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Quote ist Quatsch

Quote mindert Qualität und bewirkt das Gegenteil des Beabsichtigten.

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Vor rund 9 Monaten landeten Tamedia-Mitarbeiterinnen den wohl grössten Scoop ihrer ganzen Karriere. Zwei zuvor durch keinerlei journalistische Leistungen aufgefallene Rädelsführerinnen liessen via Jolanda Spiess-Hegglin ein für internen Gebrauch bestimmtes Protestschreiben an die Öffentlichkeit durchsickern.

Perfekt getimt zum Tag der Frau erregte es gewaltig Aufsehen. 78 Mitarbeiterinnen hatten ein Schreiben unterzeichnet, das sich über demotivierende Zustände, Diskriminierung und Sexismus auf den Redaktionen beschwerte. Rund 60 anonymisierte Beispiele sollten das belegen.

Abgesehen davon, dass sie an Harmlosigkeit kaum zu überbieten waren und durch die völlige Anonymität nicht nachprüfbar, landete diese Aktion einen vollen Erfolg. Er beförderte die beiden Initiantinnen in den Fokus der Öffentlichkeit und verschaffte ihnen sogar einen Kurzauftritt in «10 vor 10».

Einknicken, entschuldigen, Besserung geloben

Mehr als das, die gesamte Tamedia-Führungsriege knickte widerstandslos ein. War betroffen, entschuldigte sich, sah ein Problem, kündigte strenge Untersuchung an, versprach Abhilfe. 9 Monate später ist die Untersuchung offensichtlich mangels Möglichkeit zur Verifizierung (welcher männliche Sexist soll was zu welchem weiblichen Opfer gesagt haben?) verröchelt.

Aber die Ansage des Mitglieds der Geschäftsleitung bleibt: 40 Prozent Frauenanteil auf allen Hierarchiestufen, das ist das Ziel. Marco Boselli, Co-Geschäftsführer von Tamedia, bekannte sich zur Quotenregelung.

So wird alles gut. Für Frauen …

Und schlug damit einen weiteren Sargnagel bei der Beerdigung des Qualitätsjournalismus ein. Denn Quote killt Qualität, das ist eine feststehende Tatsache. Genauso wenig, wie das Geschlecht ein Kriterium für Kompetenz oder öffentlichen Auftritt sein darf, sorgt Quote nur dafür, dass durch sie diskriminierte Mitarbeiter abwandern.

Die Fähigen gehen, die Unfähigen bleiben

Ausgerechnet die, die eigentlich Karriere machen wollen. Denn die einfach zu verstehende Wirkung ist: selbstverständlich sind auch bei Tamedia leitende Positionen überwiegend von Männern besetzt. Und da weder Big Boss Pietro Supino, noch Oberchefredaktor Arthur Rutishauser, noch Geschäftsführer Marco Boselli, noch «Blick»-Chef Christian Dorer an eine Geschlechtsumwandlung denken dürften, bedeutet Quote, dass Körper mit Vagina ganz klar bessere Karten haben als Körper mit Pimmel.

Also gehen die Pimmel fremd; typisch Mann. Kurt W. Zimmermann zählt in der neusten «Weltwoche» ein paar Beispiele auf. Beat Schmid, vor nicht allzu langer Zeit von CH Media zu Tamedia gestossen, geht. Ein herausragender Wirtschaftsjournalist. Ebenso Markus Diem Meier. Oder Linus Schöpfer, womit das eh schon auf dem Sterbebett liegende Kulturressort unter Federführung von Nora Zukker oder Andreas Tobler noch die letzten Leser in die Flucht schlagen wird.

Denn Quote heisst: den Aufstieg in Männergremien kann man als Mann vergessen. Leistung, Kompetenz, die Bearbeitung von Themen, die 99 Prozent aller Leser entschieden mehr interessieren als «free bleeding» oder die neusten Entwicklungen im korrekten Gendern der Sprache – spielt keine Rolle mehr.

Was inzwischen alles die Leser belästigt …

Schlimmer noch, schon vor dieser Quotenregelung merkte man Tamedia immer deutlicher an, dass sich männliche Vorgesetzte kaum mehr trauten, weiblichen Sprachmüll dem Leser zu ersparen. Denn wer will schon gerne als demotivierender Sexist an den Pranger gestellt werden, dessen männliche Sicht die Qualitäten eines weiblichen Texts gar nicht erfassen kann.

Binäre Quoten sind der Gipfel der Diskriminierung. Wenn es nur um Vagina oder Penis geht, wo bleiben die Kurzsichtigen? Die Brillenträger? Die polygamen Schwulen? Die enthaltsamen Lesben? Die Veganer? Die Latzhosenträger? Die Fans von Gucci-Handtaschen? Und vor allem: die Non-Binären, die Transmenschen? Oder die trockenen Alkoholiker, die Zigarrenraucher, die Marathonläufer, die Biertrinker?

Von den dadurch möglichen Untergruppen ganz zu schweigen, wir erwähnen hier nur den glatzköpfigen, sowohl horizontal wie vertikal herausgeforderten Schwulen mit ex-veganem Hintergrund und der finsteren Absicht, sich umoperieren zu lassen. Wo ist dessen Quote, und wenn nicht, wieso lassen wir diese Diskriminierung zu?

