Schlagwortarchiv für: Magazin

Charakterlumpen

Aus rechtlichen Gründen wahren wir die Anonymität. Aber wohl jeder weiss, wer gemeint ist.

Kevin Spacey war einer der besten und vielbeschäftigten Hollywoodstars unserer Zeit, In «House of Cards» hatte er die Rolle seines Lebens gefunden. Bis er Jahre zurückliegender sexueller Belästigungen bezichtigt wurde. Von einem Moment auf den anderen verlor er alles. Ruf, Karriere, Geld.

Der hetzende Mob in den sozialen Medien, begleitet vom hetzenden Mob in den Massenmedien, senkte den Daumen über ihn. Der mediale Volksgerichtshof entschied: schuldig im Sinne der Anschuldigung, Gerichtsverfahren überflüssig, klare Sache. Nachdem Spacey nun von allen Anschuldigungen freigesprochen wurde, hat sich der verbale Lynchmob, wie seine realen Vorgänger in der Geschichte, still und leise verkrümelt. Ohne ein Wort des Bedauerns. Nur einem Mann wie Spacey mit gewissen finanziellen Möglichkeiten war es überhaupt vergönnt, das juristisch durchzustehen.

Finn Canonica hat nicht so viel Geld wie Spacey. Er begann, in Deutschland gegen den «Spiegel» zu prozessieren, der einer rachsüchtigen ehemaligen Mitarbeiterin von ihm, die zudem gefeuert worden war, eine Plattform geboten hatte, um eine Kaskade von erfundenen oder nicht belegbaren Beschuldigungen über ihn auszuschütten. Als ihm das Geld ausging, triumphierte der «Spiegel», er habe gesiegt. Dabei hat die üble Nachrede, die Existenzvernichtung mittels Anschuldigung von Belästigungen gesiegt.

Dieser Fall beinhaltet noch eine Steigerung der Widerwärtigkeit. Dass die üblichen Japser und Hetzer über Canonica herfielen, wie sie das unbelehrbar immer tun, leider normal heute. Aber seine Beschuldigerin fühlte sich so unangreifbar und sicher, dass sie sogar behauptete, bei gewissen Vorfällen sei die Redaktion Zeuge gewesen. Offensichtlich besteht diese Redaktion aber aus Charakterlumpen.

Denn kein Einziger dieser tapferen Verteidiger des Guten, dieser Besserwisser und moralisch Überlegenen, kein Einziger dieser Rechthaber, dieser Kämpfer für Menschenrechte, kein Einziger dieser Heuchler und Feiglinge kam auf die Idee, öffentlich Zeugnis abzulegen. Sei es als Bestätigung der Beschuldigungen, sei es als Dementi.

Leider machen diese Charakterlumpen sogar noch weiter Karriere, so verludert ist der Journalismus inzwischen.

Der zurzeit im Feuer von anonymen Beschuldigungen stehende Journalist wirft mit seinem Fall ein weiteres Schlaglicht auf die verlotternden Sitten und Zustände in angeblich linken, moralisch sauberen Redaktionen. Zum einen ist es keine Art, schon wieder höchstwahrscheinlich längst verjährte Anschuldigungen aus feiger Anonymität heraus zu kolportieren. Sind sie verjährt, dann besteht der einzige Gesetzesverstoss in einer Persönlichkeitsverletzung des Beschuldigten.

Dafür gibt sich sogar das Staatsradio hin, ein Sender, der eigentlich gewissen journalistischen Mindeststandards genügen sollte. Wie eine solche Denunziationsorgie durch alle Kontrollinstanzen rutschte und ausgestrahlt wurde, inklusive einer faktischen Enthüllung des Namens des Angeschuldigten, ungeheuerlich.

Aber das kann man noch steigern. Stimmen die Angaben, dann war das übergriffige und triebhafte Verhalten des Journalisten schon seit vielen Jahren bekannt. Nicht mal ein offenes Geheimnis. Allerdings kam es nie zu einer einzigen Anzeige, nie zu einer einzigen Beschwerde bei den dafür reichlich vorhandenen Institutionen. Aus unerfindlichen Gründen scheinen sechs Frauen beschlossen zu haben, gemeinsam und in feiger Anonymität erst heute über ihn herzufallen. Bislang mit dem üblichen, vernichtenden Erfolg.

Aber: dieses so verdammenswerte Verhalten des Journalisten haben über all die Jahre so sensible Redaktionen wie die vom «Magazin», von der WoZ, von der «Republik» nicht bemerkt? Stimmt es etwa nicht, dass mehr als einmal sein Verhalten recherchiert wurde, entsprechende Artikel aber abgewürgt, nicht publiziert wurden? Stimmt es etwa nicht, dass dieses Verhalten Bestandteil von Redaktionsklatsch war?

Und jetzt wollen all diese Charakterlumpen nichts gewusst haben, nichts gehört haben, nichts mitbekommen haben? Sind alle erschüttert, entrüstet, entsetzt, verurteilen entschieden, finden strenge, strafende Worte? Nachdem sie den Beschuldigten jahrelang als Star abfeierten, seine immer merkwürdiger werdenden Reportagen mit Jubelschreien begrüssten? Meinen sie ernsthaft, dass ihnen das noch jemand abnimmt?

Mit welchem moralischen Recht soll denn das «Magazin», die WoZ, die «Republik» jemals wieder einen Artikel über sexuell übergriffiges Verhalten am Arbeitsplatz schreiben? Traut sich einer dieser Charakterlumpen tatsächlich, einen weiteren Kommentar gegen Männerherrschaft, gegen Diskriminierung, für die Recht der Frau zu schreiben? Ohne dabei rot zu werden?

Das Allerletzte bei dieser ganzen Veranstaltung ist: natürlich werden sie all das tun. Es wird nach der ersten Schrecksekunde ein unerträgliches Gequatsche und Geschwurbel geben, eine Mischung aus ganz leiser Selbstkritik und ganz viel Eigenlob, dass man nun aber alles viel besser aufgestellt habe, das ein Weckruf war, so etwas nie mehr passieren könne. Vielleicht entschuldigen sich diese Charakterlumpen noch dafür, dass ein solches Sexmonster so lange völlig unerkannt sein Unwesen treiben konnte.

Aber nicht im Traum wird es ihnen einfallen, dass sie nur noch eins sind: lächerliche Hanswurste, in aller Erbärmlichkeit als Heuchler und Opportunisten ertappt. Eigentlich sollte nicht nur der Beschuldigte sich einen neuen Beruf suchen. Sondern sie alle auch. Das wäre endlich mal eine hygienische Reinigung des besudelten Journalismus.

Man darf ja noch träumen.

Der Oberheuchler als Chef

Die «Republik» hat ein Problem. Teil zwei der Sonntags-Serie.

Gut, sie hat viele Probleme. Sie hat Geldprobleme. Sie hat ein Faulheitsproblem; ihre 55-köpfige Crew, verstärkt durch zwei Dutzend ständige Mitarbeiter, hat einen Output, der kleiner (aber nicht besser) ist als der von ZACKBUM, und wir sind eine One-man-Show, oder sagten wir das schon.

