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Alles eine Frage der Effizienz

Heute wird es voll betriebswirtschaftlich. Eine Analyse des Stellenabbaus bei den Medienhäusern.

Von Kurt W. Zimmermann*

Die Frage war nur noch: Sagen wir es unseren Mitarbeitern vor Weihnachten, oder warten wir aus Pietät etwas zu?

TX Group, die frühere Tamedia, und CH Media sagten es ohne Umschweife: 85 und 150 Stellen werden hier abgebaut. Ringier wartete bis nach Neujahr, um den Abbau von 75 Stellen zu kommunizieren.

310 Stellen weniger in den drei grössten Verlagen der Schweiz. Es ist, in der Kombination, die bisher grösste Sparübung der Branche. Bei Stellenabbau ist das entscheidende Kriterium, wie sich der Umsatz pro Mitarbeiter entwickelt hat. Zu diesem Kriterium der Effizienz kommt man in drei Schritten.

Betrachten wir im ersten Schritt, wie sich die Mitarbeiterzahl (MA) bei den führenden Verlagen Ringier Schweiz, TX Group, CH Media und NZZ-Gruppe seit 2017 entwickelt hat, wobei wir bei CH Media jeweils die Zahlen von 2018 heranziehen, weil die Firma erst dann gegründet wurde. Zum Abgleich stellen wir die öffentliche SRG daneben.

Mitarbeiterzahl (MA)

2017 2022 +/–

Ringier CH 3006 2358 – 22 %

TX Group 3261 3380 + 4 %

CH Media 2000 1800 – 10 %

NZZ-Medien 800 821 + 3 %

SRG 4975 5518 + 11 %

Interessant ist der Fall Ringier Schweiz, also ohne die Aktivitäten in Osteuropa. Ringier hat hier in kurzer Zeit 650 Stellen abgebaut. CEO Marc Walder hat einen vorzüglichen Job gemacht und dies geschafft, ohne dass die Schnitte in Öffentlichkeit und Medien ein Thema geworden wären.

Auch bei CH Media fiel die Mitarbeiterzahl. Die Firma entstand aus der Fusion der AZ Medien mit den Regionalmedien der NZZ und beseitigte Doppelspurigkeiten.

Die TX Group und ihr Chef Pietro Supino andererseits, die als Sparteufel gelten, haben an Mitarbeitern zugelegt, unter anderem durch den Kauf der Basler Zeitung.

Und natürlich ist der Personalbestand bei der SRG seit 2017 explodiert, wenig erstaunlich, wenn die Kosten vom Steuerzahler gedeckt werden.

Betrachten wir im zweiten Schritt nun, wie sich die Umsätze der Medienunternehmen entwickelt haben.

Ertrag (in Mio. Fr.)

2017 2022 +/–

Ringier CH 798 643 – 19 %

TX Group 974 925 – 5 %

CH Media 448 430 – 4 %

NZZ-Medien 213 247 + 16 %

SRG 1595 1549 – 3 %

Fast alle Medienunternehmen verzeichnen sinkende Erträge, am meisten bei Ringier. Es ist überall die Folge des gesunkenen Werbevolumens. Ausnahme ist die NZZ . Sie setzt auf das Geschäftsmodell Publizistik und dadurch auf Einnahmen aus dem Lesermarkt. Das macht sie weniger abhängig vom Anzeigengeschäft.

Im dritten Schritt ergibt sich nun der Umsatz pro Mitarbeiter. Es ist die Kennzahl für die Effizienz eines Unternehmens.

Umsatz pro MA (in Fr.) 2017 2022 +/-

Ringier CH 265 000 273 000 + 8000

TX Group 304 000 274 000 – 30 000

CH Media 224 000 239 000 + 15 000

NZZ-Medien 266 000 301 000 + 45 000

SRG 320 000 280 000 – 40 000

Auffallend ist zuerst einmal, wie ineffizient die TX Group geworden ist. Ein Sparprogramm von Tages-Anzeiger bis 20 Minuten ist darum unausweichlich.

Unproduktiv ist im Vergleich besonders die CH Media. Sie ist es auch darum, weil sie über zwanzig Radio- und TV-Sender betreibt, wo die Margen schlecht sind. Generell sind die Kosten zu hoch, darum ist es folgerichtig, dass CEO Michael Wanner einen harten Personalabbau durchzieht.

Deutlich besser präsentiert sich die NZZ-Gruppe unter ihrem CEO Felix Graf. Auch hier wird zwar immer mal die eine oder andere Stelle eingespart, aber man kann das dank einer imposanten Effizienzsteigerung ziemlich locker nehmen.

Als Schlusspointe bleibt die SRG. Ihr Umsatz pro Mitarbeiter ist im freien Fall, weil immer mehr Angestellte das immergleiche Angebot produzieren. Es ist ein Absturz an Effizienz. Aber das scheint SRG-Chef Gilles Marchand egal zu sein.

Effizienz im freien Fall: Immer mehr Angestellte produzieren bei der SRG das immergleiche Angebot.

*Die Kolumne erschien zuerst in der «Weltwoche» Nr. 3/24. Mit freundlicher Genehmigung des Autors.

Ja zu TV-Sparmassnahme

«Blick» würde titeln: «SRG zittert».

61 Prozent aller Stimmbürger würden Ja zur Initiative «200 Franken sind genug» sagen. Damit soll die jährliche Zwangsabgabe für den Gebührensender SRG auf 200 Franken (statt 335 aktuell) gesenkt werden.

Dass Anhänger der SVP und der FDP haushoch dafür sind, ist kein Wunder. Aber auch bei der «Mitte» ist eine Mehrheit von 54 Prozent dafür, selbst bei GLP (41 Prozent), SP (35 Prozent) und sogar Grüne (29 Prozent) sind bedeutende Minderheiten damit einverstanden.

Zudem sorgt die SRG gerade für Negativ-Schlagzeilen am Laufmeter. Die Reaktion auf die von Kurt W. Zimmermann enthüllte Tendenz von SRF Meteo, viel zu hohe Temperaturprognosen abzugeben – versemmelt. Die unselige Tradition des «Club», bei kontroversen Themen nicht den Verursacher der Kontroverse einzuladen (Glarner, Zimmermann) – sogar vom eigenen Ombudsmann scharf gerügt.

