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Glaubwürdigkeit

Systematische Probleme in den Medien.

Ohne Häme und Polemik gefragt: warum berauben sich viele Medien freiwillig ihrem wichtigsten Asset, ihrer Existenzgrundlage?

Nähern wir uns der Antwort in vorsichtigen, kleinen Schritten. Die Kernaufgabe eines Newsmediums ist es, News herzustellen. Das ist keinesfalls banal. Denn zu 99 Prozent sind diese Informationen vom Leser nicht überprüfbar. Oder wenn, nehmen sich 99 Prozent der Leser nicht die Zeit dafür. Genau aus diesem Grund halten sie sich doch ein Qualitätsorgan, das für seine Tätigkeit zudem happige Preise fordert.

Was auch immer wo auch immer auf der Welt stattgefunden hat, der Leser muss darauf vertrauen können, dass ihm kein X für ein U vorgemacht wurde. Dass Präsident Biden tatsächlich schärfere Waffengesetze fordert und nicht etwa der Waffenlobby zujubelt. So brandschwarz lügt nun allerdings kaum ein Medium, zu leicht wäre das durchschaubar.

Und dann wäre weg, was die Existenzberechtigung ausmacht. Die Glaubwürdigkeit. Glaubwürdigkeit heisst, dass sich der Leser oder Konsument darauf verlassen kann, dass zumindest das Faktische stimmt. Dass die Gewichtung stimmt. Dass die Auswahl der News stimmt. Dass dem Satz audiatur et altera pars nachgelebt wird, man höre auch die andere Seite. Das alles gehört zur Glaubwürdigkeit.

Besonders in Kriegen ist es völlig klar, dass alle Kriegsparteien in Propaganda-Modus verfallen und sich bemühen, sich selbst möglichst gut und edel und siegreich, den Gegner möglichst schlecht, heimtückisch und als Versager hinzustellen. Das ist normal und erlaubt. Sowohl in der Ukraine wie in Russland herrscht Zensur, die Massenmedien geben natürlich nur die offizielle Sichtweise wieder.

Nicht kriegsbeteiligte Medien, insbesondere noch in der neutralen Schweiz, sollten hingegen beide Seiten zu Wort kommen lassen. Sie sollten versuchen, hinter die Nebel der Propaganda zu schauen, im Dienst und Auftrag ihrer Konsumenten. Tun sie das nicht, haben sie über kurz oder lang ihre Existenzberechtigung verloren.

Medien haben Haltungen, Redaktoren haben Meinungen. Das ist kein Verbrechen, sondern unausweichlich. Es gibt kein «objektives» Newsblatt, keine völlig ausgewogene Nachrichtensendung. Diese Haltung, diese Meinungen können vertreten, ausgewiesen, in Editorials, Kommentaren und Redaktionsstatuten vertreten werden. Wenn es allerdings offenkundig wird, dass dadurch die Fähigkeit beeinträchtigt ist, in erster Linie Hilfe bei der Meinungsbildung des Konsumenten zu leisten, verliert das Medium sein wichtigstes Asset. Und ist zum Untergang verurteilt.

Der Konsument ist ein geduldiges Wesen, das sich auch überraschend lange und kräftig quälen lässt. Schrumpfende Umfänge, nachlassende Qualität, Rechthaberei, unqualifizierte Schreiber, Einäugigkeit, Voreingenommenheit, Haltungsjournalismus pur, ruppiger Umgang mit abweichenden Meinungen – all das verträgt der Konsument mit wahrlich bewundernswerter Engelsgeduld.

Aber es stauen sich in ihm Bedenken auf. Weniger Umfang als Qualitätssteigerung? Sparmassnahmen als Verbesserung des Angebots? Kolumnitis und Meinungen und Kommentare und Beschreibungen persönlicher Befindlichkeiten oder gar Betroffenheiten als Ersatz für Reportagen, Berichte, Analysen? Schwarzweiss-Malerei statt Wiedergabe der bunten Welt? Gar im Befehlston geschnarrte Handlungsanweisungen an den Konsumenten, wie der sich zu verhalten habe? Was er zu tun und zu lassen habe, um nicht als fahrlässig, uneinsichtig, unmenschlich, moralfrei, bequem, unsolidarisch zu gelten?

