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Verregneter Sonntag

Die Sonntagszeitungen rufen: bleibt im Bett!

Ein mögliches Ende der Welt sieht so aus, dass alles gleichförmig zu Staub wird. Zuvor müssen sich aber viele Dinge konvergent entwickeln. Die Sonntagszeitungen machen da grosse Schritte in diese Richtung.

Denn die aktuellen Ausgaben von NZZamSonntag und SonntagsZeitung haben so vieles gemeinsam. Sie sind langweilig, uninspiriert und gleiten einem wie Staub durch die Finger.

Oder will jemand ernsthaft behaupten, das hier löse einen Kaufrausch aus?

Man könnte höchstens anführen, dass die Redaktion ihre Antwort auf die Titelfrage geliefert hat: so wenig wie möglich.

Da will die SonntagsZeitung nicht hintanstehen:

Noch zu gut, möchte man der Redaktion der SonntagsZeitung zurufen. Sonst würde sie nicht wagen, dafür auch noch Geld zu verlangen. Denn nach dem Kauf  fühlt sich der Leser ärmer.

Und mit Sauglattismus bedrängt:

Ist so ein Shutterstock-Foto wirklich gefühlt den halben Platz einer Doppelseite wert?

Dafür arbeitet die NZZamSonntag mit Uralt-Fotos, die wir schon längst vergessen haben – und nicht unbedingt riesengross nochmals sehen wollen:

Ach, das sind Äusserlichkeiten? Auf die inneren Werte komme es an? Ja, aber wo sind sie? Ein wenig englisches Königshaus und der Krebs, ein wenig SVP-Bashing, dann spürt man förmlich, wie dankbar die Redaktion für den Anschlag bei Moskau ist, und schon wandert der erste Bund ins Altpapier.

Auf der Debattenseite dann immerhin ein kleiner Aufreger. Die bereits mehrfach verhaltensauffällig gewordene Silke Mertins aus Berlin drischt im Nachgang auf Rolf Mützenich, den Chef der SPD-Fraktion, ein. Der hatte einen klugen Satz gesagt, beziehungsweise eine vernünftige Frage in den Raum gestellt: «Ist es nicht an der Zeit, dass wir nicht nur darüber reden, wie man einen Krieg führt, sondern auch darüber nachdenken, wie man einen Krieg einfrieren und später auch beenden kann

Das nimmt Mertins nun sehr übel: «Die Bemühungen der Partei, kein Verein von Putin-Verstehern zu sein, hat er auf einen Schlag pulverisiert.» Als Kronzeugin zitiert sie ausgerechnet die Waffenindustrie-Lobbyistin und Kriegsgurgel Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die am liebsten höchstpersönlich den Dritten Weltkrieg auslösen möchte. Die findet diese Idee eines Kriegsendes «skandalös». Für sie sei Mützenich «ein Sinnbild aller Verfehlungen deutscher Aussenpolitik». Dieses Flintenweib spielt Opposition gegen die eigene Regierung.

Aber Mützenich hatte laut Mertens schon immer ein völlig verpeiltes Weltbild; er gehöre «zu jenen in der SPD, die mit fast religiöser Inbrunst an die Ostpolitik der sozialdemokratischen Ikone Willy Brandt glauben». Sie meint damit wohl die Aussöhnung mit Polen und der Sowjetunion, die der Friedensnobelpreisträger vorantrieb und die BRD damit auf den Weg zur Wiedervereinigung brachte.

Nicht nur, dass Mützenich laut Mertens ein Ober-Putinversteher sei, er wird auch noch von allen falschen Leuten unterstützt: «Der Applaus, den Mützenich nun von der Rechtsaussenpartei AfD, von der Linken, dem Bündnis Sahra Wagenknecht und dann auch noch von Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder bekam, sind dabei auch nicht gerade hilfreich.»

Sagen wir so: dass Mertens gegen ihn keift, hilft dabei, seine Position als richtig zu beurteilen.

