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Beisshemmung

Aber jetzt muss es sein: «Die Ostschweiz» auf dem Weg nach unten.

ZACKBUM-Redaktor René Zeyer hat einige Jahre für Einschaltquote beim Online-Magazin des Ostens gesorgt. Bis dessen feiger Chefredaktor Marcel Baumgartner vor den haltlosen Drohungen einer wildgewordenen Medienanwältin einknickte und einen Artikel von Zeyer – ohne Rücksprache notabene – vom Netz nahm. Man habe juristischen Ärger befürchtet, behauptete diese Zierde seines Berufs.

Der Artikel erschien anschliessend identisch hier und anderswo – natürlich ohne juristische Folgen.

Ein trübes Kapitel medialer Charakterlosigkeit. Obwohl dazu aufgefordert, die Artikel von Zeyer zu löschen, brüstet sich die O-Schweiz im Archiv immer noch mit ihnen. Ein trübes Kapitel halt.

Seither befindet sich das Magazin, das mal das St. Galler «Tagblatt» online mit mehr Traffic abtrocknete, im stetigen Niedergang. Aktueller Aufmacher:

Die Homepage kommt ungefähr so gepflegt wie ein ungemachtes Bett nach durchwachter Nacht daher. Obwohl die Themen durchaus schlaffördernd sind.

Ein einziger Kommentar fällt auf: «Mythos «Linker Mainstream»: Ein Kampfbegriff vergiftet unsere Debatten». Nicht unbedingt wegen des Inhalts. Sondern wegen der Fussnote: «Hinweis: Mit diesem Leitartikel verabschiedet sich Odilia Hiller als Co-Chefredaktorin von «Die Ostschweiz».»

Damit bleiben «Verlagsleiter und Chefredaktor» Baumgartner und Manuela Bruhin als Redaktorin übrig.  Aus Verzweiflung werden unter «Team» noch Verwaltungsräte, ein Anzeigenverkäufer und die «Leitung Werbemarkt» aufgeführt, damit sich die beiden Redaktionsnasen nicht so einsam fühlen.

Leider ist die O-Schweiz ein weiteres Beispiel dafür, wie eine eigentlich grossartige Idee – Gegenstimme zum CH-Media-Monopol in der Ostschweiz zu werden – durch Unvermögen in den Sand gesetzt wird. Vor allem während der Coronazeit wurde die O-Schweiz ein Organ, das sogar landesweite Bedeutung erlangte, weil hier nicht der obrigkeitshörige Schmusekurs der Mainstreammedien mitgemacht wurde.

In ihren besten Zeiten veröffentlichte die O-Schweiz sogar einen Artikel von Zeyer über den einflussreichen und reichen Sherkati-Clan in St Gallen, nachdem das «Tagblatt» wo er zuerst publiziert war, ebenfalls nach einem leisen Lufthauch von Drohung eingeknickt war und den Text, obwohl unangreifbar recherchiert, ebenfalls ohne den Autor zu informieren vom Netz nahm.

Es war dann wirklich ein Treppenwitz der Geschichte, dass das damals mutige Blatt O-Schweiz sich später genauso feige verhielt.

Seither ist der Traffic eingebrochen, die Bedeutung hat sich in Luft aufgelöst, das Organ ist komatös, wird künstlich beatmet und wankt wie ein Zombie durchs Internet.

Nun hat sich auch die Co-Chefredaktorin entschlossen, das sinkende Schiff zu verlassen. Obwohl sie damals noch hinter dem ruppigen Rausschmiss von Zeyer stand.

Immerhin, ein später Lerneffekt, ist zu vermuten.

Aber bei aller – längst nicht mehr persönlich motivierten – Kritik an diesem Trauerspiel: es ist wieder einmal bedauerlich, wie bei der «Hauptstadt», bei «bajour», bei der «Republik» beim «Nebelspalter», wie mit viel oder wenig Geld durchaus im Ansatz sinnvolle Projekte und Produkte verludern, abgehalftert werden, nur noch aus Gewohnheit eine immer kleiner werdende Ingroup oder Gesinnungsblase bespassen, rasant an Relevanz verlieren (wenn es die überhaupt mal gab), und schliesslich früher oder später mit dem üblichen Gequengel (die Umstände, die Welt, die ungerechte, der Markt, das Schwein) eingehen.

