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Wumms: Anna Wanner

Durch den Bauchnabel gesehen.

Es hat schon Vorteile, die Tochter des Chefs zu sein. Axel Wüstmann war weder das eine, noch das andere. Deshalb ist er weg, während Anna Wanner von niemandem gehindert werden kann, ihren Senf zu allem zu geben.

Immerhin macht sie es leserfreundlich unnötig, ihren Kommentar lesen zu müssen; schon der Titel stellt alles klar: «Vorentscheidung beim SP-Ticket: Eva Herzog ist die Richtige».

Während ihre Konkurrentin Elisabeth Baume-Schneider den grossen Vorteil habe, «nicht nur kompetent, sondern auch witzig» zu sein, habe sie natürlich keine Chance, dekretiert Wanner.

Wenn ein Mann, zum Beispiel Wüstmann, eine Frau so beschrieben hätte, da wäre die Feminismus-Fraktion ganz schön ins Hypern gekommen, was denn das für ein Kriterium sei, ob man das bei Männern auch, und überhaupt. Aber was kümmert das die Tochter vom Chäf.

Denn eben, Herzog sei die Richtige, weiss die Politik-Analystin. Während sich der Leser fragt, wen ausserhalb des Hauses Wanner diese Meinung interessiert. Vielleicht nicht einmal auf dem Schloss beim Tafeln im Rittersaal …

Ohne Worte

«Der Bund» hat’s geschafft: ZACKBUM ist (fast) sprachlos.

Was hat denn der alte Profi Artur K. Vogel angestellt, womit hat er «gegen unsere Werte einer fairen und sachlichen Diskussionskultur» verstossen? Offenbar war sein Kommentar «ehrverletzend, beleidigend oder diskriminierend».

Empfindsame Seelen aufgepasst, hier kommt das Stück Unflat:

Die Kindersoldaten vom «Bund», die Journalisten-Imitatoren in ihren Verrichtungsboxen, hatten offenbar behauptet, ein gewisser Patrick Feuz sei vor zehn Jahren Chefredaktor des «Bund» gewesen.

Nun erdreistet sich ein Kommentarschreiber, dem zu widersprechen. Mit der dünnen Begründung, er selbst sei es gewesen. Da könnte ja jeder kommen. Und die nonchalante Bemerkung «Qualitätsjournalismus ...» hat diesem schrägen Vogel dann endgültig das Genick gebrochen.

Ironie auf Kosten hart recherchierender Journalisten? Denken wir kurz gemeinsam nach.

Ist das ehrverletzend? Welche journalistische Ehre sollte denn bei solchen Pfeifen verletzt werden?

Ist das beleidigend? Nun eine falsche Tatsachenbehauptung kann beleidigend sein, eine Richtigstellung niemals.

Ist das schliesslich diskriminierend? Nun ja, das Wort «Qualitäsjournalismus» diskriminiert tatsächlich all diejenigen, die den nicht betreiben. Also alle, die diese Falschmeldung ins Blatt rutschen liessen. Wobei noch erschwerend hinzukommt, dass sich der «Bund» hier nicht im Namen des damaligen Präsidenten von Kasachstan irrte. Sondern beim eigenen Chefredaktor. Nein, das richtigzustellen, das ist nicht diskriminierend.

Diesen Kommentar abzulehnen hingegen schon. Das ist tatsächlich ehrverletzend, denn Vogel verfügt über eine solche. Es ist auch beleidigend, denn ihm wird Gerechtigkeit verweigert. Und diskriminierend ist es sowieso, weil eine zwar richtige, aber unerwünschte Tatsache unterdrückt wird.

Eigentlich sollte sich die Redaktion selbst nun zensurieren und lieber leere Seiten produzieren als solchen Stuss. Der Unterschied wäre nur visuell merkbar; intellektuell eher weniger.

Wumms: Lisa Nienhaus

Die «Süddeutsche» hat eine neue Wirtschafts-Chefin.

Da mag der Schweizer Leser noch «na und?» sagen. Also stellen wir einen Schweizer Bezug her. Die Chefredaktorin der «Süddeutschen Zeitung» Judith Wittwer freue sich auf eine «ausgezeichnete Wirtschaftsjournalistin». Wittwer? War die nicht mal was beim «Tages-Anzeiger»? Na, egal.

