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Walder weg?

Journalisten in Hochform: Klatsch über sich selbst.

Neben dem eigenen Bauchnabel gibt es noch ein Objekt, das dem Journalisten ungemein wichtig ist: der Bauchnabel anderer Journalisten. Besonders, wenn sie eine bedeutende Position haben und nicht aus dem eigenen Haus sind.

Niemals würde es einem NZZ-Journalisten einfallen, ein kritisches Wort über den NZZ-Godfather Eric Gujer zu sagen. Der macht sich mit einem Wellness-Hotelaufenthalt samt Gattin lächerlich? Gerne liest man das auf ZACKBUM, aber nicht mal hinter vorgehaltener Hand wird darüber gekichert.

Niemals würde es einem CH Media-Journalisten einfallen, etwas Kritisches über das erratische Verhalten von Big Boss Wanner zu sagen. Wenn der sich als Kriegsgurgel outet oder einen fähigen Manager wegschiebt, damit ein weniger fähiger Sprössling nachrücken kann – kein Wort darüber.

Niemals würde es einem Tamedia-Journalisten einfallen, etwas Kritisches über den profitgierigen und nicht sonderlich erfolgreichen Big Boss Pietro Supino mitsamt seiner Protzvilla zu schreiben. Wie man es als Verlegerverbandspräsident mit der versammelten Medienmacht schafft, von einer kleinen Truppe die Subventionsmilliarde an der Urne weggenommen zu kriegen, sagenhaft.

Niemals würde es einem Ringier-Journalisten einfallen, etwas Kritisches über Michael Ringier, Frank A. Meyer oder Marc Walder zu schreiben. Der Big Boss hässelt gegen den kleinen Finanzblog «Inside Paradeplatz», FAM blubbert Kriegerisches über seinem Embonpoint, Walder erklärt ungeniert in der Öffentlichkeit, wie er seinen Redaktionen Leitlinien vorgibt: Schweigen an der Dufourstrasse.

Aber jetzt ist das Halali auf Walder eröffnet. Standleitung nach Bern, Hofberichterstattung gegen Primeurs, Männerfreundschaft mit Berset, Geben und Nehmen, überhaupt Walders Wunsch, als Emporkömmling mit Mächtigen und Wichtigen auf Augenhöhe zu scheinen. Gerd Schröder, eine Mission Putin, Bundesräte, Wirtschaftsführer, Bankenlenker, insbesondere der schöne Ermotti und der leutselige Vincenz, das ist Walders Welt.

Dazu die Digitalisierung. Weg mit den schlecht sitzenden Krawatten, stattdessen Rollkragenpullover und Sneakers, der Schweizer Steve Jobs kommt. Die Digitalisierung des Ringier-Konzerns dürfte ihm auch den Kopf retten in der aktuellen Krise.

Tamedia ist wie meist unentschieden, ob man der Konkurrenz Ringier eins reinwürgen will oder sich selbst. Für «sich selbst» ist der Politchef von Burg, für Ringier der Oberchefredaktor Rutishauser. Die NZZ hielt sich länger vornehm zurück, jetzt aber volles Rohr. Gleich drei Journalisten blättern alle Facetten der Story auf, mit dem provokanten Titel «Ringier-Chef Walder soll offenbar entmachtet werden». Lucien Scherrer versucht sich an einem Psychogramm: «Sein Problem: Er will von den Mächtigen geliebt werden.»

Federführend ist aber ein neues Dream-Team von CH Media. Oberchefredaktor Patrik Müller und der von der NZZ übergelaufene Francesco Benini treiben Walder und Ringier regelrecht vor sich her. Jedes Wochenende eine neue Enthüllung. Offenbar, denn natürlich wurden sie angefüttert, hat sich die Quelle überlegt, dass die «Weltwoche» nicht genügend Wirkung entfalten könnte. Zu klar positioniert, Mörgeli zu parteiisch. Also das auflagenstärkste Blatt, die «Schweiz am Wochenende».

Die spielt ihre Karten fantastisch aus. Es ist fast wie beim Schiffeversenken. Ansatzlos der erste Treffer, souverän Dementis und Gequengel abgewartet, dann letztes Wochenende der zweite Treffer. Und nun schon der dritte, fast könnte man sagen: «versenkt».

Neuste Schlagzeile: «Beben im Verlagshaus Ringier: Der CEO Marc Walder hat beim «Blick» nichts mehr zu sagen». Benini/Müller berufen sich diesmal auf «verlässliche Quellen». Laut denen solle «Blick»-Oberchefredaktor Christian Dorer nun direkt in publizistischen Belangen Michael Ringier unterstellt sein, in geschäftlichen Angelegenheiten der Dame mit der extrabreiten Visitenkarte Ladina Heimgartner.

Auch die Ernennung oder Absetzung wichtiger Chefredaktoren behält sich der Verwaltungsrat selbst vor, Walder habe da nicht mehr zu sagen. Ist das so?

Bei allem Triumphgeheul: Walder ist weiterhin Mitbesitzer und Protegé und designierter Nachfolger von Michael Ringier, damit auch künftiger Präsident des VR. Eine solche Figur wird nicht einfach wegen eines Gewitters abgesägt. Geflissentlich wollen alle den letzten Satz in Ringiers Hausmitteilung ignorieren: «Der Verwaltungsrat steht uneingeschränkt hinter dem CEO und Miteigentümer Marc Walder.»

Zudem hat Walder, was im Verlag eher selten ist, auf wirtschaftlichem Gebiet Pflöcke eingeschlagen, das Haus Ringier diversifiziert, an die Mobiliar-Versicherung geflanscht und eng mit dem mächtigen Springer-Verlag verflochten.

Die Familie Ringier ist längst nicht mehr alleine Herr im Haus, eine Personalien wie die von Walder, da darf auch Mathias Döpfner oder gar Friede Springer ein Wörtchen mitreden. Also sollten hier nicht zu früh Nachrufe auf Walder erscheinen.

Das zweite Problem: who’s next? Prädestiniert für die Machtübernahme wäre Heimgartner. Frauenbonus, bislang skandalfrei gesegelt. Das Problem ist allerdings: alleine mit dem Wort «Resilienz» kann man kein grosses Verlagshaus führen. In ihren wenigen öffentlichen Auftritten war sie noch ungeschickter als Walder letzthin, intern hat sie auch noch keine Pflöcke eingeschlagen oder Höchstleistungen erbracht, also kommt sie wohl höchstens als Frau am Fenster in Frage.

Dass man gegen aussen nun markieren muss, dass vor allem der «Blick» «unbeeinflusst» sei, ist klar. Ob allerdings Walder, FAM, Ringier oder sonst jemand der Chefredaktion den Tarif durchgibt, was zu schreiben und zu meinen sei, ist doch völlig egal.

Das wäre es auch bei den anderen Verlagen.

Wenn etwas fürs Publikum lehrreich ist in diesem Schlamassel: wieder einmal entlarvt sich die Mär der unabhängigen, nur journalistischen Kriterien gehorchenden und ausschliesslich den Interessen der Leser dienenden Medien. Das war schon immer ein Märchen und wird es auch immer sein.