Es ist wohl nicht ein einzelner Vorfall dieser Art, sondern ihre Akkumulation, begleitet von einer zunehmenden Kreischigkeit in der Tonlage, mit der der Bedeutungsverlust der Massenmedien kompensiert werden soll, die dann beim Konsumenten den Entschluss reifen lassen: es reicht. Wieso soll ich ein paar hundert Franken dafür ausgeben, damit ich einseitig informiert, dünn dokumentiert, ständig belehrt und beschimpft werde? Was interessieren mich die Meinungen der Redaktoren, ihre Befindlichkeiten, ihr Leiden, ihre persönlichen Probleme? Wieso soll der Konsument dafür bezahlen?

Dann, nun dann folgt auf den Verlust der Glaubwürdigkeit der Verlust des Zahlers. Weil zunehmend aus dem Fokus gerät, dass Newsmedien keine Anstalt für Eigentherapie und das Hinausposaunen der eigenen Meinung sind. Bei der das zahlende Publikum und dessen Interessen eigentlich keine Rolle spielen. Es wird höchstens wahrgenommen als zu belehrende, anzuweisende und natürlich zu kritisierende Masse, die sich allzu oft leider nicht so verhält, wie sie es nach Meinung des Journalisten tun sollte. Sie wählt falsch, hat falsche Ansichten, ist schnell einmal fremdenfeindlich, rassistisch, unsolidarisch, verklemmt, konservativ, egoistisch.

Da sagt sich dann der Konsument: Wenn zur dünnen Suppe des Inhalts, dem starken Tobak der Meinung auch noch Publikumsbeschimpfung dazukommt, dann reicht’s: ich kündige.

Russentag auf ZACKBUM

Putzt es doch selbst!

Das Suworow-Denkmal in der Schöllenenschlucht gibt es seit 1899. Es erinnert an Kampfhandlungen aus dem Jahre 1799. Der Bundesrat hatte ein aufmerksames Auge auf seine Errichtung, damit die Inschrift auch mit der Schweizer Neutralität vereinbar sei.

Nun haben weder General Suworow, noch der Initiator Fürst Sergei Galitzin in irgend einer Form mit dem heutigen russischen Regime zu tun. Trotzdem wurde das Denkmal Opfer eines Farbanschlags. Aufgrund der gewählten Farbbeutel handelt es sich zweifellos um die Tat von Ukraine-Sympathisanten.

Über Sinn und Zweck kann man trefflich streiten. Aber: natürlich regte sich die russische Botschaft in der Schweiz fürchterlich auf und forderte die Bestrafung der Schuldigen sowie die Beseitigung des Schadens.

Trotz Zeugenaufrufen und anderen detektivischen Höchstleistungen ist es aber der Urner Polizei bislang nicht gelungen, die Vandalen dingfest zu machen. Und mit der Forderung nach Reinigung wurde die Botschaft von der Eidgenossenschaft an den Kanton Uri weitergereicht. Dessen Regierung beschied nun allerdings die erregten Russen, dass sie den Dreck selber wegmachen müssen.

Denn: Das Gelände war 1893 vom Besitzer, dem Korporationsrat Urseren, dem Russischen Kaiserreich unentgeltlich abgetreten worden. Daher ist der russische Staat, vertreten durch seine Botschaft, Besitzer der 563 m². Das bleibt wohl auch so, da dass Denkmal bislang auf keiner Sanktionsliste aufgetaucht ist. Daher ist der Besitzer selbst für die Reinigung zuständig und müsse für die Kosten aufkommen, meinen die Urner. Zum Wunsch der Botschaft nach besserer Bewachung liegt allerdings keine Antwort vor.

Sternstunden der Weiterbildung

Frauen im Gegenwind der hässlichen Art. Kostet bloss 2300 Franken.