Der Nepotismus, die unverschämten Gehälter (die Führungscrew verdient für mässige Leistung mehr als ein Bundesrat), die aufgeblähte Administration (für jeden journalistisch Tätigen gibt es zwei Sesselfurzer), die letztlich doch eher amateurhafte Performance, bei der selbst kleine Privat-TV-Stationen professioneller daherkommen – das TV-Monster ist in Erklärungsnot, wieso es nicht abspecken könnte.

Und nun diese Umfrage, veranstaltet von «20 Minuten» und Tamedia. Fehlerquote +/- 4 Prozent. Natürlich ist es häufig so, dass Initiativen in der Anfangszeit hohe Zustimmunfgsraten haben, die dann im Endspurt niedergekämpft werden. Dafür wird schon mal die SRG selbst besorgt sein, obwohl sie natürlich höllisch aufpassen muss, dass man ihr nicht vorwerfen kann, in eigener Sache parteiisch zu sein. Auf diesen Drahtseilakt sind wir schon jetzt gespannt.

Die NZZ hat sich bereits deutlich für die Initiative ausgesprochen. Tamedia, CH Media und Ringier sind sich noch nicht sicher. CH Media müsste eher an einer Schwächung der SRG interessiert sein – als Besitzer des mit Abstand grössten Konglomerats von privaten TV- und Radiostationen. Bei Tamedia wird entscheiden, ob der Anti-SVP-Reflex stärker ist als die Vernunft. Und Ringier ist als Vermarkter der TV-Werbung nicht ganz unparteiisch.

Ob der auch hier überforderte SRG-Generaldirektor Gilles Marchand (Gehalt rund 540’000 Franken) mit seiner Generallinie durchkommt? Er behauptet, die Initiative sei «eine Attacke auf die Schweiz», er behauptet, die Hälfte des Programms müsse gestrichen werden bei Annahme. Beides blühender Unsinn, aber im Gefälligkeitsinterview des Mikrophonständers vom «SonntagsBlick» stiess er auf wenig Widerworte.

Allerdings: Abstimmungstag dürfte erst Anfang 2025 sein. Viel Zeit für alle Pfründenbewahrer, die Stimmbürger zu beeinflussen. Aber auch viel Zeit, weitere Fehler und Flops zu produzieren …

 

Prima Klima

Der «Club» schafft sich ab.

Das geht so nur bei SRF. Wenn die Leiterin einer Sendung dank Verbandelung mit ihrem Chef unangreifbar ist (unkündbar ist man bei SRF sowieso, ausser man stiehlt silberne Löffel oder sagt etwas Böses über die Chefs), dann sinken Niveau und Einschaltquote dramatisch – ohne Konsequenzen.

Seit 2018 leitet Barbara Lüthi den «Club». Qualifikation: Frau vom Chef. Frau. Suchte neue Herausforderung. Resultat: Zuschauerdurchschnitt 2020 125’000. 2021 noch 101’000. 2022 klägliche 87’000. Ein Schwund von fast einem Drittel. Das führt nur beim Schweizer Farbfernsehen (oder beim «Blick») nicht zu dramatischen Konsequenzen.

Lüthi ist überfordert. Entweder grätscht sie hektisch bei ihr nicht passenden Meinungen rein, oder sie lässt ihr sympathische Meinungsträger ungeniert labern. Gerne macht sie auch Sendungen über Abwesende. So wurde der kantige SVP-Nationalrat Andreas Glarner durchgehechelt – er war nicht eingeladen, um sich allenfalls zu wehren.

Besonders peinlich wird es, wenn der eigene Sender zum Thema wird. Genauer die systematischen Fehlprognosen von SRF Meteo. Dass Thomas Bucheli dabei ist, das versteht sich von selbst. Dass die Nullnummer Elia Blülle vom klimaneutral inaktiven «Klimalabor» der «Republik» dabei ist: Gesinnungs-Gratis-PR. Reto Knutti hat seine Berufung als Klimawandel-Unke gefunden. Christof Appenzeller, Beamter und Direktor von Meteo Schweiz, neigt auch nicht zur Ausgewogenheit.

Also vier gegen eine. Denn richtig Contra gab eigentlich nur die NZZ-Journalistin Claudia Schwartz, die immerhin Bucheli mit hartnäckigem Nachfragen im wohltemperierten Studio etwas in Schwitzen und Rudern brachte. Obwohl sie, wie auch Lukas Rühli von «Avenir Suisse», nicht vom Fach ist.

Skandalös wurde die Sendung aber wieder durch eine Abwesenheit. Bekanntlich hat der Medienkritiker Kurt W. Zimmermann in der «Weltwoche» die ganze Debatte angestossen, indem er Bucheli & Co. mehrfach gravierende und systematische Fehlprognosen nachwies und sie mit viel besseren Vorhersagen der Konkurrenz verglich, womit das Argument «furchtbar kompliziert, verstehen nur Fachleute» flachfiel, obwohl es Bucheli gerne verwendet.

Als Sahnehäubchen verglich Zimmi dann noch die nächsten Fehlprognosen von SRF Meteo (bis zu 10 Grad zu hoch!) mit den Resultaten eines WeWo-Leserwettbewerbs im Vorhersagen. Die Leserschaft gewann haushoch. Also wäre es selbstverständlich gewesen, Zimmi (oder einen anderen Vertreter der WeWo) einzuladen. Oder deren Abwesenheit zumindest zu erwähnen oder gar zu erklären.

Aber doch nicht Lüthi. Die fand offenbar, dass Schwartz schon anstrengend genug werden könne. Und überhaupt, dem SVP-Schmuddelblatt «Weltwoche» eine Plattform geben? Niemals. Den nicht gerade auf den Mund gefallenen Zimmermann in der Sendung haben, wieder hektisch reingrätschen, gar lautstarke Duelle zwischen Moderatorin und Gast? Wieder mal offenkundig werden lassen, dass Lüthi trotz ganzer Vorbereitungscrew im Rücken nicht sattelfest ist, keine Autorität ausstrahlt, schnell einmal die Sendung nicht mehr im Griff hat? Niemals.

Hm, vielleicht wäre ja Jörg Kachelmann noch eine Möglichkeit gewesen. Ist immerhin vom Fach. Oder Thomas Matter, der als Initiant entschieden erfolgreicher ist als in seiner Funktion als DJ. Hat sich schliesslich auch über die Fehlprognosen aufgeregt. Angefragt, nicht gewollt? Aber nein; Zimmi sagt knapp «» auf die Frage, ob er wenigstens eingeladen wurde.