Aber niemals, kein einziges Mal suchen die Versager die Schuld daran bei sich selber.

Feige «Ostschweiz»

Wie sich eine schwache Redaktion ins Bockshorn jagen lässt.

Es gab Zeiten, da veröffentlichte «Die Ostschweiz» einen Artikel, den das St. Galler «Tagblatt» feige nach einem Druckversuch gelöscht hatte – ohne den Autor auch nur anzuhören.

Die Zeiten ändern sich. Jetzt löscht «Die Ostschweiz» feige einen Artikel nach einem Druckversuch, ohne den Autor auch nur anzuhören.

Zurzeit ist viel die Rede davon, wie Medien schnell unter juristischen Drohungen einknicken. Hier haben wir ein Paradebeispiel, das sich am besten am Fragenkatalog erklären lässt, auf den die Redaktionsleitung nicht einmal antwortete.

Im seriösen Journalismus, den ich im Gegensatz zu Ihnen betreibe, gibt man vor Publikation (oder dem Gegenteil) dem Betroffenen die Gelegenheit zur Stellungnahme. Et voilà.

  1. Sie haben ohne Rücksprache mit mir meinen Artikel «Jolanda Spiess-Hegglin: Sie klagt mal wieder» gelöscht. Halten Sie das für ein korrektes Vorgehen?
  2. Sie haben mir gegenüber als Begründung, wieso Sie den Artikel löschen «werden» – dabei war er schon gelöscht –, angegeben, dass «die Anwältin» (gemeint ist sicherlich RA Zulauf) behauptet habe, der Artikel könne nicht «objektiv» sein, weil es einen «Rechtsstreit» zwischen ihr und mir gegeben habe. Wieso soll das ein Grund sein, den Artikel, ohne den Autor anzuhören, zu löschen?
  3. Was soll an dem Artikel «nicht objektiv» sein? Wie Sie sicherlich wissen, gibt es Werturteile, die von der Meinungsfreiheit gedeckt sind. Und es gibt Tatsachenbehauptungen, die wahr oder falsch sind. Werden sie angezweifelt, muss das begründet werden; wer die Tatsachenbehauptungen aufgestellt hat, muss Gelegenheit zur Stellungnahme bekommen. Wieso sind diese Selbstverständlichkeiten hier nicht passiert?
  4. Wäre es nicht ein professionell-korrektes Vorgehen gewesen, RA Zulauf um Konkretisierung ihrer Vorwürfe zu bitten, mir Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben und erst anschliessend eine so drastische Entscheidung in Erwägung zu ziehen?
  5. Die Behauptung von RA Zulauf, es gebe (oder habe gegeben) einen Rechtsstreit zwischen uns, entspricht nicht der Wahrheit. Wieso glauben Sie ihr das unbenommen? Dass die Dame es mit der Wahrheit nicht so genau nimmt, sollten Sie doch wissen.
  6. Wie kann es sein, dass Sie sich von unsubstantiierten Drohungen einschüchtern lassen, die zudem keinerlei Bezug zum Inhalt des Artikels haben?
  7. Hat RA Zulauf irgend eine inhaltliche Kritik geäussert, wenn ja, welche?
  8. Da Sie kaum aufgrund eines Drohanrufs eingeknickt sind, liegt sicherlich ein Schriftwechsel vor. Als Opfer dieser Intrige habe ich doch das Recht, in ihn Einblick zu nehmen, oder nicht?
  9. Sie erinnern sich sicher, dass es bereits das zweite Mal ist, dass es RA Zulauf mit unwahren Behauptungen gelingt, Sie zu einer vorschnellen Löschung eines ihr nicht genehmen Artikels zu treiben. Das letzte Mal wurde dieser Fehlentscheid korrigiert und der Artikel wieder online gestellt. Trotz gegenteiligen Drohungen geschah dann nichts. Wieso sind Sie zum zweiten Mal auf diese Masche hereingefallen?
  10. Sie haben offenbar blitzartig auf die Drohungen mit falschen Behauptungen der Anwältin reagiert. Mir gegenüber haben Sie ein Gespräch verweigert und Terminprobleme vorgeschützt. Halten Sie das für ein professionelles Vorgehen?

