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Betrachtung einer Ruine

Rauchzeichen aus der Trümmerlandschaft Tamedia.

Es mag sein, dass es eine wirtschaftliche Notwendigkeit dafür gibt, Dutzende von Mitarbeitern zu entlassen. So ist das im Kapitalismus. Wenn ein Angebot nicht mehr auf genügend Nachfrage trifft, wenn sich aus technologischen oder anderen Gründen die Einkommensquellen verändern, dann muss das Businessmodell angepasst werden.

Das ist der Lauf der Dinge.

Das ist bei Tamedia anders. Hier ist den Newsmedien willkürlich ihre Haupteinnahmequelle weggenommen worden, während ihnen gleichzeitig absurde Renditeziele vorgegeben wurden. Hier hat ein unbegabter, aber unkaputtbarer Boss wie weiland die Swissair Schrottairlines Zeitungen ohne Sinn und Verstand zusammengekauft. Der Investition von einer runden Milliarde steht ein lächerlicher Ertrag gegenüber.

Der Versuch, lokal verankerte Zeitungen in Bern, Basel und Zürich aus einem Eintopf zu bedienen, ist kläglich gescheitert. Versprechen wie das, die «Berner Zeitung» und den «Bund» niemals nicht zu fusionieren, wurden kaltlächelnd gebrochen.

Hier durfte Simon Bärtschi sein Gesellenstück abliefern, wie man so etwas kaltblütig durchzieht.

Wenn aufgrund solcher krachender Fehlentscheidungen und einer selten blöden Personalpolitik schmerzliches Rausschmeissen angesagt ist, wird das Können der Führungsfiguren auf die Probe gestellt. Schönwetterkapitäne haben’s leicht. Aber wenn Leichtmatrosen und Schwachmate in einer Krise am Steuer sind, dann sinkt die Stimmung in der Mannschaft auf den Nullpunkt.

Pietro Supino lässt sich am besten nicht blicken. Jessica Peppel-Schulz hat angeblich ein Jahr lang nachgedacht – selten ist etwas so Lächerliches und Verpeiltes und Unverständliches als neue Strategie präsentiert worden. Den Zuschauern wurde es schwindlig vor Kopfschütteln. Der als Terminator vorgesehene Simon Bärtschi zeigte sich inkompetent, uninformiert, reihte Flop an Flop. Die Redaktion des «Züri Tipp» erfuhr zeitgleich mit Öffentlichkeit und so nebenbei, dass sie über die Klinge springen muss. Nur so als Beispiel. Unglaublich.

Mit seiner «Weichenstellung für Qualitätsjournalismus» schuf Bärtschi einen Lachschlager, der ihn für Positionen ausserhalb von Tamedia untauglich macht. Denn wer möchte so einen in leitender Stelle beschäftigen.

Die vier Nasen in der Chefredaktion fallen durch Unauffälligkeit oder ärgerliche Kapriolen auf. Die Oberchefredaktorin, ihre beiden Beisitzer, die «Digital Storytelling»-Nulpe Kerstin Hasse, neben aller Verunsicherung durch die angekündigte Massenentlassung muss die Mannschaft auch noch solche Leitfiguren aushalten.

Wer für rund 120 Indianer rund 50 Häuptlinge beschäftigt (wenn man alles bis hinunter zum stellvertretenden Irgendwas als Kopfschmuckträger zählt), macht sowieso etwas falsch. Hier könnten ganze Hierarchiestufen, ganze Abteilungen eingespart werden. Das wird aber nicht geschehen.

Alleine die Existenz eines Chefredaktors ohne Redaktion ist ein Witz, ein Hohn für Arthur Rutishauser, der gerade die SoZ wieder flottmachte und als Dank aufs Abstellgleis geschoben wurde. Nicht zuletzt, weil seine Leistung die anderen Pfeifen noch schlechter aussehen liess.

Es trennt sich die Spreu vom Weizen. Wer kann, verlässt das sinkende Schiff. Wer nicht kann, tritt von leitenden Positionen zurück, weil er die Exekution weiterer Entlassungen nicht mehr erträgt. Oder er opfert sich selbst wie der ehrenhafte Nik Walter.

Wer nicht kann, weil zu alt, zu spezialisiert, zu unbeweglich, macht sich schwer Sorgen um seine Zukunft. Es muss ein widerlicher Anblick sein, wie die mit der Lizenz zum Töten, die oberen Entscheidungsträger mit zusammengeklemmten Arschbacken durch die Redaktion huschen, damit ihnen nicht ständig jemand hinten reinkriecht.

Dann gibt es noch die unvermeidlichen Karrieristen, denen Mehrbegabte in der Sonne standen, die jetzt aber ihre grosse Chance wittern, das Leiterchen hochzuklettern, weil rückgratlose Opportunisten und Schönschwätzer des Elends gefragt sind.

Oder in einem Satz: Fäulnis ist der unter Sauerstoffmangel ablaufende Prozess der Zersetzung von Stoffen durch Mikroorganismen. Tamedia in der Kurzfassung.

Zwergenaufstand

Was fällt den Kälbern von Tamedia als Protest gegen ihre Metzger ein?

Mit einer lachhaften Begründung wurde bei Tamedia zuerst die Einsparung von 90, dann von rund 55 Stellen verkündet. Warum gerade so viele, was Arthur Rutishauser als Chefredaktor ohne Redaktion so tut, wie damit die Qualität gesteigert werden soll – von Pietro Supino, Jessica Peppel-(Plapper)-Schulz (oder ihrem Avatar), von Simon Bärtschi oder von Raphaela Birrer gab es dazu keine Auskünfte. Birrer schweigt überhaupt seither verkniffen; so sieht die Führungsqualität einer Chefredaktorin aus.

Nun haben diese Versager in der Chefetage sich immerhin ein ziemliches fieses Stück ausgedacht. Sie verkünden zwar das grosse Rausschmeissen, lassen aber die Indianer im Maschinenraum im Unklaren, wie viele genau und vor allem wen es trifft.