Für Tamedia, für die Leser und für die Pimmelträger im Hause sind das schlechte Nachrichten. Aber es gibt auch eine gute. Drittklassige Redaktorinnen, unfähige Managerinnen, selbst strunzblöde Blondinen (ob echt oder gefärbt) haben Karrierechancen wie noch nie in ihrem Leben. Allerdings: nachhaltig Karriere machen kann man nur in einer Firma, die sich nicht im Sturzflug befindet.

Und erst noch stolz drauf. Cover des deutschen «Stern».

Sonst wird man höchstens zum Bestatter, zur Bestattungsgehilfin. Und das ist höchstens am TV lustig.

Ein «Blick»-Titel und seine Geschichte

Fünfte Lieferung. Hier werden Fundstücke obduziert, um ihre Todesursache zu finden. Diesmal Rezykeltes.

Seit der «Blick» ein Regenrohr im Titel hat, ist es ihm wohl bewusst geworden, dass da ja eigentlich auch immer das gleiche Wasser durchfliesst. Wieso diese Erkenntnis nicht auf die Titelei anwenden. Ist sowieso immer so mühsam. Copy/paste, dann bis zur Unverständlichkeit kürzen. Ist es ein grosses Thema, noch das Interview mit dem Experten dazustellen («es könnte ohne weiteres sein, vorausgesetzt, dass, wenn nicht …»), irgendein Foto aus dem Fundus, voilà. Aber, verflixt, ein Titel muss ja auch noch drüber.

Früher, ja früher machte das der sogenannte Produzent, und der Artikel selbst kam auch noch ins Rewrite, wurde also von holperig-unlesbar in geglättet knapp lesbar verwandelt. Aber eben, das waren noch Zeiten.

Nun hat das Regenrohr den gleichen Titel mehrfach in die Tonne getreten. Schliesslich: wenn man mal einen hat, kann man den doch immer wieder ins Regenrohr giessen. Über die ersten zwei Versuche berichteten wir bereits:

Echter Nutzwert mit «Blick»

Problem gelöst. Passt der Artikel nicht zum Titel, muss einer von beiden weichen. Artikel umfangreich und schwierig, Titel leicht und einfach. Klare Sache.

Titel gut, Foto gut, nur: Text passt nicht. Also Text bleibt, Foto bleibt, Titel muss weichen.

Aber Titel halt doch gut, deshalb rezykelt, kann man doch immer wieder brauchen. Vor allem, da man ja auch immer wieder die gleiche Sauce in Bytes verwandelt.

Neues Foto, alter Titel. Alter Text, neu gesprochen. Endlich ist der «B∫ick» auf den Geschmack gekommen. Restaurants (das waren mal so Gaststätten, wo man sich nicht nur draussen den Hintern abfrieren musste) haben das schon lange gemacht. Menü eins bis drei, inzwischen auch vegi, vegan, laktosefrei.

Bedarf abschätzen, nach dem Mittagsservice Übriggebliebens abends etwas aufgebrezelt nochmal servieren. Bleibt immer noch was, dann kommt in die Schweinetonne, was vom Tisch zurückgeht. Aber der Rest wird gewolft, geschnetzelt, geschnitzelt, in einen grossen Topf geworfen. Dann wird entweder eine Suppe oder ein Fonds draus. Denn wegschmeissen, das wäre eine Schande. So sieht’s der «Blick» inzwischen auch.

Nun, von einer ewig rezyklierten Botschaft müssen wir Abschied nehmen. Langsam, damit der Trennungsschmerz uns nicht übermannt:

Aber mit dem Sternchenuntergang will es Müller natürlich nicht bewenden lassen:

Mit dieser Frage gibt Salome Müller natürlich einen feinen Hinweis auf die eigentlichen Gründe ihrer «Kündigung». Nicht nur die vergeblich kritisierte Machodröhnung auf allen Tamedia-Redaktionen hat ihr den Dutt gelupft. Tief im Mai stellt der sparsame Arbeitgeber garantiert die Heizung ab. Und da wegen Home Office nur noch wenige im Glashaus an der Werdstrasse sitzen, heizen auch die Compis nicht wirklich. Also ist es garantiert unter 21 Grad, und diese Schwelle ist bekanntlich als sexistisches Attentat auf die Motivation und Produktivität der Frau enttarnt.

Damen werden dämlich, Herren herrlich

Während durch Bibbern Frauen zusätzlich dämlich werden, ziehen sich harte Männer die Handschuhe an und schreiben herrliche Texte. Allerdings, beim Tagi und so wird die Atmosphäre sicherlich noch künstlich erwärmt. Mit den üblichen Schweinesprüchen. «Darf ich deine Wolldecke sein?» –

«Ich liebe kalte Füsse.»

«Wenn ich dir in den Nacken blase, wird’s dir gleich heiss.» – «Stell dich nicht so an, der Griff auf deinen Kratzpullover war auch für mich enttäuschend.»