In der Vergangenheit gab es einen ähnlichen Vorfall. Ein Artikel über Spiess-Hegglin, eine Drohung ihrer Anwältin Rena Zulauf mit haltlosen Behauptungen. Der Artikel wurde vom Chefredaktor Marcel Baumgartner auf «Die Ostschweiz» gelöscht, nach der Intervention von René Zeyer wieder aufgeschaltet. Aber nun hat das Online-Magazin aller Mut verlassen.

Damals setzte der Verwaltungsratspräsident Peter Weigelt noch zu einer wahren Lobeshymne auf den Autor Zeyer an: «Ihre klaren Analysen und ihre direkte Ansprache der Fakten und Namen sind leider in der Schweiz, wenn überhaupt, nur noch selten zu lesen. Ich freue mich daher über Ihr Mitwirken bei uns in «Die Ostschweiz“. Der hohe Leserzuspruch zeigt, dass Ihre Texte sehr geschätzt werden und zu einem Aushängeschild für unsere unabhängige und offene Medienplattform geworden sind.»

Der aktuell gelöschte Artikel war übrigens bis zur Zensur der meistgelesene … Tempora mutantur, nos et mutamur in illis. Aber wer keine Zivilcourage hat, kann auch nicht Latein.

Traurig, wie die Verelendung des Journalismus weitergeht. Aber nicht auf ZACKBUM. Daher folgt der Original-Artikel …

«Die Ostschweiz» in neuem Kleid

Da müssen wir drunterschauen. Wir lernen von Hartmeier: ein Bravo ohne Tritt.

Natürlich, wir sind da Partei, absolut. Der Chefredaktor von «Die Ostschweiz» beehrt uns gelegentlich mit seinen Texten, René Zeyer schreibt eher häufiger – wie es halt seine Unart ist – in der «Ostschweiz». Nur: im Gegensatz zu vielen anderen Medien fliesst hier kein Geld für ein Lob.

Denn «Die Ostschweiz» gibt es nun knapp drei Jahre, und nach dieser Ewigkeit im Internet war es langsam Zeit für ein Refresh, einen Relaunch, ein Redesign. Oder auf Deutsch: formale Verbesserungen. Denn das Internet hat – neben vielen Nachteilen – den Vorteil, dass das Userverhalten so gnadenlos gemessen werden kann, wie das bei Print bis heute nicht möglich ist.

Im Prinzip könnte jeder Plattformbetreiber harmlose Leser mit einem Anruf erschrecken: «Sagen Sie mal, Herr Müller, wieso sind Sie nach der Hälfte des Artikels gerade ausgestiegen? Sonst interessiert Sie doch das Thema «neue Rotlichtbars» noch mehr als Pierin Vincenz?»

Schlimmer oder besser: in diesem Fall eindeutig

Auf jeden Fall muss man gelegentlich die Ergebnisse von Google Analytics und anderen Messfühlern zusammenstellen und sich überlegen, wie man sie umsetzt. Das kann fürchterlich in die Hose gehen – oder rundum gelingen. Letzteres ist eher selten, deshalb hat sich die «Ostschweiz»-Crew damit schon das erste Lob verdient.

Im Vergleich zu vorher kommt die Homepage, und da entscheidet sich ja die Schlacht um die Aufmerksamkeit der User, aufgeräumter, ruhiger, edler, besser strukturiert und deutlicher auf Eigenleistungen fokussiert daher. Auch das Problem, dass Illustration und Bebilderung eine Kunst für sich ist, wurde viel besser gelöst als vorher. Denn aktuelle und gute Bilder kosten etwas, Gratis-Symbolbilder können funktionieren, müssen aber nicht.

Dem Desktöppler, Grafiker, Art Director, Internetdesigner oder wie das bei der «Ostschweiz» immer heisst, muss ein Extra-Kränzlein gewunden werden. Denn nicht allzu selten neigen diese Kreativen, vor allem, wenn sie inklusive Unterwäsche nur schwarz gekleidet sind, zu künstlerischem Anspruch, die vom Art Directors Club gerade als rattenscharf erklärte Schrift oder Flips wie Senkrechte Titel, wackelige Lead-Zeilen oder merkwürdige Bildausschnitte als unverzichtbar zu erklären.