Das sorgt ungemein für Stimmung in der Reaktion; wenn ZACKBUM die Frage stellen würde, ob sich Schwulstschwätzer Bärtschi noch ohne Bodyguards im Glashaus bewegen kann, kriegten wir sicher wieder ein Schreiben des Hausanwalts, dass das als Aufforderung zur Gewalt verstanden werden könnte. Also schreiben wir es nicht.

Nun könnte man meinen, dass die meinungsstarken und tapferen und unbeugsamen Mannen und Frauen (und auch Flinta) bei Tamedia nach erster Schockstarre massive Proteste auf den Weg gebracht haben.

Nun ja, in der Romandie gab es einen Bonsai-Streik von geschätzten 4 Minuten. An der Türe des Glashauses in Zürich wurden handgekritzelte Protestkartons aufgestellt (sowohl inhaltlich wie von Layout her erbärmlich). Und sonst? Alle Rotationsmaschinen stehen still, wenn Dein starker Arm es will?

Ach was. Bei Tamedia wird das Rückgrat an der Garderobe abgegeben; keiner will den Unmut der Leitung auf sich lenken, niemand wagt zu fragen, was die Chefredaktion, was Birrer, was Kerstin Hasse (ausser Gaga-Podcasts) eigentlich so treiben.

Aber nun hat einer «watson» eine grossartig-subversive Form des Protests durchgestochen. Offenbar fanden das alle anderen Medien zu gaga, um darüber zu berichten.

Es handle sich um einen «Hosentelefon-Aufstand». Besser gesagt um einen Höseler-Aufstand. «Die Redaktionen in der Deutschschweiz nehmen den massiven Stellenabbau nicht kampflos hin», weiss Klaus Zaugg von  «watson». Wahnsinn, welche Kampfmassnahmen sind denn in Vorbereitung? Werden Barrikaden gebaut, Sandsäcke aufeinander gestapelt? Wird die Türe zur Chefetage zugeklebt? Wenigstens gesprayt? Flattern anonyme Flugblätter durch die Gänge? Werden Puppen verbrannt?

Ach was. Das hier wird gemacht: «Die modernen Telefone, die wir in der Hand- oder eben der Hosentasche versorgen können, eignen sich auch vorzüglich für qualitativ gute Videoaufnahmen. Also sind nun die Chronistinnen und Chronisten in diesen Tagen unterwegs, um bei Prominenten aus Politik, Kultur, Wirtschaft und Sport Video-Protestbotschaften aufzunehmen. In Videos von 15 bis 20 Sekunden sagen Prominente, wie sehr sie den Abbau des Print-Qualitätsjournalismus bedauern.»

Die mutigen Betroffenen wollen Promis für sich sprechen lassen, so nach der Devise: sorry, ich selbst bin zu feig dafür, also sag› mal was Kritisches, aber nur ganz kurz. Und sprich mich ja nicht mit meinem Namen an.

Und was soll dann mit dieser rabiaten, wilden, die Chefetage ins Zittern bringenden, flammenden Protestaktion geschehen? «Die gesammelten Statements – geplant sind zwischen 30 und 50 «Hosentelefon-Protestbotschaften» – sollen zusammengeschnitten in einem Dokument der Chefetage übergeben werden.»

Wie sagt doch einer aus dem «Kreis der betroffenen Tagi-Medienschaffenden» so mutig wie anonym wie bescheuert: «Es geht darum, dass wir ein Zeichen setzen

Ein Zeichen setzen? Slapstick, reiner Slapstick.

Ausserdem könnte es noch bei der Übergabe des «Hosentelefon»-Zwergenaufstands ein Problem geben. Daran könnte es noch scheitern: wer übergibt dieses Dokument des Widerstands? Wer traut sich? Trägt der Überbringer vielleicht eine Tüte über dem Kopf? Einen Ganzkörperpräservativ, damit er nicht erkannt werden kann? Spricht er in einen Sprachverzerrer? Oder nein, ZACKBUM hat  – wie immer – die Lösung. Da kann es nur einen geben. Ignaz Staub. Unbedingt. Der kann das. Der traut sich. Der hat nix mehr zu verlieren.

ZACKBUM gibt dieser Aktion auf der Bärtschiskala der Peinlichkeit flotte 9 Punkte.

Ist das alles erbärmlich, Oder sagten wir das schon?

Folter à la Tamedia

Wer wird gefeuert, wer nicht? Der Stimmungskiller im Glashaus.

Am 27. August wurden die «Weichen für Qualitätsjournalismus» im Hause Tamedia gestellt. Dazu gehört, dass 200 Drucker und 90 Journalisten gefeuert werden sollten.

Nun schreiben wir den 18. September, es sind seither mehr als drei Wochen vergangen. Aber die Namen der rauszuschmeissenden Journalisten sind immer noch nicht bekannt gegeben worden.

Das gibt Raum für einige Überlegungen.

