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Spaltet den Nebel!

Wie geht’s dem Nebelspalter? Schwer zu sagen. Daher ein Experiment.

Der «Nebelspalter» online ist nun über ein Jahr am Markt. Normalerweise werden schon viel früher Zahlen bekannt gegeben. Resonanz, Single Visitors, Klicks, Page Impression, was auch immer. Aber doch nicht beim Organ, das sich für Transparenz einsetzt: «Wir hassen den Nebel und das Nebulöse.» Ausser bei uns selbst, müsste man ehrlicherweise hinzufügen.

Also kann man nur über Umwege herauszufinden versuchen, wie’s denn so geht. Ein Indiz ist das Inserateaufkommen. Das liegt auch nach einem Jahr bei nahe null. Eine Anpreisung der neuen Tournee von Marco Rima. Wenn dem Mitarbeiter und Quotenbringer der normale Tarif verrechnet wurde, wäre das mehr als unfreundlich. Obwohl der «Nebelspalter» von Advertorials über Sponsoring und Tags so ziemlich jede Werbeform anbietet, war monatelang tote Hose. Seit einiger Zeit verstaubt eine Reihe von Auto-Werbetexten auf der Homepage. Der jüngste von Anfang Februar, immer mit dem gleichen Autor.

Nicht gut.

Nach einem Jahr trennte sich der «Nebelspalter» Knall auf Fall von seinem Geschäftsführer und Werbeakquirierer, von dem man für teures Geld eine Insellösung als CMS eingekauft hatte – und sich damit bis heute völlig von ihm abhängig macht. Über die Qualität der Webseite gibt es vernichtende Urteile von Fachleuten …

Nicht gut.

Die Webseite ist immer noch weitgehend hinter der Bezahlschranke versteckt, obwohl nach einem Jahr nun zum ersten Mal ein Schnupperabo abgeschlossen werden kann. Zudem hat die Webseite diverse Redesigns hinter sich.

Nicht gut.

Unter «Redaktion» sind inklusive Chefredaktor Markus Somm 11 Angestellte aufgeführt. Wir haben alle angefragt, ob sie auch tatsächlich noch für den «Nebelspalter» arbeiten. Unter «ständige Mitarbeiter und Kolumnisten» sind 14 weitere Publizisten aufgereiht. Darunter auch der VR-Präsident Konrad Hummler. Wir haben auch sie angefragt, ob sie tatsächlich für den «Nebelspalter» ständig tätig sind.

Das Ergebnis ist ernüchternd. Von der elfköpfigen Redaktion geruhten nur 3 zu antworten. Einer mit einer Abwesenheitsnotiz, einer, dass er nur noch bis zum 1. Mai dabei sei, und einer, dass er «glaub’s» in diesem Impressum stünde. Von den 14 ständigen Mitarbeitern verfügen schon mal 8 über keine E-Mail-Adresse beim «Nebelspalter», von den übrigen mochten nur Konrad Hummler, Reto Brennwald und Gioia Porlezza ihre Tätigkeit bestätigen. Ein weiterer Mitarbeiter antwortete mit der bangen Bemerkung: «Mal sehen, wie lange noch …»

Nicht gut.

Gerne hätten wir Chefredaktor Markus Somm die Gelegenheit gegeben, sich hier zu einigen Fragen zu äussern. Ob es denn stimme, dass der neue Geschäftsführer, um gleich mal ein Zeichen zu setzen, fast alle festangestellten Mitarbeiter entlassen habe. Wobei sich sein Leistungsausweis auf das Führen einer munzigen Lokal-Onlineplattform beschränkt. Oder wann man zum ersten Mal Zahlen serviert bekommt; Abonnenten, Einnahmen, Ausgaben, Break-even, Finanzflussplanung, Perspektiven. Leider beliess es der sonst immer so um Aufklärung und Transparenz bemühte Somm bei einer sehr knappen Antwort: «kein Kommentar

Nicht gut.

Buster Keaton auferstanden im Nebelspalter?