Dafür die Sendung weiter in die Bedeutungslosigkeit moderieren? Ungehindert und ungehemmt. Denn Lüthi weiss: ihr kann keiner.

«Blick» ist peino

Konzernjournalismus ist eine üble Sache.

Der Ringier-Verlag ist der SRG über die Werbeverwertungsgesellschaft Admeira herzlich verbunden. Früher war’s sogar ein Joint Venture, bis sich das Farbfernsehen zurückzog und seine Anteile an Ringier verkaufte.

Das bei einer Berichterstattung über TV-Themen anzumerken, nun, anständig wär’s. Nachdem der frischgebackene SoBli-Chefredaktor bereits beim SRG-Boss Gilles Marchand (Jahresgehalt rund 550’000 Franken) Mikrophonständer gespielt hatte und dem die verunglückte Gelegenheit gab, gegen die «200 Franken sind genug»-Initiative zu wäffeln, muss der «Blick» gut Wetter machen.

Denn eines der Aushängeschilder von SRF, Wetterfrosch Thomas Bucheli, ist in ein veritables Tiefdruckgebiet geraten. Ihm wurde mehrfach nachgewiesen, dass seine Temperaturprognosen konsequent und massiv (bis zu 10 Grad) von den gemessenen Temperaturen abweichen. Konsequent nach oben.

Als typische Beamtenseele meinte Bucheli zunächst, dass er diese Vorwürfe der «Weltwoche» als «absurd» abtischen könnte. Vor allem, dass insinuiert wurde, dass die Wurstigkeit gegenüber diesem Problem damit zu tun haben könnte, dass man im Staatsfunk keine Gelegenheit auslässt, die kommende Klimakatastrophe an die Wand zu malen, wies er «vehement» zurück.

Als das nicht reichte, entschuldigte er sich zu bester Sendezeit für die Fehlprognosen, behauptete aber weiterhin, dass das keine Absicht sei – und sehr, sehr schwer zu verbessern. Dabei eilte ihm Tamedia zu Hilfe und führte wortreich aus, dass solche Temperaturvorhersagen unglaublich schwierig seien, fast unmöglich.

Aber der grosse Elefant bleibt weiterhin in der Meteo-Zentrale stehen und wird fleissig ignoriert: wenn das so wäre, wieso gelingt es dann der Konkurrenz der 15-köpfigen Wetter-Crew regelmässig, viel präzisere Vorhersagen zu machen? BBC, Weather Channel, auch Kachelmannwetter liegen viel näher an den gemessenen Temperaturen. Immer.

Nun könnte man die einfache Frage stellen, wieso SRF Meteo – statt sich mit seinem wahnsinnig komplizierten Algorithmus ständig zu verhauen – nicht einfach die besseren Daten von der Konkurrenz übernimmt.

Aber der «Blick» doch nicht. Da muss Camilla Alabor, «Redaktorin SonntagsBlick», dran glauben und ihre Pflicht tun. Nämlich dem im Sturm stehenden Bucheli ein schützendes Dach bieten. Allerdings verhaut sie sich geradezu SRF Meteo-mässig gleich am Anfang:

«Thomas Bucheli (66) war sichtlich aufgewühlt.» Vielleicht war auch Alabor aufgewühlt, der Mann ist 62 Jahre alt. Oder sie hat sich aus Solidarität nach oben verhauen. Dann bekommt der Aufdecker der Fehlprognosen eins vor den Latz: «Das rechtskonservative Magazin (gemeint ist die «Weltwoche», Red.) hatte der Wettersendung vor einer Woche unterstellt …»

Pfui, aber hier redet nun Bucheli: «Wir werden dafür sorgen, dass der Fehler korrigiert wird.» Das ist ihm allerdings bis heute nicht gelungen, wie Nachmessungen regelmässig ergeben. Inzwischen hat sich sogar oberpeinlich herausgestellt, dass das Kollektiv von rund 1000 WeWo-Lesern entschieden präzisere Vorhersagen macht als Bucheli mit seinem Algorithmus. Kurt W. Zimmermann hatte daher süffisant angeboten, dass doch zukünftig die WeWo den Wetterbericht übernehmen könne. Sei billiger und besser.

Aber auf solche Fiesigkeiten will «Blick» natürlich nicht eingehen. Dafür Vorhang auf für Bucheli:

««Die Vehemenz der Kritik hat mich überrascht.» Der Vorwurf der politischen Einflussnahme sei so skurril, dass er ihn nicht ernst nehmen könne, sagt Bucheli. «Es handelt sich um eine bedauerliche wissenschaftliche Fehlprognose, die aber keinen riesigen Schaden angerichtet hat.»»

Also alles in Ordnung, lasst den Mann doch einfach in Ruhe arbeiten. Aber nun muss das Ganze natürlich noch «eingeordnet» werden. Im besten Framing-Stil schreibt daher Alabor: «Die Angriffe von rechts auf die vielleicht unpolitischste Sendung – die Wetterprognose – zeigen: Auch in der Schweiz droht die Meteorologie zum Spielball der Politik zu werden.»

Pfui, gibt es etwas Unpolitischeres als Fehlprognosen? Aber für seinen geknödelten Auftritt mit Entschuldigung hat Bucheli natürlich fachfrauliches Lob verdient: «Für seinen handgestrickten Auftritt indes erhält Bucheli von einer Expertin für Krisenkommunikation gute Noten. Inhaltlich sei es richtig, dass SRF Meteo dem Thema in der Sendung grosses Gewicht gegeben habe, sagt Claudia Jenni (52) von der Agentur Kommunikationsatelier.» Hierbei handelt es sich um eine Zwei-Frauen-Klitsche, die sich darüber freut, mal in den Medien erwähnt zu werden.

Dann erweitert Alabor das Panorama des Schreckens zum Schluss:

«Diese Woche hat die SVP ihre Halbierungs-Initiative eingereicht, mit der sie die TV- und Radiogebühren von 365 auf 200 Franken senken möchte. Vor diesem Hintergrund dürften Angriffe auf das Schweizer Fernsehen in Zukunft nicht abnehmen. Ganz im Gegenteil.»

