SRG düpiert Bundesrat
Play Suisse, die Budgetvariante von Netflix, kämpft an mehreren Fronten.
Schon 190’000 Nutzer bei Play Suisse, jubiliert die SRG auf Anfrage von ZACKBUM.ch. Die SRG ist vom bisherigen Erfolg des selber entwickelten Streaming-Angebots überzeugt. Trotz Spardruck schaffte man dafür 17 neue Stellen und gibt jährlich 5 Millionen Franken aus. Doch sind 190’000 registrierter Nutzer nach gut 2,5 Monaten Betrieb ein Erfolg? Eine Loginpflicht, die man den privaten Anbietern abgeschaut hat, sorgt für Irritationen. Von diesem obligatorischen Einloggen bei SRG hält selbst der Bundesrat gar nichts. Das freilich kümmert die Macher von SRG und SRF nicht. Doch davon später. Weil Play Suisse nicht kompatibel für alle TV-Geräte ist, scheinen aktuell 190’000 registrierte Nutzerinnen und Nutzer fairerweise gar nicht so wenig. Eine ZACKBUM-Umfrage ergab 2020, dass sich bei Blick 230’000 Personen registrieren liessen, bei der TX-Group 400’000 Leute. Doch das ist fast gar nichts verglichen mit Netflix. Aktuell haben 1,8 Millionen Schweizerinnen und Schweizer ein solches Streaming-Abo. Im September 2020 waren in der Schweiz über 2800 Filme und gegen 1500 Serien abrufbar.
Und das Angebot bei SRG?
Dagegen ist die Bilanz von Play Suisse überschaubar. Waren zum Start am 7. November erst 600 Filme abrufbar, sind es mittlerweile 1300. Exklusivitäten gibt’s aber keine. Höchstens, dass man die Miniserie «Frieden» auf Play Suisse schon von Anfang an komplett angeboten bekam. Aber das ist doch genau das, was der Bundesrat nicht will.
Bundesrat wünscht sich freien Zugang
In einer Antwort auf einen Vorstoss von Nationalrat Michael Töngi (Grüne) schrieb der Bundesrat 2020:
«Für den Bundesrat ist die allgemeine Zugänglichkeit der Inhalte eine Grundvoraussetzung des Service public der SRG. Das heisst, dass Nutzerinnen und Nutzer auch ohne Login Zugang zu sämtlichen aus der Abgabe für Radio und Fernsehen (mit)finanzierten Inhalten der SRG haben müssen.»
Bemerkenswert ist, dass die SRG diese Vorgabe schnöde negiert. Auf Anfrage geht die SRG nicht auf die Frage ein. Sie klaubt einen Nebenaspekt aus der Bundesratsantwort heraus: Es sei «darüber hinaus SRG unbenommen, ihren Nutzerinnen und Nutzern Mehrwerte oder Zusatzdienste anzubieten, für die ein Login Voraussetzung ist. Ein entsprechender Mehrwert könne zum Beispiel eine Empfehlung für ein Programmangebot aus einer anderen Sprachregion sein.»
Man kann natürlich alles zu seinen Gunsten auslegen und interpretieren. Trotz äusserst knappen Resultaten an der Urne über die Zukunft der SRG scheinen alle Versprechen vergessen. SRG gibt sich trotz den Zwangsgebühren wie ein privates Unternehmen. Und verspricht, dass die erhobenen Daten «weder extern geteilt noch kommerzialisiert» werden. Doch wählen kann der User trotzdem nicht. Entweder Daten angeben oder draussen bleiben. Zur Erinnerung: Beim «Blick» zum Beispiel ist das Login immer noch freiwillig. Bei watson.ch wird’s gar nie eine Login-Schwelle geben.
Die SRG und ihr Login. Das wird in Bundesbern sicher noch zu reden geben. Denn die Diskussion im Nationalratssaal zum Vorstoss Töngi wurde bisher vertagt.
Warum überhaupt ein Login?
Eine Sprecherin von SRG sagt zur Loginpflicht, man habe diese erstellt, da die Plattform auf Personalisierung und Empfehlungen setze.
«Dank einem Login lernt Play Suisse die Vorlieben ihrer Zuschauer kennen und bietet ihnen in der Folge Inhalte, die für sie spannend sind.»
Das tönt nach Bevormundung. Davon will die Sprecherin aber nichts wissen: Kern von Play Suisse sei das regionenübergreifende Angebot: «Um Nutzerinnen und Nutzer mit relevanten Inhalten zur versorgen, ist Personalisierung entscheidend.» Dazu brauche es ein Login. Das ermögliche darüber hinaus Funktionalitäten, wie sie heute Standard und ein «Muss» seien. So sei die einfache Nutzung von Play Suisse über verschiedene Geräte hinweg oder auch persönliche Angebotslisten möglich. Dumm nur, dass Play Suisse bei weitem noch nicht auf allen Geräten läuft. Die App ist nicht wie Netflix auf jedem TV-Gerät abrufbar und auf Tablets gibt’s ebenfalls Probleme. Warum SRG deshalb nicht mal zugewartet hat mit der Registrierungshürde, ist eigentlich unerklärlich.