Sie muss immer wieder auf Betteltour, sagt aber trotz Transparenzversprechen erst zu «gegebener Zeit», wer denn schon wieder 250’000 Franken lockermachte, um ein klimaneutral ausstossfreies «Klimalabor» im Wachkoma zu erhalten.

Aber nun hat sie noch ein Chefproblem. Ein gravierendes. Denn einer ihrer Mitarbeiter wurde nach wochenlanger Untätigkeit der Führungsspitze freigestellt. Er wird anonym beschuldigt, sexuelle Übergriffe begangen zu haben. Verbal und in einem Fall auch körperlich. Das weist er «vehement» zurück, zudem weist er darauf hin, dass niemals Strafuntersuchungen gegen ihn aufgenommen wurden.

Hier gilt die Unschuldsvermutung, obwohl die in den Hetzmedien schon lange nicht mehr gilt. Aber das ist nicht das Problem der «Republik».

Ihr Problem hat einen Namen: Daniel Binswanger. Obwohl er das nicht wollte, ist er der Notnagel-Chefredaktor der «Republik» bis das Findungskomitee, das so tut, als ginge es hier um die Bestallung der Chefetage von Apple, einen geeigneten Kandidaten durch alle Assessments, Prüfungen, Eignungstests und Survivalcamps geschleift hat.

Aber auch das ist nicht das Problem der «Republik», das ist bloss lächerlich.

Das Problem der «Republik» ist ungeheuerliche Heuchelei, ganz oben. Denn der amtierende Co-Chefredaktor ist seit den Anfängen des Organs zur Rettung der Demokratie und der Bekämpfung des Faschismus dabei. Die schreibende Schmachtlocke war zuvor lange Jahre Mitarbeiter beim «Magazin», mit dem langjährigen Chefredaktor Finn Canonica sehr eng.

Als die gefeuerte Mitarbeiterin Anuschka Roshani im «Spiegel» eine ganze Wagenladung von Jauche über Canonica ergoss, schrieb sie unter anderem, dass es Vorfälle gegeben habe, bei denen die Redaktion anwesend gewesen sei, als Ohren- und Augenzeuge von unerträglichen verbalen Übergriffigkeiten Canonicas.

Also waren auch Binswanger und der inzwischen freigestellte «Republik»-Reporter, der auch für das «Magazin» arbeitete, dabei. Also hätte man doch von ihnen erwarten können – insbesondere, da es keinerlei Abhängigkeiten von Tamedia mehr gab –, dass sie öffentlich Zeugnis abgelegt hätten. Entweder: ja, es war so, wie Roshani das beschreibt. Oder: Nein, es war nicht so, es ist richtig, dass Canonica das bestreitet.

Sicher, es gibt da noch das Geschäfts- und Redaktionsgeheimnis, aber gälte hier Anstand und Moral nicht mehr? Wenn man schon ungefragt als Zeuge verwendet wird, wäre es da nicht selbstverständlich, zu widersprechen oder zu bestätigen? Vor allem, wenn man wie Binswanger (und wie der Reporter auch) fast nie ohne den erhobenen Zeigefinger anzutreffen ist, wie verächtlich und verurteilenswert Sexismus sei, vor allem auf Redaktionen. «Hic Rhodos, hic salta», hätten sich die beiden sagen müssen, und zumindest Binswanger als Feuilleton-Redaktor sollte genug Latein können.

Aber nein, beide duckten sich feige weg, reagierten nicht auf Anfragen von ZACKBUM (oder von anderen). Da sind zwei Journalisten in einem Infight, und einmal geht es nicht darum, dass Dinge berichtet werden, die nur zwei Zeugen hätten, wobei dann gälte: sie sagt, er sagt, wer weiss es denn. Hier hätte endlich einmal eine Anschuldigung verifiziert – oder falsifiziert werden können. Ein «so war es» oder ein «so war es nicht» hätte genügt.

Haltung, Anstand, minimale Anforderungen an Moral. Nichts da. Einzige Erklärung: beide wollen sich die Türe zu Tamedia nicht ganz zuschlagen – wenn es die «Republik» mal lupft, braucht es ja ein warmes Plätzchen. Zumindest bei einem der zwei hat sich das allerdings erledigt.

Alleine dadurch wäre Binswanger eigentlich für eine Führungsposition disqualifiziert. Wobei schon seine absurde Meinung, dass das Tragen eines Kopftuchs im Westen als freie Entscheidung der daruntersteckenden Frau gesehen werde müsse, dafür ausreichte: «Nikab-Trägerinnen in Europa sind typischer­weise unabhängige und selbst­bestimmte Frauen, die ihren Fundamentalismus gegen den Willen ihrer Familie praktizieren.» Das glaubt man nicht, selbst wenn man es liest.

Aber angesichts des Sexismus-Skandälchens gibt es noch ein zweites Problem für Binswanger. Er ist seit dem Stellenantritt des Freigestellten bei der «Republik» an Bord. Er weiss damit auch davon, dass den bereits zuvor entsprechende Gerüchte umwehten. Er weiss zudem, dass die «Republik» denen nachging. Er weiss schliesslich, dass eine Redaktorin der «Republik» sogar recherchierte, ihr Artikel aber nie erschien, weil die «Republik» den in linken Kreisen kultigen Reporter unbedingt von der WoZ abwerben wollte – was ihr auch gelang.

Das alles weiss Binswanger. Oder aber, immer bewährt, auch in der Geschichte, er hat von nichts gewusst. Nichts gesehen, nichts gehört, natürlich nichts gesagt. Ist zwar sehr unwahrscheinlich, aber angenommen, es sei so. Dann ist er aber ungeeignet für seinen Job, Denn ein Chefredaktor, der von all dem nichts mitbekommt, sich schon vorher in verschiedenen Beziehungen disqualifizierte, aber dennoch jede Woche Moralinsäure, Gutmenschentum, Rechthaberei, Aufrufe zu angeblich richtigem und guten Verhalten über seine Leser regnen lässt, der ist untauglich.

Eine Belastung. Der Aufgabe nicht gewachsen. Eine Hypothek wie die drohende Busse für Steuermauscheleien. Und mehr Mühlsteine um den Hals kann die «Republik» zurzeit wirklich nicht vertragen, wenn sie den Kopf über Wasser halten will. Aber will sie das überhaupt?

 

Wumms: Max Küng

Alle haben was zu Rammstein gesagt. Nein, einer fehlte noch.

Zäh ist er, das muss man ihm lassen. Seit 1999 verziert Max Küng die Seiten des «Magazin». So ziemlich alles hat er überstanden. Selbst die Zweitverwertung eines Werbetextes für einen Möbelhersteller. Das verzieh ihm Finn Canonica grosszügig.