Von Adrian Venetz
Im Ozean der Angebote und Initiativen rund ums Thema Frau schimmert da unverhofft eine ganz besondere Perle in Winterthur: die feministische Fakultät, kurz fem. Es handelt sich dabei um einen Verein, der nicht nur Geld sammelt, sondern auch «Lehrgänge» anbietet. Kommende Veranstaltungen: Frauen zwischen Allmacht und Ohnmacht, Care-Arbeit räumlich denken, anti-feministischer Backlash in Osteuropa. Nicht fehlen darf natürlich auch die Dozentin Jolanda Spiess-Hegglin. Dazu schreibt die feministische Fakultät: «Wir beschäftigen uns damit, wie Frau* mit Gegenwind der hässlichen Art umgehen kann und welche Bedeutung ein Unterstützerinnen-Netzwerk hat.» Punkto «hässliche Art» wird Frau Spiess-Hegglin gewiss auch erläutern, wie man in einer gepflegten Diskussionsrunde einen Mord beklatscht.
Feminismus kostet. Und wie
Der feierliche Abschluss des Lehrgangs mit Diplomübergabe und Apéro findet im November 2022 statt. Musikalisch umrahmt vom «einzigartigen fem!-Chor». Gratis gibt es dieses Diplom, das sich in jedem Lebenslauf gut macht, leider nicht. 1800 Franken kostet der Lehrgang. Plus Reisespesen um die 500 Franken. Trotz «Makroskandal», dass Frauen in der Schweiz pro Jahr «100 Milliarden weniger Einkommen als Männer» haben, werden sich gewiss einige Frauen finden, die sich den Lehrgang leisten können. Schliesslich herrscht gerade hier ein akuter Fachkräftinnenmangel von Frauen*, die sich gegen anti-feministische Backlashes zur Wehr zu setzen wissen.
Keine Frage: Diese Ausbildung darf man sich auch als Mann nicht entgehen lassen. Schliesslich sind es ja gerade die Männer, die noch so viel dazulernen müssen. Also frisch und fröhlich auf zur Anmeldung. Doch rasch füllen sich die Augen mit Tränen: Männer sind für diesen Lehrgang nicht zugelassen. (Geld spenden aber dürfen sie – immerhin.) Man kann dafür ankreuzen, ob man non-binär, queer oder trans ist. Und man kann wählen, mit welchem Pronomen man angesprochen werden möchte, beispielsweise mit dem englischen Pronomen «they» für multiple Persönlichkeiten. Das geschlechtsneutrale finnische Pronomen «hän» ist leider nicht als Option aufgeführt. Hier besteht Nachholbedarf. Zudem: Ist die Bezeichnung «feministische Fakultät» nicht ein Schlag ins Gesicht all jener, die gerade nicht im toxischen Dipol «feminin» und «maskulin» denken? Müsste es nicht besser «transfeministische Fakultät» heissen? Oder «non-cis-maskuline Fakultät»? Wir sind etwas ratlos.
Der Genderstern flackert vor sich hin
Die Vorstandsmitglieder des Vereins heissen Vorständinnen*. Es gilt noch zu erörtern, in welchen Fällen der Genderstern am Wortende aufflackern darf. Dies vielleicht als Anregung für einen kommenden Lehrgang. Ein Ehrenmitglied auf Lebenszeit ist übrigens eine Frau namens Erika Bachmann. Die Auszeichnung ist wohlverdient, denn sie nennt sich heute Bachfrau. Und sie hat für ihr Wirken eine spezielle fem!-Brosche erhalten. Ehre, wem Ehre gebührt.
Und schliesslich ist es ein hehres Ziel des Vereins, eine «faire Diskussionskultur in vielfältiger Gesellschaft zu gewährleisten», wie auf der entzückend pinkfarbenen Website zu lesen ist. Dass der Verein mit einem männerexkludierenden Diplom-Lehrgang und mit Dozentin Jolanda Spiess-Hegglin genau auf dem richtigen Weg ist, dieses Ziel zu erreichen, wird kaum jemand ernsthaft bestreiten. Oder*?

Geschützte Werkstatt

Schon mal swissinfo gehört? Nein? Nun gut, vielleicht kein Auslandschweizer.