Ihm gelänge es wenigstens, angesichts dieses Erstauftritts eine regungslose Miene zu behalten.

«Unfreiwilliger Humor kommt gerne in Gazetten vor.» Wer hat’s erfunden? Der «Nebelspalter». Das ist dann aber auch schon das einzig Lustige, das vom Start zu vermelden ist.

Der Präsident des VR von «Klarsicht», der Herausgeber des neuen «Nebelspalter», greift gerne selbst in die Tasten. Konrad Hummler war über Jahre hinweg der Autor der intelligentesten Anlegerkommentare, zudem ein literarisch hochstehendes Lesevergnügen. Dann Herausgeber der «Bergsicht», die diese Tradition weiterführte.

Daneben lebte er seine Formulierlust gelegentlich in der NZZ aus. Nun hat er wieder einen eigenen Spielplatz. Verständlich, dass er seine Freunde und Bekannte über das Going Life des neuen Online-«Nebelspalters» informierte und gleich Werbung für sein erstes Stück machen wollte. «Mit Knoblauch zu mehr Substanz» heisst sein Ratgeber für die FDP, der er einen Kurswechsel empfiehlt.

Nun ist es leider so, dass Markus Somm wenig von Humor oder Satire und noch weniger vom Internet versteht. Konrad Hummler hat Humor, aber auch ihn kann man nicht als Digital Native bezeichnen.

Ein einziger, aber unfreiwilliger Brüller am Ersterscheinungstag

Also landete der «Nebelspalter» den ersten und einzigen Brüller am ersten Tag – unfreiwillig. Offenbar stand der Link zum Hummler-Artikel noch nicht fest, als er sein Mail schrieb. In solchen Fällen ersetzt man die Leerstelle durch xxx. Das wird dann brüllend komisch, wenn dieser Platzhalter in einer Webadresse steht www.xxx.ch – und nicht ersetzt wird. Jeder, der mag, kann schauen, was hinter diesem Link steht.

Es habe sich ein Link «eingeschlichen», korrigierte Hummler schnell, von einer «Internetseite, von der wir lieber nichts wissen wollen». Dann lieferte er den richtigen Link nach und dankte «wie immer für kritische Lektüre und Kommentierung». Allerdings: wie bei der vorher verlinkten Webseite gilt auch hier: zuerst bezahlen, dann glotzen.

Kein Altherrenwitz.

Was liess man sich sonst noch für den entscheidenden Moment der Erstauftritts einfallen? Die Verteilung von «Nebelsuppe», die dann doch eine Kartoffelsuppe war, am Bellevue in Zürich. Für Ortsunkundige: in der Nähe der NZZ, bei der Somm auch mal hätte Chefredaktor werden sollen. Und Hummler VR-Präsident war.

Dass CH Media und Tamedia Somm auch hier – wie bei seinem Start mit der BaZ – mit Häme übergiessen würden, war klar. Dass er es ihnen, im Gegensatz zu seinem erfolgreichen Wirken bei der BaZ, so einfach machen würde, das hätte niemand erwartet.

Auch Hinrichtungsversuche können unfreiwillig lächerlich sein

Natürlich gibt es indiskutabel blöde Hinrichtungen, das Stichwort für den Auftritt von Andreas Tobler. Die Allzweckwaffe des Hauses Tamedia kanzelt Somm als «bekennenden Liberalen und Libertären» ab. Entweder weiss Tobler nicht, was der Unterschied ist – oder es ist reine Bösartigkeit, das zu behaupten. Denn diese Unterstellung soll nur das Folgende einleiten: «Das ist Somms bekannte Position: gegen den Staat – auch in der Corona-Pandemie – und für eine deregulierte, ergo anarchische Marktwirtschaft.»

Allerdings hat ausser Tobler noch nie jemand von dieser anarchischen Position von Somm gehört. Dann wirft er dem Gastautor Stefan Millius vor, auch «Halbgares und Lauwarmes» zu präsentieren. Toblers Lieblingsnummer: faktenfrei, aber meinungsschwer Unsinn fabulieren.