  1. Die kompetente CEO Jessica Peppel-Schulz hat einfach mal eine Zahl in den Raum gefeuert. 90 hört sich irgendwie gut an. 100 wäre zu gross, 89 zu wenig, 90 ist einfach zu merken. Können aber auch nur 55 sein. Oder so. Die Zahl mit Inhalt zu füllen, das überlässt sie dann anderen.
  2. Wie wurden denn die zu Feuernden ausgewählt? Namensroulette? Mit Pfeilen auf ein Poster mit allen Mitarbeitern geworfen? Oder Unbotmässige, Frechdachse («der hat sich doch über meinen letzten Kommentar lustig gemacht», «der wurde dabei beobachtet, wie er ZACKBUM las und dabei schmunzelte», «der hat doch gefragt, was Hasse, ausser Selfies, eigentlich macht») mit einem Kreuz versehen?
  3. Natürlich wissen die Häuptlinge inzwischen, wen’s trifft. Also laufen Raphaela Birrer und die anderen Verantwortungsträger durch die Grossraumbüros an der Werdstrasse, nicken dem und der freundlich zu, hören sich Pläne zu zukünftigen Artikeln geneigt an, merken an, dass man wegen der Gehaltserhöhung oder der Ferienplanung dann mal sprechen werde – und wissen gleichzeitig, dass sie mit lebenden Redaktionsleichen sprechen. Was für ein Gemüt muss man haben, um das ohne Psychopharmaka auszuhalten?
  4. Während sich die publizistische Leiter Simon Bärtschi unsterblich lächerlich und unbeliebt macht, hört man von der Chefredaktion kein Wort. Tauchstation, Schweigen, Führungsverantwortung, was ist das.
  5. Gleichzeitig fragt sich jeder, aber wirklich jeder Journalist seit drei Wochen unablässig, ob es ihn trifft oder nicht. Zu alt, zu teuer, zu widerspenstig, nicht genügend Leserzuspruch, zu wenig woke, zu wenig feministisch, zu kritisch, zu wenig Speichellecker, das Gesprächsangebot von Bärtschi ignoriert? Mit einem Kollegen beim Feierabendbier über die Chefetage abgelästert, und ob der dichthält?
  6. Oder gleich Durchmarsch; freiwillige Meldung bei HR, wie es denn mit einer Frühpensionierung so stehe. Ob die Umschulung zum Taxifahrer bezahlt werde. Ob bei Editorial Services noch ein Pöstchen frei sei. Ob man nicht als Moderator der Leserkommentare noch ein kleines Zubrot zur Sozialhilfe verdienen könne.
  7. Oder gar Aufruhr und Widerstand? Schliesslich rufen die Journalisten doch unablässig zu Zivilcourage auf, gegen Diskriminierung, Ausgrenzung, gegen raffgierige Besitzer und Unternehmer. Immerhin, in der Romandie gab es ein Streikchen. Einen Bonsai-Streik. Von einer Stunde. Aber wie wäre es, wenn eine Mehrheit der Redaktion eine ganze Ausgabe lang streiken würde? Die wenigen opportunistischen Streikbrecher mit Verachtung straften? Protestschreiben online stellen würden? Das Recht auf Meinungspluralismus einfordern? Die bittere Wahrheit ist: all diese Maulhelden in fremden Sachen sind in der eigenen viel zu feige.
  8. Es gibt sinnvolle Vorschläge, auch von ZACKBUM, wie man mit gezielten Sparmassnahmen in den Häuptlingshorden, von VR, Geschäftsleitung und Redaktionsleitung abwärts, zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen könnte. Die Massenentlassung würde überflüssig, weil man damit mindestens so viel Geld spart. Und wenn hier gefeuert würde, wäre das tatsächlich eine Weichenstellung für mehr Qualität. Denn wer braucht schon eine Peppel-Schulz, einen Bärtschi, eine Birrer? Um nur ein paar Namen zu nennen. Würde jemand (ausser ihnen selbst) ernsthaft behaupten, mit deren Einsparung würde die Qualität bei Tamedia spürbar sinken?
  9. Will wirklich, ausser Bärtschi natürlich, jemand ernsthaft behaupten, nach einer Massenentlassung sei der Inhalt des Kopfblattsalats von Tamedia gleich viel Geld wert wie vorher? Wird dann endlich der Abopreis auch mal gesenkt, anstatt ständig erhöht?
  10. Inzwischen wurde ein Stück der Katze aus dem Sack gelassen. Es gibt nur noch vier Redaktionen für alle Tages- und Sonntagstitel. In Zürich verschwinden die eigenständigen Rumpfredaktionen von «Landbote», «Zürichsee-Zeitung», «Zürcher Unterländer » und «SonntagsZeitung». Arthur Rutishauser bleibe Chefredaktor der SoZ. Chefredaktor wovon genau? Er bleibe «Kopf der SonntagsZeitung, wichtiger Inputgeber für die ganze Redaktion», säuselt die Medienstelle.
  11. Der «Züritipp» wird eingestellt, womit schon mal ein paar Stelleneinsparungen klar sind. Statt 90 Stellen sollen nun auf einmal nur 55 wegfallen. Soll das befriedende Salamitaktik sein? Und zeugt es von überlegener Menschenführung, wenn die Mitarbeiter des «Züritipp» zusammen mit allen anderen erfahren, dass sie überflüssig sind? Während man ohne zuvor noch Hoffnungen machte, dass das Magazin erhalten bleibe?
  12. Das hier wird sicherlich die Stimmung ungemein verbessern: «Tamedia ist sich der Schwere dieser Massnahmen bewusst. Es kommen Sozialpläne inklusive Möglichkeit von Frühpensionierungen zur Anwendung. Neben persönlicher Begleitung und Beratung bietet Tamedia den betroffenen Mitarbeitenden finanzielle Unterstützung für Weiterentwicklungs- und Umschulungsprogramme an.» So eine «Weichenstellung für Qualitätsjournalismus» geht halt nicht ohne schmerzliche Verluste.
  13. Eine solche Massenentlassung ist der Beleg für ein krachendes Versagen der Verlagsetage. Ein Beweis für die schreiende und anhaltende Inkompetenz der wohlbezahlten Manager. Das ist schon schlimm genug. Aber eine solche Massenentlassung über Wochen hinweg zur Folterkammer der potenziell Betroffenen machen, das ist nicht mehr bloss Unfähigkeit. Das ist schon Sadismus.

Wie sorgt man richtig für Stimmung?

Führung heisst in erster Linie: motivieren und für gutes Betriebsklima sorgen.

Es ist nun beinahe zwei Wochen her, dass die Leitung von Tamedia es krachen liess. Die publizistische Leiter Simon Bärtschi sorgte für den Brüller des Monats: «Weichenstellung für unabhängigen Qualitätsjournalismus». Richtig wälzen vor Lachen konnten sich allerdings nur diejenigen, die von dieser Weichenstellung nicht betroffen sind.

Denn sie erfolgt, indem 90 Vollzeitstellen im Journalismus gestrichen werden (und 200 in Druckereien, was eine weitere Sauerei ist).