Wumms: Denis von Burg

Noch schlimmer als der «Blick». Nicht einfach, aber machbar.

Tamedia zeigt mit allen vorhandenen Zeigefingern auf den Ringier-Verlag mit seinem sehr unglücklich agierende CEO Marc Walder. Der hatte, zusammen mit Ladina Heimgartner und Christian Dorer als Trio Infernal unterwegs, allen Anlass dafür geboten.

Allerdings übertrieben es die «Blick»-Basher an der Werdstrasse dermassen, dass sie einen kleinen Shitstorm ihrer Leser ernteten. Daraufhin fühlten sie sich bemüssigt, den «Blick» nachzuahmen und den eigenen Leser für dumm zu verkaufen: Tamedia sei dann wirklich völlig regierungsunabhängig, habe keinesfalls lobhudelnd und jubelnd die Politik des damaligen Gesundheitsministers Berset verteidigt.

Das stimmt allerdings. Im Gegensatz zu «Blick» hat Tamedia Berset sogar noch mit Forderungen nach noch drakonischeren Massnahmen, mit Beschimpfungsorgien gegen angebliche Verschwörungstheoretiker, Aluhutträger, Corona-Leugner und Impf-Verweigerer als potenzielle Massenmörder deutlich an Radikalität überholt. Unzählig die hysterischen Ankündigungen baldigen Untergangs durch die Corona-Kreische Marc Brupbacher, der verkündete, er sei dann «fertig» mit Berset, im Fall.

Es sei aber auch an einen Satz des Politikchefs und Leiters der Bundeshausredaktion von Tamedia erinnert. Kein kleines Würstchen, sondern ein Mann mit Einfluss und Medienmacht.

Allerdings wird Denis von Burg zum beleidigten Leberwürstchen, wenn man ihn höflich anfragt, was er denn so post festum zu seinem Gekeife ausser Rand und Band sagen möchte, ob da nicht eine Entschuldigung fällig wäre. Da will er höchstens auf anständig gestellte Fragen antworten, wenn überhaupt.

Nicht Stellung nehmen mochte er zu diesem ungeheuerlichen Satz aus seiner Feder:

«Jetzt muss Berset die Gegner endlich zur Impfung zwingen

Man kann Ringier und «Blick» einiges vorwerfen. Aber das ist denen dann doch nicht unterlaufen. Einen Bundesrat öffentlich dazu auffordern, das Recht zu brechen? Wie in einem diktatorischen Unrechtsstaat einfach durch nichts legitimierten Zwang anwenden?

In jedem verantwortungsbewussten Medium wäre ein solcher Politchef seinen Posten losgeworden, um gemeinsam mit Brupbacher von der Zuschauertribüne aus weiterzuwäffeln. Aber doch nicht bei Tamedia.

Kreidefresser und Angreifer

Die schon, wir nicht. Typisch Tamedia.

Eigentlich wäre das «Blick»-Debakel, das Walder-Desaster Anlass für Freude und Häme bei der Konkurrenz. Man könnte richtig Gas geben oder es ganz cool spielen. Wenn Könner am Gerät wären. Stattdessen schafft es Tamedia, in der Offensive kehrtum zu machen und in die Defensive zu verfallen.

«Was uns vom «Blick» unterscheidet», unter diesem Titel greift Fabian Renz in die Harfe. Der Leiter des «Bundeshausteams» von Tamedia ist bekannt als grosser Einordner der Welt. Er schreckt in seiner Eigenschaft als Besserwisser nicht davor zurück, das Schweizer Parlament zusammenzustauchen und mal kurz den Ständerat neu zu organisieren: «Das Ständemehr gehört abgeschafft, im Ständerat wären den Städten eigene Sitze zuzuhalten.»

Gut, der Mann ist nicht wirklich ernst zu nehmen, lustig wird’s tatsächlich, wenn er den Unterschied zwischen Tamedia und Ringier erklären will. Zunächst räumt er ein, dass beide Medienhäuser Interna aus der Regierung ausplauderten. Aber er sieht da einen bedeutenden Unterschied:

«Ein Grund für unsere Recherchen war das enorme Interesse unserer Leserschaft. Ein anderer Grund war der Informationsauftrag, wie wir ihn verstehen. Gerade eine Extremsituation, in der die Freiheit des Einzelnen massiv beschnitten wird, verlangt nach «lästigen» Medien: Es kann nicht ihre Aufgabe sein, die Regierenden möglichst ungestört schalten, walten und nach eigenem Gutdünken kommunizieren zu lassen.»

Das ist nun ein so extremer intellektueller Tiefflug, dass seine Flügel den Boden berühren. Die ersten beiden Behauptungen könnte genauso gut der «Blick» aufstellen. Und Tamedia als Beispiel «lästiger Medien»? Vertraut Renz wirklich so sehr auf das schnelle Vergessen seiner Leserschaft? Die unzähligen Jubel-Artikel, die strenge Forderung nach  Impfpflicht, die Beschimpfung von Corona-Skeptikern und sogenannten «Corona-Leugnern» als verpeilte Verschwörungstheoretiker, die angeblich rechten Populisten auf den Leim krochen, alles vergessen, Herr Renz?

Wie keifte sein Kollege Denis von Burg: «Besser wäre es, die eingeschüchterten sieben würden sich nochmals aufraffen und selbst in Impfbussen durchs Land reisen. Ueli Maurer ist es dem Land schuldig, jetzt in den SVP-Hochburgen auf Impftour zu gehen.»

Von Burg liebt martialische Worte. «Abwehr brechen, gefährlich, einschüchtern, Angst machen». Das gehört in eine Linie von verbalen Entgleisungen: «Zwingen, jeden erdenktlichen Druck machen, rücksichtslose Trödler, Bürgerpflicht». Das Vokabular des Totalitarismus. Oder wollen wir die Corona-Kreische Marc Brupbacher erwähnen, der mal kurz den Bundesrat für «übergeschnappt» erklärte, weil der nicht seinen brutalen Ratschlagen folgen mochte?

Aber zurück zu Kreidefresser Renz: «Fakt ist, und Laueners E-Mails bestätigen es: Über einen privilegierten Informationskanal zu Bersets Departement haben die Tamedia-Zeitungen nicht verfügt. Unsere Artikel basierten auf einer Vielzahl verschiedener Quellen.»

So wie alle Enthüllungen aus dem Hause Tamedia sich aus einer «Vielzahl von Quellen» speisen. Allerdings sind die meist anonym, was ihre Überprüfung etwas schwierig macht. Und von redaktioneller Unabhängigkeit kann bei Tamedia auch nicht wirklich die Rede sein, wo doch Boss Pietro Supino ungeniert im redaktionellen Teil für die Subventionsmilliarde für notleidende Medienclans warb – mit dem Hinweis auf die strikte Trennung zwischen Verlag und Redaktion. Jeder macht sich halt so lächerlich wie er kann. Und Renz kann.