Er kann es sogar nicht lassen, auch noch der NZZ ans Bein zu pinkeln, die mit «knalligen rechten und sonstwie reaktionären Positionen» ihren Heimatmarkt bewirtschafte. Eigentlich ein weiterer gelungener Scherz des «Nebelspalter»: Dummschreiber Tobler bestätigt haargenau, was Somm den Mainstreammedien vorwirft.

Aber es geht auch mit Niveau

Auf ganz anderem Niveau kritisiert Christian Mensch bei CH Media. Er bringt die inhaltliche Kritik gnadenlos auf den Punkt:

«Es ist ein Feuerwerk der Ideenlosigkeit, mit der das alt-neue Medium seine Plattform freigeschaltet hat. Eine Boygroup von Journalisten, die er in seiner Zeit als Chefredaktor der «Basler Zeitung» um sich geschart hat, verfasste eine Reihe von meinungsstarken, rechercheschwachen und damit überraschungsfreien Beiträgen in jenen Themenfeldern, in denen sie sich heimisch fühlen

Zu ergänzen bleibt nur: noch nie hat ein Neuauftritt, eine Premiere von was auch immer, ausserhalb von Kino, Oper und Theater, es gewagt, vom ersten Tag an alles – ausser Videos und einen ellenlangen «wer sind wir»-Text – hinter eine Bezahlschranke zu stellen. Das kann man als originell bezeichnen – oder als vollbescheuert.

Selbst Verlage wissen seit der Erfindung des Buchdrucks, dass es ungemein helfen kann, Rezensionsexemplare zu verschicken. Wenn schon nicht fürs Publikum, was aber auch nicht kreuzfalsch wäre, dann doch wenigstens für Multiplikatoren, vulgo Journalisten, hätte es doch eine Einladung zum Herumstöbern geben müssen.

Aber eigentlich wäre man nur dann von der Internet-Kompetenz der Macher überzeugt, wenn sie den ersten Tag, die erste Woche, den ersten Monat als Appetithäppchen gratis angeboten hätten. Denn wenn sie so von ihrem Produkt überzeugt sind, wie sie behaupten, müssten sie wissen, dass das die beste Werbung ist. Wenn sie etwas vom Internet verstünden, wüssten sie, dass das im Gegensatz zum Verschicken von Büchern – gratis ist.

So aber steht der potenzielle Leser und Kunde wie der Ochse vor dem Berg vor der Bezahlschranke. 1.60 pro Artikel (was absurd teuer ist) oder 16 Franken für alles während eines Monats (was in Relation absurd billig ist).

Prinzipien der Marktwirtschaft

Jeder Verkäufer muss von der Qualität seines Produkts überzeugt sein. Jeder Verkäufer weiss, dass er die Kunden anlocken muss, in übervollen Märkten. Vor allem, wenn es Somm trotz aller Eloquenz nicht gelingt, verständlich zu machen, wozu es eigentlich den neuen «Nebelspalter» genau braucht und wo seine Marktlücke, seine USP wäre.

Ich habe die 16 Franken nicht bezahlt, also kann ich leider weder Hummler Feedback zu seinem Artikel, noch Somm zu seinen geradezu egozentrischen Multiauftritten geben. Ausser zwei sicher unwillkommenen Ratschlägen kann ich nichts zum Erfolg beitragen.

Um dieses Desaster des Erstauftritts wegzustecken und zu tun, als wär’ da nix, braucht es einen Gesichtsausdruck wie von Buster Keaton.

So lustig kann ein trauriges Gesicht sein. So traurig kann ein nicht-lustiger «Nebelspalter» sein.

Selbst die nun nicht wirklich marktwirtschaftlich-liberal orientierte «Republik» wusste, wie man die eigene Randgruppe heiss macht und dazu verleitet, das Portemonnaie zu zücken. Die Ähnlichkeit besteht darin, dass beide Organe dank zahlungswilligen Investoren starten konnten. Bei der «Republik» im Wesentlichen ein Brüderpaar, beim «Nebelspalter» ein Sack Flöhe von 70 Investoren.

