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Für Millionäre

Das Magazin «Z» der NZZ richtet sich an die Klientel mit gehobener Kaufkraft.

Kerstin Netsch ist ein Multitalent. Sie ist «Chefredaktorin «Z», «NZZ Bellevue», Ltg. Lifestyle «NZZ als Sonntag Magazin»».

Für diese Stelle, ausgesucht von Beat Balzli, hat sie sich mit diesem beeindruckenden Lebenslauf qualifiziert:

«Erste journalistische Erfahrung sammelte sie in ihrer Heimatstadt beim «Giessener Anzeiger» in Deutschland mit Film- und Fernsehkritiken, beim Magazin «jetzt» der «Süddeutschen Zeitung» und der Zeitschrift «Allegra» in Hamburg. 2001 schloss sie ihr Magisterstudium ab und absolvierte anschliessend Volontariate beim «Beobachter» und im Reportagen-Ressort der «Annabelle», wo sie anschliessend als Redaktorin arbeitete, bevor sie bei Tamedia in weiteren Positionen tätig war. 2008 übernahm sie die Redaktionsleitung im Entwicklungsteam von «20 Minuten Friday», verbunden mit dem Aufbau von Print und Online.»

«Z» ist ein grossformatiges Magazin zwecks Bewerbung von grossformatigen Luxus-Inseraten (Rolex, Dior, Tiffany & Co.). Zwecks Bespassung der Leser werden die Inserate mit weiteren Kaufempfehlungen umrahmt.

Da gibt es zum Beispiel die Seite «Schön warm».

Vier potthässliche Produkte. Ein paar Pantoffeln, ein Paar Handschuhe, ein «Grosser Shopper» von Chanel und ein Lammfellschal von Louis Vuitton. Wer so bescheuert ist, sich diese vier Verunzierungen des Lebens zuzulegen, gibt dafür insgesamt – 1000 Franken aus? I wo. So viel kosten alleine die Pantoffeln, schon die Handschuhe sind teurer. Nein, wer alles will, blättert 11’750 Franken hin.

Das mag für Menschen, die entschieden mehr Geld als Geschmack haben, kein Problem sein. Aber für den grossen Rest?

Aber «Z» kann sich problemlos noch steigern:

Die meisten «Klassiker» sind schön unscharf fotografiert. Das gefällt dem AD, dem potenziellen Käufer eher weniger. Damit selbst die NZZ-Leser mit dickem Portemonnaie nicht allzu sehr erschrecken, heisst es auch immer wieder «Preis auf Anfrage». Das macht zum Beispiel bei diesem Graus auch durchaus Sinn:

Nein, da ist kein Topf mit kochenden Spaghetti auf ein Paar Schuhe gefallen, das sollen «Loafers mit Fransen (Leder)» sein. Um dem kaufwilligen Leser etwas Ruhe zu gönnen, kommt dann eine verregnete Doppelseite ohne geringste Angabe:

Könnte vielleicht der Beweis sein, dass sowohl Make-up wie Sonnenbrille einen Regenschauer aushalten. Aber nun wird wieder die Belastungsgrenze der Kreditkarte ausgetestet:

Das wunderbar inszenierte Paar Kunstlederhandschuhe (oben links) ist von Issey Miyake selig, «Preis auf Anfrage». Nun braucht es Adleraugen, auch im Grossformat. Unten links in der Düsternis gibt es einen Rollkragenpullover von Guess, «Preis auf Anfrage». Darüber ist ein Cape von Miyake drapiert, «Preis auf Anfrage». Immerhin die Ohrstecker des Models haben einen Preis; schlappe 16’000 Franken. Ein Schnäppchen dagegen der Trenchcoat aus Wolle von Bottega Veneta (rechts unten), bloss 5020 Franken.

Dann aber der absolute Höhepunkt für alle Anhänger von Statussymbolen und Prestigeobjekten, nochmal in aller Pracht:

Für ein wenig gefüttertes Leder blättert man hier 16’200 Franken hin, denn es ist der «Birkin-Bag» von Hermès.

Der Aktenkoffer drunter ist hingegen «privat», denn dem Fotografen fiel es offenbar im letzten Moment ein, dass es doch eine tolle Sache sei, wenn die Handtasche über die Kante der Autoscheibe hinausragt.

Das ist übrigens auch wieder ein Schnäppchen, man kann das Teil auch so kaufen:

Zwar gebraucht, aber dafür ist die Lieferung inbegriffen.

Oder man kauft sich diese hier:

Ist von «Stella Zürich», Lieferung ist ebenfalls inbegriffen, das Teil sieht ziemlich ähnlich aus, kostet aber schlappe – Fr. 59.95. Und dann gibt es erst noch eine «100% Zufriedenheitsgarantie».

Sonst noch was? Ach ja, Nicole Althaus zitiert mal wieder ihre Lieblingswestentaschenphilosophin und Mystikerin Simone Weil. Die war zwar sehr engagiert, aber kämpfte eher unglücklich. Ihr Einsatz im Spanischen Bürgerkrieg endete damit, dass sie – sehr kurzsichtig, wie sie war – in der Küche eingesetzt wurde und dort in eine Schüssel mit kochendem Öl trat.

Aber so was will Althaus natürlich nicht verbraten (Pardon), sondern ihr steht der Sinn mehr nach Sinnsprüchen Weils, wie man sie auch in Glückskeksen findet:

«Aufmerksamkeit ist die seltenste und reinste Form der Grosszügigkeit». Bei den Preisen in diesem Luxusheft ist Grosszügigkeit tatsächlich ein gutes Stichwort.

Es mag Frauen geben (oder deren bemitleidenswerte Partner), die für ein Paar Handschuhe über 1000 Franken ausgeben, für einen «Grossen Shopper» fast 7000 und für eine 08/15-Handtasche sogar weit über 10’000 Franken. Aber für alle anderen bleibt der Eindruck: die spinnen, die NZZ-Lifestyle-Leute.