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Panzergeneräle

World gone wrong. Da hilft nicht mal das Dichterwort.

Setz dich hierher und hör zu. Das scheint Bob Dylan auf dem Cover seines Albums zu verlangen. Aber auch alttestamentarische Strenge nützt nichts im kriegsbesoffenen Wahnsinn des Jahres 2023.

Anscheinend hat der einzig bedächtige Staatsmann Olaf Scholz dem multiplen Druck nachgegeben und der Lieferung von Leopard-Panzern in die Ukraine zugestimmt. Es ist nicht bekannt, dass solche militärische Hilfe auch dem Jemen zuteil wird. Oder den Kurden, die in einem völkerrechtswidrigen Vernichtungskrieg vom NATO-Mitglied Türkei in Syrien in Grund und Boden bombardiert werden.

Aber das ist ja nur die Abteilung normale Heuchelei. Neutral bis jubelnd vermelden Schweizer Gazetten: «Deutschland gibt grünes Licht für Leopard-Panzer». So scheitert der «Blick» an der Herausforderung, auch noch Ukraine in den Titel zu quetschen. «Berichte: Deutschland liefert Leopard-Panzer an die Ukraine», tickert Tamedia auf Sparflamme. Ergänzt durch die Meldung: «Vor dem Hintergrund eines Korruptionsskandals in der Ukraine sind 5 Gouverneure und 4 Vize-Minister ihrer Ämter enthoben worden.» 

Die NZZ hält sich in den frühen Abendstunden noch bedeckt, vermeldet aber: «Brisante Wende bei den Waffenexporten: Schweiz soll für Lieferung von Munition und Panzern an die Ukraine Hand bieten.» Etwas begeisterter ist der «Blick», denn: «Seit Beginn des Ukraine-Kriegs sorgt der Bundesrat für Kopfschütteln im Ausland. Mehrfach lehnte er aus Neutralitätsgründen Anfragen für den Export von Rüstungsmaterial ab.»

Eine Nationalratskommission fordere nun aber: «So soll die Schweiz auf die Nichtwiederausfuhr-Erklärung verzichten, wenn «die Wiederausfuhr des Kriegsmaterials an die Ukraine im Zusammenhang mit dem russisch-ukrainischen Krieg erfolgt». Geht es nach der Kommission, tritt die Gesetzesänderung schon am 1. Mai in Kraft und wäre vorerst bis Ende 2025 befristet.»

World gone mad, aber versuchen wir es dennoch mit der Stimme der Vernunft. Sowohl deutsche wie Schweizer Gesetze verbieten den Waffenexport in Kriegsgebiete, auch via Drittländer, um diese naheliegende Lücke geschlossen zu halten.

An der Eindeutigkeit dieser gesetzlichen Bestimmungen ist nichts zu rütteln. Erst vor wenigen Monaten wurde das Kriegsmaterialgesetz der Schweiz noch verschärft. Aber seitdem haben sich vor allem Sozialdemokraten und Grüne in wahre Kriegsgurgeln verwandelt. Wie Schreibtischgenerale, Sandkastenhelden fordern sie lauthals die Lieferung von Waffen aller Art an die Ukraine.

Damit dort mehr und besser gestorben wird. Denn auch Panzer sollen überraschenderweise weder zum Schneeräumen, noch zum Transport von Getreide eingesetzt werden. Aber die Debatte, ob eine zunehmende Verwicklung in den Ukrainekrieg sinnvoll oder zielführend ist, müsste eigentlich gar nicht geführt werden.

Wenn rechtsstaatliche Grundsätze wie das Einhalten von Gesetzen noch irgend eine Bedeutung hätten. Der Bundesrat sorge für Kopfschütteln im Ausland, weil er sich an Schweizer Gesetze halten will? Wie verpeilt muss man sein, um einen solchen Satz zu schreiben?

Kriege werden nicht durch Panzer beendet. Sondern durch Verhandlungen. Kriege werden nicht durch Eskalation beendet. Sondern durch Verhandlungen. Einen Autokraten in die Enge zu treiben, der über das grösste Atomwaffenarsenal der Welt verfügt, ist keine gute Idee. Von einem möglichen Sieg der Ukraine zu schwadronieren, ist gemeingefährlich und fordert kaltherzig weiteres Leiden der ukrainischen Bevölkerung. Aus der sicheren Etappe.

Soll man denn der völkerrechtswidrigen und verbrecherischen Invasion durch Russland einfach zusehen? Soll man, genauso, wie man der völkerrechtswidrigen und verbrecherischen Invasion Jemens durch Saudi-Arabien zusieht. Wie man der verbrecherischen und völkerrechtswidrigen Invasion Syriens durch die Türkei zusieht. Oder eben nicht. Sondern indem man alles tut, damit Verhandlungen die Massaker beenden.

Aber in der Ukraine werden doch westliche Werte gegen russische Unwerte verteidigt, geht es um Freiheit und Demokratie gegen Knechtschaft und Autokratie. Hier treffen sozusagen Gut auf Böse, das Richtige auf das Falsche. Welch ein gerüttelter Unsinn. Die Ukraine war das korrupteste Land innerhalb der ehemaligen UdSSR, und das will etwas heissen. Die Ukraine ist das korrupteste Land Europas, und auch das will etwas heissen. In der Ukraine herrscht keine Freiheit und Demokratie, sondern ein autokratischer Präsident mit Günstlingswirtschaft, Pressezensur und Unterdrückung jeglicher Opposition.

Soll der Westen dafür eine atomare Auseinandersetzung riskieren? Soll die Schweiz dafür – und gegen das Kopfschütteln – ihre Gesetze über Bord werfen oder aufweichen?

Was soll man zu diesem Wahnsinn noch sagen? Kann’s der Dichter, der Lyriker, der Literaturnobelpreisträger, der schon über die «Master of War» sang, aber inzwischen eigentlich auch aufgegeben hat:

Feel bad this morning, ain’t got no homeNo use in worrying, ‹cause the world gone wrongI can’t be good no more, once like I did beforeI can’t be good, babyHoney, because the world’s gone wrong