Wunder gibt es immer wieder – hoffentlich

Aber wenn lupenreine Vertreter der liberalen Marktwirtschaft, die nicht an die eigene Mission, sondern an die entscheidende Reaktion des Marktes glauben ­– trifft das Angebot auf genügend Nachfrage –, dermassen den Start versemmeln, zudem weitgehend humorfrei, dann kann man nur auf Wunder hoffen. Denn für eine wirkliche Lernkurve, dafür sind die Beteiligten zu selbstüberzeugt, und wenn sie in der kurzen, aber ausreichenden Vorbereitungszeit das Funktionieren des Internets nicht kapiert haben, dann werden sie das wohl auch nicht schaffen, bevor das Startkapital aufgebraucht ist.

Que pena, sagt man auf Spanisch in solchen Fällen, welcher Schmerz, welche Pein, dermassen enttäuscht worden zu sein, und das auch überhaupt nicht lustig zu finden.

 

 

 

Ein Journalist namens Surber

Auch so ein hasserfüllter Kämpfer für das Menschenfreundliche, Gute, Richtige und Unbezweifelbare.

Sie gleichen sich verblüffend. Es ist ein weit verbreiteter Typus im modernen Elendsjournalismus. Der mehrfach diplomierte Schreiber, der das Kunststück schafft, gleichzeitig mit dem Zeigefinger zu fuchteln, während er die Tasten betätigt.

Peter Surber verkörpert diese balzacsche Elendsgestalt exemplarisch. Sein erstes Diplom: Er ist ein Schnorrer. Denn fast immer können die Organe, für die Surbers schreiben, nicht aus eigenen Kräften überleben. Eigene Kräfte würde bedeuten: sie stellen etwas her, was genügend Interesse beim Publikum findet, damit auch genügend Geld reinkommt.

Die andere Möglichkeit wäre, seiner Überzeugung, seiner Mission auch aus eben diesen Perspektiven nachzuleben. Und sich die Kohle anders zu verdienen. So wir das bei ZACKBUM auch tun.

Aber niemals, Surber hat nur eine Gesinnung, wenn er dafür bezahlt wird, sie auszudrücken.

Dem stehen aber verschiedene Vorwände entgegen, wieso das nicht möglich sei. Surber arbeitet als Redaktor für das St. Galler «Kulturmagazin Saiten». Das Blatt hat eine Auflage von 5600 Exemplaren. Damit werden 2’200 «Vereinsmitglieder» beliefert und der grosse Rest liegt «in über 250 Kulturinstitutionen und in ausgewählten Restaurants und Geschäften auf». Der neuste Quatschtitel über die Nadel allerdings eher weniger.

Also Geschäftsmodell «TagesWoche», nur lud die den Grossteil ihrer Auflage in Flughäfen ab. Der Unterschied: die «TagesWoche» ist verröchelt, «Saiten» gibt es noch. Die Gemeinsamkeit: Beide Organe wurden oder werden von der «Stiftung Medienvielfalt» ausgehalten. Die übrigens auch dem Quatschblatt «watson» unter die Arme greift.

Geld vom Daig? Wo hört Kultur auf?

Die Stiftung wiederum verbrät damit das Geld einer reichen Pharma-Erbin. Pharma! Basel! Daig! Jeden aufrechten Kämpfer für das Gute und Bessere stellt es die Nackenhaare auf, wenn das Wort Big Pharma fällt. Ausser, man kann gut davon leben.

Zweites Diplom: Was Kultur ist, bestimmen wir. Ein «Kulturmagazin» hat’s natürlich viel leichter, milde Gaben zu erbetteln oder harmlose Leser um «Unterstützung» zu bitten – als ein ganz normales, linkes Wäffelblatt. Erklärung? Einfach. Die Ostschweizer Medienlandschaft «gleiche zunehmend einer Monokultur». Wie wahr, also was tun? «Der gesellschaftliche Diskurs zu sozialen und kulturellen Themen findet kaum noch Platz in den Medien.» Wäre mir neu, aber ich bin ja kein Ostschweizer.