Allerdings ist auch der «Blick» nicht viel besser:

Christian Dorer, Oberchefredaktor, kann einem langsam Leid tun. Hoffentlich bezieht er genug Schmerzensgeld. Denn zunächst musste er verkniffen schweigen, anschliessend eine Gaga-Stellungnahme von Ladina Heimgartner mitunterzeichnen. die zusammen mit Marc Walder alle journalistischen Standards im Hause Ringier tieferlegt.

Das konnte nicht das letzte Wort gewesen sein, also müssen sich Redaktion und Leserschaft weiteres Gewinsel anhören. Wer so schreibt, muss sich eine Sonnenbrille aufsetzen, damit man den schuldbewussten Blick nicht sieht:

»Die Blick-Redaktion verwahrt sich deshalb entschieden gegen diese Darstellung und weist die Unterstellungen in aller Form zurück. Richtig ist, dass die Blick-Redaktion unabhängig von Verlag und Konzern recherchiert und arbeitet. Sie hat keinerlei Weisungen von irgendwem erhalten, auch nicht vom CEO. Ebenso entschieden verwahren wir uns gegen die Unterstellung, wir hätten uns vom Innendepartement beeinflussen lassen.»

Es ist unverständlich, wieso Dorer (und nicht nur er) etwas dementiert, was offenkundig, bekannt und völlig klar ist. Wenn Michael Ringier, Frank A. Meyer, Marc Walder oder Ladina Heimgartner die Augenbraue heben, dann ist es die vornehmste Aufgabe aller Führungsfiguren, die richtigen Schlussfolgerungen daraus zu ziehen. Das gilt bei Tamedia für die Augenbraue von Pietro Supino, bei CH Media für die Augenbrauen aller Mitglieder des Wanner-Clans, im Reich der Südostschweiz für die Augenbrauen der Lebruments, und wer bei der NZZ nicht auf die Augenbraue von Eric Gujer achtet, macht etwas falsch.

Ach, wir wollen den Besitzer, Verleger, Herausgeber und Chefredaktor, die One-Man-Show Roger Köppel, nicht vergessen.

Also was soll der Quatsch, lieber Herr Dorer? Das haben Sie doch nicht nötig. Der «Blick» sei nicht via Marc Walder mit vertraulichen Informationen bedient worden? Der CEO habe die also wohlweisslich für sich behalten, sozusagen als süsse Geheimnisse im Giftschrank versorgt? Come on, you musst be kidding, wie der Ami da sagt. Dorer aber behauptet:

«Der Vorwurf ist nicht nur falsch, sondern geradezu ehrverletzend für die Redaktion. Und er lässt sich mit einem Blick ins Archiv einfach widerlegen: Blick war nicht regierungstreu, sondern nach bestem Wissen und Gewissen faktentreu.»

Faktentreu? Hatte «Blick» nicht den Wettbewerb ausgerufen, wer die höchste Anzahl Corona-Tote prognostiziert? Der Sieger lag dann bei über 100’000, inklusive zusammenbrechendes Gesundheitssystem, sich stapelnden Leichensäcken und Triagen vor den Notfallstationen. Faktentreu, my ass, wie der Ami sagt.

Aber Dorer hat noch nicht fertig: «Blick arbeitet nicht in einer hierarchischen Linie, in der der CEO etwas vorgibt. Blick arbeitet ausschliesslich nach journalistischen Kriterien, einzig den Leserinnen und Lesern, also Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren, verpflichtet.»

Da verschlägt es selbst dem Ami die Sprache …

Richtig macht es hingegen CH Media. Redaktor Francesco Benini rührt kräftig in der Kacke und zitiert zu Hauf anonyme Quellen aus dem Hause Ringier, die sich über Marc Walder und seine Buddy-Wirtschaft echauffieren. Der suchte schon immer, angefangen bei der Witwe des Kampfsportlers Andy Hug, die Nähe von Prominenten. Das damalige Bonmot, dass Walder dem Begriff Witwenschüttler eine neue Bedeutung gebe, war noch scherzhaft gemeint.

Aber dann kamen mit ansteigender Bedeutung Walders andere Kaliber dazu. Pierin Vincenz, Sergio Ermotti, Andreas Meyer und natürlich Alain Berset. Schliesslich war Walders hysterische Reaktion auf die Pandemie im ganzen Haus bekannt. Und in all diesen Fällen sollen die Redaktionen völlig unabhängig, kritisch und ausschliesslich nach journalistischen Kriterien berichtet haben?

All das stellt Benini genüsslich in Frage und zitiert einen «Redaktor»: «Es ist offenkundig, dass unsere Glaubwürdigkeit leidet.» Das Offenkundige nicht sehen wollen, Realitätsverweigerung, das sind immer untrügliche Zeichen des Niedergangs.

Wo bleibt ein klärendes Wort des Verlegers Michael Ringier? Benini greift in die Vollen: «An der Jahrespressekonferenz, die im vergangenen Frühling in einem Saal des Zürcher Kunsthauses abgehalten wurde, sprach Michael Ringier von seiner Kunstsammlung, seinen bevorzugten Fernsehserien und davon, dass sein Privatkoch ihn und seine Frau jeweils auch ins Haus nach Südfrankreich begleite. Über die Publizistik des Hauses verlor er kein Wort.»

Und die NZZ? Sie ordnet ein, kommentiert gnadenlos und fordert gnadenlos: «Die Informationsaustausch-Affäre zwischen Alain Bersets Vorzimmer und dem Medienhaus Ringier muss ausgeleuchtet werden – bis in den dunkelsten Winkel

Die WeWo hingegen eiert herum, zwischen Berset-Bashing und Kritiker-Bashing. Schade.

Wo soll das alles enden? Sagen wir so: hat Friede Springer schon jemals daran gedacht, Mathias Döpfner zu feuern? Nicht, dass wir davon wüssten. Hat Michael Ringier schon jemals daran gedacht, Marc Walder zu feuern? Eher kratzt er mit seinem Schlüsselbund den Lack vom Aston Martin. Abgesehen davon, wer käme denn dann? Ladina Heimgartner? Da könnte Ringier auch gleich Vorwärts- und Rückwärtsgang verwechseln und den Vantage voll Rohr in die Garagenwand fahren.

Blöd, blind, «Blick»

Harte Zeiten für das kastrierte Boulevardmedium.

Es kommt knüppeldick für den «Blick». Zunächst macht sich der CEO und Mitbesitzer des Ringier-Verlags zum Deppen. In einer öffentlichen Veranstaltung verrät Marc Walder «ganz unter uns», dass er seine Redaktionen angewiesen habe, die Regierungen beim Kampf gegen die Pandemie konstruktiv zu unterstützen.

Sargnagel Nummer eins für die behauptete redaktionelle Unabhängigkeit und wichtiger Grund, dass die Subventionsmilliarde für reiche Medienclans an der Urne versenkt wurde.

Damals griff auch noch die Quotenfrau mit extrabreiter Visitenkarte ein. Ladina Heimgartner – wir holen tief Luft – ist Mitglied des Group Executive Board, Head Global Media, Head of Corporate Center und auch noch CEO der Blick-Gruppe. Sie bejubelte schon die «Verweiblichung» des «Blick», den Verzicht auf Blut, Busen und Büsis, auf den Sexratgeber, die Misshandlung des Logos.