So macht das Informieren Spass. 2020 betrug der Gesamtaufwand von swissinfo genau 18,354 Millionen Franken. Der Gesamtertrag 18,354 Millionen. Das ergibt ein Unternehmensergebnis von 0.

Davon auf einen Inhalt von 0 zu schliessen, das wäre natürlich nassforsch. Swissinfo wurde 1935 als «Schweizer Radio International» gegründet, angeflanscht an die Schweizerische Rundspruchgesellschaft SRG. Zweifache Aufgabe: Auslandschweizer über ihre Heimat informieren und Schweizer Präsenz im Ausland markieren.

2005 hatte swissinfo ein Nahtoderlebnis. Der Dienst hätte schwer gestutzt werden sollen. Angebot nur mehr auf Englisch und in den Landessprachen, je ein zuständiger Redaktor. Schlank und rank aufgestellt, mit allen Synergien hätte man das Angebot für eine halbe Kiste jährlich schaukeln können.

Warum schlank und billig, wenn’s auch dick und teuer geht?

Aber so geht es in Staatsmedien ja nicht. Pardon, in staatsunabhängigen, aber zwangsfinanzierten Medien. Pardon, in völlig unabhängig-objektiven Gebührensendern. Also blieb swissinfo dick und gefrässig und baute das Angebot aus; heutzutage wird in zehn  Sprachen gesendet.

Die Kosten dafür teilen sich die SRG und der Bund fast 50 zu 50. Schöner Vorteil für swissinfo: wer zwei Herren hat, kann eigentlich machen, was er will.

Bei swissinfo werkeln total 106 Mitarbeiter (wir verwenden weiterhin das generische Maskulinum, wenn’s recht ist). Das sind immerhin doppelt so viele wie bei der «Republik». 11 davon bilden das «Kader». Denn so ein Tanker braucht Führungskräfte. Qualifizierte Führungskräfte. Angeführt von der Direktorin Larissa M. Bieler.

Chefredaktion, Direktion, Qualifikation: Bieler.

Wir sind für Frauenförderung, absolut. Wir bewundern eine Flight Attendant, die nach dem Swissair-Grounding umsattelte, als freie Journalistin begann und ihr Studium mit einer Dissertation zum Thema «Verhältnis von Sinneswahrnehmung und sprachlichem Ausdruck im Geschmacksdiskurs» abschloss. 2013 kletterte sie auf den Chefsessel des «Bündner Tagblatt» (damals 8140 verkaufte Exemplare). Schon 2015 gab sie diese Funktion im Zentrum der medialen Landschaft ab und wurde im Januar 2016 Chefredaktorin von Swissinfo.

Alles qualifizierte Fachkräfte an Entscheidungspositionen

Hier wird sie von vier weiteren ausgewiesenen Fachkräften aus der Resteverwertungsanstalt des Journalismus unterstützt, das gab ihr die freien Valenzen, um ab 2018 auch noch die Direktion zu übernehmen. Der Kontakt zu den Hörern wird übrigens durch einen «Publikumsrat» sichergestellt. Auch von dem haben Sie sicherlich schon viel gehört; seine Mitglieder:

  • Marcel Stutz (Präsident) 
    Ehemaliger Schweizer Botschafter
    Muttersprache: Deutsch
  • Marina Karlin (Vizepräsidentin) 
    Direktorin des Monatsmagazins «Russian Switzerland»
    Herausgeberin und Journalistin
    Muttersprache: Russisch
  • Chok Woo
    Ingenieur und Manager
    Muttersprache: Chinesisch
  • Cinzia Dal Zotto
    Professorin an der Universität Neuenburg
    Muttersprache: Italienisch
  • Rose Wettstein 
    Englisch-, Medien- und Informatik-Lehrerin an der Sekundarschule
    Muttersprache: Englisch

Wenn man dann noch weiss, dass Silvia Egli von Matt die Ombudsfrau von swissinfo ist, bleiben eigentlich keine Fragen offen.

Zahlen und Namen sind das eine, was ist mit dem Inhalt?