Und sonst? Es ist nicht sehr übertrieben, wenn man die Fortsetzung der «Verlagsserie» – also eine bezahlte Inseratekampagne von Rolex, die wie redaktioneller Inhalt daherkommt – als ein herausragend interessantes Stück bezeichnet. Bei dem Umfeld …

Ist man auf Seite 60, «Leserbriefe», angekommen, fällt der frühe Abschied nicht schwer.

Nicht viel anders geht’s einem bei der SonntagsZeitung. Ein kurzes Verweilen beim Artikel «Streit um Baba News eskaliert», wo Rico Bandle verdienstvollerweise bei den Hatern der Migranten-Plattform dranbleibt, die absurderweise Workshops gegen «Hate-Speech» anbieten. Dabei aber den Zugang streng reglementieren und islamische Judenfeindlichkeit in ihrem Feldzug für Palästina konsequent ausblenden.

Die NZZ hingegen halten die beiden Macherinnen für «gefährlich», weil sie von ihr kritisiert wurden, auch der sich um Integration verdient gemachte GLP-Grossrat Alain Pichard gerät in ihr Schussfeld, ihm unterstellt Baba News «offensichtliche Muslimfeindlichkeit». Da nie mit ihm geredet wurde, beschuldigt Pichard die Baba-News-Macherinnen, «eine gezielte Rufschädigung» begangen zu haben.

Ds ist wenigstens etwas Eigenständiges. Aber sonst? Was der NZZaS ihre Rolex ist, das scheint der SoZ der Verein Agentur C zu sein, der ein etwas schräges ganzseitiges Inserat geschaltet hat:

Irgendwie erinnert dieses Inserat an diese redaktionelle Horrorseite:

Da ZACKBUM weder religiöse, noch niedrige Gefühle verletzen möchte, verzichten wir zweimal auf einen Kommentar.

Und sonst? Was sonst? Gibt es denn keinen Trost? Doch:

Auch schleimen will gelernt sein: «Prinzessin, Mutter, Ehefrau – ein Mensch». Reza Rafi, Chefredaktor, Schmachtlockenträger, Ehemann – ein Schreiberling». Aber mit Ratgeber:

Gut, wir sind getröstet. Schlimmer geht immer.

 

Somnambule SoZ

Ein Grund für einen Winterschlaf.

ZACKBUM hat vielleicht in letzter Zeit das Schaffen zweier Sonntagsblätter etwas vernachlässigt. Beim «SonntagsBlick» wollen wir diese schöne Tradition auch fortsetzen. Gewisse minimale Anforderungen an Informationsvermittlung, Sprachbeherrschung und Durchdringung eines Themas sind Voraussetzung, um hier gewürdigt zu werden.

Schliesslich greifen wir auch nur in höchster Not zu «watson» oder der «Republik».

Also die SoZ. Sie macht’s einem aber auch nicht leicht:

Wer will hier schon aufblättern, wenn er nicht muss? Wir müssen, das ist unsere Berichterstatterpflicht. Eine Meldung auf der Front erregte allerdings unsere besondere Aufmerksamkeit: «Studierende können nicht mehr richtig Deutsch», klagt hier die SoZ. Wie wahr, denn das gilt in verschärftem Mass auch für Journalisten. Nur schon dieser Titel enthält einen gravierenden Fehler. Journalisten sind sozusagen Fehlende …

Die nächste Doppelseite hat die SoZ einem Thema gewidmet, dass wohl nicht einmal ihr Leserpublikum wirklich interessiert. Die Frage, welche Frauen denn nun die SP ins Rennen um den Bundesratssitz schickt, und was Irène Kälin dazu zu sagen hat. Nein, die Nationalratspräsidentin strebt nicht nach dem Amt einer Bundesrätin, sie will aber ein wenig die Wahlen aufmischen. Oder wie die SoZ formulieren würde, sie ist eine Aufmischende.