«Durch diese Veränderungen fällt dem Ostschweizer Kulturmagazin Saiten eine neue Rolle zu: Wir sind dadurch vermehrt gesellschaftliche Impulsgeber, Kommentatoren, Seismografen.» Wunderbar, und wie durchbricht «Saiten» diese Monokultur? Nun, einige angepriesenen Themen des Februarhefts: «50 Jahre Frauenstimmrecht», «Reisen 1980 im Sudan», «indonesische Ultras». Unglaublich, wie global doch die Ostschweiz geworden ist.

Dem Seismographen helfen auch gerne fremde Federn

Gerne übernimmt man auch Rechercheergebnisse befreundeter Organe; so beispielsweise einen launigen WoZ-Bericht über «Hummlers Hofstaat», als gerade dessen Bank Wegelin von den USA geschlachtet wurde. Der Ex-Banquier regte sich fürchterlich darüber auf. Als er sich wieder abgeregt hatte, bemängelte er immerhin zu Recht, dass wie es sich für solche Demagogenartikel gehört, er keine Gelegenheit zur Stellungnahme bekommen hatte.

Diplom drei: Man verwendet gerne zugespielte Dokumente und lässt sich dadurch für unbekannte Motive instrumentalisieren. Macht die «Republik» regelmässig (auch am Saugnapf der Stiftung), macht «Saiten» ab und an, so beim Knatsch um die Lokremise.

Letztes Diplom: Man ist keinesfalls käuflich, niemals. Nur: «Dieses Heft ist in Kooperation mit der Gemeinde Lichtensteig entstanden und von dieser mitfinanziert.» Was nun aber so was von null Einfluss auf die unabhängige, kritische Berichterstattung hatte, aber hallo.

Das Heuchlerdiplom gibt’s ausser Konkurrenz

Ausser Konkurrenz läuft diese Auszeichnung: das Heuchlerdiplom am Band mit Brillanten. Da ja inzwischen alles Kultur ist, vorausgesetzt, Peter Surber schreibt darüber, gehört natürlich auch dieses Geschimpfe dazu: «Im Fall der Wutbürger, Rechtsparteien und ihren Medienkanälen heisst die Parole: Mehr Egoismus, weniger Staat. Mehr Respektlosigkeit, weniger Solidarität.»

Das sei ein «Kommentar», meint Surber, darunter versteht er offensichtlich: null Fakten, 100 Prozent Häme, Verleumdung, Blödsinn. Und eine sehr gepflegte Sprache. Zuerst bekommt Markus Somm sein Fett ab, offenbar ein Angstbiss angesichts der bevorstehenden Lancierung des neuen «Nebelspalter». Somm «wetterte scharf und widerspruchs-resistent gegen den Bundesrat und den Lockdown». Aha, verwendete Somm zufällig auch Argumente dabei? Ach, damit hält sich doch kein Kommentator auf dem Kriegszug auf.

Aber das ist nur die Einleitung mit einer «besonnenen Stimme im Lärm der Rechtspublizistik». Was ist das schon wieder? Man vermutet: alles, was nicht identischer Meinung mit Surber ist. Weniger besonnene? Bitte sehr: «In der «Weltwoche» geifert Noch-SVP-Nationalrat Roger Köppel gegen den «vollgedröhnten» und «verseuchten» Bundesrat.»

Bevor sich Surber selbst den Geifer vom Mund wischt, muss er noch einen drauflegen: «Auf der Plattform ostschweiz.ch marschiert eine ganze Truppe von Schreibern gegen die Coronamassnahmen auf. Letzten Freitag war es als Gastautor der selbsternannte Tierschützer Erwin Kessler.»