Jede Woche eine Kolumne über irgendwas, elegant geschriebener Quark. Tiefes Schweigen aber zum Roshani-Skandal. Natürlich, seine gesammelten Werke erscheinen bei Kein & Aber. Das wäre aber auch kein Grund, auf Anstand und Zivilcourage zu verzichten. Doch Feigheit ist natürlich arbeitsplatzsichernd.

Dafür meint Küng, auch er müsse noch sein Scherflein zum Rammstein-Bashing beitragen. Spät kommt er. Andere Organe wie der «Blick» befinden sich bereits auf dem ungeordneten Rückzug und löschen die ersten Schmierenartikel, weil sie dazu gezwungen werden.

Jetzt hat’s auch Küng gerafft: «Unser Kolumnist fand die deutsche Band schon immer doof.» Schön, dass wir das nun wissen. Aber immerhin, zuerst gibt’s ein Lob. Dieses Zitat von Tom Kummer ausgraben, das ist eine Trouvaille: «Die ‹Weltwoche›, wo sich Kolumnisten ohne Scham, Konvertiten ohne Gedächtnis und Belehrer ohne Grenzen besonders gut verbreiten.» Der Berufsfälscher hatte eben schon immer zu allem eine Meinung, problemlos auch ihr Gegenteil.

Was unterscheidet Küng von Kummer? Der erste Buchstabe des Nachnamens nicht. Ansonsten gilt: Kummer fälscht, Küng kopiert.

Dann muss ZACKBUM aber die Formulierung «elegant» zurücknehmen, denn das hier ist eine sprachliche Geröllhalde: «Die Sympathien zur deutschen Band bröckeln, es ist ein Rammsteinschlag à la Brienz im Gange.» Aua.

Dann zitiert Küng ein paar ausgewählt flache Strophen von Rammstein, um zu belegen, dass die Band ganz doof sei. Nur hat der Lyriker Lindemann auch anderes vorgelegt, was in der NZZ auf einem ganz anderen Niveau gewürdigt wurde.

Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben, wusste schon Gorbatschow. Aber das «Magazin» ist dermassen aus allem gefallen, aus der Zeit, aus jedem Anspruch, aus jedem Qualitätslevel, dass es auf einen Quatschtext mehr oder weniger auch nicht ankommt.

Nach schnippelfreien Rezepten für verantwortungslose vegane Mamis, was kann man da noch erwarten? Vielleicht den Ratgeber «wie betätige ich einen Lichtschalter richtig», oder «selber atmen, die zehn besten Tipps». Oder «wie man alle 164 Gender sprachlich richtig inkludiert». Oder «desavouiert, feige, unanständig, heuchlerisch, aber nie um einen besserwisserischen Ratschlag verlegen – na und

Allerdings ist Küng erst 54 Jahre alt. Mindestens zehn Jahre muss er noch durchhalten. Aber ob das der Leser aushält?

Jekami mit Journis

Keiner zu klein, Meinungsträger zu sein.

Die Temperaturen steigen – und fallen wieder. So ist es ein ewiges Auf und Ab. Der Leser kann allerdings nur auf einer Metaebene Vergnügen und Unterhaltung aus den meisten Publikationen saugen.

Zu Prigoschin und Putin haben nun so ziemlich alle Meinungsträger, Experten und Spezialisten ihren Senf gegeben. Vielleicht fehlt noch die Meinung des Kopierers, des Staubsaugers und der Kaffeemaschine auf der Redaktion. Wir warten auf Exklusiv-Interviews.

Wunderbar ist auch, wenn sich im gleichen Organ sogenannte «Experten» diametral widersprechen. Bei CH Media schwafelte der eine von einem Militärputsch, der andere behauptet: «Prigoschins Coup war eine gut inszenierte PR-Operation, die in die Geschichte eingehen wird.»

Such’s dir aus, lieber Leser, kann man so oder so sehen.

In erhöhte Wallungen, geradezu in Vibrationsstatus hat die Medien ein klitzekleines Ereignis in einer klitzekleinen Kommune versetzt: «Erstmals in Deutschland hat die rechtsradikale Partei ein kommunales Spitzenamt erobert». Es gibt neu einen Landrat, der der AfD angehört. Die ist, trotz angebräunten Radikalinskis und Provokateuren wie Björn Höcke, eine demokratische Partei, und dieses Amt wurde in einer demokratischen Wahl erobert. So what? Aber der Tagi vibriert: «Die AfD setzt die Demokratie unter Spannung».

Anlass für homerisches Gelächter ist auch die Meldung: «Sek-Schülerinnen sprechen über die Menstruation». Denn: «Die kostenlosen Binden und Tampons, die neu in städtischen Schulhäusern aufliegen, seien aber erst ein Anfang.» Der Anfang vom Ende? Kurt Tucholsky (Kindersoldaten: googeln) sagte ganz richtig: «Die Frauen haben es ja von Zeit zu Zeit auch nicht leicht. Wir Männer aber müssen uns rasieren.» ZACKBUM regt an, ebenfalls kostenlos Rasierapparate und After Shave aufzulegen; verdammte Ungerechtigkeit.

Wie allerdings vermeldet werden kann, dass Tamara Funiciello nicht nur ein reines Frauenticket für die Nachfolge des Frauenverstehers Alain Berset anregt, sondern überraschenderweise auch sich selbst durchaus darauf vorstellen könnte, ohne dass dem Journalisten die Lachtränen in die Tasten getropft sind?

Wer herausfinden will, wie tief das «Magazin» gesunken ist, sollte sich hier davon überzeugen:

Das nennt man eine journalistische Implosion. Nicht in einer Millisekunde, aber in einem ganzen Heft. Da darf Christian Seiler doch tatsächlich grenzdebile Leserfragen beantworten. Kostprobe:

«Ich bin vor einem Jahr Mami geworden. Nun kommt es öfters vor, dass der Kleine genau dann Hunger hat, wenn ich zu kochen beginne. Das heisst, ich habe ihn dann auf dem Arm. Und da wird es dann schwierig mit Schnippeln Hast du ein paar gute (vegane) Rezepte, die man auch mit einer Hand in Windeseile zubereitet kann

Vielleicht sollte Seiler dem Mami erklären, dass vegane Ernährung zu Mangelerscheinungen führt (Vitamin B12, Vitamin D, Zink, Jod, Eisen), die dem Gedeihen eines Babys nicht förderlich sind, auch wenn man es auf den Arm nimmt. Stattdessen rät er zu einem schnippelfreien Gericht: «Mit dem Löffel essen und den Kleinen immer wieder kosten lassen.» Der arme Kleine.

Okay, jetzt muss aber ZACKBUM die Tastatur trocknen, haben wir gelacht.

 

Wumms: Katja Früh

Sie ist Kolumnistin beim «Magazin». Das sagt eigentlich schon alles.

Katja Früh gehört zu den Menschen, die sich selbst ausserordentlich wichtig nehmen, eine ausgesprochen hohe Meinung von der Gültigkeit ihrer Ansichten haben – und dann feige kneifen, wenn sie mal Zivilcourage beweisen müssten und sich zu einem üblen Streit äussern, der sich auf ihrer eigenen Redaktion abspielt.