Dann griff sie höchstpersönlich noch in die Tasten, als es längst klar war, dass die Steuermilliarde abschiffen würde. Unter völliger Wahrung der redaktionellen Unabhängigkeit machte sie sich mit einem Kommentar lächerlich. Darin behauptete sie doch ohne rot zu werden:

«Journalistinnen und Journalisten sind im Wissen um ihre Verantwortung der Gesellschaft und der Wahrheit verpflichtet. Es geht ihnen darum, Fakten ans Licht zu bringen und einzuordnen, damit sich die Leserinnen, Zuschauer, User ihre eigene Meinung bilden können.»

Das und die Floskel «Resilienz» sind ihre einzig bekannten Beiträge zur Förderung des Journalismus.

Besonders putzig wirkt dieser Kommentar im Nachhinein, weil währenddessen ein reger Austausch zwischen dem Departement Berset und Ringier-CEO Walder stattfand. Der dirigierte aus dem Homeoffice, voll von hysterischer Angst vor dem Virus, die wohlwollende mediale Begleitung und Antizipation der Entscheidungen des Bundesrats.

Im Nachgang zur Enthüllung der «Schweiz am Wochenende» zählte der «Tages-Anzeiger» ganze 180 Mailkontakte zwischen dem Kommunikationschef Bersets und Walder. Der behauptete nassforsch, es habe da höchstens so einen Kontakt pro Woche gegeben. Mehrere pro Tag wäre realitätsnäher.

Sowohl Kommunikationschef wie Bundesrat verweigerten die Antwort auf die Frage, ob in diesen Kontakten auch vertrauliche Informationen weitergeleitet wurden. «Inside Paradeplatz» hingegen wirft die Frage auf, ob die Vorabinformation, dass der Bundesrat wohl den Ankauf von Impfstoffen im Wert von 100 Millionen Franken beschliessen werde («klotzen, nicht kleckern») nicht börsenrelevant sei. Heikle Zusatzfrage.

Nun hat sich Bundesrat Berset auf das Allerheilmittel für alle Politikerbobos entschieden. Er habe von nix nix gewusst und im Übrigen sage er nix, er wolle sich ja nicht strafbar machen.

Seither ist die «Blick»-Gruppe ziemlich in der Bredouille. Die wenigen verbliebenen seriösen Journalisten fragen sich ernsthaft, ob man sie und ihre Arbeit überhaupt noch ernst nehmen kann. Zumal die betroffenen Organe seit Platzen des Skandals am Samstag über dieses und jenes berichtet haben. So vermeldeten sie den Rücktritt der deutschen Verteidigungsministerin oder dass Lehrer Angst vor Schülern haben.

Auch dass Salar Bahrampoori seine Hochzeitspläne verrate, ist eine Schlagzeile wert. Aber der «Blick»-Skandal? Informationspflicht an den Leser, Aufklärung, Rechtfertigung, Selbstkritik? Ach was, stattdessen zunächst Schweigen im Walde.

Denn zuerst musste natürlich die Führungscrew entscheiden, ob und wie man reagiert. Zunächst alle Optionen durchspielen, exklusive Rücktritt Walder. Und nach scharfem Nachdenken kam dann das Dreamteam Heimgartner und Dorer zur schlechtmöglichsten Lösung.

Wobei zu vermuten ist, dass Oberchefredaktor Christian Dorer gute Laune und Schwiegermuttertraum-Ausstrahlung weitgehend verlor, weil er diesen Schwachsinn mitunterzeichnen musste.

Denn in einem internen Mail am Montagmorgen, das natürlich sofort durchgestochen wurde, behaupten die beiden: «Blick wird unterstellt, dass wir zwei exklusive Beiträge durch die Kommunikation zwischen dem EDI und unserem CEO, Marc Walder, publizieren konnten. Dies ist falsch

Recherchen hätten ergeben, dass der Primeur über die Impf-Beschaffung aus Quellen der Politikchefin Sermîn Faki stamme. Eine weitere Vorabmeldung hätten der stellvertretende Politikchef und ein Bundeshausredaktor «recherchiert». In beide Beiträge sei CEO Marc Walder in keiner Weise involviert, zitiert «persönlich.com» aus der Mail.

Dann kommt’s nochmal knüppeldick: «Diese Klarstellung ist uns wichtig. Die Blick-Gruppe arbeitet unabhängig. Dass der CEO eines Medienunternehmens Kontakte zu Entscheidungsträgern aus Politik, Wirtschaft, Gesellschaft, Forschung und Kultur pflegt, ist ein üblicher Vorgang. Dies hat jedoch keinen Einfluss auf unsere Berichterstattung, wie auch der § 8 ‹Blick arbeitet unabhängig› im Redaktions-Manifest regelt.»

Wir wischen uns die Lachtränen aus den Augen und hören auf, prustend auf dem Boden zu liegen und um Gnade zu winseln.

Sagen wir mal so: Faki ist nun ziemlich unkündbar, ebenso die beiden anderen erwähnten Journalisten. Es wäre natürlich denkbar, dass die Vorabinformation über den geplanten Kauf von Impfmitteln in Multimillionenhöhe in Bern auf dem Silbertablett herumgebogen wurde, alle anderen Medien dankend ablehnten und nur Saki zuschlug. Es ist auch denkbar, dass Michael Ringier gelegentlich in die Türe seines Aston Martin tritt. Es ist denkbar, dass Walder diese Exklusiv-Information hatte, sie aber im Tresor für süsse Geheimnisse versenkte – so wie er den regen Mailverkehr mit Bersets Departement und die engen Kontakte mit dem Bundesrat nur aus rein persönlichen Motiven aufrecht erhielt. So von Glatzkopf zu Glatzkopf.

Dass sich aber erwachsene «Blick»-Journalisten  – von den übrigen Medien ganz zu schweigen – einen solchen Hafechäs anhören müssen, ohne das Gesicht zu verziehen (denn in gespannter Lage ist klar: wer mopst, fliegt), das ist schon ein starkes Stück.

Wenn man sich schon mehr als 48 Stunden Zeit nimmt, um scharf nachzudenken, dann müsste doch etwas Belastbareres herauskommen. Es wäre Zeit, sich mal wieder an die alte Journalistenregeln zu erinnern. Streite niemals etwas ab, was dann doch ans Licht kommt. Lieber hinstehen, einstecken, Entschuldigung sagen, Reue mimen, Zerknirschung heucheln – und abwarten. Denn es geht vorbei. Immer.

Aber wer noch so Öl ins Feuer giesst, ist selber schuld, wenn die Hütte dann lichterloh brennt.Auf jeden Fall ist Walder mit dieser Redaktionsmail der Gefahr eines erzwungenen Rücktritts nicht entronnen. Sondern wenn schon nährgekommen.

Walder? War da was mit Walder? Aber nein …

Ob wohl alle Autoren dieser Zeilen anlässlich der letzten Walder-Panne vor einem Jahr so abgehärtet sind, dass nicht eine leise Röte ihr Gesicht beim Lesen überzieht?