Nun ist es im Kapitalismus durchaus so, dass Firmen, denen es nicht gut geht, Mitarbeiter entlassen müssen. Nicht völlig egal ist dabei, aus welchen Gründen. Die Umstände, der Markt, die Weltgeschichte, der Chinese – oder brüllende Inkompetenz des eigenen Managements.

Besonders störend ist dabei, dass den Medienerzeugnissen des Hauses TX zuerst alle Werbeplattformen abgeschraubt wurden, die dank ihnen überhaupt gross wurden. Wohnungs-, Auto-, Stellen-, Kleinanzeigenmarkt, nicht zuletzt durch die Zusammenlegung mit Ringier eine Goldgrube, ein Mehrwert, Anlass zu einer Sonderdividende für den gierigen und grossen Coninx-Clan.

Auch ohne diese Einnahmequelle sollen die Medienerzeugnisse mindestens 8 Prozent Rendite abwerfen. Noch absurder: weil «20 Minuten» das in der Vergangenheit problemlos schaffte, wurde der Gratisanzeiger auch abgeschraubt und in der Holding TX in ein eigenes Profitcenter verwandelt. Übrig blieb der elende Rest.

All das ist ist durchaus Anlass für Unmut in der Redaktionsmannschaft. Dass Bärtschi mit seinem selten bescheuerten Kommentar noch Öl ins Feuer giesst, ist das eine.

Das andere, Schlimmere ist aber: wenn es schon zu schmerzlichen Entlassungen in diesem Ausmass kommt, muss so schnell wie möglich Klarheit geschaffen werden, wen es trifft. Angesichts der Rumpfredaktionen unter dem Dach von Tamedia handelt es sich bei 90 Vollzeitstellen um sicherlich mehr als 100 Gefeuerte, einen gewaltigen Aderlass. Nur: es ist bis heute nicht bekannt, wer. Dass es 90 Stellen sein müssen, die entsprechende Einsparung lässt sich leicht ausrechnen, das schafft selbst CEO Jessica Peppel-Schulz.

Wieso allerdings nicht 100, oder 80, oder 95,5? Oder he, wäre es nicht einfacher jeder Zweite? Oder statt über 50 leitende Nasen nur noch 10? Oder so feuern, dass endlich auf jeder Hierarchiestufe 50 Prozent Frauenanteil erreicht wird? Nein, sorry, Quoten für Nonbinäre, Hybride und Transen gibt es nicht. Aber gut, die Wege des oberen Managements sind unerforschlich.

Wen trifft es denn nun? Das erinnert unweigerlich an ein altes Soldatenlied von Ludwig Uhland:

«Eine Kugel kam geflogen,
Gilt’s mir oder gilt es dir?
Ihn hat es weggerissen,
Er liegt mir vor den Füßen,
Als wär’s ein Stück von mir.»

Nun gibt es sicherlich Tagi-Redaktoren (irgendwie ist der Schweizer Plural passend), die sich sicher sind, dass sie unkaputtbar seien. Immer brav in jede Körperöffnung oberhalb der eigenen Gehaltsklasse gekrochen. Jeden Woke-Wahnsinn mitgemacht. Niemals auch nur leise Kritik an den vielen Häuptlingen geäussert. Bei jedem Kommentar von Raphaela Birrer, jedem Auftritt von Kerstin Hasse, jedem birreweichen Rempler von Loser, Tobler & Co. nur innerlich zusammengezuckt und ein freundliches Gesicht dazu gemacht.

Niemals bezweifelt, dass man mit immer weniger Nasen immer besseren und konzentrierteren Qualitätsjournalismus machen könne. Kein Wort dagegen gesagt, dass man in der Verrichtungsbox im Newsroom im Stundentakt Tickermeldungen zusammenschnetzeln und rauspusten muss. Begeistert begrüsst, dass die Verweildauer des Users und die Quantität der eigenen Werke das einzige Leistungskriterium ist.

Aber dennoch. In solchen Zeiten ist auf jeden Fall die Führung gefragt. Schliesslich gibt es bis hinunter zum stellvertretenden Irgendwas über 50 Nasen bei Tamedia, die irgend eine Führungsaufgabe haben. Da hätte man erwarten können, dass auf jeden Fall von der Chefredaktion aufmunternde, öffentliche Geräusche kommen. Dass der neugierigen Leserschaft mal ernsthaft erklärt wird, wie man zum gleichen Preis mit weniger Leuten mehr Qualität basteln kann.

Man hätte auch ein Wort dazu erwarten müssen, dass die Entlassung von über 100 Nasen ja bedeutet: ihr ward bloss Ballast, Bremser, habt nichts zum Qualitätsjournalismus beigetragen. Denn es geht doch problemlos auch ohne euch. Ohne euch sind wir «noch näher» beim Leser, fragen uns «noch mehr», was der eigentlich will, frönen bedingungslos dem relevanten, demokratiefördernden Journalismus, üben die Vierte Gewalt im Staate aus.

Schön, dass wir Euch los sind. Das ist doch die Message. Nur: wen trifft’s? ZACKBUM schlägt vor, dass jeden Morgen, vielleicht so gegen neun, über das interne Kommunikationssystem folgendes Lied abgespielt wird. Als Muntermacher, als Motivationsturbo, vielleicht gesungen von der Chefredaktion:

Falls dazu die stimmlichen Fähigkeiten nicht ausreichen – Wikipedia weiss: «Gesungen wird das Lied dabei nur im Ausnahmefall, sondern lediglich durch Intonation der allgemein bekannten Melodie mit einer Blaskapelle oder einer einzelnen Trompete angedeutet.»

Vielleicht kann ja jemand im weitverzweigten Coninx-Clan Trompete spielen …

Rutishausers neuster Knaller

Der Mann rettet im Alleingang die Reputation von Tamedia.

Arthur Rutishauser ist der fleissigste Chefredaktor im Umzug. Seitdem er auf den Posten des Chefs der «SonntagsZeitung» heruntergestuft wurde, läuft er wieder zu Höchstformen auf. Zuvor war er das Bauernopfer bei der verunglückten Reaktion auf ein Protestschreiben von 78 erregten Tamedia-Frauen, die eine ganze Latte von anonymen und unbewiesenen Verleumdungen in Umlauf gebracht hatten.