Aber immerhin, wir wollen gerecht sein, lasst uns gerecht Seiende sein, der entsprechende Artikel ist dann sogar korrekt betitelt: «Jetzt können sogar Studenten nicht mehr richtig Deutsch». Was uns aber als Fragende zurücklässt, wieso das auf der Front nicht auch möglich war. Wahrscheinlich hat diesen Titel hier einer der wenig zu korrektem Deutsch Fähigen gesetzt, während vorne ein politisch Korrekter am Werk war, sozusagen ein Verschlimmbessernder.

Aber auch hier kommt der Text nicht ohne Schäden davon. So ist von wieder von «Studierenden» und «Dozierenden» die Rede. Offenbar hat sich dieser falsche Gebrauch des Partizips Präsens mittels Gewohnheitsrecht Zugang zur normalen Schreibe verschafft.

Daher nochmal zum Mitschreiben. Auf Deutsch bezeichnet das eigentlich eher selten angewendete Partizip Präsens einen Zustand. Zum Beispiel das weinende Kind oder die liebende Mutter. Aber das Weinende oder die Liebende würde jemanden bezeichnen, der stetig in diesem Zustand verharrt.

Studierend ist jemand, während er studiert. Sollte er aber schlafen, dann ist es ein Schlafender, nicht mehr ein Studierender. Also ist diese Verwendung des substantivierten Partizips unsinnig. Falsch. Unpassend. Eine Quälerei, um dem nervigen «die Studenten und die Studentinnen» auszuweichen. Was ja dann alle non-binären und sich anderweitig sexuell Definierenden (!) ausschliessen würde.

Wohl oder übel, daran vergreift sich die Autorin nicht, zitiert sie eine Schulleiterin (immerhin keine Schulleitende) mit «Schülerinnen und Schüler». Aber, wieso ist es denn so weit gekommen? Da vermutet die Journalistin:

«Als Grund für das Deutschdebakel wird unter anderem die Verbreitung der sozialen Medien vermutet.»

Man kann hier allerdings auch eine gewisse Unsicherheit vermuten, wann es richtig wäre, Grund, wann Ursache zu verwenden …

Aber jetzt kommen wir – endlich – zu einem wichtigen, dramatischen, besorgniserregenden Thema. Ist es der Klimawandel? Nein. Der Ukrainekrieg? Nein. Die aufsteigende Weltmacht China? Nein, näher und schlimmer:

Furchtbar. Der Artikel folgt dem klassischen Aufbau. Ein Beispiel, der aufgelöste «Glarnerverein Basel». Ob die Welt dadurch schlechter wird, ob den Baslern und den Glarnern nun etwas Wichtiges fehlt, wir lassen es dahingestellt. Es bleiben nur noch Erinnerungen wie die, dass auch der «inzwischen verstorbene Alt-Bundesrat mit Glarner Wurzeln, Hans-Peter Tschudi, regelmässiger Teilnehmer des Glarner Kalberwurstessens im Mai war, einem Höhepunkt im Vereinsleben». Nun ist Tschudi vor doch schon 20 Jahren verstorben, also musste dieser Höhepunkt schon länger ohne ihn stattfinden.

Nach dem Beispiel folgt natürlich der Aufschwung ins Allgemeine, so seien auch «Hunderte Samaritervereine eingegangen». Schliesslich kommt noch der Fachmann zu Wort: «Soziologe Adrian Fischer forscht zum Thema freiwilliges Engagement.» Dazu gehören natürlich auch ein trauriges Bild und ein paar Kurven:

Blöd nur: es gibt weiterhin rund 100’000 Vereine in der Schweiz. Rund 40 Prozent aller Schweizer sind in der einen oder anderen Art Vereinsmeier (und -meierinnen, selbstverständlich). Natürlich war Corona dem geselligen Beisammensein nicht gerade förderlich, was wohl logisch ist.