«Journalismus, wie Blick ihn macht, ist unabhängig von Einmischungen, von Regierungen, von Direktiven und selbst vom CEO. Nur von einem nicht: von gesellschaftlicher Verantwortung.Die Chefredaktion der Blick-Gruppe Christian Dorer, Steffi Buchli, Gieri Cavelty, Andreas Dietrich, Sandro Inguscio, Michel Jeanneret, Roman Sigrist»

Es wäre zum Herausprusten, wenn es nicht so peinlich und bedenklich wäre.

Wumms: Marc Walder

Der Wurmfortsatz des Journalismus schadet, wo er kann.

In der Debatte, ob es richtig sei, reiche Medienclans mit einer Steuermilliarde zu beschenken, liefen deren Medien zu Höchstformen auf. Vierte Gewalt, kritische Instanz, nötiges Kontrollorgan gegenüber staatlichem Handeln.

Das natürlich in völliger Unabhängigkeit; jede Redaktion ist völlig frei in der Meinungsbildung und Auswahl der Themen. Und erst recht, was die Frage von Zustimmung oder Kritik, Wertung und Bewertung betrifft.

Walder hat all diese Behauptungen sozusagen im Alleingang widerlegt. Er berichtete stolz, wie er «seine» Redaktionen zu staatstreuer Haltung verdonnert hatte. Er sagte: «Wir wollen die Regierung unterstützen durch unsere mediale Berichterstattung, dass wir alle gut durch die Krise kommen.»

Nun enthüllt die «Schweiz am Wochenende», wie eng die Beziehungen zwischen Walder und Alain Berset, zwischen den Ringier-Medien und dem Gesundheitsdepartement, während der Corona-Krise waren. Da schwirrten Mails mit vertraulichen Informationen «sehr vertraulich, unter uns, wenn es Ihnen dient» hin und her.

Der Klassiker von Sauhäfeli, Saudeckeli. «Blick» bekam Primeurs, Berset bekam lobhudelnde Berichterstattung. Berset konnte Ringier als Hebel verwenden, Ringer konnte Hebeln wie es dem hysterisch ängstlichen Virus-Gegner Walder passte.

Ein einziger kritischer Artikel wurde gleich vorab angekündigt, Walder bat dann auch um Audienz bei Berset, um sich zu erklären. Der trat als Dressman und Interviewer in Ringiers Flop-Magazin «Interview» auf; bei der Vernissage sah man die beiden Seit an Seit.

«Inside Paradeplatz» wirft eine weitere heikle Frage im Zusammenhang mit dem «Berset-Walder-Gate» auf: «Rechte Hand von Gesundheits-Minister informierte Ringier-CEO vorab über 100-Mio-Deal mit Biontech-Impfung. Pharma-Aktie schoss hoch.» Waren das kursrelevante Informationen?

Unabhängigkeit, Staatsferne, Kritik, Redaktionsfreiheit, Kontrollinstanz: Abrissbirne Walder zerlegt all diese Behauptungen. Er ist der Wurmfortsatz des Journalismus. Im Körper kann man ihn mitsamt Blinddarm problemlos entfernen – meist ohne die geringsten Nebenwirkungen. Einfach so oder wenn er zum Beispiel durch eine Entzündung schadet.

Auch dem Schweizer Journalismus würde es ohne Walder noch nicht gut, aber entschieden besser gehen. Aber Ringier hat es noch nie geschafft, sich von gut vernetzten schädlichen Kräften rechtzeitig zu trennen.

IP: Zangenbewegung

Gemeinsam machen wir Hässig platt.

Unter diesem Motto hat sich ein interessantes Trüppchen zusammengefunden. Denn es gibt diverse Wirtschaftsgrössen, die mit dem Herausgeber von «Inside Paradeplatz» ein Hühnchen rupfen wollen. Da wäre mal der Investor Claudio Cisullo. Den, seinen kometenhaften Aufstieg (und seine ChainIQ) hatte sich Hässig schon mal zur Brust genommen. Resultat: Klage gegen IP, ausgeführt von der gleichen Kanzlei, die auch die Credit Suisse vertritt.

Bei ChainIQ heisst der CEO Marcel Stalder. Der war mal Chef bei Ernst & Young, moderner nur noch EY. Solange, bis IP sich mit ihm beschäftigte. Nach anfänglicher Gegenwehr endete das mit dem Rücktritt von Stalder. Natürlich ist auch Stalder sauer auf den Finanzblog.

Schliesslich klagen noch Michael Ringier und sein CEO Marc Walder gegen IP. Und hier werden die Amtswege ganz kurz. Cisullo sitzt im Verwaltungsrat der Ringier AG, Walder und Stalder kennen sich von vielen gesponserten Events her, als Stadler noch mit grosser Kelle für EY anrühren durfte.

Fehlt noch der Nächste im Bunde. Ulrich Körner, der CEO der Krisenbank Credit Suisse, war vorher bei der UBS in Lohn und Brot. Dort übergab er Cisullos ChainIQ den zentralen Grosseinkauf. Angeblich kostenfrei. Auf jeden Fall wechselte Körner dann die Bank, und Cisullo bekam den Grosseinkauf bei der CS.

Ein Kommentarschreiber auf IP spricht hier von einer «ganz gezielten und koordinierten Aktion gegen dieses Medium und die Einzelmaske Lukas Hässig. Ziel dieser einflussreichen Brotherhood ist es offenbar, die Presse- und Meinungsfreiheit zu torpedieren, nach Wunsch zu biegen und maximal zu sabotieren. Ziel ist es weiter – den Unbequemling Lukas Hässig mittels massiver Klagen (mit stupiden Inhalten) in den Ruin zu treiben, weil man ihn sonst nicht behändigen kann

Alle an dieser Aktion Beteiligten haben persönliche Motive, auf Hässig sauer zu sein. Am wenigsten noch Körner, der dennoch am festesten draufhaut. Bzw. draufhauen lässt. Das kann sich, wie so vieles letzthin bei der CS, zu einem Rohrkrepierer entwickeln. Denn unbestreitbar findet man auf IP einige Textstellen, die einwandfrei justiziabel sind. Unbestreitbar findet man eine Handvoll Kommentare, die justiziabel sind und die Hässig als Betreiber der Plattform zu verantworten hat.

Aber gleich 52 Artikel und rund 200 Kommentare einklagen? Dabei behaupten, dass Hässig die Bank «totgeschrieben» habe? Das ist nun ziemlich gaga, denn das würde ja bedeuten, dass Hässigs Finanzblog eine grössere Macht hat als die «Financial Times». Das würde ja bedeuten, dass es der CS blendend ginge, wenn sie Hässig nicht ins Elend geschrieben hätte.

Natürlich muss sich weder eine Bank, noch ihr Führungspersonal Beschimpfungen in beliebiger Form gefallen lassen. Aber den Zweihänder hervornehmen, wo das Florett gereicht hätte, die grosse Keule auspacken, wo ein Hämmerchen es auch getan hätte, die Dampfwalze losrollen lassen, wo ein Rasenmäher genügt hätte, dieses Schrotschussverfahren kann heikel enden.