Aha. Konzertierte Aktion dieser Rechten mit ihren «Angriffen auf das Schweizer Fernsehen». Pardon, seit wann ist die berechtigte Kritik an erstaunlich konsequenten Fehlprognosen und bescheuerten Erklärungen, wieso das nicht anders sein könne, ein Angriff auf die SRG?

Und wann hatte das letzte Mal ein «Blick»-Artikel über die SRG etwas mit Journalismus zu tun?

 

 

 

Hitzestau

Heiss, heisser, am heissesten.

Das Problem einer Kampagne ist immer: irgendwann gehen die Superlative aus. Und der Bezug zur Realität völlig verloren.

Die Hitzekampagne ist ein sehr gutes Beispiel dafür. Seit Tagen wechseln wärmere Stunden mit wirklich kalten ab. Man muss nicht in den Hochalpen wohnen, um erfreut festzustellen, dass das Badezimmer am Morgen angenehm warm ist. Weil die Heizung eingeschaltet wurde.

Aber von solchen Nebensächlichkeiten soll man sich bekanntlich keine schöne Kampagne kaputtmachen lassen, sagt sich Tamedia (als Beispiel, der «Blick» ist schlimmer, CH Media weniger schlimm, aber auch):

«Seit Beginn der Aufzeichnungen», das ist gut, aber nicht gut genug. «Seit Jahrtausenden» ist schon besser. Aber der «jemals gemessene Juli» ist am besten. Oder man kann es auch so formulieren:

«Über die Wetteraufzeichnungen hinaus deuteten Befunde an Baumringen und in Eiskernen darauf hin, dass die aktuellen Temperaturen «in unserer Geschichte in den vergangenen tausend Jahren beispiellos» seien, fügte Buontempo hinzu. Dies gelte «wahrscheinlich» sogar für die vergangenen 100’000 Jahre.»

100’000 Jahre, das ist doch mal eine Strecke. Auch der UN-Generalsekretär ruft sich mal wieder in Erinnerung: «António Guterres erklärte in New York: «Die Ära der globalen Erwärmung hat geendet, die Ära des globalen Brodelns hat begonnen.» Er rief die internationale Gemeinschaft zu schnellem und radikalem Gegensteuern auf.»

Nun will sich ZACKBUM keinesfalls aufs Glatteis (oh, falsches Bild) der Debatte begeben, ob es den Klimawandel gibt, wenn ja, ob er menschengemacht und schädlich sei – oder nicht. Aber unsere Aufgabe ist die Medienkritik. Bei solchen Langfristangaben schwingt immer eine gute Portion Lächerlichkeit mit. Aber das ist halt Sauregurkenzeit im Journalismus, da greift der Redaktor gerne nach jedem SDA-Strohhalm und fackelt ihn dann gebührend ab.

Noch einen Tick absurder wird’s beim Wetterbericht. Also nicht bei jedem, sondern bei dem von SRF. Da hat Kurt W. Zimmermann in seiner WeWo-Kolumne einen hübschen Skandal offengelegt. Nein, dafür musste er nichts aufpumpen oder behaupten oder erfinden. Sondern schlichtweg die Temperaturprognosen von SRF-Meteo mit den Prognosen von Mitbewerbern vergleichen. Und da wird’s dann affenheiss:

Was das ist? Eben ein Skandal. Die erste Kolumne zeigt die tatsächliche Temperatur an diesen Orten am Dienstag dieser Woche. Die zweite die Prognose von SRF, die dritte von Kachelmannwetter und die vierte von der Benchmark «The Weather Channel». Fällt da etwas auf? Nein, na, dann probieren wir es hier nochmal, Zimmi sei Dank:

Ausser vielleicht, Sie sind SRF-Meteorologe, räumen Sie nun sicher ein: hm. Was für ein Zufall auch. SRF Meteo liegt immer, ausnahmslos, um bis zu 7 Grad über den tatsächlich gemessenen Werten. 7 Grad!

Nun könnte man noch einwenden, dass das halt sauschwierig sei, die Temperatur vorherzusagen. Das kann aber auch nicht stimmen, weil es Kachelmann und dem Weather Channel regelmässig gelingt, ziemlich genau die wirklichen Temperaturen zu treffen.

Natürlich weist der von Zimmermann dazu befragte Chef des vielköpfigen Wetterteams von SRF den «politischen Verdacht» als «absurd» zurück. Das sei alles vollautomatisch, man könne die Algorithmen gar nicht beeinflussen, behauptet Thomas Bucheli.

Der böse Verdacht von Zimmi ist natürlich, dass es sich hier um eine rot-grün motivierte Manipulation handle. Entweder verwenden Kachelmann und der Wetterkanal einfach viel bessere Berechnungsmethoden als der im Geld schwimmende Zwangsgebührensender. Oder aber, SRF verwendet Methoden, die nicht korrekt sind.

Merkwürdig ist dabei tatsächlich, dass das keinem der vielen SRF-Meteorologen auffällt. Diese gewaltigen Temperaturunterschiede, das ist doch etwa so, wie wenn Meteo regelmässig Starkregen mit Hagelschlag ankündigen würde. Und dann tröpfelt es etwas vom Himmel. Was andere Wetterdienste völlig korrekt vorhersagten.

Das lässt eigentlich nur drei Möglichkeiten offen. Entweder sind die Staats-Meteorologen schlichtweg unfähig und verwenden untaugliche Methoden. Das wäre hässlich. Oder aber, sie schrauben absichtlich und konsequent die prognostizierten Temperaturen nach oben. Das wäre noch hässlicher. Oder aber, sie wissen darum, dass sie ständig danebenliegen, die Konkurrenz hingegen nicht, es ist ihnen aber einfach egal. Das wäre am hässlichsten, was auch eine Steigerung bis zum Superlativ ist.

Stoppt Kummer!

Der Platz in der «Weltwoche» ist zu wertvoll dafür.

Immer, wenn der Autor Tom Kummer heisst, muss überblättert werden. Inzwischen fehlt sogar jeglicher Warnhinweis über seinen Storys, dass niemand garantieren kann, welcher Teil real, welcher erfunden und welcher schlichtweg geschwindelt ist.

Die aktuelle Ausgabe ist leider ein Negativ-Beispiel einer Negativ-Auswahl. Lobend muss allerdings vorangestellt werden, dass die WeWo und ihr Chefredaktor Roger Köppel die einzigen ZACKBUM bekannten Institutionen sind, die auch in den eigenen Spalten hemmungslose Kritik am Blatt und am Chefredaktor zulassen. Man stelle sich das einmal bei Tamedia, CH Media oder der NZZ vor, vom «Blick» ganz zu schweigen.

