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Ein Banause über Frank Buchser in der WoZ

Hier werden Fundstücke obduziert, um ihre Todesursache zu finden. Diesmal: eine gescheiterte Bildbetrachtung.

«Es stimmt etwas nicht in diesem Raum», raunt Matt Aufderhorst in der «Wochenzeitung». Das ist untertrieben: «Der Essayist über eine verstörende Kunsterfahrung.»

Ui, musste ihm anschliessend eine Therapie bezahlt werden? Oder ist er inzwischen wieder entstört? Wir bezweifeln das, ehrlich gesagt. Denn er schreibt ganz schön schräges Zeugs. Worüber? Nun, darüber:

«Wer ist eigentlich Frank Buchser? Und wieso hängen seine rassistischen Bilder im Kunstmuseum Solothurn, als gäbe es nichts zu diskutieren?»

Wir fragen zunächst zurück: wer ist eigentlich Aufderhorst? Und wieso darf er einen solchen Stuss schreiben? «Buchser, wie ich später recherchierte, lebte von 1828 bis 1890, war ein Kunstmaler und sogenannter «Abenteurer» aus Feldbrunnen, den ausserhalb der Schweiz kaum jemand kennt.»

Also er kannte Buchser nicht, dafür alle, die das Porträt von Johann August Sutter von diesem Maler kennen:

Maler unbekannt? Für den WoZ-Autor schon.

Aber wahrscheinlich kennt der unbekannte Essayist (wie eine kurze, ergebnislose Recherche ergab) auch Sutter nicht. Macht ja nix, hier vergreift er sich an Buchser: «Ich stand im muffigen Halbsaal und bekam einen Schluckauf im Hirn.» Wir übersetzen: Der Hirnschluckauf stand im Kunstmuseum Solothurn in einem Saal mit Gemälden. Darunter auch zwei Frauenporträts von Buchser. Die sind so schrecklich, dass die WoZ-Fotografin den Leser völlig im Ungefähren lässt; hier ihr Meisterwerk:

Eine original WoZ-Witzfotografie in Originalgrösse als Bildzitat …

Auch den Essayisten schüttelt es so sehr, dass er nicht mehr kann: «Hier möchte ich auf eine Beschreibung des Schwarzen Frauenkörpers verzichten, um nicht den «male gaze» des Malers reproduzieren zu müssen.» Das ist ja alles furchtbar. «Die Klischeevorstellung der «orientalischen» und «afrikanischen» Frau, der Maler hat Marokko bereist, dient – nun urteile ich – sowohl der Lustbefriedigung Buchsers als auch der Profiterwartung des Kunstmarkts.» Grauenhaft, wir wagen es dennoch, das Gemälde, damit der Leser vielleicht miturteilen kann, zu zeigen:

Bitte an den Leser: ja keine Lustbefriedigung …

Nun besinnt sich der Banause darauf, dass ein Essay ja nicht nur Abscheu, Zitate von abgelegenen Kunstkritikerinnen und ähnlichen Nonsens enthalten soll, sondern auch eigene Erkenntnisse: «Kunst ist meines Erachtens nicht autotelisch.» Das ist nun weder eigen, noch neu, wenn man aus dem aufgeblasenen Adjektiv die Luft raus lässt, heisst der Banalsatz, dass Kunst seines Erachtens nicht Selbstzweck sein soll. Hammergedanke.

Erschwerend kommt hinzu, dass Buchser eine ganz andere Darstellungsform einer weissen Frau wählte:

Weiss, bekleidet, malt: schlimm.

Nun dreht der Autor in den roten Bereich und darüber hinaus

War’s das? Aber nein, er hat’s nun etwas mit unverständlichen Fremdwörtern:

«Cancel Culture kann als Call-out, wenn on- und offline auf asoziales Verhalten einer Person oder Organisation aufmerksam gemacht wird, produktiv sein. Missionarischer Eifer geht mir per se ab.»

Ach was, das kann er aber gut verstecken. Was fordert denn der Eiferer? «Sowohl Neuhängung als auch Kontextualisierung wären dringende Massnahmen.»

Wir halten hingegen sehr dafür, dass eine eingehende Untersuchung des Geisteszustands des Essayisten dringend geboten wäre. Denn sein Crescendo gegen Schluss ist beunruhigend:

«Es sei betont: Die Darstellung der Schwarzen Frauenkörper ist keine Nachlässigkeit, über die man in Solothurn, in der Schweiz, in Europa sang- und klanglos hinwegsehen kann. Dies ist keine Provinzposse. Es geht um die (selbst-)kritische Zeitgenossenschaft unseres weiterhin kolonisierenden Kontinents, der afropäische Erfolgsnarrative ausblendet, sich in Bordellen Schwarzer Frauenkörper bedient, der die ertrunkenen Schwarzen Frauen, die über das Mittelmeer zu uns kommen wollten, nicht wahrhaben will.»

Wir sind noch schwindlig und fassungslos über «afropäische Erfolgsnarrative» bis zu den «ertrunkenen Schwarzen Frauen» (mit grossem S, selbstverständlich, wir hatten das schon). Der Amok legt hier ein Narrativ vor, um es so geschwollen wie er auszudrücken, oder auf Deutsch: der quatscht einen Unsinn ohne Grenzen. Mit dieser Geisteshaltung könnte man auch Wilhelm Tell vorwerfen, er habe rücksichtslos das Lebens seines Kindes für eine läppische Mutprobe aufs Spiel gesetzt, wobei wir nicht wissen wollen, wie diese Vater-Sohn-Beziehung genau aussah.

Kehren wir aus Narrativen und Narreteien wieder in die Wirklichkeit zurück

Aber kehren wir aus Wahnwelten wieder in die Realität zurück. Frank Buchser war vielleicht nicht der bedeutendste Schweizer Maler des 19. Jahrhunderts. Er war ein Abenteurer, der sich sehr empathisch in die marokkanische Welt vertiefte und die USA bereiste. Dort machte er sich unbeliebt: «Ende 1866 und Anfang 1867 erregte er dort mit seinen sozialkritischen Gemälden von Schwarzen und Indianern in Washington und New York einiges Aufsehen», weiss Wikipedia. Und im Gegensatz zu den Behauptungen dieses Kritikasters lässt sich das auch belegen.

Während seiner Studienzeit in Italien hatte sich Buchser den Truppen des Freiheitshelden Garibaldi angeschlossen. In der Schweiz unterstützte er tatkräftig das Entstehen von Künstlervereinigungen, brachte den Bundesbeschluss «zur Hebung und Förderung der schweizerischen Kunst» auf den Weg.

Richtig Übles liess sich über Buchser und sein über 1000 Ölbilder, Fotografien und Skizzen umfassendes Werk bislang nicht sagen. Bis einem Essayisten alle Sicherungen durchbrennen und der WoZ ebenfalls.

Der Autor dieses Schmierenstück erwähnt es nebenbei; das hier war eines der Lieblingswerke von Buchser:

«The Song of Mary Blane»: Schwarze lauschen in Würde.

Man muss gestört und vernagelt sein, wenn man anhand zweier Gemälde dieses Künstlers ein dermassen abschätziges, bösartiges, kunst- und realitätsfremdes Urteil über ihn abliefert. Dass es auch in der WoZ keinen mehr gibt, der die Leser vor solchen Stümpern beschützt, ist sehr bedauerlich.

Bildnis eines unbekannten, stolzen Schwarzen.