Seit 1. Oktober amtiert Nienhaus, und schon liefert sie ein erstes Müsterchen ihrer überragenden Kompetenz. «Mann des billigen Geldes», titelt die SZ ihren Kommentar über den frischgebackenen Wirtschaftsnobelpreisträger Ben Bernanke. Der war während der Finanzkrise eins Chef der mächtigsten Notenbank der Welt, des FED.

Wer immer noch «na und?» sagt:

Der Qualitätskonzern Tamedia übernimmt einfach diesen Kommentar und nennt ihn grossspurig in «Analyse» um. Ausserdem spitzt man den Titel noch etwas an. Damit ist allerdings die Energie der Wirtschaftsredaktion bereits erschöpft, denn sie lässt solche Sätze im Text (es gab auch Kritik an Bernankes Notenbankpolitik): «Ganz besonders in Deutschland. Hierzulande werden Staatsanleihekäufe durch die Notenbank traditionell besonders kritisch gesehen …»

Hierzulande? Hilfe, ist für Nienhaus die Schweiz bereits Bestandteil Deutschlands? Oder für die Tagi-Redaktion? Oder ist es einfach Unvermögen? Wer den heutigen Journalismus kennt, setzt auf Inkompetenz.

Auf Inkompetenz der Tagi-Wirtschaftsredaktion. Allerdings bekleckert sich Nienhaus auch nicht gerade mit Ruhm und Ehre mit ihrem ersten grossen Kommentar im neuen Amt. So behauptet sie, Bernanke «prägte die sogenannte unkonventionelle Geldpolitik mit massenhaften Ankäufen von Anleihen durch die Notenbanken und unbegrenztem Geld für die Banken … Es war eine regelrechte Geldschwemme, die die Notenbanker nach 2008 gezielt verursachten. Sie war ein Novum – und Ziel von herber Kritik».

Ein Novum? Der Mann habe das billige Geld erfunden? Ohne Nienhaus zu nahe treten zu wollen, so jung ist sie nun auch nicht, dass sie sich nicht an Alan Greenspan erinnern könnte. Den Erfinder des billigen Geldes, der Geldschwemme, der unmässigen Aufblähung der Geldmenge, der Erfinder des Gratis-Gelds. In seiner Amtszeit schwoll die Geldmenge M3 von 3,6 Billionen US-Dollar auf 10.3 Billionen an, um 284 Prozent. Immerhin räumte er, im Gegensatz zu Bernanke, nach Ende seiner Tätigkeit ein, schwere Fehler begangen zu haben.

Also, Greenspan, nicht Bernanke. Der im Übrigen auch nicht sofort der Finanzkrise mit einer Geldschwemme begegnete, sondern ziemlich herumeierte, Banken rettete (Bear Sterns) oder hopsgehen liess (Lehman).

Mit einem solchen Kommentar wäre Nienhaus selbst an der HSG nicht ungerupft davongekommen, so viele Fehler enthält der. Aber für Tamedia ist das alles kein Grund, ihn nicht eins zu eins zu übernehmen.  Unfähigkeit paart sich eben gerne mit Inkompetenz.

Wumms: Stefan Schmid

Früher hatte das «Tagblatt» noch Niveau. Heute hat es Stefan Schmid.

Als das St. Galler «Tagblatt» noch der NZZ gehörte, legte man Wert auf ein gewisses Niveau. Seit es zu CH Media gehört, amtiert zwar immer noch der gleiche Chefredaktor. Aber der ist längst zum Mann am Fenster runtergestuft; die Inhalte (ausser Lokales) kommen von der Zentralredaktion in Aarau. Das Einzige, was zur Frustbekämpfung bleibt, ist der Kommentar.

Bundesrat Ueli Maurer ist einer der Lieblingsfeinde von Schmid, und der hat sich doch tatsächlich zur SVP Ausserrhoden begeben, also ins Terrain von Schmid. Das muss der natürlich verbellen und verbeissen. Gnädig kanzelt Schmid den Bundesrat ab, denn dessen «Lageanalyse, die in den Grundzügen zwar nicht falsch» sei, «in der Substanz aber keineswegs in Einklang mit der Aussenpolitik des Bundesrats ist». Logische Folgerung: dann ist die Aussenpolitik des Bundesrats in den Grundlagen und in der Substanz falsch. Aber Schmid und Logik, wahrscheinlich bei Geburt getrennt.