Aber nach dem Kompliment zur Dresche. Diesmal fängt es schon bei der Cover-Story an. Sahra Wagenknecht möchte «Frieden, Freiheit, Wohlstand für alle». Das ist wunderbar, Freude und Eierkuchen hat sie vergessen. Womit wir bereits bis Seite 14 überklettert hätten, ohne dass zuvor etwas aufgehalten hätte. Dann kann man «Meine Vision für Deutschland» überblättern, denn so schön (und bekannt) die auch sein mag: Wagenknecht wird nie die Chance bekommen, sie zu realisieren.

Dann weitere Seiten Erwartbares, daher Langweiliges, inklusive der unverwüstliche Václav Klaus, immer wieder gerne von Köppel angehimmelt, der sich in seinem Editorial an einem ganz Grossen versucht, nebenbei. Aber einen Überflieger über Friedrich Hegel zu machen, das ist nicht jedem gegeben. Immerhin, auf Seite 29 mokiert sich Kurt W. Zimmermann über das Phänomen, dass früher streng anti-amerikanische Linksjournalisten mit Vorliebe für China inzwischen zu Ami-Bewunderern und China-Kritikern denaturiert sind. Oder schlichtweg schon wieder zeigen, dass sie weder links noch rechts, sondern einfach haltlos opportunistisch sind.

Informationen über Mauersegler, mit Verlaub, gehen dem Leser genauso an einem gewissen Körperteil vorbei wie die unleserlichen Kolumnen von Anabel Schunke und Tamara Wern, die anscheinend Wernli heisst, aber beim schnellen Umblättern kann ich den Namen nie ganz lesen.

Ein Artikel über das Universalgenie Ziryab, immerhin, bereichernd. Wir sind bereits auf Seite 49, wo uns Michael Bahnerth mit der x-mal aufgewärmten Story über John Wayne angähnt. Dann darf Tom Kummer sogar zweimal, seine Reportage muss überblättert werden, aber seine Selbstbeweihräucherung im Feuilleton ist unerträglich. Denn die Edition Text + Kritik widmet sich dem literarischen Journalismus, und da kommt bedauerlicherweise auch Kummer vor.

Der kriegt sich kaum mehr ein und verwendet seine halbe Rezension darauf, den Leser mit seinem eigenen Werdegang zu langweilen. Völlig unerträglich wird es, wenn er schreibt, zum «literarischen Journalismus» gehörten auch seine «inszenierten Interviews». Mit seinen Fake-Interviews kippte er immerhin die Chefredaktion des Magazins der Süddeutschen aus dem Sattel, anschliessend wurde er zum Wiederholungstäter und wurde sogar von Köppel rausgeschmissen. Der muss aber ein erhöhtes Resozialisierungsbedürfnis haben, denn Kummer darf inzwischen wieder – bis zum nächsten Rausschmiss.

In diese Liga gehört auch das inzwischen regelmässig irrlichternde Pseudonym Pascal Morché, nebenbei. Was Häfligers Klatsch-Doppelseite, wo regelmässig Grinsbacken mit alkoholfreien oder alkoholhaltigen Getränken in die Kamera glotzen, in der WeWo zu suchen hat, erschliesst sich nicht, ebenso wenig bei den Kolumnen von David Schär oder Diana Schiftan. Da ZACKBUM kein Fan von Kreuzworträtseln ist, wär’s das schon.

Zeit zum Aufräumen, Frühjahrsputz, Kampf gegen die Langweile, Schubumkehr, wider das Erwartbare, das müsste doch, neben guter Laune, die neue Devise der guten, alten «Weltwoche» sein.

 

Schmieren-«Republik»

Jonas Projer soll weggeschrieben werden. Warum nur?

Ist der Ruf erst ruiniert, schreibt sich’s ungeniert. Das scheint das neue Motto des Hauptquartiers der unbelegten Unterstellungen zu sein. ZACKBUM fragte sich, wie es wohl gelingen könnte, das Niveau eines Artikels über eine angebliche Verschwörung von rechten Publizisten und Organen zu unterbieten. Schnell lieferte das Organ die Antwort: es geht.

Vor Kurzem rempelten zwei «Republik»-Schmierfinken rund 30 namentlich erwähnte Journalisten an, plus einige Organe. Keiner und keines bekam die Möglichkeit, zu den absurden Unterstellungen etwas zu sagen; nur mit einem einzigen der «Info-Krieger» wurde gesprochen. Allerunterste Schublade.

Im Tamedia-Konzern arbeitet sich Lohnschreiber Andreas Tobler am neuen Chefredaktor der NZZaS ab. Bevor der überhaupt sein Amt antrat, wusste Tobler bereits («widerspricht auch dem Qualitätsanspruch der «NZZ am Sonntag»), dass das so nicht gehe. Auch Kurt W. Zimmermann liess sich in der «Weltwoche» von einem bei Ringier gescheiterten Informanten mit Verleumdungsmaterial über Projer abfüttern und publizierte. ZACKBUM waren diese Behauptungen ebenfalls angeboten worden – wir verzichteten, da uns keine zweite Quelle dafür namentlich genannt wurde.

Nun hatte Tobler mit einem Verriss von Projer nachgelegt, mit liefergelegtem Niveau. Das brachte er zusammen mit Sandro Benini auch gegenüber der «Weltwoche» zum Einsatz. Dort wollte man einen Massenexodus von Kolumnisten herbeischreiben. Erwähnt wurde unter anderen Kriegsreporter Kurt Pelda. Dass der zuvor wegen unerträglichen Arbeitsbedingungen bei Tamedia gekündigt hatte (und von einem Sesselfurzer dort zum Abgang übel beschimpft wurde), das vergassen die aufrechten Mietschreiber zu erwähnen. Und wo gegen Projer geholzt wird, darf natürlich das Organ der Demokratieretter nicht fehlen.

30’000 Zeichen Häme unter dem Titel «Der Aufsteiger» sind’s geworden. Hier zeichnen Philipp Albrecht (Erweckungserlebnis nach «Blick») und Ronja Beck (vorher raus und rein bei der «TagesWoche») für ein Stück Kloakenjournalismus verantwortlich. Wes Geistes Kind er ist, bewies Albrecht schon bei seinem Abgang aus dem Club der Zürcher Wirtschaftsjournalisten. Nachdem dort ein paar Abstimmungen nicht so ausgegangen waren, wie es diesem Demokratieretter in den Kram passte, zog er sich schmollend zurück. Denn Demokratie macht ihm nur Spass, wenn sie in seinem Sinne funktioniert.