Nehmen wir an, die Klagen gegen Hässig werden in den meisten Punkten – und es sind sehr, sehr viele – abgewiesen, in einigen wenigen nicht. Das wäre blamabel für die CS. Sie könnte sich daran gütlich tun, dass Hässig dennoch an den auf ihn entfallenden Kosten zu würgen hätte. Aber ihrem öffentlichen Image hätte sie wieder einmal schweren Schaden zugefügt. Wie eigentlich immer ohne Not, so wie im Skandalfall Mosambik.

Möglicherweise sollte das einfach der zweite Schlag werden, nachdem über die Klage von Cisullo nicht einmal berichtet wurde. Vielleicht hatte die Kanzlei Bratschi gerade ein Endjahresloch. Sollte der Medienanwalt Daniel Glasl dort am Gerät sein, kann das für alle Beteiligten sehr teuer werden.

Glasl ist bei der Auswahl seiner Mandanten nicht sonderlich wählerisch. So verteidigte er schon (vergeblich) den russischen Milliardär Roman Abramowitsch oder engagierte sich für die Professoren Sarasin und Goltermann. Auch für die «Obersee Nachrichten» kassierte Glasl eine krachende Niederlage vor Gericht.

Aber von solchen Kleinigkeiten lassen sich ein Geschäftsmann oder eine Bank doch nicht abschrecken. Es steht zu vermuten, dass Cisullo, allenfalls Stalder, Ringier und Walder ihre Klagen aus dem eigenen Sack zahlen. Bei der Credit Suisse hat aber der Chief Legal Council Markus Diethelm das Zepter in der Hand. Auch er ist wie Körner von der UBS zur Krisenbank gewechselt. Dort musste er andere Feuer löschen, so zum Beispiel eine Milliardenklage in Frankreich gegen die UBS. Allerdings soll er sich schon dort kräftig über Hässig und IP geärgert haben. Und nun ist die Zeit der Abrechnung gekommen.

Hier allerdings auf Kosten der Aktionäre, also der Besitzer. Was die wohl davon halten, dass die Führungscrew auf der Brücke in schwerer See sich die Zeit damit vertreibt, eine Maus zu jagen?

Sollte die These einer Art Brotherhood von Verbandelten zutreffen, die sich vorgenommen haben, eine unbequeme, unangenehme Stimme zum Verstummen zu bringen, wird das Schweigen der belämmerten Mainstream-Medien noch lausiger. Natürlich mit der Ausnahme von Ringier …

Peinlich, Reloaded

Senden oder empfangen. Ist doch Hans was Heidi.

Mit amtlicher Trockenheit vermeldet die Nachrichtenagentur SDA: «Die Kommunikation des Innendepartements wird künftig von einem Zweierteam geleitet. Bundesrat Alain Berset hat Gianna Blum und Christian Favre zur Co-Leiterin respektive zum Co-Leiter Kommunikation ernannt.»

Das ist gendermässig korrekt formuliert. Die Neubesetzung war nötig geworden, weil der bisherige Stelleninhaber Peter Lauener plötzlich unpässlich geworden war. Er musste ein paar Tage in U-Haft verbringen, weil er in das Visier des Sonderermittlers Peter Marti geraten war, der die Crypto-Affäre untersucht.

Die Neubesetzung ist allerdings durchaus pikant. Denn Blum ist zurzeit noch auf der Payroll des Ringier-Verlags; als Bundeshausredaktorin des «Blick». Nun sind die freundschaftlichen Beziehungen zwischen Ringier-CEO Marc Walder und Bundesrat Alain Berset notorisch. Walder vermeldete in einem Skandal-Video, dass er seine Redaktionen angewiesen habe, jeweils die Regierungspolitik während der Pandemie kräftig zu unterstützen. Berset seinerseits spazierte als Dressman und Interviewer durch ein Prestige-Blatt des Ringier-Verlags, als dessen Chefredaktorin nebenbei die Gattin von Walder amtiert.

So bleibt sozusagen alles en famille. Sauhäfeli, Saudeckeli, sagt man da umgangssprachlich. Es zeugt nun von einer gewissen Unverfrorenheit des bekennenden Privatfliegers Berset, eine solche Personalentscheidung zu treffen. Offenbar hat sich Blum durch ihre liebedienerische Berichterstattung im Sinne ihres obersten Vorgesetzten für diese Position empfohlen.

Statt die Handlungen Bersets wohlwollend zu kommentieren, darf sie sie nun wohlwollend vermitteln. Zugegeben kein grosser Unterschied. Verwunderlich ist allerdings, dass diese pikante Personalie in den Medien wenn überhaupt nur kühl-neutral zur Kenntnis genommen wird. Es würde wohl auch nicht für Aufregung sorgen, wenn Blum dereinst den Weg ins Haus Ringier zurückfindet.

Der Journalist und der Staat

Darf Quellenschutz alles?

Der Journalist ist auf Informationen angewiesen. Heutzutage ist die übliche Methode, Informationen abzuschreiben. Von einer Nachrichtenagentur, von ausländischen Quellen, auch mal von der Konkurrenz.

Aber eigentlich wäre die Idee, dass sich der Journalist Informationen beschafft. Durch recherchieren, untersuchen, nachhaken, überprüfen. Das kann sich im legalen Bereich abspielen, also der Journalist konsultiert nur Informationen, die auch öffentlich zugänglich sind. Das ist aber eher der langweiligere Bereich. Richtig spannend wird es, wenn eine Information ans Tageslicht kommt, von der einige meinen, dass sie dort nicht hingehört.

Weil sie geschützt ist. Privatsphäre, Geschäftsgeheimnis, Amtsgeheimnis, Staatsgeheimnis. In solchen Fällen ist der Journalist häufig auf eine Quelle angewiesen, modern-deutsch den Whistleblower. Also jemand mit Zugang zu klassifizierten Informationen, die er – gegen Geld oder aus Überzeugung – an die Öffentlichkeit bringen möchte.

Hier hat der Journalist nun ein Privileg wie der Arzt oder der Anwalt: den sogenannten Quellenschutz. Er muss nicht verraten, wer ihm eine Information gesteckt hat. Im Prinzip.

Konkret will zurzeit ein Sonderermittler wissen, wie es zur sogenannte «Cryptoaffäre» kommen konnte. Kurz gefasst war das der Skandal, dass in eine vielverwendete Schweizer Verschlüsselungsmethode eine Hintertür eingebaut war, durch die befreundete Geheimdienste den Informationsaustausch der Verwender der Verschlüsselung abgreifen konnten. Ziemlich peinlich, da die Schweiz anpries, dass sie als neutraler Staat eben Qualitätsware und einbruchssichere Verschlüsselungsmaschinen liefern könne.

Offenbar half hier eine Quelle innerhalb der Bundesämter, und diese Quelle machte sich damit natürlich des Bruchs des Amtsgeheimnisses schuldig. Und Journalisten, die diese Informationen verwendeten, möglicherweise auch. Wie das genau ablief, will nun Sonderermittler Peter Marti herausfinden. Dafür unterzieht er Journalisten einer Befragung.

