Walder – Berset: Ende einer Affäre
Formaljuristische Gründe schützen das Duo.
Es war (und ist) einer der grösseren Skandale der jüngeren Schweizer Mediengeschichte. Als Beifang bei anderen Untersuchungen kam heraus, dass es während der Pandemie einen regen Mailaustausch zwischen dem Ringier-CEO Marc Walder und dem damaligen Gesundheitsminister Alain Berset gab.
Die auch sonst ein enges Verhältnis pflegten; so durfte Berset als Modepuppe durch das Ringier-Organ «Interview» tänzeln und wurde nicht nur dort gefällig und wohlwollend behandelt.
«Der Medienmanager und Journalist war vertrauter, ja inoffizieller Mitarbeiter des Bundesrats», schrieb die «Weltwoche» maliziös. Sie veröffentlichte Auszüge aus diesem Austausch, in dem Walder dem Bundesrat Ratschläge erteilte, die dieser auch umsetzte.
Andererseits liess Bersets Department via den damaligen Kommunikationschef Peter Lauener dem Ringier-Boss vertrauliche Vorabinformationen zukommen, die dieser dann an die «Blick»-Redaktion weitergab.
Walder reagierte bekanntlich hysterisch auf Corona; ein Video zeigte ihn, wie er stolz bekanntgab, dass er seine Redaktionen angewiesen habe, staatliche Massnahmen bedingungslos zu unterstützen und auf jegliche Kritik zu verzichten.
Das führte zu einer Teilentmachtung von Walder, der aber weiterhin der gesetzte Nachfolger von Michael Ringier bleibt, einem schweren Glaubwürdigkeitsproblem vom «Blick», der mit selten blödem «Statement» behauptete, völlig unabhängig in der Themenwahl und Positionierung zu sein. Und zu einer Krisensitzung des Bundesrats, in der Berset in den Ausstand treten musste.
Personell ist die Affäre ausgestanden. Lauener, der sogar vier Tage im Knast verbringen musste, hat längst als Bauernopfer gekündigt. Berset ist unterwegs zu höheren Weihen. Und Walder muss höchstens den wachsenden Einfluss von Ladina Heimgartner fürchten, ist aber ansonsten fest im Sattel. Während der damalige «Blick»-Oberchefredaktor Christian Dorer, der sich tapfer für seine Chefs in die Schlacht geworfen hatte, wegen niemals spezifizierten Vorwürfen entsorgt wurde.
Eine vollständige Veröffentlichung (und Verwendung in Strafverfahren) des Mailwechsels wäre sicherlich ein wichtiger Beitrag zur Transparenz in dieser üblen Affäre.
Das wird aber nicht geschehen. Nach zwei Jahren reiflicher Überlegung hat das Zwangsmassnahmengericht Bern mit ortstypischer Geschwindigkeit entschieden, dass die bei Hausdurchsuchungen sichergestellte Kommunikation nicht verwendet werden darf. Zum einen wegen Redaktionsgeheimnis und Quellenschutz, zum anderen, weil Lauener bei der Beschlagnahmung von Unterlagen bei ihm keinen Antrag auf Versiegelung stellen konnte.
Wieso sich ein Verlagsmanager auf journalistischen Quellenschutz berufen kann, ist schleierhaft. Aber selbst wenn diese Begründungen formaljuristisch in Ordnung gehen: damit bleibt ungeklärt, wie weit diese Partnerschaft zwischen einem Bundesrat und einem mächtigen Medienmanager ging.
Damit bleibt unaufgeklärt, wie eng das Päckli geschnürt wurde – wohlwollende Berichterstattung gegen Vorabinformation, plus Ratschläge des hypochondrischen Ringier-Bosses an einen damals offensichtlich überforderten Schönwetterbundesrat, der sich ohne jegliche Vorkenntnisse oder Erfahrungen plötzlich mit einer veritablen Krise konfrontiert sah und ihr mit der Einberufung von Task Forces und markigen Auftritten zu begegnen suchte.
Unvergessen auch die Behauptung von Berset, dass Impfen wirke und schütze. Das ist inzwischen vollständig widerlegt.
Aber dieses traurige Kapitel reiht sich ein in den anhaltenden Skandal, dass auch in der Schweiz die Medien sich weigern, ihr fragwürdiges, trauriges, einseitiges und zu hysterischen Übertreibungen neigendes Verhalten während der Pandemie aufzuarbeiten.
Beim «Blick» überboten sich Virologen mit Untergangsprophezeihungen von Zehntausenden von Toten und einem zusammenbrechenden Gesundheitssystem. Beim «Tages-Anzeiger» amtierte die Corona-Kreische Marc Brupbacher, der selbst Bundesräte übel beschimpfte, der damalige Politchef forderte gar eine Zwangsimpfung aller.
Da gäbe es jede Menge Bedarf, die eigene Rolle kritisch zu hinterfragen. Aber wenn Medien etwas nicht können (neben vielem anderen), dann ist es Selbstkritik. Immer gross im Austeilen, aber ein Glaskinn, wenn es ums Einstecken geht.