Ginge es nach Schmid, «Maurer wäre seinen Posten im Kabinett wohl längst los». Leider geht es aber nirgendwo mehr nach Schmid, obwohl der doch die ganze Welt ordnen könnte. Maurer sehe im Ukrainekrieg nur einen «Stellvertreterkrieg», wo es doch in Wirklichkeit «ein gefährlicher Angriff auf eine europäische Ordnung» sei, «der im Kern auch einen Kleinstaat wie die Schweiz bedroht».

Wie steht es denn um die guten Dienste des Kleinstaats, nach Schmid? «Es scheint, vorsichtig formuliert, naiv, dem skrupellosen Zyniker Putin ein Schutzmachtmandat in der Ukraine anzubieten. Das gab diesem bloss die Gelegenheit, der Schweiz genüsslich einen vermeintlichen Neutralitätsbruch wegen der Übernahme der EU-Sanktionen vorzuhalten.»

Frechheit aber auch von Putin, die folgsame Übernahme ohne Prüfung von EU-Sanktionen ist doch kein Neutralitätsbruch. Überhaupt: «Schutzmachtmandate, also die Vertretung konsularischer Interessen anderer Staaten, sind wie andere gute Dienste schön und nett.» Aber eigentlich «von untergeordneter Bedeutung», urteilt Weltenkenner Schmid wegwerfend.

Vergesst Russland, rät er, denn: «Die Schweiz muss sich stattdessen im Grundsatz neu positionieren. Der Elefant im Raum ist der Umgang mit China.» Diesen Elefanten meint nur Schmid zu sehen, daher hat er noch weitere Ratschläge parat: «Neutralität gegenüber autokratischen Herrschern ist weder in unserem Interesse, noch liegt sie realpolitisch drin.»  Hurra, wir haben eine Neudefinition der Schweizer Neutralität. Erfunden von Schmid.

Zum Schluss hat er einen geschmackvollen Vorschlag auf Lager: «Ja, wir werden auch den Chinesen den Finger zeigen müssen.»

Wie gut, dass niemand auf Schmid hört und der so unbedeutend ist, dass man ihm nicht mal den Stinkfinger zeigen mag.

Wumms: Claus Hulverscheidt

Wie sich ein SZ-Redaktor im Tagi lächerlich macht.

Claus Hulverscheidt ist laut Autorenseite der «Süddeutschen Zeitung» ein Meinungsmacher: «Seit seiner Rückkehr im Sommer 2020 analysiert und kommentiert er – wieder von Berlin aus – die US-Politik sowie weltwirtschaftliche Themen.»

Leider belästigt er damit, dank Tamedia, auch Schweizer Leser. Wir haben vor allem im Fall Vincenz gesehen, wie der Tagi die Unschuldsvermutung zu Schanden geritten hat. Mit immer neuen angefütterten Enthüllungen aus dem Privatleben des gefallenen Bankenstars; jede Breitseite gegen seinen Ruf wurde mit dem Zusatz abgefedert: es gilt die Unschuldsvermutung.

Das hielt ZACKBUM für nicht mehr steigerbar. Aber dann kam Hulverscheidt. Der hebt seinen Kommentar «Ein Scharlatan und seine Diener» so an:

«Wer nicht rechtskräftig verurteilt ist, hat in einem demokratischen Rechtsstaat Anspruch auf die Unschuldsvermutung: Das gilt auch für Donald Trump. Dennoch wäre es beinahe naiv, anzunehmen, dass im Immobilienkonzern des Unternehmers und früheren Fernsehunterhalters alles mit rechten Dingen zugegangen ist.»

Das gilt also eigentlich nicht für Scharlatan Trump, und wer’s noch nicht kapiert hat, dem legt Hulverscheidt noch einen Scheit drauf: «Dagegen spricht nicht nur jener dicke Katalog, in dem New Yorks Generalstaatsanwältin Letitia James die Betrugs- und Bilanzfälschungsvorwürfe gegen den Konzern detailliert aufgelistet hat. Dagegen sprechen auch die Historie und die Persönlichkeit des notorischen Lügners Trump, den das Recht nur so lange interessiert, wie es ihm persönlich nützt.»

Wir fassen zusammen: Es gilt die Unschuldsvermutung – nicht. Nicht für den Scharlatan und notorischen Lügner Trump. Aber der Fernkommentator arbeitet sich nicht nur an Trump ab. Auch die ihn verfolgende Staatsanwältin sei parteiisch und somit ein Problem. Denn in den USA müssen sich solche Amtsträger vom Volk wählen lassen, damit müssten sie in die Niederungen der Parteipolitik hinabsteigen, weiss USA-Kenner Hulverscheidt. Das ist allerdings nichts Neues.