Corona hatte für swissinfo segensreiche Auswirkungen. Die Zahl der Unique Clients verdoppelte sich von 2019 auf 2020 fast und stieg auf 2,1 Millionen pro Monat (zum Vergleich NZZ 8,8 Millionen).

Gut, das sind alles Zahlen und Rahmenbedingungen. Was liefern denn nun die rund 100 Kostenverursacher an Inhalt, denn darauf kommt’s ja irgendwie an. Oder auch nicht, wenn man null von der Einschaltquote, dem Markt, dem Generieren von Einnahmen abhängig ist.

Nehmen wir mal eine Aufforderung zur Debatte. Heisses Thema: «Was halten Sie vom Entscheid der Migros, den Verkauf von Alkohol zu prüfen?» Das müsste ja eigentlich unter Aufreger laufen und ein Quotenrenner werden, zumal der Beitrag dreisprachig existiert. Nur: Nach einigen Tagen haben sich ganze 17 Kommentatoren («ich bin dagegen») eingefunden.

Was bewegt denn die Schweizer im In- und Ausland, was will die Welt wissen? Nun ja:

Es geht aber noch besser; dieses Ereignis hat von Indien bis Neuseeland, von Bolivien bis Russland – und in ganz China – Anteilnahme und Mitgefühl ausgelöst:

Gut, schauen wir mal, was in einer der meistverwendeten Sprachen der Welt los ist:

Auf Spanisch können wir feststellen, dass Aktualität nicht wirklich ernst gemeint wird. Und der grossartige Aufmacherartikel? Worum geht’s da eigentlich, was soll der Auslandschweizer und der Spanischsprechende überall auf der Welt von der Schweiz mitnehmen? Das hier:

«Die Corona-Pandemie trifft fast alle Demokratien hart. Für Diversitäts-Beraterin Estefania Cuero aber sind diese Auswirkungen gerade in der Schweiz Ausdruck von grundlegenden, bereits seit langem bestehenden Problemen. Sie und andere Expert:innen fordern mehr Inklusion und stellen die Machtfrage.»

Das ist mal wieder der richtige Moment, um festzuhalten: nein, das ist keine Satire und das Beispiel ist nicht ausgedacht. Aber vielleicht gibt es ein anderes Thema in der Weltsprache Nummer eins (abgesehen von Chinesisch)?

Sir, no Sir, wie man da auf Macho-Englisch sagen muss. Erschwerend kommt noch hinzu, dass die rund 100 Swissinfo-Mitarbeiter und -Kader die Last der Newsherstellung nicht etwa alleine auf ihren schmalen Schultern tragen müssen. Sie können die SDA und natürlich alles vom breiten Angebot der SRG verwursten.

Auch den Chinesen wird das Thema Diversität und Inklusion, sowie die Gefährdung der Demokratie, nähergebracht:

Warum nicht zurück zur Entscheidung von 2005?

Es ist nicht so, dass die SRG noch nie eine Sendequelle hätte versiegen lassen. Radio Beromünster gibt’s nicht mehr, SPlus/Schweiz 4 hat das Zeitliche gesegnet, auch der Telefonrundspruch gehört der Vergangenheit an. Das «World Radio Switzerland» wurde verkauft.

Swissinfo lebt. Hier dürfen Redaktoren noch ihre Hobbys pflegen. Losgelöst von Aktualitätsdruck vor sich hinwerkeln. In den grossen Topf vorhandener Angebote greifen. Qualitätskontrolle, Ansprüche, Niveau? Nun, sagen wir so: Was für das «Bündner Tagblatt» gut war, kann doch für einen staatlichen Gebührensender nicht falsch sein. Schliesslich ist Bieler nicht die einzige Medienmanagerin mit Graubündner Wurzeln, die Karriere gemacht hat.

Einen Wermutstropfen gibt es allerdings. Zu den zehn Sprachen, in denen Swissinfo sendet, gehört Rätoromanisch – nicht. Das ist traurig, trist, trest und truli.

Spielt keine Rolex, was das lacostet

Alter Werberscherz. Neu belebt vom BAG.