Meinungsfreiheit? Aber doch nicht bei Surber

Vor lauter Schaum vor dem Mund fällt es dem selbsternannten Scharfrichter Surber gar nicht auf, dass er hier doch eine Alternative zur angeblichen medialen «Monokultur» erwähnt. Aber papperlapapp, was soll denn ein Kommentar mit Logik am Hut haben. Lieber weiter ins Gebüsch fahren: «Das war sogar dem «Ostschweiz»-Kolumnisten Gottlieb F. Höpli zuviel.» Der beendete wegen des Gastkommentars von Kessler seine Mitarbeit und liess das gleichzeitig mit dem Chefredaktor der «Ostschweiz» auch alle weiteren «Monopolmedien» wissen.

Surber geht unbeschwert von Logik, Tatsachen und anderen Nebensächlichkeiten in die Zielgerade: «Solche Hass-Attacken (wie die von Kessler, Red.) mehrten und mehren sich in dem Mass, wie die SVP in den letzten Wochen ihren letzten Anstand und politischen Verstand verloren hat …», «Staats- und Sozialabbau», «rechte Scharfmacher»,  Blabla und Blüblü. Ein letzter Stossseufzer: «Man kann sie nicht ändern, denn das Virus bringt nur zutage, was als Haltung, als Charakter, als DNA schon da war.»

Surber als Rassentheoretiker?

Rollen wir das kurz von hinten auf. Surber, der Sozialdarwinist, behauptet doch tatsächlich, die politische Einstellung «rechter Scharfmacher» sei genetisch, charakterlich vorbestimmt. Das trauten sich zuletzt verrückte Rassentheoretiker, ob so ein Schwachsinn im Rahmen der Antirassismus-Strafnorm erlaubt ist? Oder könnte Surber zeitweise Unzurechnungsfähigkeit geltend machen?

Die anderen haben letzte Reste von Anstand und Verstand verloren? Im Gegensatz zu Surber, der einen Noch-NR «geifern» lässt, ein etwas erfolgreicherer Publizist als Surber «wettert widerspruchs-resistent», während «Saiten» dafür bekannt ist, die Spalten des Blatts im Rahmen der Meinungsfreiheit diversen Positionen zu öffnen. Solange sie vegan, politisch korrekt, mit den Meinungen und Vorurteilen Surbers übereinstimmen.

Aber das alles sind eigentlich lässliche Sünden und Dummheiten eines erregten, aber nicht sonderlich begabten Schimpfkanoneurs. Der echte Rohrkrepierer, den Surber auch nicht bemerkt, obwohl er mit schwarzem Gesicht und angekokelten Haaren dasteht, so hat’s gekracht, ist aber: Ich als Autor bei «Die Ostschweiz» bin ganz ausgesprochen mit Kesslers Ansichten nicht einverstanden. Ich teilte auch nicht alle Ansichten von Höpli, genauso wenig die von Stefan Millius oder von vielen anderen Mitarbeitern oder Kommentatoren bei der «Ostschweiz».

Rechthaberei als billiges und ängstliches Gehabe

Aber solange die nicht gegen Strafnormen oder sehr weit gefasste Regeln des Anstands verstossen, bin ich jederzeit und bedingungslos dafür, dass sie publiziert werden. Genauso, wie ich in der «Ostschweiz» meine Meinungen und Artikel veröffentlichen kann, mit denen garantiert auch nicht alle Leser oder Mitarbeiter übereinstimmen.

Ich wäre sogar dafür, dass Peter Surber jederzeit das Wort ergreifen könnte. Selbst die offenkundigen Fehlschlüsse, die blut- und inhaltsleere Polemik, der Ersatz von Argumenten durch Gewäffel würde mich nicht davon abhalten. Ich bin für Meinungsfreiheit als die wohl wichtigste Errungenschaft der Aufklärung und der Neuzeit.

Ich bin auch dafür, dass sich jeder Erwachsene in der Öffentlichkeit zum Deppen machen kann.