Aber nachdem er Trump, die Unschuldsvermutung, die Staatsanwaltschaft und überhaupt das US-Justizsystem fertiggemacht hat, braucht er noch einen Knaller zum Schluss. Et voilà:

«Es geht nicht mehr nur um Trump. Es geht um alles.»

Bei der SZ gibt es ziemlich viele Weltuntergangs-Unken, die ständig die Demokratie in den USA am Ende sehen, Bürgerkriege befürchten, die Abdankung der westlichen Führungsmacht. Nicht umsonst gibt es auf Englisch den Ausdruck «German Angst». Wieso allerdings Schweizer Leser mit diesem Quatsch belästigt werden müssen?

Auf jeden Fall bereut ZACKBUM. Angesichts von Münger-Kommentaren schlugen wir vor, dieses Metier auch der SZ zu überlassen. Himmels willen, wir wollen Münger statt Hulverscheidt!

Fakten und Fiktion

Fake News vom Auslandchef des Tagi.

Das Ausland ist bekanntlich der gegendarstellungsfreie Raum. Selten wurde das so schamlos ausgenützt wie in einem Kommentar des Auslandchefs des Tamedia-Qualitätskonzerns:

Das sind 4428 Anschläge gegen Faktentreue und Tatsachen. Nun könnte man einwenden, dass ein Kommentar ja nicht unbedingt die Wirklichkeit abbilden sollte. Im Falle Taiwans plapperte Christof Münger längst gemachte Feststellungen nach, weil er zuvor wohl seine wohlverdienten Ferien genoss. Hier nimmt er es mit der Realität nicht genau.

Ebenso wenig mit der Logik, was er schon mit dem ersten Satz unter Beweis stellt: «Die amerikanische Demokratie ist angeschlagen. Das jüngste Anzeichen dafür ist die Razzia in Donald Trump Schloss Mar-a-Lago im US-Bundesstaat Florida.» Dem stellt er am Schluss die Feststellung entgegen: «Der FBI-Einsatz ist deshalb ein Lebenszeichen des amerikanischen Rechtsstaats.» Des angeschlagenen, wohlgemerkt. Und wie man diese geschmacklose Ansammlung von Anwesen Schloss nennen kann …

Den Anlass für die Razzia beschreibt Münger kurvenreich; Trump zitierend behauptet er: «Nur in einem «kaputten Land der Dritten Welt» ist denkbar, dass ein abtretender Staatschef vertrauliche Dokumente mit nach Hause nimmt.» Um sich gleich einzubremsen: «Trumps mutmassliches Fehlverhalten – auch für ihn gilt die Unschuldsvermutung – erinnert tatsächlich an Autokraten in Afrika.» Während die Verwendung der Unschuldsvermutung durch Münger eigentlich an nichts erinnert.

Das aber sind alles sozusagen noch lässliche Sünden. Nun setzt Münger aber zu einem faktenfreien Loblied auf das FBI an: «Die traditionsreiche US-Behörde gilt als unbestechlich, unparteiisch und vor allem unpolitisch.» War da nicht mal was mit E-Mails der ehemaligen Präsidentschaftskandidaten Clinton? Aber Schlamm drüber, wieso soll sich ein Auslandchef an frühere Politskandale des FBI erinnern.

Aber einmal in Fahrt, schreibt Münger weiter Geschichte um: «Noch stärker an ein «kaputtes Drittweltland» erinnern bereits der Sturm aufs Capitol und der nur knapp abgewendete Putschversuch des abgewählten US-Präsidenten am 6. Januar 2021.» Diese Schande war zwar für die US-Demokratie peinlich, aber ein «knapp abgewendeter Putschversuch» war das in keiner Weise.

Nun schäumen natürlich Trump-Anhänger und auch Exponenten der republikanischen Partei gegen diese Razzia, hinter der sie den Versuch vermuten, Trump von einer weiteren Kandidatur abzuhalten. Was ausserhalb von Drittweltländern ihr gutes, demokratisches Recht ist. Das ihnen aber Münger absprechen möchte: «Drohende soziale Unruhen und sogar politische Gewalt nehmen sie in Kauf.»

