SVP-Politikerin? Balsiger fragen. Politknatsch in Könitz: «Es ist wie beim Schach», «Politikanalyst» Balsiger weiss Rat. Vorschau auf die kantonalen Wahlen? Da darf «Politikanalyst Mark Balsigers Meinung» nicht fehlen. Natürlich kennt er sich auch bei Impfskeptikern aus, der «Berner Politanalyst Mark Balsiger». Geht’s um «Courage Civil», wird er gleich zum «Berner Politikberater und Buchautor Mark Balsiger» geadelt.

Wer derart ständig von der «Berner Zeitung» abgeknutscht wird, kommt natürlich auch sonst vor; auf bluewin.ch ist er «Politologe», bei «20 Minuten» ebenso, srf.ch spricht mit dem «Politik-Analysten».

Allerdings sind seine Inhalte ungefähr so interessant wie die Leier des «Verschwörungstheoretiker-Spezialisten und Soziologen» Marko Kovic. Schale Lüftchen, Allgemeinplätze, Brei. Aber sicher gut für die «Kommunikationsagentur Border Crossing».

Merkwürdige Selbstdarstellung von «Border Crossing» …

Kindisch-arrogante Dialogverweigerung

Reden wir mal drüber? Nicht mit der Klimajugend.

Es war schon immer das Privileg von Autokraten und Diktatoren, von vermeintlich unangreifbaren Autoritäten, die Debatte zu verweigern.

Das chinesische Regime will keinen Dialog mit Dissidenten. Der weissrussische Autokrat Lukaschenko will keinen Dialog mit den Demonstranten gegen seine manipulierte Wiederwahl.

Damit soll die andere Seite nicht aufgewertet, nicht anerkannt, ihr Legitimität abgesprochen werden. Denn Regimes und Autokraten haben Angst vor dem freien Wort, vor der Debatte.

Alle Heilslehren, Religionen, hermetisch geschlossene Ideologien haben Angst vor der Debatte. Im Islam ist das bis heute unmöglich; die christliche Kirche musste dazu gezwungen werden, auf Zweifel und Gegenargumente nicht mit der Inquisition zu reagieren.

Nur im offenen Widerstreit der Argumente ist Erkenntnisgewinn möglich

Natürlich ist die Freiheit der Debatte nicht grenzenlos; sie braucht Regeln, die Teilnehmer müssen geschützt sein. Aber es gehört zu den fundamentalen Vorteilen unserer zivilisierten Gesellschaftsform, auf dieser kleinen Insel des offenen Streitens, dass Konsens herrscht: nur im Widerstreit der Meinungen ist Erkenntnisgewinn möglich.

In hermetisch geschlossenen Systemen, in Autokratien, in absolutistischen Regimes wird dekretiert, worüber debattiert werden darf – und worüber nicht. In fundamentalistischen Glaubensgebäuden gilt Zweifel als blasphemisch, der sogar mit dem Tod bestraft werden muss.

Offenes Streiten über alles ist nur in einigen Staaten Europas, in den USA, in wenigen Staaten Asiens, nirgendwo in Afrika oder Lateinamerika möglich. In zu vielen Ländern der Erde riskiert der Vertreter einer unliebsamen Meinung, dass er zensiert, boykottiert, bedrängt wird. Schlimmer noch, dass er bedroht wird, Nachteile in Kauf nehmen muss. Vielleicht sogar sein Leben verliert.

Kleine Inseln der Glückseligen im Meer der Intoleranz

Wir leben hier in der Schweiz auf einer der wenigen Inseln der Glückseligen, wo im Rahmen des Anstands und der Gesetze ein offener Meinungsstreit nicht nur möglich ist, sondern auch eine lange Tradition hat. In jeder Form.

Eine dieser Formen ist das Streitgespräch in der Öffentlichkeit. Auf Podien, in Sälen oder vor Mikrophonen und Kameras. Die einzige Sendung des Schweizer Fernsehens, die eine solche Streitkultur pflegen will, ist die «Arena».

Man kann, was dort stattfindet, als Schaukampf kritisieren, bemängeln, dass es nur rhetorische Spiegelfechterei sei, dass man sich nicht zuhöre, sondern jeder Teilnehmer nur möglichst viel Redezeit für sich erobern will. Auch diese Meinungen kann man frei äussern.