Sein neuste Coup: er hat den vorläufigen Bericht der Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) in die Hände bekommen, die den Untergang der Credit Suisse ausleuchten soll. Und dabei kam heraus, dass es zu regelmässigen Geheimtreffen zwischen dem damaligen Finanzminister Ueli Maurer, Nationalbankchef Thomas Jordan und CS-Präsident Axel Lehmann kam.

In bester Corona-Manier. Vertraulich, ohne Protokoll, ohne Mitwisser. Zudem legt Rutisuhauser nochmals den Finger in die Wunde, dass die CS nicht einfach wegen widriger Marktverhältnisse kollabierte, sondern weil sie von einem unfähigen Management in den Abgrund getrieben wurde. Dass Lehmann eine mögliche Staatshilfe ablehnte, weil das Auswirkungen auf die Boni gehabt hätte, ist nur eines der vielen unappetitlichen Details.

In seinem Kommentar zu diesem unwürdigen Stück nimmt Rutishauser kein Blatt vor den Mund:

«Alles wurde über Jahre hinweg vertuscht, wer aufmuckte, landete auf der Strasse. Zeitungen und Journalisten wurden eingeklagt, wenn sie versuchten, Licht ins Dunkel zu bringen. Und das seit bald 50 Jahren. So lange brauchte es, bis nach zahllosen Skandalen das Vermächtnis von Alfred Escher so weit ruiniert war, dass die UBS fast gratis ihre Konkurrenz übernehmen konnte

Auch jetzt versucht die Politik, den Deckel auf manch dunklem Geheimnis zu lassen. Als erste Aktion liess die windelweiche PUK-Präsidentin Isabelle Chassot die PUK-Akten für die nächsten 50 Jahre sperren. «Wozu? Das weiss nur Chassot, denn schützenswerte Geschäftsgeheimnisse der CS gibt es nicht mehr

Aber jede Menge Sauereien, die zurückbleiben:

«Die Bank hat von 2012 bis 2022 rund 12 Milliarden Franken für Bussen, Vergleichs- und Schadenersatzzahlungen bezahlt, mehr als jede andere Schweizer Bank. Und dabei ging es nicht «nur» um unversteuertes Schwarzgeld, sondern um Drogenhandel und Betrug. Im Fall von Moçambique haben die Banker sogar ein ganzes Land in Ruin und Armut gestürzt. Dafür hätten sich die hoch bezahlten Manager, die ja nie für etwas verantwortlich sind, öffentlich rechtfertigen sollen.»

Aber während in den USA wenigsten schwitzende Versager vor laufender Kamera Entschuldigungen stammeln müssen, hat in der Schweiz noch niemals ein solcher Vollpfosten sich wenigstens öffentlich rechtfertigen müssen. Von Haftbarkeit und Verantwortlichkeit ganz zu schweigen. Angefangen beim Oberversager Urs Rohner, der wie alle seine eingesackten, aber unverdienten Millionen geniesst.

Das macht mal wieder die Lektüre der SoZ unterhaltsam, wie in alten Zeiten. Aber alleine dadurch wird all das, was der «Tages-Anzeiger» anstellt, bzw. unterlässt, noch peinlicher.

Wenden wir hier die Bärtschi-Peinlichkeitsskala an. Benchmark ist Simon Bärtschis unterirdischer Kommentar «in eigener Sache» mit einer 10. Ohne, dass er etwas dazu tun musste, steht der publizistische Leiter durch diese Leistung von Rutishauser mit 15 Bärtschis da. Die Tagi-Chefredaktorin Raphaela Birrer bewegt sich in der Höhe von Patrizia Laeri und erreicht schweigend eine 20. Das Mitglied der Chefredaktion Kerstin Hasse, die sich um Astrologie, blanke Busen und einen angeblichen Skandal an der ETH kümmert, darf eine 12 in ihren Palmares eintragen.

Aber solange Rutishauser nicht zwecks Qualitätssteigerung eingespart wird, stemmt er ganz alleine das Niveau nach oben. Einziger Nachteil: desto peinlicher wirken die anderen traurigen Gestalten an führenden Positionen.

Neues vom Qualitätsjournalismus

«Prawda»-Bärtschi ist unermüdlich.

Sein grauenhafter Kommentar «Weichenstellung für den unabhängigen Qualitätsjournalismus» hat gute Chancen, als schlimmste Fehlleistung des Jahres an das Schandmal der höchsten Peinlichkeit genagelt zu werden.

Darüber hat es der Oberchefredaktorin Raphaela Birrer offenbar die Sprache verschlagen. Der gröbste Kahlschlag aller Zeiten in ihrer Redaktion, der dummdreiste Kommentar von Bärtschi, wäre es nicht angebracht, dass die oberste Redaktionsleitung mal einen Ton sagt? Ihrer Rumpfmannschaft Mut zuspricht, vielleicht gar gelinde Kritik übt? Aber doch nicht Birrer; dazu bräuchte es Rückgrat …

Die von Bärtschi publizistisch geleiteten Frauen und Männer von Tamedia, durch seine träfen Worte zu höchster Leistung und grandioser Motivation angestachelt, beschäftigen sich vornehmlich mit der Frage: trifft es mich oder trifft es dich beim nächsten Rausschmeissen zur Steigerung der Qualität?

Nebenher blubbern sie noch so etwas wie Artikel raus. Dabei begeben sie sich auch mal ins Reich des Raunens, der Andeutungen, der Leserverwirrung:

Die beiden Recherchiercracks Catherine Boss und Oliver Zihlmann machen etwas Originelles. Sie gehen mit einer unvollendeten Story an die Öffentlichkeit. An der ETH gebe es Vorwürfe «gegen einen renommierten Professor». Worum es allerdings genau geht, das zu beschreiben «verbietet das Bezirksgericht Zürich auf Antrag des Professors hin», wie es in leicht holprigem Deutsch einleitend heisst.

