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Zu heiss gebadet?

Wassersparen für Blödis.

Es ist die Aufgabe von Qualitätsmedien, Dinge einzuordnen. Situationen zu analysieren. Sinnvolle und praktikable Ratschläge zu erteilen. Im Prinzip.

Zurzeit überschlagen sich Massenmedien mit Spartipps beim Wasserverbrauch. Duschen statt baden, logisch. Früchte und Gemüse in Schüssel waschen. Hätten Sie nicht gedacht. Wassersparender Duschkopf. Beim Rasieren, Zähneputzen und Einseifen der Hände Wasserhahn abstellen. Vorwaschprogramme meiden.

Noch sparsamer ist man, wenn man auf die Beheizung von Wasser verzichtet. Also ideal wäre eine Morgenroutine, indem man sich kurz unter die aus dem Sparduschkopf tröpfelnde kalte Brause stellt. Benetzen, abschalten, einseifen, kurz abspülen. Schliesslich sollte man dann frisch und munter sein. Noch sparsamer wäre natürlich, völlig auf die Dusche zu verzichten. Schliesslich ist die Versorgung jeder Wohnung mit fliessendem Wasser eine relativ neue Erfindung, und früher ging’s auch ohne.

Bei diesem edlen Tun unterstützen uns ausgesuchte Werbesujets von Werbern, bei denen allerdings die Befürchtung besteht, dass sie mehr als einmal zu heiss gebadet haben:

Solche Aufnahmen gelingen mit einer Wärmebildkamera, was sich natürlich jedem Betrachter sofort erschliesst, wenn er die rote Brühe sieht, die aus dem Wasserhahnen quillt. Ob deswegen allerdings auch nur ein einziger Konsument ein schlechtes Gewissen hat, wenn er aus einem Schaumbad steigt?

Wie auch immer, das ist das hysterische Gefuchtel im Sparwahn.

Dem könnte nun, aber nur theoretisch, die Einordnung gegenüberstehen, dass wir sowieso in den letzten Jahrzehnten ein Viertel des Wasserverbrauchs eingespart haben. Wir also nicht ständig immer mehr Wasser verbrauchten, bevor uns diese und ähnliche Kampagnen zum Sparen aufforderten.

Dem könnte man, aber nur theoretisch, die Einordnung gegenüberstellen, dass der überragende Anteil am Wasserverbrauch nicht in Privathaushalten stattfindet. Sondern natürlich in der Landwirtschaft, die 70 Prozent am Gesamtverbrauch verursacht. Dann kommen Elektrizitäts- und Wärmekraftwerke, die Industrie und ganz am Schluss die Haushalte. Sie sind für schlappe 10 Prozent zuständig.

Nun könnte sich der den wichtigsten Grundrechnungsarten mächtige Redaktor fragen, wo es dann wohl am meisten Sinn macht, Spartipps herabregnen zu lassen. Wir geben ihm eine Stunde Zeit, durch Kopfkratzen, tiefes Grübeln und unter Verbrauch einiger Tassen Kaffee sowie im zugigen Aussenbereich genossenen Zigaretten herauszufinden, was die richtige Antwort auf diese Frage wäre.

Na, hören wir da die ersten Wortmeldungen? Nicht? Schweigen? Dabei weiss selbst der «Walliser Bote»: «Klar ist, dass bald jeder Tropfen Wasser zählt.» Allerdings geht er diesen Weg nicht logisch zu Ende, indem er die Anstellung von Regentropfenzählern fordert. Dass zudem in einigen Gazetten des Wanner-Clans vermeldet wird, dass beispielsweise in Erlinsbach der Dorfbrunnen wieder in Betrieb genommen wurde, ohne in einem Kommentar dieses frivole Tun zu geisseln, zeugt davon, dass die Medien ihrer Wächterfunktion immer weniger nachkommen.

Aber immerhin, das «Oltener Tagblatt» glänzt mit dem Ruf «zurück zur Natur». Denn dort weiss Andrea Weibel: «Auf der Alp war das Strom- und Wassersparen einfach. Damals – das ist mittlerweile schon zehn Jahre her, ich fass es kaum – habe ich gelernt, dass zehn Liter Wasser reichen, um ausgiebig warm zu duschen, inklusive Haarewaschen. Das ging so: Die Giesskanne habe ich vom Brunnen mit neun Litern eisigem Quellwasser gefüllt. Dazu kam ein Liter siedendes Wasser, erhitzt auf dem Holz-oder Gasherd.»

Davon kann sich nun jeder ein paar Wassertropfen von abschneiden.