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Im CS-Dschungel

Kommunikation soll klären. Banglish verunklart.

CET1 (Core Equity Tier 1 Ratio) mit «Minimum Component» und «Buffer Component». «Required going concern capital», «common equity tier 1 capital», CS AG, CS (Schweiz) AG, «carrying value», «risk weighted assets», «Covered Loan Facility».

Alles verstanden, alles klar? Dann gehören Sie zu den wohl 0,1 Prozent der Leser, die einen Black Belt in Accounting haben. Wenn Sie auch noch behaupten, Sie würden die Bedeutung dieser Kennzahlen verstehen, dann wären wir bei wohl 0,01 Prozent angelangt. Das Gleiche gilt im Übrigen für CS-Mitarbeiter. Wohl auch für Mitglieder des Managing Director Club, also der Bonusetage. Wie’s in Geschäftsleitung und Verwaltungsrat aussieht, wollen wir lieber nicht wissen, ahnen es aber.

Eigentlich ist die Aufgabe einer Bilanz oder eines Geschäftsbericht ganz klar und einfach: die Besitzer, also die Aktionäre, sollen über Zustand und Geschäftsgang ihrer Firma informiert werden. Die Aktionäre der CS würde es sicherlich interessieren, wieso der Aktienkurs innerhalb der letzten 52 Wochen von einem Höchst von Fr. 7.38, was schon skandalös genug ist, auf ein Tiefst von Fr. 1.55 abgesackt ist, was eine helle Katastrophe ist.

Alle Anleger bei der Credit Suisse würde es interessieren, ob ihr Geld dort eigentlich noch sicher ist oder ob sie alle Beträge über 100’000 Franken abziehen sollten. Dann würde es auch noch interessieren, wie das wohlbezahlte Management und der nicht minder wohlbezahlte VR die Lage so sieht und welche Massnahmen er zu ergreifen gedenkt, um die peinlich-schauerliche Lage der CS zu verbessern.

Das alles sind verständliche Anliegen, denen auch mit verständlichen Worten begegnet werden könnte. Aber doch nicht im Bereich des Banglish, also des Hantierens mit absurden Fachausdrücken, deren Aussagekraft nicht erkennbar ist. Deren Funktion ist allerdings leicht durchschaubar: sie sollen einen Rauchvorhang bilden, wie Nebelpetarden den klaren Blick verhindern.

Denn mit klaren Aussagen haben sich die grossartigen Bankenlenker der CS in letzter Zeit mehrfach in die Nesseln gesetzt. So verkündete der VR-Präsident Axel Lehmann vollmundig, dass der Abfluss von Mitteln gestoppt werden konnte, sogar teilweise gegenläufig sei, also Neugelder in die Bank sprudelten. Diese klare, aber falsche Aussage brachte ihm unter anderem eine Sammelklage von US-Aktionären ein. Während die Schweizer Bankenaufsicht FINMA keinen Anlass zum Eingreifen sah.

Der CEO der Schrumpfbank verkündete noch am Mittwoch dieser Woche kühn, dass eine Staatshilfe nicht geplant sei. Damit hat Ulrich Körner, der Schlingel, sogar nicht ganz Unrecht. Denn auf das stehende Angebot der SNB einzugehen, für systemrelevante Banken einen Kreditrahmen von 50 Milliarden parat zzu halten, ist genau genommen (noch) keine Staatshilfe.

Allerdings hapert es auch hier etwas an klarer Kommunikation: denn die SNB will nicht sagen, welche Zinsen die CS für den Kredit bezahlen muss, welchen Teil sie wann beansprucht – und ob es im Fall der Fälle noch mehr gäbe.

Was sagt denn die CS selbst so? Bitte sehr, wir breiten den Schaumteppich aus:

«Wir setzen die strategische Transformation fort, um unserer Kundschaft und weiteren Stakeholdern einen Mehrwert zu bieten.»

Wir reichen Taschentücher ins Publikum, um die Lachtränen abzuwischen, und legen noch einen drauf. Die CS habe «hinsichtlich ihrer Transformation beachtliche Fortschritte erzielt und den Zeitplan beschleunigt, um ein starkes Fundament für die neue Credit Suisse zu schaffen».

Okay, lachen ist gesund, zu viel lachen kann das Zwerchfell beschädigen, wir nehmen Rücksicht und hören damit auf. Und wischen mit ein paar simplen Zahlen die letzten Grinser aus den Gesichtern. Die Depositen (Spargelder, Sichtguthaben und Festgelder mit kurzen Laufzeiten) gingen im Verlauf des Jahres 2022 von anfänglich 392,8 Milliarden Franken auf 233,2 Milliarden zurück. Also zogen die Kunden satte 160 Milliarden Franken ab, in einem einzigen Jahr. Das sind 40 Prozent, eine Horrorzahl für jede Bank.