Dermassen qualifiziert macht Früh das Mögliche unmöglich und gibt höchstwahrscheinlich lustig gemeinte Ratschläge; «rät zur Therapie: Meine Tipps für Herrn Glarner». An diesem Buhmann und Posterboy der Linken haben sich schon so ziemlich alle abgearbeitet, aber spät kommt nun auch noch Früh.

Sie versucht sich als Hobbypsychologin und gibt die uralte Mär zum Besten, dass eine «starke Abwehrhaltung gegen was auch immer» mit dieser Person selbst zu tun habe. Ratschlag: «Sie zum Beispiel fürchten sich vor Dragqueens. Da wäre vielleicht eine Konfrontationstherapie angebracht, was bedeuten würde, dass Sie selbst einmal in schillernde Frauenkleider schlüpfen sollten.»

Haben wir gelacht, und damit wäre der Scherz eigentlich ausgelutscht. Aber leider ist da noch Platz in der Kolumne, und Früh muss sparsam mit Ideen umgehen, also tritt sie den Quark noch breit und küchenlateinert weiter in der inneren Welt von Glarner herum: «Könnte es sein, dass Sie, ohne es selber zu wissen, auch lieber so ein freies und buntes Leben leben würden? Oder haben Sie Angst, dass die Welt zusammenbrechen würde, wenn jede:r einfach sein darf, wie er oder sie will? Durften Sie das mal? Als Kind vielleicht

Hier fällt ihr dann doch auf, dass in diesem Scherz kein Tropfen Gehalt mehr steckt. Also kurze Übertragung:  «Nun zum Gendern: Das scheint Ihnen auch ziemliche Angst zu machen.»

Dann liefert sie allerdings gleich den Beweis, wieso man dem Gendern zumindest misstrauisch gegenüberstehen sollte: «Es ist doch nichts anderes als der Versuch, auch in der Sprache Geschlechtergerechtigkeit herzustellen.» Was für ein hanebüchener Unsinn.

Unterwegs im Nonsens-Land legt Früh gleich noch einen drauf:

«Es passt Ihnen wohl ganz gut, die Frauen ein bisschen im Hintergrund zu wissen, niemand nimmt Ihnen Ihre Privilegien weg, und niemand stört die «natürliche» Ordnung. Haben Sie vor Frauen gleich viel Angst wie vor Homosexuellen? Dann würde ich Ihnen ernsthaft eine Therapie ans Herz legen.»

ZACKBUM würde Früh hingegen einen Anfängerkurs in Logik und Konsistenz ans Herz legen. Oder ihr empfehlen, bei grösster Not «was schreibe ich denn nur wieder in meiner Kolumne?» lieber einmal zu verzichten.

Denn, sehr geehrte Kolumnistin, wenn man ihre Methode anwenden wollte, dann müsste doch auch Blackfacing erlaubt sein. Um sich mal in die Rolle eines Negers, Pardon, Schwarzen, ts, ts, einer Person of Colour zu versetzen. Dann ist auch der Sombrero erlaubt, die Rastalocke, das wären dann alles keine kulturellen Aneignungen, sondern Therapien. Selbstverständlich gehörte auch der Indianeraufzug dazu, selbst eine Perücke und ein Rock, um sich mal als Frau zu fühlen.

Es ist inzwischen überall bei Tamedia, also beim «Tages-Anzeiger», also im Tx Konzern möglich, ungebremst, unbelästigt von jedweden Qualitätsansprüchen die zahlende Kundschaft mit Blödsinn zu quälen. In der leider vergeblichen Hoffnung, dass die meisten Masochisten sind.

Forever old

Ein Beitrag zur Qualitätsoffensive bei Tamedia.

Wem es bislang entgangen sein sollte: Es gibt ein neues «Gefäss» bei Tamedia. Das heisst «Forever Young». Da ist nun nomen nicht wirklich omen:

Das sind die vier «neusten» hier angepriesenen Artikel. Erscheinungsdatum von links nach rechts: 17.5., 20.5., 23. 5., 17. 5. Wir schreiben heute den 30. Mai

Aber das kann man (bzw. frau, denn die Chefredaktion ist bekanntlich weiblich) noch steigern:

Dieses «Interview in der Serie «Forever Young»» mag dem einen oder anderen «Magazin»-Leser nicht ganz unbekannt vorkommen. Denn wer noch so jung ist, dass ihn noch nicht Alzheimer im fortgeschrittenen Stadium ereilt hat, erinnert sich noch, dass dieser Artikel, neu auf der Webseite von Tamedia unter dem schnuckeligen Titel «News Pause», aber angepriesen als «Beitrag der Serie «Forever Young»», am 7. 10. 2022 zum ersten Mal das Licht der Welt erblickte.

Wahrscheinlich ist das ein Beitrag dazu, was das Mitglied der Chefredaktion Kerstin Hasse als «digital Storytelling» versteht. Vielleicht ist das ein weiblicher Ansatz, der sich dem männlichen Verständnis entzieht. Das ist die eine Variante.

Die andere: in dieser «neuen» Rubrik bleiben alte Artikel tagelang auf der Webseite stehen, weil es keine neuen gibt. Das mag ja noch knapp angehen, obwohl es alle Regeln des digitalen Erzählers widerspricht. Aber vielleicht war Hasse damit ausgelastet, ein lustiges Video über die Käfigtierhaltung im neuen Newsroom von Tamedia, Pardon, «Tages-Anzeiger», zu drehen.

Aber dass man (oder vielmehr frau) nun die Stirn hat, einen fast 8 Monate alten Artikel zu rezyklieren, der schon damals schnarchlangweilig war, das zeugt nun von einer Leserverachtung, um ein stärkeres Wort zu vermeiden, die schon bemerkenswert ist.

Die Fragen sind nach wie vor brandaktuell: «Liebe Oma – du hast im Februar deinen fünfundachtzigsten Geburtstag gefeiert. Wie fühlt sich das an?» Wohl so, wie sich dieses Jahr das Feiern der 86. angefühlt hat. Unvergesslich auch diese Passage:

«Warst du auch mal überfordert vom Grundkonzept des Existierens? – Vom was? – Also, dass man ungefragt auf diese Erde geworfen wird … – … und in den meisten Fällen auch ungefragt wieder gehen muss. – Genau.»

Solche investigativen Fragen und luziden Antworten kann man gar nicht oft genug lesen. Dass man dafür allerdings zuerst ein Abo abschliessen müsste, das ist schon ein starkes Stück. Der zukünftige Abonnent, den Chefredaktorin Raphaela Birrer bekanntlich «an die Paywall heranführen» will, soll also Geld abdrücken dafür, dass er einen Uralt-Artikel, der als neu serviert wird, lesen darf.

Dass er in eine Serie «Forever Young» eintauchen darf, die so was von alt ist.

