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Die verdienstlosen Preisträger

Der «Schweizer Journalist» verlieh die Journalistenpreise. Welch unwürdiges Schauspiel.

Es war ein Anlass von Insidern über Insider mit Insidern. Aber dennoch fürs Publikum lehrreich. Der «Schweizer Journalist» verlieh Montagabend die Journalistenpreise in gefühlten 27 Kategorien. Ausgewählt wurden die Preisträger per Abstimmung, die Shortlist wurde von einer Jury erstellt.

Die Preisträger repräsentieren idealtypisch das Elend des Schweizer Journalismus. Als «Kulturjournalistin des Jahres» wurde Simone Meier ausgezeichnet. Was Meier mit Kultur zu tun hat? Ungefähr so viel wie «watson» mit Journalismus. Seit sie launig schrieb, dass Hitler Juden «gecancelt» habe, halten wir uns die Nase zu, wenn ihr Name genannt wird.

Hinter einem WoZ-Trio belegte Maurice Thiriet, der Chefredaktor von «watson», in dieser Kategorie den zweiten Platz. Als «Reporterin des Jahres» wurde Luzia Tschirky ausgezeichnet. Wohl dafür, dass sie es konsequent schafft, zur falschen Zeit am falschen Platz zu sein und sich eine schusssichere Weste überzustreifen, wenn die grösste Gefahr vom Strassenverkehr hinter ihr ausgeht. Der Preis «Wirtschaftsjournalistin des Jahres» ging an Patrizia Laeri. Verständlich, dass Lukas Hässig als Zweitplatzierter hinter ihr der peinlichen Ehrung fernblieb. Bei ihr darf die Frage erlaubt sein, was sie mit Wirtschaft und was sie mit Journalismus zu tun hat. Wahrscheinlich so viel wie «ElleXX» mit feministischer Geldanlage.

Es geht aber noch besser. «Recherchierjournalist des Jahres» wurde Fabian Eberhard. Wohl dafür, dass er bei einer seiner Recherchen nicht mal das Büro des Internetradios «Kontrafunk» aufspüren konnte. Und wenn Daniel Ryser von der «Republik» der «Gesellschaftsjournalist des Jahres» ist, dann ist Daniel Binswanger keine schreibende Schmachtlocke, sondern eine moralische Instanz. Konsequenterweise wurde die humorlose Brachialkomikerin Patti Basler «Kolumnistin des Jahres».

Das alles ist schwer zu toppen, aber es gelang. Denn die Laudatio auf den «Journalist des Jahres» Christof Gertsch vom «Magazin» hielt Mikael Krogerus, ebenfalls «Das Magazin». Anwesend waren im Weiteren Philipp Loser vom «Magazin» und Daniel Binswanger, Ex-«Magazin» und Chefredaktor a.i. der «Republik».

Nun wurde Gertsch vom Chefredaktor des «Schweizer Journalist», der zudem eine entlarvende Recherche zu den Vorgängen ums «Magazin» publiziert hatte, dezent gefragt, wie es denn so sei, wenn man selbst mal im Rampenlicht der Medien stünde. Da verstummte Gertsch, stammelte dann Unverständliches, um sich schliesslich zum Satz aufzuraffen, dass er dazu «aus tausenderlei Gründen» nichts sagen wolle. Die sanft-hartnäckige Nachfrage beantwortete er mit einem verdrucktsten «nein».

Aber immerhin sagte er damit einige Worte mehr als alle anderen Memmen vom «Magazin», die weiterhin eisern an ihrem Schweigegelöbnis festhalten und sogar den Augenkontakt mit dem anwesenden ZACKBUM-Redaktor tunlichst vermieden.

Wenn man zu einer Feier eingeladen ist, sollte man aus Respekt vor dem Gastgeber darauf verzichten, seinen Gefühlen zu ungehemmt Ausdruck zu verleihen. Aber diesen gebauchpinselten charakterlichen Mängelexemplaren zuschauen zu müssen, wie sie Preise abholten, wichtig taten und es gleichzeitig an einem Funken Zivilcourage vermissen liessen, das forderte schon einiges an Selbstbeherrschung ab, um ihnen nicht vor die Füsse zu spucken.

Inhaltlich hat der «Schweizer Journalist» dank neuem Chefredaktor durchaus an Format gewonnen. An würdigen Preisträgern muss noch schwer gearbeitet werden.

 

Wumms: Luzia Tschirky

Weit weg vom Schuss berichtet es sich angenehm.

Es ist nicht jedem (oder jeder) gegeben, ein Kurt Pelda zu sein. Der berichtet über den Ukrainekrieg aus der Ukraine, genauer aus Kiew. Viele westliche Medien haben sich aus Moskau zurückgezogen, als Russland drakonische neue Gesetze einführte, die nicht genehme Berichterstattung mit bis zu 15 Jahren Gefängnis bedroht.

Da gab auch die Schweizer Journalistin des Jahres Fersengeld, nachdem sie zuvor mutig in Schutzweste und Helm berichtet hatte. Nun kehren ARD und ZDF zum Beispiel wieder nach Moskau zurück, die Ukraine-Berichterstattung wird einfach woanders gemacht.

Es ist wohl unbestreitbar, dass Berichte über Russland schon von Moskau aus so eine Sache sind, schliesslich ist es das grösste Land der Welt mit 11 Zeitzonen bis hin nach Anadir und dem Ende von Sibirien.