Kundeneinlagen versus Ausleihungen, das ist das einfache Geschäftsprinzip jeder Bank. Normalerweise hat sie mehr Kohle von Anlegern als ausgeliehenes Geld. So auch die CS. Allerdings nur Ende 2021 gab es noch eine Überdeckung. Durch die Abzüge schrumpfte sie auf 85 Prozent, Unterdeckung. Um auszahlen zu können, musste die CS ihren Cash-Bestand anzapfen, der schrumpfte in einem Jahr von 160 auf 67 Milliarden.

Das Problem hier: geht das so weiter, muss sich die CS immer verzweifelter Geld besorgen. Das kann sie zwar (noch), aber wenn die Zinsen, die sie selbst für geliehenes Geld zahlen muss, höher sind als ihre Einnahmen durch selbst verliehenes Geld, dann macht die Bank schlichtweg rückwärts statt vorwärts.

Daran ändert alle Bilanzkosmetik, alles Geschwurbel nicht. Die Ursünde geschah wohl während der Finanzkrise eins. Die UBS musste beim Schweizer Staat zu Kreuze kriechen und Nothilfe verlangen. Die CS behauptete stolz, sie habe das nicht nötig, sie hätte sich Geld auf dem Kapitalmarkt besorgt.

Das stimmte. Aber: die arabischen Investoren kassierten dafür horrende 9 bis 9,5 Prozent Zinsen. Durch die ganze Nullzinszeit hindurch. Diese sogenannten Cocos, Contingent Convertible Bonds, sind eine spezielle Art von Anleihen, die in Aktien gewandelt werden können. Inzwischen sind sie ausgelaufen, und eine Saudi-Bank machte bereits klar, dass sie keine Lust hat, der CS weitere Kredite zu geben, obwohl sie gerade mit 10 Prozent zu einem der Hauptaktionäre wurde.

Dabei haben wir noch gar nicht vom inzwischen lachhaften Börsenwert von vielleicht 7 Milliarden gesprochen, dem ein Buchwert in mehrfacher Höhe gegenübersteht. Das bedeutet immer, dass die Börse schwere Zweifel an der Zukunftsfähigkeit hat. Wir noch nicht davon gesprochen, dass die Prämie für CDS, Credit Default Swaps, eine Versicherung für der CS geliehenes Geld, einer Ausfallwahrscheinlichkeit von rund 50 Prozent entspricht.

Aber sprechen wir noch kurz über Gehälter. Für das elende Schlamassel, das sie zu verantworten haben (wenn das Wort Verantwortung noch etwas gilt), bekommt CEO Ulrich Körner fürs Katastrophenjahr 2022 satte 2,5 Millionen Franken. Und der VR-Präsident Axel Lehmann, bekommt sogar 3,2 Millionen. Der VRP kassiert mehr als der CEO? Skurril.

Nun ist alles relativ. Versager Tidjane Thiam kassierte im Jahr 2019 noch 12,7 Millionen. Von den Einkünften von seinem Vorgänger Brady Dougan wollen wir gar nicht sprechen, in Rücksicht auf den Bluthochdruck des Lesers.

Kassensturz, wie schaut’s aus? Solche Geldabflüsse kann die CS noch eine ganze Weile wegstecken. Aber das Vertrauen in die Führungsspitze, diesen Prozess umzukehren, ist ungefähr so geschrumpft wie der Aktienkurs. Die CS ist im dunklen Tunnel, aber ausser Geschwafel produziert die Bankleitung nichts, was man als Licht am Ende interpretieren könnte.

Was wird’s also werden? Fusion mit der UBS? Ausgeschlossen. Aufspaltung, Verteilung der Filetstücke an UBS, Raiffeisen, ZKB und vielleicht ein paar ausländische Interessenten? Denkbar. Weiterwursteln wie bisher? Die Fahrkarte ins schwarze Loch ohne Wiederkehr. Was wird’s werden? ZACKBUM weiss es nicht. Das macht nichts. Seine Leser wissen es auch nicht, das macht auch nichts. Die Bankenführung weiss es ebenfalls nicht. Hoppla.

 

Die SKAndalbank

30 Milliarden Boni später …

Als sie noch SKA hiess, war es klar, dass sie den damaligen Skandal überleben würde. Und heute? Man ist fassungslos ob so viel geballter Unfähigkeit für so viel teures Geld bei der Credit Suisse.

«Abgeflacht, teilweise umgedreht, im Grund gestoppt».

Zu diesen Aussagen über die Abflüsse von Kundengeldern verstieg sich der aktuelle Präsident der Credit Suisse Axel Lehmann noch vor Kurzem.