Dass er Beiträge der «Süddeutschen Zeitung» aus München lesen darf, die schon dort kaum jemanden interessieren, und dort leben Deutsche. In der Türkei leben Türken, und die haben gewählt. Und sich wieder für Recep Erdogan entschieden. Da wäre es sicherlich interessant zu erfahren, was der grösste Schweizer Medienkonzern mit seinen unzähligen Kopfblättern in der Zentralredaktion in Zürich dazu zu kommentieren hat.

Aber leider behält er das für sich, wahrscheinlich wollte sich Auslandchef Christof Münger davon nicht seine Pfingstferien verderben lassen. Also kommentiert «Raphael Geiger aus Istanbul». Der Korrespondent der «Süddeutschen». Der ist herausragend qualifiziert, denn er übt diesen Job seit 2023 aus. «Zuletzt war Geiger USA-Korrespondent in New York.»

Auch das ist ein spezielles Verständnis von Qualität. Statt die eigene, theoretisch noch vorhandene Auslandredaktion zu bemühen, lässt der Qualitätskonzern Tamedia einen seit 2023 im Amt befindlichen SZ-Korrespondenten in die Tasten greifen, der zuvor in den USA stationiert war. Und für diesen Schrott, «Erdogan ist gerade noch einmal davongekommen», will Tamedia auch noch Geld, bevor man das lesen darf.

Eigentlich ist’s so. Wer Tamedia zuschaut, begleitet einen Fallschirmspringer auf dem Weg nach unten. Und blickt ihm in die Augen, als er merkt, dass sich der Fallschirm nicht öffnet. Brrr.

 

 

«Magazin»: billiger Jakob

Damit schliessen wir unsere Berichterstattung über diesen lebenden Untoten ab.

Das «Magazin» war einmal eine Benchmark für anspruchsvollen Journalismus. Als Beilage des «Tages-Anzeigers» war es nicht auf Verkäufe angewiesen. Als Hochglanzblatt war es Anlaufstelle für Hochglanzinserate. Eine ideale Mischung, damit sich begabte Redakteure austoben konnten. Ende Nostalgie.

Auch das «Magazin» wurde Opfer des Sparwahns bei Tamedia, wo ohne Rücksicht auf Verluste von jedem Profit Center der gleiche Return on Investment verlangt wird.

Schon Finn Canonica musste seine Feuerprobe bestehen, als er Inhalt und Redaktion aus Spargründen völlig umzukrempeln hatte. Dass es noch schlechter geht, beweist wöchentlich sein Nachfolger, die Wetterfahne Bruno Ziauddin. Getreuer Stellvertreter, der solo einen Jubelchor auf den abgehenden Canonica sang. Ohne ein Wort darüber zu verlieren, dass sein Chef gefeuert worden war.

Seither hat auch er sich zum Roshani-Skandal ein Schweigegelöbnis auferlegt. Was ihn – und nicht nur ihn – moralisch völlig diskreditiert. Im Winzig-Editorial der letzten Ausgabe labert er über das «halbjährlich wiederkehrende Ereignis der Zeitumstellung». Wir warten auf sein Edito, das sich mit dem jährlich wiederehrenden Ereignis des Frühlings befasst.

Diesem brüllend spannenden Thema ist auch die Cover-Karikatur (siehe oben) gewidmet. Wer darüber lacht, muss extrem kitzlig sein und kräftig gekitzelt werden.

Eine Würdigung der Kolumnisten ersparen wir dem Leser. Dann folgen 10 Seiten über die Klage eines peruanischen Bauern gegen einen deutschen Grosskonzern. «Es ist der wohl folgenreichste Gerichtsprozess des 21. Jahrhunderts». Realistisch betrachtet: niemand nimmt das ernst, und auch die «Magazin»-Leser können sich schon beim Ostereiersuchen nicht mehr daran erinnern.

Dann hat die «Künstlerin» Jenny Rova ein Kunststück auf ihrem Blog veröffentlicht. «Neun Männer, die sie liebten, neun Männer, die sie fotografierten». Häufig leichtbekleidet, nicht selten im Bett, immer peinlich. Plus eine echte Drohung: «Im Alter will sie dann all die Männer anschreiben, die sie zwischen fünfzig und achtzig geliebt und fotografiert haben.» Begleitet wird dieser Unsinn von einem Text der stellvertretenden Chefredaktorin des Magazins der «Süddeutschen Zeitung». Das hat einen Vorteil: es ist billig.

Dann schafft es Ulf Lippitz, sein misslungenes Interview mit John Malkovich aus der SZ im «Magazin» zu rezyklieren. Der Hollywoodstar muss seine gnädigen fünf Minuten gehabt haben, dass er ernsthaft auf solche Schwachsinnsfragen antwortete:

«Darf man davon ausgehen, dass Sie nicht geimpft sind?
Doch, ich musste es ja tun. Das wurde von der Schauspielergewerkschaft vorgeschrieben, sonst hätte ich nicht arbeiten dürfen.
Und hurra, Sie leben noch!
Trotzdem wird sich erst in der Zukunft zeigen, ob die Impfung eine gute Idee war.»

Malkovich musste da durch, weil er einen neuen Film zu promoten hat. Aber ZACKBUM muss sich das nicht mehr antun.

 

Die «Magazin»-Memmen

Hat man so viel kollektive Feigheit schon jemals gesehen?

Bruno Ziauddin ist als Stellvertreter von Finn Canonica auf dessen Stuhl gerutscht. Bei der Gelegenheit verabschiedete er seinen Chef mit einer Eloge und vergass zu erwähnen, dass der gefeuert worden war. Als seine Mitarbeiterin Anuschka Roshani gefeuert wurde, blieb er stumm. Wenn man ihn heute fragt, was denn da abging, verweist er schmallippig auf die Medienstelle von Tamedia.

Im aktuellen Editorial sabbert er über Eltern mit Kindern und solche ohne. Und über einen Zahn Lumumbas, ein Thema, das ihn «aufgewühlt und ja: wütend gemacht» habe. Das Thema, ob sein ehemaliger Chef weggemobbt wurde oder jahrelang seine Mitarbeiterin quälte, das lässt Ziauddin aber öffentlich völlig kalt.

Dann haben wir den Kampffeministen und Fan inkludierender und nicht diskriminierender Sprache Philipp Loser. Schnell zur Hand, wenn es aus Gutmenschenperspektive etwas zu verbellen gilt, wenn es einen Konzernjournalisten braucht, der einen unliebsamen Konkurrenten so niederschreibt, dass der Artikel gelöscht werden muss und er selbst zu Kreuze kriechen. Bleibt stumm. Katja Früh: kein Wort. Kaltërina Latifi? Schreibt übers Duzen. Christian Seiler? Über «Sushi oder das Rätsel der Aale». Anita Blumer, «Autorin und Regisseurin»: über Kinder. Simona Pfister? Über Simone de Beauvoir. Eva Hirschi? Über «ein Tag im Leben». Max Küng? Hat sich verirrt.