Wie persoenlich.com zusammengestellt hat, wurden bereits Marc Walder (CEO Ringier), Res Strehle, Thomas Knellwolf (Tamedia), Kurt Pelda und andere einvernommen. Nun ist es mit dem Quellenschutz eben so eine Sache.

Wenn jemand behauptet, ZACKBUM und sein Herausgeber seien in Wirklichkeit von Nordkorea und Russland bezahlte Influencer, dann ist das einwandfrei strafrechtlich relevant. Sagt dieser Jemand dann, er habe dafür drei voneinander unabhängige und seriöse Quellen, die ihm auch entsprechende Zahlungen gezeigt hätten, er könne die aber nicht nennen – Quellenschutz –, dann geht das natürlich nicht.

Denn entweder erbringt dieser Jemand vor Gericht den Wahrheitsbeweis für seine Behauptungen, oder aber er wird verurteilt. So einfach ist das. Trotzdem erhebt sich Geschrei in den Medien, mit diesen Einvernahmen werde die Pressefreiheit strapaziert, die Informationsbeschaffung gefährdet, denn Medien seien nun mal auf Quellen angewiesen. Daher sei diese Untersuchung brandgefährlich.

Das ist Unsinn. Ein Journalist, der an einer Geheimnisverletzung beteiligt ist, muss damit rechnen, dafür zur Verantwortung gezogen zu werden. Das ist halt sein Berufsrisiko. Durch seine Tätigkeit steht er nicht einfach über dem Gesetz. Es ist vielmehr ein Ausdruck von Feigheit und Drückebergerei, wenn Journalisten gerne Geheimnisverletzungen ausschlachten möchten, aber ohne Folgen.

Das gelingt ihnen auch regelmässig mit sogenannten Papers und Leaks. Das sind in Wirklichkeit gestohlene Geschäftsunterlagen, und was die Journalisten mit ihrem Ausschlachten tun, ist nichts anderes als Hehlerei. Aber die Bestohlenen sitzen meist auf kleinen Inseln im Meer oder in Ländern wie Panama, und von dort aus ist es eher schwierig, gegen diese Verletzung des Geschäftsgeheimnisses rechtlich vorzugehen.

Das gilt halt nicht, wenn eine Information aus der Schweizer Bundesverwaltung tropft.

Zudem werden im Protest zwei Dinge zusammengeworfen, die nicht zusammen gehören. Im Fall des Ringier-CEO Walder untersucht der Sonderermittler offenbar, ob es zwischen dem Ringier-Verlag und dem Departement des Bundesrats Alain Berset eine Art Gentleman Agreement gab. Ringier bekommt exklusive Vorabinformationen und zeichnet dafür ein positives und wohlwollendes Bild des Bundesrats.

Es gibt zumindest Indizien für diesen Verdacht. Die persönliche Nähe von Berset und Walder ist bekannt. Der Bundesrat nahm beispielsweise an der Premierenfeier des neuen Ringier-Produkts «Interview by Ringier» teil. Darin war er als Fotomodel und als Interviewer aufgetreten, eigentlich unerhört für einen amtierenden Bundesrat. Zudem hatte Walder in einem inzwischen berüchtigten Video «nur unter uns» bekannt gegeben, dass er seine Redaktionen weltweit angewiesen habe, die Regierungspolitik in der Bekämpfung der Pandemie zu unterstützen und wohlwollend zu begleiten.

Diese Thematik unterscheidet sich völlig von der Frage, wer allenfalls das Amtsgeheimnis in der Cryptoaffäre verletzt hat. Es ist allerdings ein geschickter kommunikativer Schachzug, das miteinander zu vermischen. Aber darauf fallen hoffentlich nicht allzu viele Journalisten – ausserhalb von persoenlich.com – herein. Oder?

Der Preis der Regierungstreue

Marc Walder, Ringier, «Blick», «Blic» und Putin: alles Ansichtssache.

Das Faszinierende am Journalismus ist, dass die Realität Geschichten liefert, die man sich nicht besser oder verrückter ausdenken könnte. Was wir auf den folgenden Zeilen berichten, könnte ebenso gut aus einem bitterbösen Roman über die Branche stammen, doch es ist die wahre Story des vielleicht mächtigsten Medienmanagers im Land – eine Story über die Glaubwürdigkeitskrise und den Zustand des Journalismus im Jahr 2022.

Sie erinnern sich: Am 31. Dezember veröffentlichte der «Nebelspalter» ein Video, in dem Marc Walder, CEO des international tätigen Ringier-Konzerns («Blick»), verriet, dass er die Ringier-Redaktionen weltweit angewiesen habe, in der Pandemie die Regierung zu unterstützen. Die Reaktionen auf die Enthüllung innerhalb und ausserhalb der Branche waren praktisch überall dieselben: Walders Direktiven wurden als Anschlag auf die journalistische Unabhängigkeit und die Glaubwürdigkeit der Medien als kritischer vierter Macht im Staat gehandelt. Verleger Michael Ringier musste sich auf der Frontseite des «Blicks» entschuldigen. Ein weiteres «Mea culpa» sandte Walder an den Bruderkonzern Axel Springer in Berlin, den er wegen seiner massnahmenkritischen Berichterstattung in dem Video scharf attackiert hatte.

Stargast bei Journalistenpreis

Das zweite Kapitel dieser unglaublichen, aber wahren Geschichte sollte am 28. Juni im ewigen Kultlokal Kaufleuten in Zürich über die Bühne gehen. Dort fand die 42. Verleihung des Zürcher Journalistenpreises statt, der wichtigsten Auszeichnung dieser Art in der Schweiz. Und wer war als «Keynote-Speaker» und Stargast angekündigt? Marc Walder. Noch ein halbes Jahr zuvor hatten sich die Medien nach der Walder-Video-Enthüllung des «Nebelspalters» in kritischen Kommentaren überboten. Von «Gift für die Demokratie» sprach der «Tages-Anzeiger» und meinte: «Das untergräbt die Glaubwürdigkeit der Medien». «Medien unter Generalverdacht: Deswegen ist Marc Walders Video so fatal», titelte die «Neue Zürcher Zeitung». Mit seinen Aussagen rücke Walder «den seriösen Journalismus in ein schiefes Licht», so die NZZ.

Wie schief müssen denn die Scheinwerfer eingestellt sein, wenn ausgerechnet bei der Verleihung des prestigeträchtigsten Schweizer Journalistenpreises Marc Walder seinen grossen Auftritt haben sollte? Er, der nach einhelliger Meinung der Medien mit seinen Video-Aussagen der Glaubwürdigkeit des Journalismus einen solchen Schaden zugefügt hat?

Serbische Ehrenmedaille für Marc Walder

Doch es kommt noch dicker. Der dritte Akt ging am Dienstag, dem 28. Juni 2022, in Belgrad über die Bühne. Dort überreichte der serbische Präsident Aleksandar Vučić Marc Walder die «serbische Ehrenmedaille für die Förderung der digitalen Transformation und die Ankurbelung der nationalen Wirtschaft». Wie es der diabolische Drehbuchschreiber dieser Realsatire will, fand die Verleihung in Belgrad am selben Tag statt wie die Feier des Zürcher Journalistenpreises. Walder musste sich deshalb kurzfristig im Kaufleuten abmelden, um vom serbischen Staatspräsidenten mit Pauken, Trompeten und einem Meer von serbischen Flaggen empfangen zu werden.

