Die Schande von der Falkenstrasse
Wer eine Steigerung zur SoZ sucht, greife ungeniert zum «NZZ am Sonntag Magazin».
Zugegeben, das Magazin tut vom Cover an alles, um dem Leser zuzurufen: lass es. Das Leben ist zu kurz für sowas. Lies mich nicht. Einfach umblättern.
Aber ZACKBUM geht für seine Leser durch die Hölle. Der Weg dorthin führt durchs Inhaltsverzeichnis:
Taylor Swift, echt jetzt? Ist das mal originell, neu, bahnbrechend, intellektuell hochstehend. Grausam.
Christoph Zürcher war dann «unterwegs von der Schweiz ans Ende des Peloponnes und zurück», und damit muss er natürlich den Leser belästigen: «während ich das schreibe, gleitet vor dem Fenster auf der Fahrt nach Venedig gerade Korfu vorbei». Während er was schreibt? «Kreuzfahrtindustrie, auch ein kontroverses Thema. Neben der Ökologie geht es um Tourismusethik.» Hat man Zürcher denn nicht mal beigebracht, dass «Stichwort, ein kontroverses Thema» der absolut verbotene No-Go-Einstieg ist?
Aber das alles ist nur die Vorbereitung auf eine neue Dimension der Nabelschau. ZACKBUM muss mal wieder schwören, dass wir das nicht erfinden oder konstruieren. Denn die Wirklichkeit ist immer schlimmer als unsere Vorstellungskraft.
Dass Fotografen nicht schreiben können (deshalb fotografieren sie wohl), ist bekannt. Dass Fotografen auch nicht fotografieren können, ist eher überraschend:
Was das ist? Also bitte, das ist eine «Melonenstudie» von Iris Humm, denn «von ihren Eltern hat die Autorin gelernt, eine aufmerksame Beobachterin zu sein». Nein, das ist keine Realsatire.
Wer denkt, die Fotos sind schon schlimm, sollte versuchen, den Text zu lesen. «Meine ersten Erinnerungen an das Haus sind die an Sommer. Die Fahrt durch den Gotthardtunnel, von Süden nach Norden, im Auto unseres Vaters war ein ritueller Beginn, ein Portal in eine andere Welt.» Grauenhafter Einstieg. Aber zugegeben, besser als der von Zürcher.
Ob das Absicht ist, einen schlechten Schulaufsatz «Meine schönsten Erlebnisse in den Sommerferien» zu persiflieren? Leider nein: «Der Sommer dort hatte etwas Traumhaftes … Das Haus muss immer gepflegt werden, der Garten im Besonderen … Wir werden auf den grünen Gartenstühlen sitzen und stundenlang auf die Berge schauen, die Wolken ziehen vorbei …» Doch, doch, so geht es quälende 10’000 A dahin.
Dann ernennt sich die schon einschlägig aufgefallene Anne-Sophie Keller zu einer «langjährigen «Swiftie»» und belästigt den Leser mit «Bekenntnissen», die einem lieber erspart bleiben sollten, so wie her.
Sacha Batthyany (immerhin pausiert die Liebesreihe) sülzt eine Schnulze in Form eines Doppelinterviews mit einem Israeli, der seine Eltern verlor und einem Palästinenser, der seinen Bruder verlor. Aber: «Statt Rache wollen sie Versöhnung». Wunderbar, wie das aus den Zeilen klebrig tropft.
Die beiden haben es mit dieser Nummer sogar schon in die «Vatican News» und in Funk und Fernsehen geschafft; wieso nicht auch noch ins Magazin zum Nachklappern?
Nach einer kräftigen Dusche ist ZACKBUM bereits für die nächsten Herausforderungen; zum Beispiel unsere ewige Lieblingsrubrik «Bellevue». Aber auch hier gähnt schon das Sommerloch ganz schrecklich. Wie jedes Jahr ein Foodfestival im Dolder Grand? Schlappe 648 Franken für den Abend. Pro Person, logo. Wem das zu teuer ist: Das «Final» um 12.30 Uhr mittags gibt’s für den Discountpreis von 498 Franken. Immerhin alles mit «Weinbegleitung».
Dann hat jemand Kaffeepackungen bemalt, Wahnsinn. Drin sind 250 Gramm Bohnen für lachhafte 11 Franken. Das ist nicht das Niveau von Bellevue. Der kulinarische Tipp führt dann den Leser in Vegilokal «Sein», wo man auch vegan speisen kann. Besonderes abschreckend; die «Schrebergarten-Schnitte». Dabei bräuchte der Leser durchaus Erholung, denn zuvor wurde er mit «Halloumi-Spiesse mit Minze-Chimichurri» gequält, was sicherlich jeden Grillabend bereichert.
Abschliessend pfeift die Rubrik «Wir gratulieren» auch aus dem letzten Loch: «Die Raketenglace wird 55»; kein Geburtstag ungerade genug, kein Geburtstagskind unwichtig genug, um hier nicht abgefeiert zu werden.
ZACKBUM appelliert an alle guten Kräfte an der Falkenstrasse: wie lange soll es dieses Leserfolterinstrument noch geben? Wäre die kommenden Sommerpause nicht die Gelegenheit, die Beerdigung in aller Stille stattfinden zu lassen? Bittäääää.