Nach diesem wilden Ritt durch ein Paralleluniversum setzt Münger mit seiner Schlusspointe noch dem Fass die Krone auf: «Angesichts dieser Gefahr auf die Hausdurchsuchung in Mar-a-Lago zu verzichten, wäre jedoch einer Kapitulation vor Trump und seiner antidemokratischen Bewegung gleichgekommen

Ausser Münger sieht eigentlich niemand eine drohende Gefahr von politischer Gewalt, oder meint er, Trump würde nun erneut zu einem «Putschversuch» ansetzen? Und wieso hätte das FBI vor einer «antidemokratischen Bewegung kapitulieren» sollen? Wir werden sicherlich noch erfahren, ob es genügend Anlass für diese Aktion gab. Denn der Eingriff in die Privatsphäre eines Bürgers, ob Präsident oder Strassenreiniger, ist im angelsächsischen Raum mit hohen Hürden bewehrt.

Zuerst Sendepause, dann zwei Knall-Kommentare hintereinander; vielleicht wäre es wirklich besser, das Ausland vollständig der «Süddeutschen» zu überlassen. Deren Kommentare sind zwar auch nicht besser, aber dann kommen sie wenigstens aus dem Ausland …

 

 

Wumms: Christof Münger

Nochmal? Na und, Münger wiederholt sich doch auch.

Die Weltberichterstattung erledigt für den grossen Konzern Tamedia die vergleichsweise kleine «Süddeutsche Zeitung» in München. Denn eigene Korrespondenten kosten halt Geld, und das möchte Talmedia-Boss Supino lieber für eine Sonderdividende für die Aktionäre ausgeben.

Nun verfügt das Ausland-Ressort laut Impressum immer noch über ganze 5 Nasen. 3 Häuptlinge und 2 Indianer. Die dürfen dann das ß in ss verwandeln und so gut es geht bei Bezügen Deutschland durch die Schweiz auswechseln. Damit ihnen nicht das gleiche Malheur wie CH Media passiert, wo in einer Taiwan-Analyse die Auswirkungen auf Deutschland drinstanden. Aber CH Media hat auch nur insgesamt 2 Auslandredaktoren.

Nun wollte es offenbar das ungnädige Schicksal, dass der Oberhäuptling, ganz ermattet vom ständigen ß zu ss Stress, in den Ferien weilte, als die Sprecherin des Repräsentantenhauses Nancy Pelosi einen Kurzabstecher nach Taiwan machte. Das war vergangenen Dienstag. Im Anschluss daran meinte jeder, der schon mal mit Stäbchen gegessen hat, er müsse seinen Kommentar dazu abgeben.

Tamedia lieh sich seine Meinung, Überraschung, von der «Süddeutschen». Inzwischen scheint Christof Münger wieder aus den Ferien zurück zu sein. Oder jemand hat ihm am Ferienort erklärt, wie man ins Internet kommt. Eigentlich ist zum Thema Taiwan schon so ziemlich alles gesagt worden. Aber natürlich noch nicht von Münger.

Nun hat Häuptlingsein im Elendsjournalismus noch einen Vorteil. Keiner kann einem reinreden, wenn man einen Kommentar schreiben will. Weiter oben sind offenbar auch alle Entscheidungsträger in der Sommerfrische, also darf Münger am 6. August wie die alte Fastnacht noch seine Meinung absondern:

Dieser Ansicht kann man nun weder Originalität, noch Exklusivität, noch Intellektualität unterstellen. Sie ist einfach gähn. Sie ist nicht mal nur gähn, weil sie Tage nach dem kommentierten und überkommentierten Ereignis stattfindet. Sie ist auch gähn, weil sie mit den ewigen Worthülsen eines Heissluft-Kommentars arbeitet. Was hat denn  Pelosi gemacht? Genau, sie «hat ein Zeichen gesetzt». Gähn. Was hält Münger von der Reise? «Es ist gut, dass Nancy Pelosi nach Taiwan gereist ist.» Doppelgähn.

Was haben wir denn von Taiwan zu halten? «Dagegen ist Taiwan heute das leuchtende Beispiel einer lebendigen, jungen Demokratie». Nun, jung stimmt. Und was hält Münger von China, diesem Problemdrachen? Nicht Taiwan sei das Problem, «sondern China, wo sich seit der Teilung 1949 eine menschenverachtende Diktatur entwickelt hat.» Ganz im Gegensatz zu Taiwan, wo sich seit 1949 eine liebevoll-sanfte Diktatur entwickelt hatte. Schnarch.