Die Jahresmitgliedschaft, obwohl geschuldet, zahlte Albrecht dann auch nicht, wieso sich an Vereinsstatuten halten, wenn man muff ist. Natürlich bekam er von ZACKBUM Gelegenheit, dazu Stellung zu nehmen: «Das habe ich völlig vergessen, vielen Dank für Ihren Hinweis, Herr Zeyer.»

Bare Münze, was anonyme Heckenschützen labern

Die «Republik» verwendet eine Methode, die in den Untiefen des Gerüchtejournalismus inzwischen offenbar anerkannt ist: «Die Republik hat mit zwei Dutzend Personen gesprochen, die mit Projer beruflich zu tun hatten oder immer noch haben.»  Nur: mit drei Ausnahmen haben die alle keine Namen. Sind also anonyme Heckenschützen, die aus dem einen oder anderen Grund gerne aus dem Dunklen austeilen möchten. Für einen Schmiereartikel sind das gute Lieferanten von Anekdoten, aber der Leser hat keine Ahnung, aus welchen Motiven sie Bösartiges über Projer verzapfen.

Zunächst wird sein Aufstieg, seine Karriere, sein Einsatz, seine Bekanntheit gelobt. Mehrfacher Preisträger beim «Schweizer Journalist», als dessen Preis noch etwas wert war. Man könnte kurz der Illusion verfallen, dass die «Republik» sich tatsächlich um ein aufrechtes Porträt bemüht. Aber wer das Magazin kennt, weiss, das dem nicht so ist, es handelt sich nur um einen angetäuschten Wangenkuss. Nachdem seine in der «SonntagsZeitung» enthüllte Auszeit nachgeplappert wird, wird die wahre Absicht enthüllt:

«Doch das ist keine Geschichte über die Erschöpfung des Jonas Projer. Es ist eine über Verführung, Macht­demonstrationen und falsche Erwartungen.»

Es wäre eine falsche Erwartung an die «Republik», dass sie selbst gröbere Anwürfe mit etwas anderem als anonymen Behauptungen belegen würde: «Bei kritischen Geschichten wird er zum Verhinderer. Ein Opportunist in der Sache, loyal nach oben. Mit Themen wie MeToo und Wokeness bekundet er Mühe. Sein Führungs­stil: fragwürdig bis problematisch. Das sagen mehrere Personen bei SRF, Ringier und der «NZZ am Sonntag».»

Die Autoren wissen, wie man mit einer kurzen Beschreibung eines Settings kräftig Stimmung gegen den Porträtierten machen kann: «Und doch ist Jonas Projer dort, wo er eben ist: ganz weit oben. Jetzt gerade im Büro des CEO der NZZ an der Falken­strasse, mit Blick auf See und Sechseläuten­platz. Aus den Lüftungs­rippen hinter uns weht seit zwei Stunden unablässig kalte Luft ins Büro. Vor uns Jonas Projer und eine Unternehmens­sprecherin. Zwischen uns drei Smart­phones im Aufnahme­modus.» Dazu noch: «Beim Gespräch im CEO-Büro funkelt unter dem Kittel die Rolex.»

Gernegross im Chefbüro, kalter Wind, traut sich nicht alleine, Kontrollfreak mit gleich drei Aufnahmegeräten, trägt Rolex. Trägt eine dieser Beschreibungen etwas Sinnvolles zum Verständnis des Porträtierten bei? Nein, deshalb wäre dieser Absatz – und nicht nur dieser – bei einem Qualitätsorgan gestrichen worden. Aber Qualität, das war gestern. Heute ist Häme.

Häme, Aufgewärmtes und Narrative

Und Aufgewärmtes. Wir lesen zum dritten Mal die Fake News, wie Projer eine Story von Peter Hossli über Bundesrat Berset verhindert haben soll. Wird durch die Wiederholung nicht richtiger, aber das nennt man das Setzen eines Narrativs.

Ein anderes Narrativ von Hämejournalismus ist, dass man den Porträtierten etwas sagen lässt, dem dann widersprochen wird: ««Blödsinn», sagt eine Person, die die «NZZ am Sonntag» inzwischen verlassen hat. «Ich kenne niemanden, der wegen der ‹Transformation› gegangen ist.»» Blödsinn ist es, selbst eine «Person», die in keinem Abhängigkeitsverhältnis zur NZZ mehr steht, nicht dazu aufzufordern, namentlich hinter ihre Aussage zu stehen. Aber eben, anonym macht mutig.

Wir kommen schon zum Höhepunkt der «Republik»-Story. Wieder wird Projer zitiert, mit seiner Kritik an Aspekten der «#metoo»-Bewegung: «Problem zwei: Anonym vorgebrachte Vorwürfe würden Täter schützen, Betroffenen selten helfen und «(jene) beschädigen (…), die zu Unrecht beschuldigt werden».» Den beiden Schmierfinken von der «Republik» fällt nicht einmal auf, dass das eine genaue Beschreibung ihrer Methode ist. Dazu reicht der IQ offenbar nicht aus.

Vom dreckigen Dutzend der angeblichen Gesprächspartner werden nur drei namentlich erwähnt. Projers stellvertretende Redaktionsleiterin bei der «Arena» und Peter Wälty. Franziska Egli ist des Lobes voll, Wälty, bei Ringier nicht zuletzt an Projer gescheitert, hält sich bedeckt und wird mit einer Nullaussage zitiert: «Aber was sicher ist: Der Typ war eine Challenge

Anonyme Giftspritzen machen sich dagegen Luft: «Frühere Mitarbeiterinnen beschreiben einen Journalisten, konstant vor der Überforderung. Einer, der sich nach oben verkaufen kann, dem aber mangels unternehmerischen Gespürs der Reifen platzt. Einer, der die Verantwortung für Fehler nach unten abschiebt, mit dem man keine Probleme haben will, Wider­worte kann er schon mal als Verrat am Projekt deuten.»

Und das soll ein Porträt sein?