Auf unsere Faktentchecker ist ja kein Verlass. Also haben wir ein paar Fragen zur abverheiten Tournee zwecks Mobilisierung der Jugend ans BAG gerichtet. Manchmal sind die Antworten so entlarvend, dass es keinen weiteren Kommentar braucht.

Daher alles im Original.

  1. Trifft es zu, dass diese ganze Veranstaltung rund 2,5 Millionen Franken kostet?

Die Informations- und Konzert-Tour ist Total mit ca. 2,5 Mio Franken budgetiert, das ist korrekt. Darin enthalten sind Planung, Infrastruktur/Technik, Personalkosten, Reisekosten, Produktion, Durchführung, Kommunikationsmassnahmen und Gagen für die gesamte Informations- und Konzert-Tour inkl. aller Aktivitäten.

  1.     Trifft es zu, dass die teilnehmenden Künstler jeweils eine Gage im sechsstelligen Bereich erhalten?

Die Künstlerinnen und Künstler werden branchenüblich honoriert.

  1.     Welche Beträge sind das; im Schnitt und individuell auf die Künstler aufgeschlüsselt?

Die Beträge kommunizieren wir nicht, um die Privatsphäre der Künstlerinnen und Künstler zu schützen.

  1.     Trifft es zu, dass die Künstler eine Stillschweigensklausel über ihr Honorar unterzeichnen mussten?

Zum Schutz der Privatsphären der Künstlerinnen und Künstler wurde gegenseitig vereinbart, sich zum Inhalt der Verträge nicht zu äussern.

  1.     Diese Tour wird von «Gadget Abc Entertainment Group» organisiert. Welches Honorar bekommt der Veranstalter?

Die Aufwände von «Gadget Abc Entertainment Group» werden zu marktüblichen Konditionen abgegolten.

  1.     Die gesamte Impfkampagne wird von der Werbeagentur Rod Kommunikation durchgeführt. Welches Honorar bekommt Rod für diese Impfwoche?

Rod Kommunikation ist als Generalunternehmerin beauftragt für die Bevölkerungsinformation im Rahmen der Covid-19-Pandemie. Dies betrifft ebenfalls die Impfwoche. Über die Generalagentur wurden bisher Dutzende externe Subunternehmen für Drittleistungen beigezogen (Produktionsfirmen, Mediavermarkter, Kommunikationsdienstleister, etc.). Es wurde mit Rod Kommunikation ein Agenturhonorar von 9% vereinbart. Dieses Agenturhonorar wird auf die Kreation, Realisation, Produktion erhoben. Das Agenturhonorar auf Medialeistungen (Streuung) beträgt aktuell 6% und richtet sich nach der Gesamthöhe des Streubudgets. Es wird kein Honorar vergütet für Beratungsleistungen und Honorare von Subunternehmern, Marktforschungskosten und Spesen/Verbrauchsmaterialien. Das Agenturhonorar deckt den Beratungs-, Projektmanagement- und Administrationsaufwand der Agentur ab. Dies sind marktüblichen Ansätze von Kommunikationsagenturen.

  1.     Welches Honorar bekommt Rod bislang für die kommunikative Umsetzung aller BAG-Massnahmen?

Siehe oben.

  1.     Trifft es zu, dass die Konzerte zwar schnell ausverkauft waren, im Schnitt aber mindestens 20 Prozent der Besucher nicht erschienen?

Das ist richtig. Wir müssen leider davon ausgehen, dass viele Tickets bestellt wurden, ohne dass die Bestellenden die Absicht hatten, ein Konzert zu besuchen. Das ist schade, weil dadurch viele Konzert-Interessierte leider keine Möglichkeit hatten, die bisherigen Konzerte zu besuchen.

  1.     Trifft es zu, dass bei den bisherigen Konzerten jeweils nur Impfungen im unteren zweistelligen Bereich stattfanden? Gibt es dazu genaue Zahlen?