Gibt es vielleicht Ähnlichkeiten mit einem anderen Staat, wie heisst der schon wieder? «Taiwan und die Ukraine sind zurzeit die Frontstaaten im globalen Wettstreit zwischen Diktaturen und Demokratien, der die kommenden Jahre prägen wird.»

Ob Münger nun Taiwan und die Ukraine eher unter Diktaturen oder Demokratien einreiht, das bleibt sein süsses Geheimnis bei diesem Satzbau. Und was ist die Ukraine eigentlich? «Eine geopolitische Grossbaustelle.» Hä?

Zurück zur anderen geopolitischen Baustelle, was soll, was muss nun getan werden, obwohl der Westen von China noch abhängiger ist als von Russland? Logo: «Davon muss der Westen wegkommen und gleichzeitig die Demokratie in Taiwan unterstützen, auch wenn es etwas kostet.»

Vielleicht führt ein Tamedia-Wirtschaftsredaktor Münger ganz sanft und langsam an wirtschaftliche Realitäten heran, zum Beispiel ans Thema Aussenhandel der Schweiz. Auch wenn es etwas kostet, das könnte sich lohnen.

Tamedia wiederholt sich, ZACKBUM wiederholt sich: wenn ein Auslandredaktor Tage nach einem Ereignis den Leser beim Wiederkäuen von Längst-Gesagtem zuschauen lässt, wo bleibt da die Qualitätskontrolle? Oder wird das ein weiterer Belastungstest: wie sehr kann man den Leser quälen, bis er das Abo kündigt?

 

Wenn die Realität weniger zählt als die Meinung

Für das Gute und Richtige darf alles behauptet werden.

«Weil eine Frau weniger zählt als ihr Ungeborenes», schäumt Nicole Althaus in der NZZamSonntag in einem Kommentar zur Entscheidung des obersten US-Gerichts, auf Bundesebene das Recht auf Abtreibung faktisch aufzuheben.

Das ist ihr gutes Recht, und dass in den USA das Thema Abtreibung von kirchlichen und rechtsgewirkten Kräften ohne Rücksichten bewirtschaftet wird, ist unbestreitbar.

Althaus schiebt auch den Demokraten die Schuld in die Schuhe; zudem habe die linksliberale Bundesrichterin Ruth Bader Ginsburg die Chance verpasst, noch zu Amtszeiten von Obama zurückzutreten. Mit ihrem Tod habe sie dann Präsident Trump ermöglicht, die liberale Mehrheit zu kippen. Nett von Althaus, im Nachhinein und post mortem Bader Ginsburg noch eine reinzuwürgen.

Aber hier geht es ums Faktische. So schreibt sie unter anderem: «In Texas sitzen schon heute elfjährige Mädchen in der Notaufnahme und sehen sich gezwungen (,) eine Schwangerschaft nach einer Vergewaltigung auszutragen.»

Eine Riesensauerei. Wenn’s so wäre. Möglichkeit eins: Althaus verwechselt Texas mit Brasilien. Möglichkeit zwei: Althaus kommentiert faktenfrei. Zitieren wir dazu als unverdächtigen Zeugen die ACLU. Der «American Civil Liberties Union» kann man seit 1920 nicht vorwerfen, sich nicht unermüdlich für Bürgerrechte einzusetzen.

Die schreibt in einem Q&A:

Can I get an abortion in Texas if I’m under 18 years old?
Yes. If you are under 18, Texas law generally requires you to get the consent of your parent or legal guardian. 

What if I don’t have consent for an abortion from my parent or legal guardian?
A minor under 18 can get an abortion without the consent of their parent or legal guardian by filing an application for judicial bypass. Judicial bypass is a judge’s permission for you to have an abortion without your parent or guardian’s consent. The process is entirely confidential.

Abtreibung auch unter 18 ist legal in Texas; wer keine Einwilligung seiner Eltern erhält, kann vor Gericht vertraulich eine Bewilligung beantragen. Ob das in jedem Fall funktioniert, ist sicher die Frage. Die allgemeine Behauptung von Althaus ist sicher falsch.

Ein zweites Horrorgemälde: «Oder es liegen Schwangere im Spital, die keine adäquate Behandlung für eine Vergiftung bekommen, weil das Herz des Fötus noch schlägt.»Auch diese Behauptung im Plural lässt sich nicht untermauern, obwohl es richtig ist, dass die drakonischen texanischen Abtreibungsregeln die Behandlung von Schwangeren erschweren, wie die «Texas Tribune» schreibt.