Qualitätsjournalismus würde bedeuten, dass man halt noch solange wartet, bis dieses Hindernis aus dem Weg geräumt ist. Aber doch nicht im Qualitätsblatt Tagi. Da wird nur etwas von «unangemessenem Verhalten» gemurmelt.

Dafür wird gleich eine Kampagne draus gemacht:

Und noch einer:

Da darf natürlich die selbsternannte Feministin nicht fehlen, die zwecks Gleichberechtigung die Offenlegung der Löhne fordert, nur nicht des eigenen. Also plappert Kerstin Hasse:

Ausser dieser wohlfeilen Forderung hat sie eigentlich nichts zu bieten. Denn sie kritisiert, dass Personen, die einen Vorgesetzten anschuldigen, ihre Anonymität aufgeben müssen. Andererseits räumt sie ein: «Gleichzeitig muss sich ein kritisierter Vorgesetzter auch gegen Vorwürfe wehren können. Und das kann er nur, wenn er weiss, worum es geht.» Das war beim via Spiess-Hegglin an die Öffentlichkeit durchgestochenen Protestbrief von erregten Tagi-Frauen, zu denen allerdings Hasse nicht gehörte, anders. Sie unterzeichneten zwar mit Namen, aber alle angeführten Beispiele von angeblichen sexistischen Belästigungen erfolgten anonym, wodurch kein einziger verifiziert – oder falsifiziert werden konnte.

Wohlgemerkt: es handelt sich hier um bislang nicht bewiesene Anschuldigungen von anonymen Denunziantinnen, während der Beschuldigte sagt, dass nichts davon zutreffe. Theoretisch würde da die Unschuldsvermutung gelten, aber wenn man gerne endlich mal wieder «Skandal» quäken möchte, kann man sich um solchen Pipifax doch nicht kümmern.

Nutzwert, Ratgeber, Leserbedürfnis, hat wahrscheinlich die publizistische Leiter nach unten gemurmelt, voilà, sagt die Redaktion:

Allerdings übersteigen solche Höchstleistungen im Banalen ihre Leistungsfähigkeit (wahrscheinlich nicht herzhaft gefrühstückt, die Sparrunde ist auf den Magen geschlagen). Also muss Johanna Adorján ran, die ihr Frühstück bei der «Süddeutschen Zeitung» verdient.

Noch mehr Nutzwert? Aber bitte:

Das Beste an dieser Ansammlung von Banalitäten: sie ist hausgemacht, Matthias Schüssler ist (noch) auf der Payroll von Tamedia.

Aber auch auf höchster Ebene nimmt man sich eines brennend aktuellen Themas an, das die Mehrheit der LeserInnen* dort abholt, wo sie nicht sind:

Denn der Tagi wüsste ja nicht, was er ohne die «Tages-Anzeigerin» machen würde. Hier blödeln Annik Hosmann und Kerstin Hasse als «Host» (was immer das sein mag), während Sara Spreiter die Produzentin macht. Daraus entstehen über 31 Minuten Gequatsche, die man problemlos als Folterinstrument verwenden könnte. Da gesteht jeder alles, wenn man es nur abschaltet.

Der SZ-Journalist Martin Wittmann hat ebenfalls den Blick fürs Wesentliche:

Das ist eine Frage, die unbedingt einmal beantwortet werden musste. Sozusagen mit einem Griff ins Klo.

Einen neuen Gipfel des Bauchnabeljournalismus erklimmt Nadine Jürgensen:

Selten, aber möglich: TA-Korrespondent Fabian Fellmann schafft es sogar in die SZ, allerdings auch in den Tagi. Aber während die Münchner noch gedämpft den Titel setzen «Trump entweiht die Gräber», haut das Qualitätsorgan von der Werdstrasse einen raus:

Echt jetzt, so weit geht der schon? Hat er nun doch einen erschossen, was ihm nicht schaden würde, wie er mal sagte? Nicht ganz, Donald Trump hat sich bei einem Besuch des Soldatenfriedhofs Arlington filmen lassen, was dort nicht erlaubt ist. Aber Qualitätsjournalismus heisst dann, daraus einen richtigen Brüller als Titel zu zwirbeln.

Und dann gibt es noch die qualitativ herausragende Kolumne von Ronja Fankhauser: «Ich will nicht, dass Roboter Gedichte schreiben». Wenn kümmert’s, hört ja auch niemand auf die Tagi-Leser, die nicht wollen, dass Fankhauser Kolumnen schreibt. Aber deren Inhalt, ZACKBUM hat nach dieser Galerie des qualifizierten Grauens ein Einsehen, ersparen wir unseren Lesern. Auch die sind keine Übermenschen.

 

 

 

Mehr Qualität

Im Sinne von «Prawda»-Bärtschi steigert der Tagi stetig seine Qualität.

Es ist eine tägliche Freude, zusehen zu dürfen, wie die Zeitung das Geschwurbel ihrer publizistischen Leiter nach unten  tagtäglich befolgt und umsetzt: «Die Qualität steht für uns zuoberst.»

Aber nicht nur das. «Glaubwürdigkeit, Relevanz, Wahrhaftigkeit und Fairness sind die Pfeiler unserer Publizistik.» Zu dieser verlangten und eingelösten Relevanz gehört sicher dieser Artikel, für den sich Angela Barandum zu höchster Qualität aufschwang:

«Mia erzählt», verspricht der Lead. Allerdings: «Mia möchte Mutter werden. Weil sie fürchtet, in der Kulturbranche keine Stelle mehr zu finden, sobald ihr Kinderwunsch bekannt wird, bleibt sie anonym.» Und dafür musste der Fotograf Jonathan Labusch (hohe Qualität eben) ran, um ein verschwommenes Porträt zu machen, auf dem man die Dame mit wenigen Handgriffen im Photoshop kenntlich machen könnte.