Das Verabreichen von möglichst vielen Impfungen am Rande der Konzerte ist nicht das Ziel der «Back on Tour» (vor Ort gab es jeweils zwischen 15 und 30 Impfungen). Die Informations- und Konzert-Tour ist innerhalb der Impfwoche vor allem eine Kommunikationsaktion. Die Konzerte dienen beispielhaft der Anschaulichkeit und erklären auf einfache Weise, wie stark Corona das öffentliche und kulturelle Leben noch immer einschränkt. Rund um die fünf Konzerte informieren medizinische Fachpersonen gemeinsam mit den Künstlerinnen und Künstler in unterschiedlichen Veranstaltungen und Aktionen, weshalb es wichtig ist, dass wir alle es gemeinsam so schnell wie möglich aus der Pandemie schaffen und zur Normalität zurückkehren sollten.

 

And the winner is: Rod Kommunikation. Alleine diese völlig abverreckte Impfwoche hat rund 100 Millionen gekostet. Davon 9 oder auch nur 6 Prozent «Agenturhonorar»: So viel Champagner kann man dort gar nicht saufen. Es wird aber wohl mit Hörschutz gearbeitet, beim ständigen Knallen der Korken.

Fauler Zahlenzauber

Kühe, Coiffeure, alles wird in der Schweiz gezählt. Nur die Ausgaben der Impfwoche nicht.

Das wäre doch mal eine Herausforderung für Faktenchecker. Für fünf Konzerte unserer Schweizer Superstars hat der Bund 2,5 Millionen Franken budgetiert.

Maximal 500 Besucher wären pro Konzert zugelassen gewesen. Deren Eintritt war gratis, wenn auch nicht umsonst. Sondern kostet den Steuerzahler 1000 Franken pro Nase, oder 500 pro Ohr.

Nun sind aber wegen den fiesen Saboteuren nicht mal die Hälfte eingetrudelt. Damit kostet es den Steuerzahler schon 2000 Franken.

Das könnte auch noch jeder Faktenchecker unter Zuhilfenahme von Fingern und Taschenrechner hinkriegen.

Jetzt aber die «Tschecksches»-Fragen: Wie viel kassierten die Künstler? Insgesamt und pro Nase? Wie viel kassiert die «Gadget Abc Entertainment Group» als Organisator? Und wie viel kassierte Rod Kommunikation für die begleitende Werbekampagne?

Yannick Wiget, übernehmen Sie!

USA: Demokratie geht anders

Welche Analyse liefern die Qualitätsmedien zu den USA?

Keine Bange. Ich werde weder mein Befremden über das Verhalten von Donald Trump ausdrücken. Noch meine gedämpften Hoffnungen, was Joe Biden betrifft. Und schon gar nicht in Lobeshymnen über die erste nicht-weisse Vizepräsidentin ausbrechen.

Das haben alle Qualitätsmedien bereits rauf und runter und quer und schräg durchgenudelt. Zu mehr als einer Mischung aus Schadenfreude und leichter Besorgnis, was man von Trump noch alles erwarten kann, zu mehr hat’s nicht gereicht. Nirgends.

Daher ein paar erschütternde Zahlen. Der gesamte Wahlkampf soll nach vorläufigen Schätzungen 14 Milliarden Dollar gekostet haben. Eine schier unvorstellbare Summe. Das brachte immerhin eine Wahlbeteiligung von knapp 67 Prozent. Das heisst andersrum, dass jedem dritten Stimmbürger diese historische Wahl, dieser Kampf zwischen Gut und Böse, schlichtweg an einem gewissen Körperteil vorbeiging.

The winner takes it all

Andererseits ist es wohl so, dass Joe Biden tatsächlich sogar das absolute Mehr der Stimmen geholt hat. Das spielt in den USA aber eigentlich gar nicht so eine grosse Rolle. Denn Hillary Clinton hatte auch mehr Stimmen als Trump vor vier Jahren erhalten. Aber das merkwürdige Wahlmänner-System der USA, wo der Kandidat mit 50,1 Prozent der Stimmen alle Wahlmänner eines Bundesstaat kriegt, sorgt dafür, dass die Stimmenmehrheit nicht entscheidend ist.