Nach diesen Aussagen kratzte der Kurs der CS-Aktie kurzzeitig an der 3-Franken-Schwelle. Wer 3 Franken für eine Aktie der einstmals stolzen Bank (mit einem Aktienkurs von fast 100 Franken) für einen Skandal hält: in den letzten Tagen sackte er bis auf Franken 1.50 ab …

Und nun die Hiobsbotschaft: Die CS bettelt um eine Finanzspritze von 50 Milliarden Franken von der Schweizerischen Nationalbank. Genauer gesagt: sie will diese Kreditlimite beanspruchen, die ihr als «to big to fail»-Bank zusteht. Der GAU, ein Fall UBS Reloaded. Damals ging’s am Schluss gut aus, diesmal auch? Oder wird die CS zu einem zweiten Fall Swissair, nur in teuer?

Zunächst die Beruhigungspille für alle CS-Kunden unter den Lesern: ihr dort angelegtes Geld ist sicher. Jedenfalls bis zur Höchstgrenze der Einlagesicherung von Fr. 100’000. Nun gibt es allerdings neben dem Aktienkurs einen weniger bekannten Messfühler für den Zustand einer Bank, bzw. für die Beurteilung deren Zukunftsfähigkeit. Das sind sogenannte CDS, Englisch für Kreditausfallversicherungen. Wie jeder Laie weiss, sagt die Höhe der Prämie etwas darüber aus, für wie wahrscheinlich der Eintritt des Schadenfalls gehalten wird.

Mit einem CDS versichern sich Geldgeber dagegen, dass der Schuldner nicht mehr in der Lage ist, den Kredit zurückzubezahlen. Bei der CS wird inzwischen ein Ausfallrisiko von gegen 50 Prozent eingepreist, wie es so schön heisst. Weitere Alarmzeichen: CS-Obligationen verzeichnen schmerzliche Tagesverluste, die Bank muss für Refinanzierungen immer höhere Zinsen zahlen.

Das tat sie schon bei der Finanzkrise von 2008, als die CS im Gegensatz zur UBS auf Staatshilfe verzichtete und sich stattdessen in die Arme von arabischen Investoren warf. Die gaben der Bank aber ihr Geld nicht aus Nächstenliebe oder unter Befolgung des islamischen Zinsverbots. Sondern sie kassierten 9 oder sogar 9,5 Prozent über Jahre, auch während den Nullzins- oder gar Negativzinszeiten.

Bei einer solchen Verzinsung ist das investierte Kapital schon weit vor der Rückzahlung wieder im Trockenen, so nach rund 7 Jahren. Das ist auch der Grund, wieso die gleichen Investoren als Aktienbesitzer bislang die unaufhaltsame Talfahrt des Kurses ohne grösseres Murren weggesteckt haben. Wobei natürlich rund 70 Prozent Verlust seit ihrem Einstieg schon bitter sind.

Wo soll denn nun die Talfahrt des Aktienkurses enden? Mathematisch gesehen bei Null natürlich. Denn es gibt zwar Negativzinsen, aber es gibt keine Aktie, wo man beim Ankauf Geld bekommt. Null heisst, dass der Handel eingestellt wird, die Bank bankrott ist, ein Liquidator amtet und Aktienbesitzer in der letzten Konkursklasse sind, also meistens in die Röhre schauen.

Wie schaut es denn bei Anlagevermögen von über 100’000 Franken bei der CS aus? Das würde im Fall der Fälle aus der Konkursmasse bedient werden, und da niemand weiss, welche Leichen noch im Keller der Bank liegen, welche Skandale noch nicht explodiert sind, welche Bussenforderungen, Schadenersatzprozesse noch auf die Bank zukommen, hat niemand eine Ahnung, ob es am Schluss überhaupt noch eine Masse gäbe, die verteilt werden könnte.

Aus diesem Grund war die Aussage von Lehmann nicht nur falsch, sondern brandgefährlich. Denn der Abfluss von Kundengeldern, inzwischen auch in der Schweiz, ist in den letzten Wochen und Monaten nicht etwa gestoppt worden. Im Gegenteil, er nimmt selbst im für sicher gehaltenen Heimatmarkt Schweiz beunruhigende Züge an.

Hier ist das Problem: selbst eine gesunde Bank verträgt es nicht, wenn immer mehr Anleger gleichzeitig ihr Geld zurückwollen. Wenn das zu einem sogenannten Bankrun wird, dann müssen die Schalter geschlossen werden, während davor Schlangen von hysterischen Menschen stehen und verzweifelt die Auszahlung ihrer Guthaben verlangen.