Nun, eine starke Stimme des Protests dagegen wird bald verstummen. Werden wir an dem Tag, an dem Müller geht, wenigstens ein gemeinsames BH-Verbrennen der zurückgebliebenen Tamedia-Journalistinnen erleben dürfen? Aber Autopsien können sich leider nie auf Zukünftiges beziehen. Allerdings, wenn man schon vorher weiss, woran der Patient sterben wird …

Abgang eines Gender-Sternchens

Das trifft uns: Salome Müller hat bei Tamedia gekündigt. Ist sie Opfer?

Via persoenlich.com teilte die Redaktorin des «Tages-Anzeigers» mit, dass sie per Ende Juli ihre Kündigung eingereicht habe.

Müller wurde einer breiteren Öffentlichkeit bekannt, weil sie die Mitinitiatorin eines Protestschreibens ist, in dem sich anfänglich 78 Mitarbeiterinnen von Tamedia über unerträgliche Arbeitsbedingungen beklagten. Frauen würden sexistisch behandelt, diskriminiert, seien dummen Anmachsprüchen ausgesetzt, würden durch diese Atmosphäre demotiviert.

Liebe Leserinnen* ist vorbei.

Am 1. Mai war das Ultimatum abgelaufen, das im Brief gesetzt worden war. Bis zu diesem Zeitpunkt wollten die Unterzeichner eine Antwort auf ihre Forderungen bekommen. Offensichtlich ist aber bislang nichts passiert. «Der Brief hat viel Gutes ausgelöst – wir fühlen uns gehört und ernstgenommen. Bei meiner Kündigung spielte der Brief keine Rolle», behauptet Salome Müller.

Das wagen wir zu bezweifeln. Der Brief hat bislang überhaupt nichts ausgelöst. Im Gegenteil, weil er von rund 60 anonymisierten Vorwürfen begleitet war, kündigte Tamedia zuerst eine interne, dann eine externe Untersuchung dieser angeblichen Vorfälle an.

Statt intern öffentlich meckern

Weil das eigentlich für den internen Gebrauch gedachte Schreiben via Jolanda Spiess-Hegglin an die Öffentlichkeit gebracht wurde, erhob sich schnell einmal die Frage, ob sich damit zumindest die beiden Initiantinnen arbeitsrechtliche Probleme eingehandelt haben könnten. Denn dafür, dass der Arbeitnehmer auf der Payroll steht, hat er nicht nur die Verpflichtung, gewisse Leistungen zu erbringen, sondern auch sich an ein paar Regeln dem Arbeitgeber gegenüber zu halten. Ihn öffentlich und ohne jeden Beleg übel zu beschimpfen, das gehört nicht dazu.

Nachdem sich Müller, zusammen mit ihrer Kollegin Aleksandra Hiltmann, kurzeitigen Ruhm bis hin zu einem Auftritt in «10 vor 10» verschafft hatte, aber danach abtauchte, auf keine Anfrage reagierte, mehren sich die kritischen Stimmen, welchen Zweck eigentlich diese ganze Aktion gehabt habe.

Insbesondere löste Stirnrunzeln aus, dass von den Protagonisten dieses Protests behauptet wurde, dass sie ein in der ganzen Medienbranche vorhandenes Malaise ansprechen würden. Nur, bei keinem anderen Verlag kam es zu ähnlichen Protesten.

Alle Unterzeichner weigerten sich ebenfalls, auf höflich formulierte Fragenkataloge zu antworten, was nun doch etwas schwach ist. Die zuerst mit der Untersuchung beauftragte Mitunterzeichnerin Claudia Blumer sagte sogar, dass sie persönlich niemals solche Vorfälle erlebt habe, mehr aus Solidarität unterzeichnete.

Geschmäckle, Hautgout, Es stinkt einfach

All das gibt der ganzen Aktion einen zunehmenden Hautgout. Mitarbeiterinnen damit ködern, dass sie ein internes Protestschreiben, gerichtet an die Geschäftsleitung, unterzeichnen würden. Das fast gleichzeitig an die Medien eingespeist wurde, zudem mit einem nicht gerade vertrauenserweckenden Absender.

Offensichtlich wurden viele der Unterzeichner nicht einmal gefragt, ob sie damit einverstanden seien. Dann holten sich Hiltmann und Müller ihre 15 Sekunden Ruhm ab, verstummten aber anschliessend völlig. Ob Müller tatsächlich ohne Zusammenhang mit diesem Schreiben geht, wie freiwillig ihr Abgang ist, das wird wohl nicht herauszufinden sein.

Dass die meisten der übrigen Unterzeichner das als Fahnenflucht empfinden, von jemandem, der ihnen diese Suppe zuerst eingebrockt hat, ist offenkundig. Was dieses Verhalten mit weiblicher Solidarität, mit einer Kampfansage, mit dem Widerstand gegen angeblich unerträgliche Zustände zu tun hat, bleibt unerfindlich. Von vielen Eigenschaften, die Müller zuvorderst einfordert – bei anderen, natürlich –, ist hier weit und breit nichts zu sehen.