Und da gilt «the winner takes it all», versucht Trump nun noch verzweifelt, die Legitimität einzelner Ergebnisse in Frage zu stellen. Er stellt dabei die originelle Theorie auf, dass es legale Stimmen gebe, und nach denen habe er gewonnen, aber auch illegale, und mit denen wollen ihm die Demokraten den sicheren Sieg stehlen.

Zu den Absonderlichkeiten des US-Wahlsystems gehört auch, dass nicht etwa eine oberste Wahlbehörde das Ergebnis verkündet, sondern die grossen TV-Stationen arbeiten fieberhaft an Auswertungen, Hochrechnungen und Kaffeesatzlesereien, um möglichst als Erste den Gewinner der Wahlen zu verkünden.

Merkwürdigkeiten zuhauf

Das führt immer mal wieder zu bedauerlichen Fehlansagen:

Der gewählte Präsident Truman zeigt ein voreilige Schlagzeile.

Diesmal kann Biden allerdings stolz verkünden, dass er mit über 75 Millionen Stimmen so viele Wähler begeistern konnte wie noch kein Präsident vor ihm. Allerdings, mal wieder völlig im Gegensatz zu allen gewichtigen Prognosen der Qualitätsmedien, war es keinesfalls ein Erdrutschsieg, sondern auch Trump vereinte so viele Stimmen auf sich wie nur wenige gewählte Präsidenten.

Im Repräsentantenhaus verloren die Demokraten Sitze, und im Senat sieht es nicht danach aus, dass sie die Mehrheit der Republikaner knacken könnten. Aber abgesehen davon: Die US-Stimmbürger hatten sich zwischen einem offensichtlich nur schon charakterlich nicht für dieses Amt geeigneten Präsidenten und einem bei Amtsantritt 78-jährigen Greis zu entscheiden, dessen Wahlkampfteam sich am meisten davor fürchtete, dass er zu viele seiner berüchtigten Aussetzer hat.

Wahlprogramme? Was ist das?

Wenn die erste Euphorie der Trumpgegner und die Wutausbrüche der Trump-Anhänger verraucht sind, wird sich wieder herausstellen, dass es vielleicht nicht noch schlimmer wird, aber auch nicht viel besser.

Wenn das das Personal ist, das die beiden grossen, traditionellen Parteien der USA für das Amt des mächtigsten Mannes der Welt aufstellen können, dann kann man nur sagen: armes Amerika.

Was Biden genau will, ist eigentlich genauso unerforschlich wie Trumps Pläne. Oder hat jemand irgendein Parteiprogramm, eine Auflistung der wichtigsten Anliegen gesehen oder gelesen? In der Form unterscheiden sich beide sicherlich, aber im Inhalt? Schwer zu sagen, mangels Inhalt.

Das Schlamassel wäre vermeidbar gewesen

Was hingegen die Fähigkeiten der Berater betrifft, muss man sich vor allem bei Biden Sorgen machen. Er hätte diesen ganzen Schlamassel einfach vermeiden können, wenn er wie Obama Florida gewonnen hätte. Das hat er versemmelt, indem er Verhandlungen mit Kuba in Aussicht stellte.

Während Trump genau wusste, was die Exilkubaner hören wollen und  weitere Sanktionen versprach. Resultat: über 70 Prozent der Hispanics in Florida wählten Trump.

Und haben wir schon das mittelalterliche Auszählungssystem erwähnt? Die in wildem Gezerre zwischen Demokraten und Republikanern immer wieder umgeänderten Wahlbezirke, die teilweise wie von einem Irren geschnitzt aussehen? Schon mal von gerrymandering gehört? Zu Ehren des ersten Politikers, der das machte: die Wahlbezirke so umgrenzen, wie es für seine Partei am günstigsten, für die andere am schlechtesten ist. Was solange hält, bis die andere Partei wieder am Gerät ist. Das führt dann zu solch absurden Wahldistrikten:

Kein Witz, sondern US-Wahlbezirke.

Und haben wir erwähnt, dass sich jeder Stimmbürger zuerst in die Wahllisten eintragen muss, was für viele Amis, mangels Ausweis, mangels Kenntnissen, schon mal nicht so einfach ist. Also Demokratie geht irgendwie anders.