Dem entgegen stehen die üblichen Beteuerungen, dass die Bank solide sei, über ein ausreichendes Kernkapital verfüge, es keinen Grund zur Panik gebe. Da niemand – nicht einmal die Führungsspitze – bei diesem Riesentanker bis in die hinterste Ladefläche weiss, ob da nicht mal wieder eine Bombe tickt, die nur darauf wartet zu explodieren; eine neue Busse droht, Schadenersatzforderungen, Rückzahlungen, ist es sehr schwer zu beurteilen, ob die Bank überleben wird oder nicht.

Mit absoluter Sicherheit lässt sich aber ein Skandal beurteilen, der sich hier seit Jahren abspielt. Genauer gesagt seit der Amtsübernahme von Urs Rohner als Präsident des Verwaltungsrats. In der jüngeren – und wohl auch älteren – Geschichte des Finanzplatzes Schweiz hat es wohl keinen grösseren Versager gegeben.

Wenn man sein unseliges Wirken realitätsnah beschreiben wollte, wäre man sofort im Bereich einer rechtlichen Todeszone, denn mit nicht justiziablen Ausdrücken lässt sich nicht darstellen, was dieser Mann angerichtet hat.

Natürlich, nicht nur er, aber er ist als oberster Boss eben auch für alle personellen Fehlentscheide verantwortlich; für den Reigen von CEOs, für die Mitglieder der Geschäftsleitung, für die übrigen VR. Allesamt Nieten in Nadelstreifen, Vollversager, nicht einen Rappen ihrer horrenden Vergütungen wert. Es gibt keinen adäquaten Ausdruck, um zu beschreiben, welche Schamlosigkeit es braucht, für dieses Ergebnis ohne rot zu werden Multimillionen, insgesamt Milliarden verdient zu haben.

Selbst die aktuelle Führungscrew macht nur auf bescheiden und Bonusverzicht, dabei verdient sie immer noch exorbitant zu viel. Auch dem Duo Lehmann/Körner gelingt es offensichtlich nicht, den Tanker abzudichten und in ruhige Gewässer zu lenken. Ihre Pläne greifen nicht, sind zu klein, entsprechen nicht der Dramatik der Situation.

Schönwetterkapitän wie auf dem Traumschiff zu sein, dafür braucht es nicht viel. Ein weisses Hemd, die obligate unifarbene Krawatte, den Anzug in Dunkelblau oder Dunkelgrau, die massgeschneiderten Treter, Manschettenknöpfe, eine edle Gürtelschnalle, et voilà. Dazu noch der vor dem Spiegel eingeübte Blick «ich bin besorgt, aber zuversichtlich», und schon kann man vor die Kameras und Mikrophone treten und den Bankenlenker mimen.

Aber Banker vom Format eines Oswald Grübel wachsen halt nicht auf den Bäumen, und die Zeiten eines Holzach oder Senn sind längst vorbei. Und die waren beide bei der SBG, der heutigen UBS. Nun ja, da gab es auch einen grössenwahnsinnigen Marcel Ospel, aber dessen Ende erfolgte wenigstens relativ schnell.

Was mit der einstmals strahlend-stolzen Credit Suisse seit dem Amtsantritt von Rohner geschehen ist, kann wohl höchstens mit dem Niedergang der Swissair verglichen werden. Unglaubliche Stümper, untaugliche Manager, bonusgetriebene Pfeifen gaben sich die Klinke in die Hand, verpissten sich mit wohlgefüllten Taschen, hinterliessen ein Desaster nach dem anderen.

Und die Nachfolger sangen alle das gleiche Lied: muss zuerst das Schlamassel meines Vorgängers aufräumen, dann geht’s aber steil nach oben. Ging es nie. Aber während es vorher eine Krise war, ist’s jetzt eine Katastrophe. Aber die Kommandobrücke füllt sich weiterhin die Taschen, dreht das Steuerrad mal ein Mü nach links, dann nach rechts, entlässt massenhaft Mitarbeiter, gibt den Überlebenden keinerlei Anlass zu Hoffnung und strahlt keinerlei Charisma aus.

Hier gilt mal wieder der alte Spruch: würden Sie einem Lehmann, einem Körner einen Gebrauchtwagen abkaufen? Schlimmer noch: würden Sie den beiden zutrauen, mehr als das zu können? «Shame on you» rief der Autor dieser Zeilen bei der CS-GV Brady Dougan zu, als der sich den grössten Bonus aller Zeiten in einer Schweizer Bank gönnte. Der steckte das regungslos weg. Würde man Lehmann oder Körner ein «schämt Euch» zuwerfen, würden sie auch keine Miene verziehen. Denn völlige Indolenz ist die wichtigste Eigenschaft eines Bankers in führender Stellung.