Auch die Tagi-Kultur gibt alles, denn genauso wie die Kampagne über sich in der Frauenbadi Zürich begafft fühlende Frauen (4 in den letzten 11 Jahren) bleibt Qualitätsjournalist Andreas Tobler einem kulturellen Randphänomen, um es sehr höflich auszudrücken, gnadenlos auf der Spur:

Wobei er zu erwähnen vergisst, dass er selbst seinen Beitrag zu dieser «Reality-Doku» geleistet hat, indem er schon mal darüber berichtete. Und so etwas läuft unter «TA Kultur». Da gackern die Hühner und der Hahn wälzt sich vor Lachen.

Da geht noch einer drüber, sagt sich Qualitätsjournalistin Alexandra Kedves mit ihrem kulturell hochstehenden Beitrag:

Vielleicht für die Leser, die sich nicht auf dieser kulturellen Hochebene bewegen: Ralf Schumacher war vor vielen Jahren mal Formel-1-Fahrer. Und hat sich vor vielen Jahren vom Erotik-Model Cora Schumacher getrennt. Er machte in der Yellow Press etwas Schlagzeilen, indem er sich als homosexuell outete. Daraus machte Cora Schumacher (berühmt aus «Promi Big Brother 2018» und Ähnlichem) auch Schlagzeilen.

Bis vor Kurzem konnte man freizügige Fotos des «Erotik-Models» auf «Only Fans» gegen Bezahlung anschauen. Aber durch ihr Gejammer hat sie es sogar zu einem Interview im auch qualitativ hochstehenden «Spiegel» geschafft.

Kann man aus dieser trüben Boulevardkiste aus der untersten Schublade noch etwas herausmelken, was selbst die Klatschblätter inzwischen aufgegeben haben, weil das Publikum immer lautere Gähngeräusche von sich gab? Natürlich, mit dem qualitativ urältesten Nachzugs-Trick: «Paartherapeutin Monika Röder erklärt, wie belastend ein Coming-out des Ex-Partners sein kann. Und gibt einen Tipp

Das ist natürlich wunderbar für die Paartherapeutin, dass sie so zu Gratiswerbung und einem eigenen Kästchen im Artikel kommt:

Allerdings hat es hier, im Gegensatz zum verschwommenen Foto von Mia, nicht für den Einsatz eines Fotografen gereicht, das Bild ist von Xing kopiert.

Welche tiefschürfenden und qualitativ hochstehenden Erklärungen teilt Röder mit dem Leser? «Auch das Vertrauen in Beziehungen, in Menschen dieses Geschlechts oder ins Leben kann dadurch tief erschüttert werden.» Wow, schön, dass wir das nun wissen. Und was ist denn der versprochene Tipp? «Mit welcher Entscheidung könnte ich im Rückblick auf mein Leben, etwa mit 80 Jahren, am besten leben

Also, abwarten, Tee trinken und sich dann vor einem Outing überlegen, mit welcher Entscheidung man mit 80 leben könnte. Hört sich realistisch und praktikabel an.

Aber: haben diese drei aktuellen Artikel irgend etwas mit dem Geschwurbel von Bärtschi zu tun? Wenn nein, wieso hat er als journalistischer Leiter nicht eingegriffen? Wieso taten das vor ihm nicht die beiden leitenden Damen in der Redaktion? Oder wollen Raphaela Birrer und die fürs digitale Storytelling zuständige Kerstin Hasse etwa sagen, dass das drei herausragende Qualitätsartikel seien?

Gut, Hasse kümmert sich um Fragen wie die, ob Frauen oben ohne herumlaufen sollten oder nicht. Und Birrer schreibt Kommentare, mit denen sie mindestens die Hälfte der Leserschaft stocksauer macht. Da kann man sich dann auch nicht um alles kümmern, in diesem Saftladen, der einstmals eine ernstzunehmende und qualitativ hochstehende Zeitung war.

 

Wunder an der Werdstrasse

Mit weniger Nasen mehr Qualität schaffen. Das soll funktionieren.

ZACKBUM wird sicherlich wieder diffamiert werden von den Damen an der Spitze des einstmals gloriosen Medienhauses Tamedia. Oder «Tages-Anzeiger». Oder TX. Oder was auch immer.

Aber es braucht schon die geballte Inkompetenz von drei Damen, um einen neuerlichen Kahlschlag auszulösen. CEO Jessica Peppel-Schulz, die sich kommunikativ von einem Avatar vertreten lässt, der immerhin über KI verfügt, hat als erste öffentliche Amtshandlung bekannt gegeben, dass rund 300 Mitarbeiter rausgeschmissen werden. 200 in den beiden zu schliessenden Druckereien, 90 in den Redaktionen.

Ein geschäftliches Desaster. Raphaela Birrer und Kerstin Hasse, zusammen mit zwei Hansln, haben ein inhaltliches Desaster zu verantworten. Und sollen nun das Wunder vollbringen, mit weniger Fachkräften die gleiche Qualität wie vorher zu halten. Das ist inzwischen nicht mehr allzu schwierig, grenzt aber dennoch an ein Wunder. Denn 90 Leute entlassen, das würde bei gleichbeliebendem Niveau bedeuten, dass die vorher völlig überflüssig waren.

Psychologisch einfühlsam schwärmt Hasse auf Instagram, dass sie bald einmal im Kaufleuten einen Podcast über «Frauenfreundschaften» machen werde. Während die Mannschaft darüber informiert wird, dass schon wieder ein grosses Rausschmeissen angesagt ist. Das sind echte Führungsqualitäten.

Dabei wäre alleine die Entlassung von Peppel-Schulz, Birrer und Hasse, die ersatz- und folgenlos eingespart werden könnten, eine Budgetentlastung, die den Rausschmiss von mindestens 8 Indianern verhindern würde.

Aber bevor ZACKBUM wieder als frauenfeindlich verschrien wird: der Verursacher des nächsten Flops ist ein Mann. Denn der Digital-Crack, der ehemalige «Beirat für Digitalisierung» Mathias Müller von Blumencron hatte  mit grossem Trara als Dampfplauderer den «Verkehrsmonitor» aus der Taufe gehoben und in die Traufe befördert. ZACKBUM schrieb schon zur Begrüssung im August 2023: «Tamedia will mit einem «Verkehrsmonitor» auf die Schnauze fallen.»