Ich bin mir allerdings sicher, dass Surber niemals einen Kommentar von mir auf «Saiten» veröffentlichen würde. Er würde widrigenfalls allerdings auch nicht kündigen, so wie Höpli. Denn wo sollte Surber denn hin? Solche Tiefflieger wie ihn braucht doch kein journalistisches Organ, das selber schauen muss, wie es sich finanziert. Was dem Gewäffel Surbers aus seiner geschützten Werkstatt gegen Somm, Köppel oder Millius noch mehr einen schalen Beigeschmack gibt.

 

Vorverurteilung

Auch für Markus Somm gilt die Unschuldsvermutung nicht.

Als Tamedia auch noch die «Basler Zeitung» schluckte, hielt sich das öffentliche Bedauern in engen Grenzen. Im Gegenteil, endlich ist er weg. Der Schriftleiter von Blochers Gnaden. Das Sprachrohr der SVP. Der schlimme rechtsbürgerliche Finger. Der Streiter an Köppels Seite.

Zudem habe Markus Somm ja die BaZ auch finanziell in den Boden gefahren, die Auflage fast halbiert, also in einem Wort: ein rechter Hetzer hat versagt, gut, dass er verstummt.

Dass gleichzeitig die grosse linke Alternative, das Auffangbecken für viele gefrustete BaZ-Redaktoren, die mit Millionen einer Pharma-Erbin gepäppelte «TagesWoche» elend verröchelte, nach Intrigen, Auflagenbeschiss, Blubbern in der eigenen Gesinnungsblase, das machte weniger Schlagzeilen.

Das haben die Basler nun davon

Auch nicht, dass Basel heute einerseits mit der Einheitssosse aus Zürich zugeklatscht wird, andererseits in «Bajour» schon wieder ein Medium hat, dass keine 2000 zahlende Leser findet und ebenfalls eingehen wird, wenn die neuerlich gespendeten Millionen versiegt sind.

Während nicht zuletzt dank dem grossen Portemonnaie von Blocher die BaZ saniert, ihre Pensionskasse gerettet wurde und das Blatt zum ersten Mal seit Jahren schwarze Zahlen schrieb.

Abgesehen davon, dass die «SonntagsZeitung» – zum grossen Unverständnis vieler angeblich am Widerstreit der Meinungen interessierter Linken – Somm eine Kolumne gab, herrschte allgemeines Aufatmen. Jetzt ist im Duopol auf dem Zeitungsmarkt, mit CH Media und Tamedia, wieder Ordnung und Anstand eingekehrt. Aber auch gähnende Langeweile, weiterer Auflagenschwund, ein zum Skelett abgemagerter Journalismus, was dem Leser als Konzentration auf das Wesentliche verkauft werden soll.

Wer stört noch die Friedhofsruhe der Einheitsmeinung?

Da stört den Konsens nur noch die NZZ, die dementsprechend schrill beschimpft wird; sie schmeisse sich den deutschen Rechten an den Hals, sei AfD-nah, also im strengen Verdacht, rechtspopulistische Hetze zu betreiben.

Zunächst: Ich habe in der BaZ unter Somm über 100 Artikel veröffentlicht. Niemals, kein einziges Mal bekam ich dafür Direktiven, Anweisungen, wurde Kritik selbst an Somm zensuriert. Der regelmässige Mitarbeiter der BaZ, der leider verstorbene grosse Helmut Hubacher, lobte die Liberalität von Somm, seine Bereitschaft, mehr noch, sein Bedürfnis nach Debatte. Ich schreibe auch gelegentlich für die «Weltwoche» und die NZZ. Dort herrscht der gleiche Esprit.

Ich schreibe schon lange nicht mehr für Tamedia oder CH Media. Nicht, dass ich’s nicht ab und an versuchen würde. Aber seitdem sich der Oberchefredaktor von Tamedia fast eine ganze Seite lang über mich öffentlich geärgert hat, weil ich ihn zu kritisieren wagte, bekomme ich nicht mal mehr einen Lacher als Antwort, wenn ich einen Artikel anbiete.