Althaus erinnert hier an die ehemalige ukrainische Generalstaatsanwältin, die einräumen musste, mit Fake Storys von Vergewaltigungen Minderjähriger vor den Augen ihrer Eltern durch russische Soldaten, die Bereitschaft des Westens steigern wollte, militärisch zu intervenieren.

Solche Verleumdungen des Gegners sind so alt wie kriegerische Auseinandersetzungen. Das herausragendste jüngste Beispiel war sicherlich die «Brutkastenlüge». Eine tränenüberströmte kuwaitische Krankenschwester erzählte der UNO und allen Medien, dass sie gesehen habe, wie entmenschte irakische Soldaten Kinder aus den Brutkästen gerissen und auf den Boden geworfen hätten. Die Welt war schockiert.

Erst später stellte sich heraus, dass die «Krankenschwester» die Tochter des kuwaitischen Botschafters in den USA, die Story frei erfunden und eine Stunt der US-PR-Bude Hill & Knowlton war.

Dass die NZZaS zulässt, dass solche Räuberpistolen ungeprüft ins Blatt rutschen ist nicht gerade ein Ausdruck von hoher Qualität.

Althaus endet ihren Kommentar mit der Behauptung: solche wilden Geschichten müssten zukünftig erzählt werden, denn der Kampf um das Recht auf Abtreibung sie nur zu gewinnen, wenn endlich klar sei, «dass der Fötus auf Gedeih und Verderben vom Wohlbefinden der Person abhängt, die ihn gegen ihren Willen austragen muss.» Abgesehen davon, dass das für jeden Fötus gilt: wem sollte das unklar sein?

Wumms: Peter Blunschi

Germanist, Sportredaktor und Weltenlenker. Beim Weltorgan «watson».

Gut, es ist leicht unfair. Aber Blunschi exemplifiziert auf engem Raum perfekt, was über die Meinungsstärke und Denkschwäche der Journalisten im «besinnlichen Sonntag» geschrieben ist.

Da müssen wir nun durch, auch wenn’s schmerzhaft peinlich wird. Denn «Putin schwächelt», schliesst  Schreibtischdiagnostiker Blunschi aus untrüglichen Anzeichen; bei der Siegesparade «wirkte der russische Präsident defensiv, um nicht zu sagen verzagt».

Wahrscheinlich ahnte er, dass Blunschi ihm auf «watson» den Rest geben wird. Also nicht er persönlich, dafür hat er sich die Politikerfloskel geklaut, der Westen und die Ukraine seien «gefordert, den Druck hochzuhalten». Wie, das erklärt Blunschi gleich:

  • Es ist wichtig, die Ukraine mit auch schweren Waffen zu beliefern, selbst wenn die Gefahr besteht, dass Russland sie ausschaltet und die Rüstungsindustrie davon profitiert.

  • Es ist wichtig, dass westliche Geheimdienste die ukrainische Armee über russische Truppenbewegungen informieren, wie zuletzt bei der Zerstörung von Pontonbrücken.

  • Es ist wichtig, an den Sanktionen festzuhalten und sie weiter zu verschärfen, mit einem Embargo auf russische Energiequellen (Gas, Kohle, Öl, Uran).

  • Es ist wichtig, dass westliche Politiker in die Ukraine reisen, ihre Solidarität mit dem geplagten Volk ausdrücken und die Aufklärung von Kriegsverbrechen einfordern.

  • Es ist wichtig, dass die Medien weiterhin über den Krieg berichten, auch wenn die Aufmerksamkeit des Publikums mit zunehmender Dauer nachlassen dürfte.

  • Es ist wichtig, dass Finnland und Schweden den Nato-Beitritt durchziehen. Und andere Neutrale, vor allem die Schweiz, mit der Ukraine solidarisch bleiben.

Leider machten da nicht alle mit, bedauert Blunschi, eigentlich kaum jemand ausserhalb der NATO. Dann benützt Blunschi endlich die Phrase, die uns bislang erspart blieb: «Das aber ist kein Grund für den Defätismus, der im «offenen Brief» von Alice Schwarzer und anderen Pseudo-Intellektuellen  zum Ausdruck kommt.»