Die Form folgt der Funktion

Hier wurde aber strikt der guten, alten Regel nachgelebt: form follows function. Oder wie sagte Helmut Markwort so richtig, der mit «Focus» die erste gelungene Konkurrenz zum «Spiegel» auf die Rampe schob: «Fakten, Fakten, Fakten. Und an den Leser denken.» Natürlich sah er das als in der Wolle gefärbter CSU-Anhänger mit den Fakten nicht ganz so streng. Aber Leserfreundlichkeit war sein Erfolgsrezept, als andere Organe noch meinten: Wenn das der Leser nicht kapiert, dann ist er halt zu blöd und soll erst mal die Matur nachholen.

Und, nicht ganz unwichtig, der Inhalt der gelifteten, aber nicht mit Botox behandelten «Ostschweiz»? Da muss der Lobsänger etwas zurückhaltend werden, denn Eigenlob ist ihm nicht nur peinlich, sondern auch unangenehm. Aber Stefan Millius, der zusammen mit Marcel Baumgartner die Ostschweizer Medien AG und «Die Ostschweiz» schmeisst, dabei auf eine ganz, ganz schlanke Infrastruktur und ganz, ganz wenige Mitarbeiter zählend, hat bewiesen, dass er nicht ein Meister der Kurzstrecke ist. Sondern ein Marathonläufer.

Beide haben bewiesen, dass die Idee, angesichts der Einheitssosse aus dem Hause CH Media verträgt es sicherlich eine zweite Newsquelle, ein Volltreffer ist. Strenge Fokussierung auf die Ostschweiz und das Lokale, weitgehender Verzicht auf die Schweiz, Europa oder gleich die Welt einordnende Kommentare (ich darf das ein wenig, aber einen Hofnarren verträgt’s überall), schnellste Reflexe, wenn etwas passiert, eine gute Portion Humor und Schreibkraft, dazu der ehrliche Wunsch, «Die Ostschweiz» zu dem zu machen, was die grossen Konzerne nur behaupten: eine Plattform für divergierende Meinungen, das ist das ganze Erfolgsgeheimnis.

Dazu keine Gesinnungsbettelei nach der Devise «wir schreiben doch, was Euch gefällt, also gebt uns Batzeli dafür», der Mut, gegen den Strom und auch mal am Rande der rechtlichen Todeszone zu schwimmen, das macht die Sache rund.

Daraus entwickelte sich ein Luxusproblem

Das – und Corona – hat der «Ostschweiz» allerdings ein Luxusproblem eingebrockt. Sie wird schon längst nicht mehr nur in der Ostschweiz gelesen. Sie wird längst nicht mehr als unbedeutend und vernachlässigbar diskriminiert.

Woran man das merkt? Nun, eine persönliche Anekdote zum Abschluss des Jubels: das merkt man zum Beispiel daran, wenn man einen etwas unfreundlichen Vergleich zwischen Raiffeisen, Vincenz, UBS und Axel Weber publiziert – und anschliessend drei Anwälte auf der Matte stehen. Am Schluss sogar Markus Diethelm, der grosse Chief Legal der Grossbank, das amtsälteste GL-Mitglied, der sich aktuell darum kümmert, in Frankreich vielleicht doch noch eine Strafzahlung von 4,5 Milliarden Euro gegen die UBS abzuwenden.

Dafür hat er auch Zeit, nachdem er höchstpersönlich und telefonisch eine Übereinkunft erzielte, was aus der ursprünglichen Fassung des Artikels unbedingt raus müsse. Er weiss halt, wie man Prioritäten setzt.

Schreibt so weiter, da merkt man den Dialekt nicht

Den Machern der «Ostschweiz», und damit natürlich auch der ganzen Ostschweiz, wünscht man weiter viel Kraft, Spass und quirliges Wirbeln. Damit sie weiterhin jeden Tag beweisen, dass mehr als hundert Mitarbeiter – wie noch beim «Tagblatt», und nicht nur dort – bloss quantitativ die Nase vorne haben. Qualitativ aber unter «ferner liefen» auftauchen.

Ach, übrigens: «Die Ostschweiz» erfreut sich im Monat an rund 400’000 Single Visitors und so etwa 600’000 Visits. Damit ist ihre Einschaltquote bereits knapp halb so hoch wie beim «Tagblatt». Von 0 auf 50 in nur drei Jahren. Chapeau.