Wunderbar auch die Beschreibung eines Vorgangs und seine absurde Verbindung mit einem bösartigen Angriff gegen Projer: «Damit die Schein­werfer keine unerwünschten Schatten auf das Gesicht des Chef­redaktors werfen, muss die Raum­höhe erweitert werden.»

Als Schlussknaller führen die beiden Schreiber noch einen angeblich stammelnden Projer vor.

Das soll ein Porträt sein? Ob diese Republikaner überhaupt wissen, was ein journalistisches Porträt ist? Ist bei  diesen 30’000 Zeichen irgendwo auch nur ein Hauch zu spüren, dass man sich um eine gerechte, anständige, umfassende, kritische, aber gerechte Darstellung eines Menschen in einer Führungsposition bemüht hat?

Wenn Positives erwähnt wird, dann nur, um die Fallhöhe deutlich zu machen. Wenn Projers Qualitäten erwähnt werden, dann nur, um sein Scheitern mit ihnen zu schildern. Wie heisst es so hämisch: «Zu Ringier kam Jonas Projer als Star. Heute ist vom Sternen­staub nicht mehr viel übrig.»

Auf die Welt kam die «Republik» mit volltönenden Ankündigungen von hochstehendem Journalismus. Davon ist nur Schmiere geblieben: «Wir recherchieren, fragen nach, ordnen ein und decken auf. Und liefern Ihnen Fakten und Zusammenhänge als Grundlage für Ihre eigenen Überlegungen und Entscheidungen.»

Nehmen wir diesen Artikel. Recherchiert wurde, indem anonyme Giftspritzen abgemolken wurden. Wenn die Zitate nicht gleich erfunden sind, statt einem Dutzend bloss vier Quellen befragt wurden – woher soll das der Leser wissen? Nachfragen, einordnen, aufdecken? Fehlanzeige. Fakten und Zusammenhänge? Fehlanzeige. Grundlage für eigene Überlegungen des Lesers? Was soll der nach diesem manipulativen-polemisch-demagogisch-einseitigen Artikel anderes überlegen als: Projer ist in jeder Beziehung eine Fehlbesetzung als Chefredaktor.

Fremdschämen des Lesers, billiges Bedienen von Narrativen, aufpumpen der eigenen Gesinnungsblase mit dem üblen Geruch anonymer Lästerer, zu feige, mit ihrem Namen einzustehen. Das ist von den grossartigen Ansprüchen am Anfang übriggeblieben.

 

 

 

Schweizer Journalist:ex

:in kann man streichen. Die Chefredaktorinnen gehen von Bord.

Es ist eine fortgesetzte Tragödie. Umso wichtiger Medienkritik wird, desto weniger Medienkritiker gibt es. Auf desto weniger Plattformen können sie sich äussern.

Die NZZ spülte ihren langjährigen Medienredaktor und anschliessend auch gleich die regelmässige Medienseite. Tamedia und CH Media widmen sich dem Thema nur sehr sporadisch, Ringier eigentlich überhaupt nicht.

Dann gibt es noch das sehr konfliktscheue persoenlich.com, die früher einmal professionell gemachte «Medienwoche», schliesslich den «Schweizer Journalist» und – last, but not least – ZACKBUM natürlich.

In den Mainstreammedien besteht das Problem, dass es innerhalb von Tamedia genauso wenig eine gute Idee ist, eigene Produkte zu kritisieren, wie das bei CH Media auch der Fall ist, ebenso in der NZZ. Dort rempeln in der NZZaS zwei Autoren regelmässig andere Medien an – natürlich niemals die eigenen.

Den steilsten Weg nach unten hat allerdings der «Schweizer Journalist» zurückgelegt. Markus Wiegand hebelte ihn auf die Landkarte und überzeugte zehn lange Jahre mit Sachkompetenz, einer spitzen Feder und guten Ideen wie die Preisverleihung des Journalisten des Jahres. Dann schwirrte er zu höheren Aufgaben Anfang 2016 zum «Kressreport» ab. Kurt W. Zimmermann übernahm und behielt Drive und Kantigkeit bei*.

Nicht zum Wohlgefallen des Besitzers und Herausgebers, der ihn nicht wegen Erfolglosigkeit, sondern wegen inhaltlicher Differenzen durch Pfarrer Sieber, Pardon, David Sieber, ersetzte. Der lieferte dann wunschgemäss Schaumteppiche und Zuckerwatte ab, gestaltete die Preisverleihung zu einem Gender-Event um und tat auch sonst alles, allen gefällig zu sein. Aber auch ihm reichte es dann mal, bzw. er war nicht mehr bereit, für ein ständig schrumpfendes Honorar weiterzuarbeiten.

Auftritt Samantha Zaugg und Charlotte Theile, die sich erst noch ins Minihonorar teilten. Verständlich, dass der genderdeutsch umbenannte «Schweizer Journalist:in» gleich mal Werbung für das «Storytellingkollektiv Elephant Stories» machte. Gründerin: Charlotte Theile.

Ansonsten fiel auf, dass nichts mehr auffiel. ZACKBUM trennte sich sogar von seinem Gratis-Abo, verschwendete Lebenszeit. Nach knapp einem Jahr werfen nun die beiden auch den Bettel hin. Grund? «Auffassungsunterschiede über die redaktionelle Weiterentwicklung des Hefts». Weiterentwicklung ist ein kühnes Wort in diesem Zusammenhang, denn aus Spargründen wurden immer mehr Artikel aus den Schwesterblättern in Deutschland und Österreich übernommen.

Wie schon bei Sieber dürfte es etwas gerumpelt haben, denn ein(e) oder mehrere Nachfolger:Innen stehen offenbar noch nicht fest. Normalerweise ergänzt man ja den Abgang der Leitung unter Verdankung geleisteter Dienste mit der Ankündigung der Nachfolge. Des Nachfolgenden. Des oder der Nachfolgenden. Der oder die natürlich auch zur Sammelgruppe «divers» gehören darf. Obwohl nicht zuletzt die Konzentration auf solchen Pipifax, der mangelnde Schweiz-Bezug und das völlige Fehlen von kritischen Artikeln die mangelnde Relevanz des SJ verstärkte.

*Packungsbeilage: René Zeyer publizierte regelmässig in der Amtszeit von Zimi.

Sparen durch Ausgeben

Die SRG macht es wie im Werbespot: ausgeben zum Sparen.