Im Impressum sind neben Bruno Ziauddin und seiner stellvertretenden Quotenfrau Barbara Achermann drei  Redakteure aufgeführt, darunter Mikael Krogerus, der Partner der «feministischen Aktivistin» Franziska Schutzbach. Dazu sieben «redaktionelle Mitarbeiter». Diverse von ihnen sind Autoren im Verlag «Kein & Aber» des Gatten von Roshani, wie zum Beispiel Nina Kunz.

Es gibt kaum ein Unrecht auf der Welt, dass das «Magazin» noch nicht angeprangert hat. Sexuelle Übergriffe, Ausnützung von Machtpositionen, Diskriminierung, Anzüglichkeiten, #metoo, Frauen als Opfer von Machomännern: aber hallo, wo sich ein Thema an den Haaren herbeiziehen liess, da war das «Magazin». Und gab es keine Haare, drehte es Locken auf der Glatze.

Nun wogt seit über einem Monat eine Debatte, ob die Behauptungen von Roshani zutreffen, ihr ehemaliger Chef habe sie jahrelang gemobbt, diskriminiert und gedemütigt. Auch coram publico, also vor Zeugen, vor anderen Redaktionsmitgliedern.

Aber hat es ein einziges bislang geschafft, mit Namen hinzustehen und Zeugnis abzulegen? Nein. Es gibt nur anonyme Heckenschützen, die alles als «noch viel schlimmer» beschreiben. Wenn sie nicht von den jeweiligen Autoren der Konkurrenz erfunden wurden. Es gibt eine Recherche vom «Schweizer Journalist», der acht Mitarbeiter zitiert, die übereinstimmend sagen, dass sie solche Verhaltensweisen von Canonica nicht erlebt hätten, es kein Mobbung gegeben habe und das Klima auf der Redaktion gut gewesen sei. Aber auch sie machen das anonym.

Man habe sich nicht auf eine gemeinsame Erklärung einigen können, ist das sackschwache Pseudoargument aus der Dunkelheit des Schweigens. Herrscht da Schiss vor arbeitsrechtlichen Folgen? Nun, gratis aus der Anonymität wäffeln, das ist billig. Hinstehen und Konsequenzen gegenwärtigen, das bräuchte einen Funken Zivilcourage.

Nicht mal den bräuchten die schreibende Schmachtlocke Daniel Binswanger und der in anderen Zusammenhängen tief gründelnde Reporter Daniel Ryser. Aber auch sie haben ein Schweigegelübde abgelegt, ignorieren wie alle anderen Anfragen, als wären sie bereits im Kloster.

An alle diese Maulhelden und Memmen öffentlich die einfache Frage: Glaubt Ihr wirklich, angesichts dieses Verhaltens glaubt Euch noch irgend jemand Eure Ansichten über irgend etwas? Und Zusatzfrage: Schämt Ihr Euch denn gar nicht, wenn Ihr morgens in den Spiegel schaut?

 

Wir basteln uns einen Skandal

Recherchieren war gestern. Anonyme Quelle ist heute.

Was im Grossen schlecht ist, wird im Kleinen nicht besser. In einer unseligen Reihe von angeblichen «Leaks» und «Papers» schlachteten internationale Konsortien von Journalisten gestohlene Geschäftsunterlagen aus, die ihnen von anonymen Quellen zugespielt worden waren.

Ohne sich einen Moment die Frage zu stellen, welche Motive dahinterstecken könnten, aufwendig geraubte Datenberge mit ungeheuerlichem Erpressungspotenzial einfach wegzuschenken, versuchten die Journalisten dann mit viel Aufwand, daraus gigantische Skandale zu basteln. Die regelmässig verröchelten, bis ein Mitglied des sogenannten «Investigativ Desk» von Tamedia frustriert über einem «Skandal, der keiner wurde» jammerte. Weil nach der x-ten Wiederholung das Publikum sich gähnend abwandte.

Hier sind die Quellen anonym und trübe, aber was aus ihnen heraustropfte, war tatsächlich echtes Material, echte Hehlerware mit echten Namen und dann auch echten Opfern. Im Kleinen ist es allerdings noch viel schlimmer.

In der Affäre um die Anschuldigungen von Anuschka Roshani ist wenigstens die Motivation der Anklägerin klar. Sie wollte selbst Chefredaktorin des «Magazin» werden, scheiterte mit ihrer Blindbewerbung und scheiterte im ersten Anlauf mit ihren internen Vorwürfen gegen ihren Chef. Darauf sorgte sie dafür, dass es eine zweite Untersuchung gab, die aber leider auch zum Schluss kam, dass fast alle ihrer Behauptungen nicht erhärtet werden konnten. Das hatte dann die unselige Konsequenz, dass zwar ihr Chef gefeuert wurde, sie aber auch.

Nach Ablauf ihrer Kündigungsfrist holte sie dann zum grossen Schlag aus und hatte das Glück, bei ihrem ehemaligen Arbeitgeber «Der Spiegel» eine Trommel zur Verfügung gestellt zu kriegen, mit der sie einen wahren Paukenschlag landen konnte.

In ihrer vierseitigen Anklageschrift kolportiert sie Anschuldigungen, die ihr offenbar zugesteckt worden waren. Natürlich ohne ihre Quellen zu nennen. Eine ist inzwischen enttarnt.

Was in dem Monat seit dieser Veröffentlichung geschah, ist ein weiterer Niedergang zu einem neuen Tiefpunkt der medialen Berichterstattung. Der Angeschuldigte wurde öffentlich hingerichtet, die Unschuldsvermutung bis zur Lächerlichkeit missachtet. Die Anschuldigungen wurden ungeprüft und unrecherchiert kolportiert. Aber damit nicht genug.

In allen Konkurrenzmedien wurden angebliche «anonyme Quellen» zitiert, die die Anschuldigungen Roshanis bestätigen würden, sogar behaupteten, es sei alles noch viel schlimmer gewesen. Nun weiss jeder Journalist, dass einer Quelle, die darauf besteht, nicht namentlich genannt zu werden, mit äusserster Vorsicht zu begegnen ist. Was sind ihre Motive, will da jemand als Heckenschütze Rache nehmen, wie stichhaltig sind seine Behauptungen? Kann er sie belegen oder ist es bloss Hörensagen?

Der Untersuchungsbericht exerzierte eine solche Quellenkritik in einem Fall vor. Und kam zum Ergebnis, dass die Behauptungen von Mathias Ninck nicht glaubhaft waren, nicht zutrafen, mit den Fakten nicht übereinstimmten. Oder in einem Wort: frei erfunden waren.

Ein ehemaliger redaktioneller Mitarbeiter des «Magazin» setzte einen Tweet ab, in dem er behauptete: «Wer es auf der Redaktion miterlebte, kann immer noch schwer begreifen, dass Canonica danach noch sieben Jahre länger Chefredaktor bleiben konnte.» Immerhin stand er mit seinem Namen dazu. Aber auf die Frage von ZACKBUM, was genau er denn miterlebt habe, verfiel Dominik Gross dann in tiefes Schweigen.