Ein Schuft, wer vermutet, dass Walders Anweisung auch an seine Redaktion in Serbien, einen Regierungskurs zu fahren, irgendeinen Einfluss auf die Verleihung der «serbischen Ehrenmedaille» an den Ringier-CEO gehabt haben könnte.

Ringier-Blatt verehrt Putin als Helden

Wie problematisch die notorische Nähe von Marc Walder zu den Mächtigen dieser Welt ist, zeigt sich in diesen Tagen exemplarisch am Ringier-Produkt «Blic», dem Pendant des schweizerischen «Blick». Das serbische Boulevard-Blatt fährt im Ukraine-Krieg einen propagandistischen Russland-Kurs und betreibt Heldenverehrung für Wladimir Putin. «Russland wärmt sich in der Ukraine gerade auf», titelte der «Blic» am 9. Juli. Illustriert war der Artikel mit zwei Grossaufnahmen von Putin und einem Bild des Kreml-Sprechers. Am 2. Juli lobte der «Blic» Putin als «entspannten Präsidenten». Und am 30. Juni, zwei Tage nach der Verleihung der Ehrenmedaille an Marc Walder aus der Hand des serbischen Präsidenten, brachte der «Blic» aus dem Hause Ringier mehrere Oben-ohne-Porträts samt Video von Putin, in denen sich der Kreml-Herrscher und Kriegstreiber als gestählten Kämpfer in Macho-Pose inszeniert. Übertitelt war der Artikel mit dem Putin-Zitat: «Wenn sie sich ausziehen würden, wäre das ein ekelhafter Anblick». Eine Anspielung auf die G7-Führer, die Putin kritisiert hatten, wie der «Blic» monierte.

Veganer Boulevard in der Schweiz

Bedenkt man, dass Serbien vor nicht allzu langer Zeit selbst einen brutalen Angriffskrieg gegen Nachbarstaaten auf dem Balkan geführt hat, bekommt die aktuelle Berichterstattung des Ringier-Blatts «Blic» zusätzlich einen üblen Beigeschmack. Während der «Blick» in der Schweiz die Regenbogen-Fahne der politischen Korrektheit hochhält und eine Art veganen Boulevard macht, jubelt das serbische Schwesterblatt «Kriegsheld» Wladimir Putin zu. Irgendwie ist das konsequent: regierungstreu ist schliesslich beides. Der Preis, den Ringier dafür bezahlt, ist der fortgesetzte Verlust der journalistischen Glaubwürdigkeit.

Mitarbeit: Mihajlo Mrakic

*Dieser Artikel erschien zuerst auf nebelspalter.ch. Mit freundlicher Erlaubnis des Autors.

Wumms: Marc Walder

Der Ringier-CEO wandelt sich zum Weltenlenker.

Marc Walder sieht sich immer mehr als Staatsmann. An der Seite von Bundesrat Alain Berset, der sich als Dressman und Interviewer für eine Ringier-Zeitschrift missbrauchen lässt.

Zwei Glatzen- und Amtsträger unter sich.

Als nicht so heimlicher Helfer auf internationalem Parkett, der eine ganz gewichtige Rolle bei Gerhard Schröders Besuch in Moskau gespielt haben will. Walder in geheimer Mission, beteiligt am Versuch, das Gemetzel in der Ukraine zu beenden. Wunderbare Story, leider endete alles in Lächerlichkeit.

Aber ein Walder gibt nicht so schnell auf. Ein Walder muss Prioritäten setzen. So war er als Gastredner bei der Verleihung des Zürcher Journalistenpreises vorgesehen. Vielleicht hätte er dort erklären können, wie er es beinahe im Alleingang schaffte, die ersehnte Steuermilliarde für die Verlegerclans zu versenken.

Aber stattdessen musste der VR-Delegierte von Somedia Andrea Masüger bei der Begrüssung im Zürcher Kaufleuten verkünden, dass der Ringier-Mitbesitzer seinen Auftritt kurzfristig habe platzen lassen. Ein «osteuropäischer Staatspräsident» habe Walder dringend sprechen, konsultieren wollen.

Bedeutungsschwangeres Ausatmen im Publikum. Wer mag das wohl gewesen sein? Vielleicht brauchte Viktor Orbán Rat? Oder wollte sich Wolodymyr Selenskyj für einen Tennismatch verabreden? Oder aber – bei Rasputin – könnte es sein, dass der Gottseibeiuns aus dem Kreml Lust auf einen gemeinsamen Ausritt verspürte? Gibt es nun neben der von Scholz und der von Cassis organisierten Friedenskonferenz noch eine dritte?

Welche Rolle spielt dabei Schröder? Wird Frank A. Meyer die Sonne seiner Anwesenheit leuchten lassen? Da wehte der Mantel der Geschichte einen Moment lang durchs Zürcher Kaufleuten, und solche eifrig debattierten Fragen liessen die Preisträger etwas in den Hintergrund treten.

Für Möchtegerns ist das allerdings als Begründung einer kurzfristigen Absage nicht zu empfehlen. Sorry, da ist Präsident Biden auf der anderen Linie, muss Schluss machen – lieber nicht. Wollte gerade dem Chauffeur sagen, dass er dem Aston Martin Guzzi geben soll, aber da klingelte doch von der Leyen durch – ja nicht. Hätte so gerne meine Rede gehalten, aber wenn Macron mal in Fahrt kommt, kann man ihn ganz schlecht bremsen – bitte nicht.

Das gilt auch für die Erwähnung von «osteuropäischen Staatspräsidenten». Denn in Wirklichkeit war es so, dass Walder es vorzog, sich in Belgrad vom serbischen Präsidenten Aleksandar Vučić eine «Ehrenmedaille» anheften zu lassen. «Ich möchte Herrn Walder meinen Dank für seinen unermüdlichen Einsatz und seinen ansteckenden Enthusiasmus bei der Förderung Serbiens als Geschäfts- und Investitionsstandort aussprechen», lobhudelte der Präsident.

Dass sich Walder lieber von einem lupenreinen Demokraten dekorieren lassen als am Zürcher Journalistenpreis sprechen wollte, ist das eine. Dass diese Kollision nicht erst ganz kurzfristig erkennbar war, das andere. Was meint denn Masüger? Auf Anfrage von ZACKBUM antwortet er: «Herr Walder hat seine definitive Absage vor ca. 10 Tagen gemacht. Es war auch nicht mehr möglich, in so kurzer Zeit eine Ersatzperson zu gewinnen. Für einen solchen Anlass, der Monate im Voraus geplant wird, ist das durchaus im letzten Moment.»

Also «letzter Moment» laut Masüger heisst dann: vor zehn Tagen kriegte ich eine Mitteilung. Sonderlich, sehr sonderlich.