Bei CH Media ist es mehr so, dass sich sowieso schon zu viele Redaktoren in der Zentralredaktion in Aarau auf den Füssen stehen. Und beim zunehmenden Schrumpfen wäre es ein ganz falsches Signal, von aussen selbst saftige Skandalgeschichten anzukaufen. Das gilt übrigens auch für den «Blick».

In diesem ganzen Elend eine gute Nachricht?

In diesem ganzen Elend verdichteten sich die Gerüchte zur Tatsache: Somm hat den «Nebelspalter» gekauft. Himmels willen, wird da und dort aufgeheult, nach der «Weltwoche» nun auch das. 145 Jahre Tradition, Bö, gezeichnet von einem sanften, selten bissigen Wohlfühlhumor, eigentlich nur noch aus Wartezimmern nicht mehr wegzudenken. Für die meisten ohne dritte Zähne gar nicht mehr auf dem Schirm.

Hätte doch einfach sang- und klanglos irgendwann verschwinden sollen, dann hätte man noch einige bewegte Nachrufe geschrieben, und tschüss. Aber jetzt das. Somm, Hummler, reiche Säcke, die mal so 100’000 Franken auf den Tisch legen können; mehr als der Durchschnittsschweizer im Jahr verdient.

Mit Müh und Not konnte Somm noch als Chefredaktor der NZZ verhindert werden, auch wenn man René Scheu als Feuilletonchef akzeptieren musste. Schon jaulen die ersten Karikaturisten als Karikatur ihrer selbst auf; sie seien vom bisherigen Besitzer brandschwarz belogen worden, sie seien nicht willig, die Garnituren für rechte Hetze zu zeichnen.

Somm hat natürlich völlig recht

Da hat Somm leider recht. Die Linken sind behäbig, unleidlich, denkfaul, unfähig zur Debatte geworden. Der weichen sie schon lange mit moralinsauren Totschlagargumenten aus, mit den ewig gleichen Etiketten, mit den ewig gleichen Klischees. Wer die Andacht der Gutmenschen stört, ihr Leiden an sich, der Welt, so viel Unrecht, so viel Schuld, der stört.

Im Sinne der Inquisition werden nicht Meinungen, sondern Meinungsträger bekämpft. Ab dem ersten Mal, ein Wiederholungstäter wie Somm ist natürlich vorverurteilt, bevor er überhaupt den Mund aufmacht. Was will er mit dem «Nebelspalter», wo soll die Reise hingehen, was haben die Financiers und er vor? Egal, das soll sicher eine überhaupt nicht witzige neue Speerspitze der rechtspopulistischen Hetzer werden. Sozusagen ein Zweizack mit dem anderen Gottseibeiuns.

Boykottieren, abbestellen, ignorieren

Es riecht nach Schwefel, nach etwas Teuflischem, nach üblen Absichten. Das weiss der liberale Gutmensch schon vorher und wendet sich mit Grausen ab, boykottiert, kann sich in einer solchen Umgebung nicht vorstellen, ist enttäuscht, erschüttert, kündigt das Abo, schreibt und zeichnet nicht mehr, so wie weiland beim Verkauf der BaZ.

Auch wenn der «Nebelspalter» wohl kaum ein «Le Canard enchainé» oder ein «Private Eye» werden kann: durchlüften und mit genügend Finanzen Schub geben, wunderbar. Ausbau statt Abbruch, wunderbar. Versuch, Irrtum, neuer Versuch. Wunderbar. Kein Gejammer, sondern Geklotze. Wunderbar.

Vielleicht haben ja ein paar linke Reiche noch Geld und Lust, ein weiteres Mal Millionen zu verrösten, indem sie ein aufrechtes, aber zum Scheitern verurteiltes linkes Experiment finanzieren. Den «Sommspalter», den «Hummibrummi», den «Frey-Anzeiger». Oder: Die «Republik», neu auch mit witzig.