Wir sprechen gerne mit allen, nur mit dem nicht

Nun überrascht das «Kommunikationsteam des #RiseUpForChange» damit, dass es «sehr gerne auch mit Menschen spricht, welche unterschiedliche Ansichten haben». Allerdings bestimmt es selbstherrlich, mit wem es nicht spricht. Denn die Redaktion der «Arena» bestehe doch tatsächlich «auf der Einladung Roger Köppels».

Eine Unverschämtheit für das «Kommunikationsteam», denn «Roger Köppel und seine Zeitung hetzen seit Beginn der Klimastreiks massivst gegen Klimastreikende». Daher habe man «einstimmig beschlossen, die Einladung zur SRF Arena nicht anzunehmen».

Genauer gesagt: Die Teilnahme zurückzuziehen, nachdem man offensichtlich mit dem Erpressungsversuch scheiterte, nur aufzutreten, wenn Köppel nicht dabei ist. Das ist so unverfroren und unerhört, dass man es kurz abschmecken muss.

Wenn die Massstäbe völlig verrutschen

Die gleichen Vertreter einer Bewegung, die die Toleranz der Gesellschaft aufs «massivste» strapazierten, indem sie ein Lager auf dem Bundesplatz vor dem Schweizer Parlament aufschlugen, das trotz klarem Gesetzesverstoss von der Berner Regierung toleriert wurde, wollen die Teilnahme eines missliebigen Kontrahenten in einer Debatte nicht tolerieren.

Dabei haben sie sich offensichtlich verschätzt und überhoben, indem sie meinten, mit ihrer Drohung, der Debatte fernzubleiben, könnten sie Köppel ausladen, obwohl ihnen weder seine Einladung noch seine Ausladung zusteht.

Die Begründung fürs Schmollen ist aberwitzig: Köppel leugne oder relativiere die Existenz des menschengemachten Klimawandels. «Dieser ist wissenschaftlicher Konsens und kann nicht zur Debatte stehen.»

Die Klimajugend will bestimmen, was debattiert werden darf

Das erinnert an die absolute Arroganz der Kirche, die Galileo Galilei mit dem Zeigen der Folterinstrumente klar machte, dass die Erde eine Scheibe sei und unverrückbar im Zentrum des Universums stünde. Das sei wissenschaftlicher Konsens und könne natürlich nicht zur Debatte stehen.

Nun hat Köppel vielleicht nicht das Format eines Galileis. Aber ein paar erregte Jugendliche haben noch viel weniger das Format oder die Autorität, darüber zu entscheiden, was zur Debatte stehen darf und was nicht.

Man könnte nun Milde walten lassen und verständnisvoll darüber hinwegsehen, dass ein paar Idioten in jugendlichem Ungestüm noch keine Ahnung haben, was Meinungsfreiheit und Toleranz bedeuten. Unheimlich wird es aber, wenn ein Krisenkommunikationsberater wie Mark Balsiger Wind in eigener Sache macht, indem er per unverlangter Ferndiagnose schon vor der Debatte weiss, dass Köppels «Teilnahme in der Sendung nichts» bringe.

Ein Krisenkommunikator als Krise in eigener Sache

Wer solchen Unsinn verzapft, ist selber die Krise, die er kommunikativ zu bewältigen verspricht. Es mag durchaus zweifelhaft, gar falsch sein, unsinnig, unwissenschaftlich, hanebüchen, was Roger Köppel oder andere Autoren der «Weltwoche» über Klimaveränderung sagen.

Aber selbst wenn das so ist: Das ist ein laues Lüftchen im Vergleich zu dieser arroganten Borniertheit, in einer Debatte bestimmen zu wollen, wer mit welchen Meinungen daran teilnehmen darf – und wer nicht.

Selbstverständlich findet die «Arena» unter Teilnahme von Roger Köppel statt, und das ist gut so. Die Klimajugend hat sich hingegen als ein dummer Haufen von trotzenden Rotznasen entlarvt. Erstaunlich höchstens, dass diese «Kollektiv» auch für Greenpeace spricht. Dieser Organisation konnte man bislang eine gewisse Vernunft nicht absprechen.

Aber hier ballt sich eine üble Mischung aus geschichtsvergessener Dummheit, Borniertheit und Rechthaberei zusammen. Von Menschen, die vergessen haben – oder nie wussten –, wie kostbar das Gut der freien Debatte ist, und mit wie vielen Opfern es erkämpft werden musste.

Deshalb dürfen nur weit gefasste Gesetze, so wie in der Schweiz, die freie Meinungsäusserung beschneiden. Niemals selbsternannte «Kommunikationsteams» von Kommunikationsverweigerern.