Machen wir doch ein rein theoretisches Beispiel. ZACKBUM würde behaupten, dass Pietro Supino unbefugt in die Kasse von Tamedia gegriffen habe, um die Renovation seines Luxusanwesens in Zürich zu finanzieren. Das würden mehrere, voneinander unabhängige Quellen bestätigen, deren Namen leider nicht genannt werden könnten, die aber glaubwürdig und mit dem Vorgang vertraut seien.

Supino würde sofort seinen Anwalt in Marsch setzen, der ohne Federlesens die sofortige Löschung dieser Behauptung und eine Entschuldigung fordern würde. Sich zudem weitere Schritte wie Verurteilung samt Schadenersatz ausdrücklich vorbehielte. ZACKBUM wäre sehr gut beraten, allen diesen Forderungen sofort nachzugeben, zu Kreuze zu kriechen und darum zu betteln, keinen Krach vor Gericht anzufangen.

Ausser, wir würden tatsächlich über Versicherungen an Eides statt plus entsprechende Dokumente verfügen. Aber die blosse Behauptung, darüber zu verfügen, reicht eben nicht. Da nützt auch die Berufung auf Quellenschutz nichts, wie schon Philipp Gut schmerzlich erfahren musste.

Denn der Trick ist einfach. Der Journalist selbst stellt eine ehrenrührige und geschäftsschädigende Behauptung auf. Dafür muss er den Beweis antreten. Er kann nun aber nicht den Trick verwenden, als Quelle einen Informanten anzugeben, den er mit Berufung auf sein Recht auf Quellenschutz leider nicht identifizieren könne, der es ihm aber mit heiligen Eiden versichert habe.

Im Fall Roshani kann nun der Schweizer Journalismus seine neuerlich verlorene Ehre und seine Glaubwürdigkeit nur zurückgewinnen, wenn Auskünfte über diese allgemein verwendeten «anonymen Quellen» erteilt werden. Zuvorderst sind da «Spiegel» und «Die Zeit» gefordert. Auch ZACKBUM gegenüber behauptet beispielsweise «Die Zeit», dass ihr die Quellen der einschlägig vorbelasteten Mitarbeiterin Salome Müller bekannt seien. Hand aufs Herz: das kann doch wohl nicht stimmen, behauptet ZACKBUM, ohne dafür eine andere Quelle als den gesunden Menschenverstand zu haben.

Denn es ist absurd anzunehmen, dass ein Journalist selbst seinem Verlag gegenüber die Namen seiner Quellen preisgäbe. Daher können wir der «Zeit» nur raten, dementsprechend auf Müller einzuwirken. Um dann ein blaues Wunder zu erleben. Denn Müller war schon Rädelsführerin, als vor ziemlich genau zwei Jahren 78 erregte Tamedia-Mitarbeiterinnen ein Protestschreiben verfassten, in dem sie mit über 60 Beispielen belegen wollten, welche frauenverachtenden, demotivierenden und sexistischen Zustände in ihrem Verlag herrschten. Nur: bis heute wurde kein einziges dieser anonymisierten Beispiele verifiziert …

Roshani im Zwielicht

Sind ihre Anschuldigungen haltlos und erfunden?

Schlechte Nachricht für alle, die bereits losgaloppiert sind. In erster Linie die «Zeit»-Mitarbeiterin Salome Müller, die «feministische Aktivistin» Franziska Schutzbach und alle die vielen Journalisten, die sich freudig sabbernd auf die Anschuldigungen der ehemaligen «Magazin»-Redaktorin Anuschka Roshani geworfen haben.

Völlig bescheuert wirkt in diesem Zusammenhang nun das Verwenden von anonymen Quellen, die mutig aus der Dunkelheit «es war alles noch viel schlimmer» gerufen haben sollen (wenn sie nicht schlichtweg erfunden wurden). Mit ziemlich abgesägten Hosen steht auch mal wieder der «Spiegel» da, der seiner ehemaligen Mitarbeiterin die grosse Bühne freimachte und eine vierseitige Klageschrift von ihr veröffentlichte. Deren Inhalt angeblich gnadenlos verifiziert worden sei.

Das alles steht nun in einem schiefen Licht, seit es Roger Schawinski gelungen ist, Einblick in den Untersuchungsbericht der Anwaltskanzlei Rudin Cantieni zu nehmen. Der Bericht über die Vorfälle im «Magazin» war schon von Tamedia als Zusammenfassung publiziert worden. In ihr hatten beide Protagonisten dieser Affäre kräftig eins über die Rübe bekommen.

Finn Canonica waren inakzeptable Verhaltensweisen vorgeworfen worden, Anuschka Roshanis Anschuldigungen hätten sich aber grösstenteils nicht erhärten lassen, zudem habe sie die weitere Zusammenarbeit mit der Kanzlei verweigert.

Beide Angestellten waren im Anschluss entlassen worden; zuerst der «Magazin»-Chefredaktor Canonica, dann die Anklägerin und Redaktorin Roshani.

Was Schawinski nun auf seinem Radio 1 aus dem ihm offenbar vorliegenden Gesamtbericht zitiert, ist starker Tobak:

«Zusammenfassend ergibt sich, dass auch die meisten Vorwürfe gegenüber Finn Canonica verneint werden mussten…Bossing gegenüber Anuschka Roshani scheidet aus, da es an der Zielgerichtetheit und Systematik über längere Zeit fehlt und gerade sie auch Privilegien genoss, die andere nicht hatten… Die Sonderbehandlung eines bezahlten Sabbaticals stellt eine Bevorzugung gegenüber anderen dar und schliesst ein gleichzeitiges Bossing gegenüber Anuschka Roshani eigentlich aus.»

Und: «Nicht bestätigt wurde (von Redaktionsmitgliedern) die Aussage, dass Finn Canonica bösartige höchst verächtliche Aussagen über Anuschka Roshani machte.» Dafür rückt nun ein weiterer Ex-Mitarbeiter ins Zentrum der Affäre: «Nachdem Prof. Dr. Peter Nobels Untersuchung im 2014 eine basale Lüge von Mathias Ninck zeigt, vorliegend Mathias Nincks Angaben nachweislich nicht stimmen, kann er nicht als glaubwürdige Quelle eingestuft werden.»

Ninck habe behauptet, Canonica habe eine Affäre mit einer Angestellten gehabt; diese Story wurde auch von Roshani im «Spiegel» erzählt und noch ausgeschmückt. Dazu der Bericht:

«Die Überprüfung von Mathias Nincks Angaben zeigen, dass schon die äusseren Eckpunkte seiner Schilderung nicht stimmen können.»

Der Bericht merkt weiter an: «Anuschka Roshani baut ihre Versionen ihrerseits stetig aus. Anreicherungen können Hinweise auf bewusste Lügen oder aber auf suggestive Einflüsse sein. Vorliegend fand mutmasslich eine Absprache von Mathias Ninck und eine Angleichung an seine Version statt.» Anscheinend soll Roshani solche Kontakte zuerst verneint, dann eingeräumt haben, um sich dann weiteren Antworten zu entziehen.