Tschirky bereite sich nun ebenfalls auf eine Rückkehr aus der sicheren Schweiz vor. Allerdings nach Warschau, Polen. Distanz nach Kiew: 800 km; 9,5 Stunden. Nach Moskau: 1253 km, 16 Autostunden.

Das ist so sinnvoll, wie wenn man aus Warschau über Zürich oder Bern berichten wollte, ungefähr gleiche Distanz. Kann man machen, muss man nicht machen. Wirkt eher lächerlich. Aber immerhin, aus Warschau über Warschau und Polen berichten, das geht. Allerdings gibt es auch dort drakonische Gesetze, was die Berichterstattung über die polnische Beteiligung an der Judenvernichtung durch Nazideutschland betrifft.

Offene Fragen zum Fall Luzia Tschirky

Stimmt da alles?

Es war einmal im fernen Minsk, da lief Luzia mit zwei Freunden vergnügt durch die Innenstadt von Minsk. Die drei jungen Menschen waren auf dem Weg zu einem belarussischen Café. Sie blinzelten in die Mittagssonne. Am glücklichsten aber war Luzia. Normalerweise arbeitet sie für den Staatssender SRF. Aber heute hatte sie sich den ganzen Tag freigenommen. «Bald trinken wir leckeren Kaffee», freut sie sich und hakt sich bei ihren Freuden ein. Schmunzelnd ignoriert sie die Pfiffe der belarussischen Männer, die ihr hinterhergucken. Vor einer Strasse warten die drei Freunde, bis die dämliche Ampel endlich auf grün schaltet.

In diesem Moment bremst plötzlich ein schwarzer Minibus scharf vor ihnen. Ein Maskierter reisst die Türe auf und wirft das Trio in den Bus. Luzia ist ausser sich und schreit: «Ich bin eine Schweizer Journalistin! Hier, mein Journalistenpass! Lasst mich raus!» Aber njet da. Luzia und ihre beiden Freunde werden unsanft auf eine Polizeistation gebracht. Luzia schreit weiter: «Ich bin Angestellte vom SRF, ich bin Schweizerin, lasst mich raus!»

Luzia schreit so laut, dass sogar der Leiter der Polizeistation wach wird. Er kommt runter. Luzia brüllt ihn an: «Ich bin Schweizerin, ich will zu meinem Botschafter!» Der Leiter guckt sich Luzia an und versucht sie zu beruhigen: «Keine Angst, du kommst raus. Da ist die Türe, arrivederci.»

Endlich, nach drei Stunden Haft ist Luzia draussen und fährt gleich zur Botschaft. Dort wird sie schon von Claude empfangen. Der Botschafter mit Bauch weiss sofort, was man in diesen Fällen tut: Er holt schnell zwei Gläschen und füllt sie mit Vodka auf. Luzia ist wieder happy. Sie tweetet in alle Himmelsrichtungen und berichtet von ihrer Tortur.

So ungefähr soll am Sonntag der Krimi gelaufen sein. Es ist die Story von Luzia Tschirky, in einem Land fern von uns. Als die Nachricht tröpfchenweise an die Schweizer Journalisten gelangte, herrschte glückliche Alarmstimmung: Schweizer Blondine von russischen Horden gefangen und schliesslich freigelassen – was gibt es besseres bei diesem Scheisswetter?

Nun, die Sache ist wie immer etwas komplizierter. Offen bleibt die Frage, ob sie als Reporterin unterwegs war oder als Touristin. Im Interview mit SRF News sagt Tschirky, dass sie am Sonntag «privat in der Stadt unterwegs» gewesen sei. In der Tagesschau-Anmoderation heisst es aber: «Geplant war eine Schaltung und Analyse zu den Ereignissen.»

Sie soll mit zwei Bekannten in den Bus geworfen worden sein, erwähnt Tschirky immer wieder. Wer die waren und wie sie hiessen, verrät sie nicht. In Interview sagt sie: «Ich hoffe, meine Bekannten kommen rasch wieder frei.» Helfen würde definitiv eine Bekanntmachung der Namen. Das würde den Druck auf die Behörden erhöhen. Oder: es handelt sich um polizeibekannte Protestler. In dem Fall wäre Tschirky fahrlässig reingetappt. Ob das immer noch mutig gewesen war, ist eine zweite Frage.

Auch wer sie schliesslich aus der Polizeihaft befreite, ist unklar. In der «Tagesschau» sagt sie: «Auf der Polizeistation sass ich mehrere Stunden. Da kam der Leiter der Polizeistation und rief mir zu: «Du, komm her.» Er sagte mir dann, der Schweizer Botschafter sei jetzt hier, ich könne mit ihm mitkommen.» Auf srf.ch sagt sie: «Irgendwann kam eine Frau vom Migrationsdienst und meinte, mir würde nichts geschehen. Dann durfte ich gehen» Wer hat Tschirky denn nun erlöst? Der Herr Polizeileiter oder die Frau Migrationsdienst?

Die Fragen bleiben ungeklärt «SRF ist sehr froh, dass Luzia Tschirky schnell wieder freigekommen ist. Auf Ihre Fragen gehen SRF und Luzia Tschirky nicht weiter ein.» Wir sind ja auch glücklich, dass Tschirky wieder draussen ist. Beim nächsten Mal sollte sie sich dreimal überlegen, mit wem sie wann und wo einen Kaffee trinken will.