Nicht nur Hausfrauen fallen immer wieder darauf rein: Sonderangebot, Sie sparen 10 Franken. Dass man zuerst 50 Franken ausgeben muss, um dann angeblich zu sparen, je nun.

Etwas merkwürdiger wird es, wenn es um den Zwangsgebührensender SRG geht. Der muss nämlich auch sparen. Dazu zwingen sinkende Einnahmen. Sparrunde eins wurde mit 100 Millionen bis 2020 absolviert.

Nun sollen noch mal 50 Millionen draufgesattelt werden. 250 Stellen solle das kosten, bis 2024 werde auch diese Sparrunde abgeschlossen sein, behauptet die SRG. Das ist sowieso ein heikles Thema, weil der Sender mit einer Initiative bedroht wird, die die Zwanggebühren schlichtweg halbieren will. Diesem Ansinnen werden durchaus gute Chancen eingeräumt, nachdem der Versuch, die Zwangsgebühren vollständig zu streichen, knapp abgeschmettert wurde.

Vor der letzten Abstimmung hatte die SRG Kreide gefressen, Besserung gelobt, man woll haushälterischer mit dem Milliardenbudget umgehen. Schon damals hatte der Medienexperte Kurt W. Zimmermann in seiner «Weltwoche»-Kolumne vorgerechnet, dass jeder eigentlich für den Inhalt von Sendungen Arbeitende von zwei weiteren Sesselfurzern unterstützt wird.

Ob es wirklich fast 7000 Angestellte braucht, um die sogenannte Grundversorgung der Bevölkerung, den Service Puplic im Medialen, sicherzustellen? Durch die Ausweitung des Online-Angebots machte sich die SRG bei den privaten Medienhäusern keine Freunde. Denn die sehen ihr eigenes Angebot dadurch konkurrenziert. Die Ablehnung der Medienmilliarde hat auch gezeigt, dass die Stimmbürger ihr Portemonnaie lieber geschlossen halten wollen.

Also wäre es sicherlich förderlich, wenn die SRG die zweite Sparrunde vorbildlich durchführte. Nur: sie verwendet offenbar lieber die Methode: sparen durch Ausgeben. Denn statt an den 50 Millionen Sparziel zu arbeiten, hat die SRG laut Geschäftsbericht im Jahr 2021 satte 50 Millionen mehr ausgegeben.

Zudem sanken die Personalkosten um lediglich 16 Millionen, diese 1,6 Prozent seien «Peanuts», schimpft Zimmermann in der «Weltwoche», wo er diese neusten Zahlen enthüllte. Da schon die normale Fluktation 6 Prozent betrage, besetzte die SRG-Spitze «einfach jede vierte Stelle, die intern frei wurde, nicht mehr neu».

Da passt die Reaktion der Führungsequipe auf die Kritik an ihren Boni bestens ins Bild. Wieso braucht es das bei einem Unternehmen, das nicht gewinnorientiert arbeiten muss? Stimmt, war die Schlaumeierei als Antwort, das braucht es wirklich nicht – deshalb wurde der variable Anteil einfach in den Fixlohn integriert, schon ist das Bonusproblem gelöst.

Die SRG sieht in den Mehrausgaben keinen Widerspruch zum Sparprogramm. Es waren, Überraschung, «besondere Ereignisse», die zu Mehraugaben zwangen. Sportevents, Corona, die anhaltenden technischen Probleme im neuen Newscenter, das läppert sich dann halt.

Auch bei der SRG gilt offenbar die absurde Sparlogik: Wenn man 50 Franken ausgeben muss, um 10 zu sparen, dann spart man doch am einfachsten sogar 20 Franken, wenn man 100 ausgibt. Diese Ausgabe hat man locker wieder eingespart, wenn man nochmal 500 drauflegt.

Wieso allerdings der Geldbeutel trotz solcher gewaltigen Sparmassnahmen immer leerer wird, das müsste halt mal ein Wirtschaftsnobelpreisträger erklären, versteht doch kein normaler Mensch, noch viel weniger ein SRG-Chef.

 

Wumms: Christoph Mörgeli

 

These ist gut. Widerspruch ist schlecht. Also ist Weglassen Trumpf.

Christoph Mörgeli hat seine Sternstunden. Der gut fundierte Hinweis darauf, dass Tamedia im Glashaus nicht mit Steinen auf die Bührle-Sammlung schmeissen sollte, war hervorragend. Denn die Coninx-Sammlung böte auch Anlass zu vertiefter Untersuchung. Nur kommt das keinem kritischen, unabhängigen Raubkunst-Jäger im Hause in den Sinn. Warum bloss?

In der aktuellen «Weltwoche» geht Mörgeli aber mit einer spekulativen These auf die Pirsch – und landet im Gebüsch. «Wer unterdrückte in der NZZaS die Berichterstattung über Bundesrat Bersets Affären?», raunt er inhaltsschwanger.

Nun wird’s einen Moment kompliziert. Mörgeli enthüllte einen Seitensprung samt Amtsmissbrauch. Daraufhin wurde er zuerst mit Schweigen bestraft, dann mit Kritik überschüttet. Nur Peter Hossli fügte in der NZZaS die nette Note hinzu, dass sich Bundesrat Berset mit der Staatskarosse vom Liebesnest in Freiburg im Breisgau nach Bern zurückkutschieren liess.

Dann schrieb Kurt W. Zimmermann die Räuberpistole, dass Hossli eigentlich noch viel mehr Munition gehabt hätte, aber Jonas Projer, frisch im Amt, seinen ersten Fehlentscheid traf und die fertige, zweiteilige Story abwürgte.

Liegt alles nur im weit, zu weit gefassten Streubereich der Wahrheit. Das hätte Mörgeli auf ZACKBUM nachlesen können. Nun klappert er noch mit seiner These hinterher, dass eigentlich der pensionierte und abgehalfterte Ex-Chefredaktor Felix M. Müller als Berater von Projer seine Finger im Spiel gehabt hätte. Der fällt regelmässig mit peinlichen Medien-Kolumnen auf.

Lass weg, was deine Räuberpistole stört, meinte Mörgeli offenbar. Also zählt er die wenigen Organe auf, die auf Zimmis Story aufsprangen. In der kurzen Liste fehlt allerdings das Online-Medium, das am ausführlichsten und am besten drüber berichtete.

Die Bescheidenheit verbietet uns, seinen Namen zu nennen. Wir sind doch nicht vom Aff bisse.