Auch in einem anderen Punkt bekommt Ninck gröbere Probleme: «Mathias Nincks Vorwurf, Finn Canonica habe eine Frauenbrust mit nach oben gerichteter Brustwarze auf dem Pult gehabt und diese jeweils – begleitet von zweideutigen Aussagen – vor weiblichen Bewerberinnen gestreichelt, geht ins Leere. Der fragliche plastische Chirurg bestätigte schriftlich, dass er Finn Canonica erst im 2018 – nach Matthias Nincks Zeit – ein Brustimplantat schenkte. Implantate sind nicht als Brust zu erkennen und haben insbesondere keine Brustwarzen.»

Und dann der Hammer:

«Die Untersuchungspersonen gehen nach dem Gesagten von Absprachen zwischen Anuschka Roshani und Mathias Ninck aus.»

Wenn sich das erhärten lässt, kann das für beide Beteiligten ohne Weiteres strafrechtliche Konsequenzen haben.

Ein weiterer schwerer Vorwurf gegen Roshani: Diverse Beweismittel, welche Untersuchungspersonen angefordert hatten, wurden nicht eingereicht. Zum Vorwurf, Canonica habe Roshani die «Ungefickte» genannt, steht im Bericht: «Ins Auge springt vorab die Verwendung der Terminologie. So äusserte Michèle Roten ursprünglich, Finn Canonica habe die «Untervögelte» gesagt. Anuschka Roshani sprach später von die «Ungefickte», worauf Michèle Roten, die als Einzige den Ausdruck hörte, ebenfalls auf «die Ungefickte» umschwenkte. Unbestritten ist, dass Michèle Roten und Anuschka Roshani sich austauschten.»

Eine Parallele zwischen Ninck und Roshani scheint darin zu bestehen, dass beide entlassen, bzw. freigestellt wurden. Ninck kündigte dann 2015 von sich aus, nachdem der damalige Untersuchungsbericht der Kanzlei Nobel seine Anschuldigungen in der Luft zerrissen hatte. Ein weiteres pikantes Detail aus dem Bericht ist die Verbandlung zwischen dem Chefredaktor der «Schweizer Familie» Daniel Dunkel als VR des Verlags «Kein & Aber», dessen Gründer, Besitzer und Geschäftsführer Peter Haag ist, der Ehemann von Roshani. Haag wiederum soll die Tamedia-Verwaltungsrätin Pascale Bruderer mit einem von seiner Frau zusammengestellten Dossier über Canonica versorgt haben, das sie in den VR trug.

Auch die Behauptung von Roshani, sich seit 2007 bei zuständigen Stellen gemeldet und beschwert zu haben, ist laut Bericht nicht belegbar. Mündlich korrigierte sie dann, dass die Meldungen zwischen 2012 bis 2015 stattgefunden haben sollen, allerdings telefonisch. Dem HR von Tamedia liegen dazu aber keine Unterlagen vor.

Wohlgemerkt wurde dieser Bericht vor den Entlassungen von Canonica und Roshani abgeschlossen. Laut Tamedia soll er ihr zur Kenntnis gebracht worden sein, sie bestreitet das.

Wenn man es als belegt erachtet, dass sich Roshani in einer Blindbewerbung um die von Canonica besetzte Stelle des «Magazin»-Chefredaktors bewarb, sich ab März 2022 krank meldete («ohne ärztliches Attest», wie der Bericht anmerkt), schliesslich mit Kündigungsfrist bis Ende 2022 entlassen wurde, um dann im «Spiegel» die ganz grosse Keule hervorzunehmen, kommt der nicht voreingenommene Betrachter zu einer klaren Schlussfolgerung.

Es hat im Verhalten von Canonica offensichtlich schwere Schnitzer gegeben, die auf jeden Fall geahndet werden mussten, wie das auch der Bericht vorschlägt. Allerdings spricht er von Coaching und Abmahnung, nicht von Entlassung.

Nochmals in einem ganz schrägen Licht erscheint das Schweigen der Männer, also der übrigen «Magazin»-Redaktoren. Sie waren und sind offenbar zu feige, sich zwischen einer Bestätigung der Vorwürfe von Roshani und einem Dementi zu entscheiden. Entweder hätten sie sexuelle Ausfälligkeiten ihres Chefredaktors geduldet – oder sie müssten einer Frau widersprechen, die das Narrativ der sexistischen Machokultur bei Tamedia bedient. Herausragend feige ist dabei Daniel Binswanger, früher eng mit Canonica und als Chefredaktor a.i. der «Republik» nicht mehr Lohnabhängiger von Tamedia.

Aber auch er schweigt, wohl um sich die Aussicht auf ein warmes Plätzchen nach dem möglichen Untergang seines jetzigen Brötchengebers nicht zu verscherzen. Was für ein Charakter.

Was allerdings Roshanis Anschuldigungen betrifft, kann ZACKBUM nur wiederholen: sollten sie sich als übertrieben, erfunden herausstellen, als Rache für gescheiterte Karrierepläne und eine Entlassung, dann ist die Dame als Journalistin erledigt und hätte der «Spiegel» neuerlich einen kleinen Fall Relotius an der Backe.

____________________

PS: Die Ereignisse überschlagen sich mal wieder. Wie abzusehen war, wurde nach dem Prinzip «Ene, mene, muh» ein Sündenbock bestimmt. Supino kann’s nicht sein, die beiden Geschäftsführer retteten auch ihre Haut. Also wurde der arme Arthur Rutishauser degradiert und auf den Posten des Chefredaktors der «SonntagsZeitung» runtergstuhlt.

Gleichzeitig wurden die beiden Co-Chefredaktoren des «Tages-Anzeigers» gespült. Von deren Existenz merkte sowieso niemand gross was. Nun ist Marco Stäuble neu «Inlandchef». Also ist dieses Ressort von abnehmender Bedeutung. Priska Amstutz kommt ins Abklingbecken «neues Projekt».

Das ist noch nicht so schlimm (ausser für Arthur). Aber jetzt kommt’s: Raphaela Birrer wird die neue Quotenfrau-Chefredaktorin. Die «ausgebildete Lehrerin» auf Primarschulstufe fiel in der Vergangenheit mehrfach durch so unqualifizierte wie rechthaberische Kommentare auf, sonst aber durch nichts. Offenbar ist Tamedia die Mantelredaktion auch zunehmend schnurz. Denn auch Kerstin Hasse, die unsichtbare Frau mit Blödel-Tweets und starkem feministischem Einschlag, ist ebenfalls in dieser Chefredaktion.

ZACKBUM drückt allen verbleibenden Redaktionsmitgliedern sein Mitgefühl aus. Ihr Trost kann nur sein: die nächste Sparrunde kommt bestimmt. Vorher wird das aber auf die Leber gehen!