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Die Leerformeln

Alles andere wäre zu kompliziert. Im Wegwerf-Journalismus.

Es gibt Begriffe, die eine gute Eigenschaft haben. Begegnet man ihnen, kann man die weitere Lektüre getrost einsparen.

Denn es sind polyvalent einsatzbare Hülsen, Platzhalter für: eigentlich ist’s komplexer, aber dafür fehlt Hintergrund, Hirn und Recherche.

  1. Lage eskaliert. Ob an einer Grenze, im Spital, im Streit, in einer politischen Auseinandersetzung: eskalieren bedeutet, etwas verschärft sich oder weitet sich aus. Warum, wohin? Zu kompliziert.
  2. Unter Druck. Die Leerformel schlechthin. Politiker, Firmen, Regimes, Regierungen, selbst die Natur, alles kann unter Druck geraten. Wer übt den aus, was bewirkt er? Zu kompliziert.
  3. Zwei voneinander unabhängige Quellen. Die Newsquelle überhaupt. Die bestätigen, behaupten, enthüllen, decken auf, kritisieren. Gibt es sie, sagen sie genau das genau so? Zu kompliziert.
  4. Ist kein Einzelfall. Der Klassiker unter den Leerformeln. Man beschreibt ein Beispiel, dann kommt der Aufschwung ins Allgemeine. «Nicht nur Peter L. (Name der Redaktion bekannt) leidet unter Transphobie. Genderforscher beklagen, dass ...» Ist es ein allgemeines Problem oder ein individuelles, gar erfundenes? Zu kompliziert.
  5. Wie Recherchen ergaben. Ein zur Leerformel herabgewürdigtes Wort. Ein Telefonat, kurz gegoogelt, gar copy/paste: eine wirkliche Recherche wäre zu kompliziert.
  6. Aus den von uns ausgewerteten Dokumenten geht hervor. Die Leerformel für: Uns wurden gestohlene Unterlagen zugespielt, die wir profitabel auschlachten. Aus welchen Motiven – zu kompliziert.