Defätismus, das war neben Patriotismus, Vaterland und Gehorsam eine der Lieblingsvokabeln der Kriegsgurgeln in den Weltkriegen. Aber Blunschi setzt noch einen daruf mit den «Pseudo-Intellektuellen». Was für ein Kläffer, der Schwarzer, Alexander Kluge oder auch Jürgen Habermas so tituliert, weil ihm deren Meinung nicht passt.

Welch ein Mängelexemplar von Journalist, dessen Vorstellung der eigenen Bedeutung und intellektuellen Kapazität umgekehrt proportional zur Wirklichkeit ist.

Münger hat kein Reputationsproblem

Aber er befürchtet eines für die Schweiz. Mal wieder.

Der Auslandchef von Tamedia fürchtet keinen Atomkrieg. Da steht er drüber. Aber er befürchtet sofort einen «Reputationsschaden», wenn irgend eine Dunkelkammer im Dunstkreis des US-Parlaments mal wieder über die Schweiz schimpft.

Die «U.S. Helsinki Commission» behauptet,  die Schweiz sei «bekannt als Zielland für Kriegsverbrecher und Kleptokraten». Noch härter ist der Vorwurf, sie sei «eine führende Förderin des russischen Diktators Wladimir Putin und seiner Kumpane»», referiert Münger, um entrüstet fortzufahren:  «Das ist ein Schlag ins Gesicht der Schweizer Regierung, die die westlichen Sanktionen, trotz innenpolitischen Widerstands, übernommen hat.»

Daher kriegt Münger gleich einen kleinen Mutanfall:

«Die Diffamierung der Schweiz als «Förderin Putins» ist unangebracht.»

Nimm das, Biden-Administration.

Hätte es Christof Münger dabei belassen, hätte er endlich mal einen einigermassen vernünftigen Kommentar geschrieben. Aber eben, geht nicht: «Denn ein Teil der Kritik ist berechtigt, und das wegen einer Gesetzeslücke: So sehen sich Anwälte und Anwältinnen in der Schweiz angeblich nicht dazu verpflichtet, Meldung zu erstatten, wenn ihr Klient die Sanktionen verletzt. Sie unterstehen zudem nicht dem Geldwäschereigesetz, wenn sie nur als Berater agieren.»

«Sehen sich angeblich nicht»? Hier zeigt Münger ein recht lockeres Verhältnis zu in der Schweiz geltenden Gesetzen. Ob die einem passen oder nicht: bevor sie nicht geändert werden, gelten sie. Punkt.

Dann holt Hobbyhistoriker Münger aus und erinnert an den Skandal um die sogenannten «nachrichtenlosen Vermögen». Worin der allerdings tatsächlich bestand, das hat er bereits vergessen. Unvermeidlich auch der Hinweis auf den «Imageschaden, als sich die Schweizer Grossbanken während der Finanzkrise 2008/09 ans Bankgeheimnis klammerten».

«Klammerten»? Sie wehrten sich dagegen, dass die USA mit dem Recht des Stärkeren imperialistisch ihre Gesetze in der Schweiz durchsetzten. Unter bedauerlicher Mithilfe des Bundesrats. Obwohl Schweizer Banken in der Schweiz gegen keinerlei Gesetze verstossen hatten, wurden sie zur Zahlung von Milliardenbussen und zur Auslieferung von Kundendaten gezwungen.

Nicht auf rechtsstaatlichem Weg, sondern einfach mit der Drohung: Ihr könnt’ schon dagegen vor Gericht gehen – nur seid ihr dann am nächsten Tag tot, wenn wir Euch den Handel mit US-Dollar verbieten.

Auch vom Bankgeheimnis kann man halten, was man will. Aber ein Imageschaden entstand damals in erster Linie dadurch, dass die USA ihre Position als grösste Geldwaschmaschine und grösster Hort von kriminellen Geldern und Schwarzgeld weiter ausbauen wollten und sich dabei eines lästigen Konkurrenten entledigten.

Nach all diesen Irrungen und Wirrungen kommt Münger zu einer Handlungsempfehlung: «Jedenfalls ist die Schweizer Regierung gut beraten, die Kritik ernst zu nehmen. Denn das Reputationsrisiko ist real.»

Die Schweizer Regierung ist besser beraten, diesen Kommentar einfach zu ignorieren. Was sie glücklicherweise auch tut.

Denn die Schweiz hat überhaupt kein Reputationsproblem. Münger allerdings auch nicht