Aber es geht nichts über den alten Dreisprung im Journalismus, wenn man sonst keine Themen hat. Ein Beispiel, dann eine Welle, der Experte ordnet ein, und tschüss.

Apropos, von einer besonderen Erfahrung des Jodlerclubs Walzenhausen berichtet die SoZ auch. Zu afrikanischen Klängen hatte sich ein Jodler das Gesicht schwarz geschminkt und trat im Baströckchen auf. Logisch, bleibt so etwas heutzutage nicht ungefilmt und unbemerkt, also entwickelte sich daraus flugs «Blackfacing – Jodlerverein sorgt für Rassismus-Eklat». So titelte das sonst zurechnungsfähige «20 Minuten», die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Solche zugegebenermassen etwas unsensible und geschmacklose Aktionen setzen natürlich auch kein Zeichen gegen das Vereinssterben.

Ein kurzer, seltener, aber sehr erheiternder Lichtblick ist aber wie fast immer Peter Schneider:

Dann wird’s allerdings wieder düster, wenn die berüchtigten «Investigativjournalisten» von Tamedia ihre mit vielen Konjunktiven, anonymen Quellen und Vermutungen gespickten Märchenstunden abhalten.

Auch hier ist der Aufbau eigentlich immer der gleiche. Zuerst ein kleiner Kracher, dann schwer nachlassen. Der Kracher: ««Hören Sie, es ist sehr gefährlich, darüber zu reden … physisch gefährlich», sagt der Mann. «Vielleicht nicht hier in der Schweiz, aber in anderen Ländern.» Dann legt er auf.»

Nach diesem rasanten Einstieg, bei dem man bewundern muss, wie todesmutig sich Sylvain Besson und Oliver Zihlmann in die gefährlichen, lebensbedrohenden Abgründe russischer Oligarchen und von Putins Umfeld begeben, lässt es aber wie bei einem schlechten Bond-Film dramatisch nach.

Denn nun regiert der Konjunktiv, der Vermutungs-, Behauptungs- und Schmierenjournalismus, mit diesem raunenden Sound, dass alles eigentlich ganz abgründig und schlimm ist. Sei. Sein könnte.

Nun stapeln sich die «In den USA und in Europa laufen inzwischen die Ermittlungen, … leicht sind die Nachforschungen nicht … Recherchen der SonntagsZeitung zeigen nun … 2016 wurde Chudainatow offenbar Kunde bei … deshalb wird im Westen und von russischen Oppositionellen vermutet … so soll die Scheherazade ein Geschenk einflussreicher Oligarchen an Wladimir Putin sein … auch deutsche Ermittler bringen die Yacht mit dem russischen Präsidenten in Verbindung … der Zusammenschluss internationaler investigativer Journalisten OCCRP sieht wiederum … wird in Verbindung gebracht … Boris F. hat einen Bruder in Monaco …»

Selbst die manchmal etwas fahrlässige Dokumentation des «Spiegel» würde bei einer solchen Anhäufung von Geschwurbel, Vermutungen, Behauptungen, Räuberpistolen und Mutmassungen sagen: ein John Le Carré schrieb zwar fiktive Spionagekrimis, aber so einen Schwachsinn hätte der sich nie getraut zu veröffentlichen.

Die ganze Story profitiert von zwei Dingen. Erstens, Oligarch, Luxusjacht, Putin. Sonst noch Fragen? Und zweitens: alles Geraune spielt sich im gegendarstellungsfreien Raum ab.

Und als Absackerchen noch diese merkwürdige Behauptung:

Man frag sich schon, was für Freundinnen Tina Huber hat.

Aber gut, ZACKBUM ist mal wieder dringend auf milde Gaben angewiesen. Oder müssen wir uns die Flaschen wirklich aus dem eigenen Sack bezahlen, die wir nach diesem Martyrium zur Wiederherstellung brauchen?