Es war ein angekündigter Tod: Was ist denn das? Das ist ein B2B-Portal. Das «Go-to-market» und «Brand-Design» wurde mit der Agentur Wirz entwickelt, auch so ein Heissluftfön. «Datengetriebenes Kampagnensetup, laufende Optimierung, Zusammenspiel mehrerer Disziplinen und mit Fokus auf Impact», und Blabla und Blüblü.

Sechsköpfiges Redaktionsteam, stolze 195 Franken im Monat Abogebühr. Die Idee war zudem geklaut, beim deutschen «Tagesspiegel», wo Müller (wir gestatten uns die Kurzform) mal Co-Chefredakteur hätte werden sollen. Das war dann nix; inzwischen ist Müller auch bei Tamedia wieder weg, was die Überlebens-Chancen des Verlags deutlich erhöht. Allerdings überlebt ihn der «Verkehrsmonitor» auch nur kurz, er wird nach wenigen Monaten wieder eingestellt.

Natürlich gilt im Geschäftsleben «try and error», man sollte mal was probieren. Aber es gibt Projekte, bei denen von Anfang an klar ist: Fehlgeburt, Fehlkonstruktion, funktioniert nie, kostet bloss. Das ist dann peinlich.

Aber peinlich ist das neue Must bei Tamedia. Wer nicht peinlich ist, hat keine Karrierechancen. Daher kümmern sich sagenhafte 52 Häuptlinge um das Werkeln von 170 Indianern; jede Führungskraft hat die Verantwortung für etwas mehr als drei Untergebene.

Da würde das Prinzip Ueli Maurer schon mal Wunder wirken. Der ging als Bundesrat gegen die Überregulierung in seinem Departement vor. Er stellte 72 Verordnungen auf den Prüfstand und verlangte bis Ende Jahr eine Begründung für deren Existenz. Ganze fünf wurden geliefert. Bei Tamedia wäre das: die 52 Häuptlinge müssen bis Ende Jahr begründen, was sie eigentlich führen, wofür sie verantwortlich sind, wie man ihre Leistung messen kann. Auch hier dürften so um die fünf verständliche Begründungen eingeliefert werden; der Rest kann dann weg.

Aber wetten, dass natürlich wieder im Maschinenraum gespart wird, bloss ein paar Häuptlingen, die Widerworte gegen die inkompetente Redaktionsleitung wagten, werden auch einen Kopf kürzer gemacht.

Es ist ein Trauerspiel, eine hausgemachte Katastrophe. Hier ist kaum etwas den Umständen, dem Umfeld, dem neuen Konsumverhalten, der digitalisierten Welt – oder wie die Manager-Bullshitphrasen alle heissen – geschuldet. Hier haben die Versager, die Schuldigen Anschrift, Name und Gesicht.

Rund 600 Stellen weniger bei Tamedia, Ringier, NZZ und CH Media seit Anfang 2023. Daher viel weniger Leistung, Content, für gleich viel oder sogar mehr Geld. Ein idiotischeres Geschäftsmodell hat die Welt noch nicht gesehen.

Wieso Oberboss Pietro Supino ungerührt zuschaut, wie sein Medienhaus medial zuschanden geritten wird – unglaublich, unvorstellbar, unverständlich.

Ist das peinlich

Da basteln zwei «Magazin»-Journalisten einen siebenteiligen Podcast. Und keiner nimmt’s zu Kenntnis.

Christof Gertsch und Michael Krogerus hatten ihre Chance, mal Rückgrat zu zeigen. Als die gefeuerte und rachsüchtige Kollegin Anuschka Roshani im «Spiegel» eine Breitseite gegen ihren ehemaligen Chef abfeuerte, den sie vergeblich aus dem Amt zu mobben versucht hatte.

Da behauptete Roshani unter anderem, Finn Canonica habe sie vor versammelter Redaktion verbal übel angegangen. Also auch vor Gertsch und Krogerius, der zudem der Lebensgefährte der Kampffeministin Franziska Schutzbach ist, die keine Gelegenheit auslässt, die brutale, männerdominierte Welt zu kritisieren.

Also hätten die beiden, das Vorhandensein von Rückgrat vorausgesetzt, die einmalige Gelegenheit gehabt, als Zeugen zu bestätigen, was Roshani behauptete – oder ihrem ehemaligen Chef den Rücken zu stärken, der diese Anschuldigungen energisch zurückwies.

Aber eben. Sogar bei der Verleihung des Schweizer Journalistenpreises eierte Gertsch auf eine entsprechende Frage herum. Beide schwiegen verkniffen, als ihnen ZACKBUM die Gelegenheit für ein klärendes Wort bot. Sind das vielleicht feige, opportunistische Wendehälse, die einmal im Lebenetwas Zivilcourage hätten beweisen können.

Getoppt werden sie nur von der schreibenden Schmachtlocke. Denn Daniel Binswanger war auch dabei, sogar eng mit Canonica. Und als inzwischen «Republik»-Chefredaktor hätte er nichts zu befürchten gehabt. Ausser, dass er, wenn das Organ endlich untergeht, sich seinen mögliche Rücksturz zu Tamedia nicht vermasseln möchte. Also schweigt auch er verkniffen.

Die heiden Moralheros Gertsch und Krogerius haben nun in Zusammenarbeit mit der «Süddeutschen Zeitung» einen aufwendigen siebenteilige Podcast über Florence Griffith-Joyner gemacht. Florence who? Das war ein Unterschichtengrirl, das im Rennen Rekorde aufstellte, die bis heute nicht übertroffen wurden, und jung starb. Es halten sich hartnäckig Gerüchte, dass sie bei ihren Läufen nachgeholfen hatte, also gedopt war.

Das alles interessiert eigentlich keinen wirklich, und die kühne Idee, damit die Olympischen Spiele  in Paris zu begleiten, war ein Totalflop. Niemand schaut, niemand hört, keinen interessiert’s. Nun legt Tamedia verzweifelt noch mit einem Video nach. Wenn schon niemand die aufgewärmte Story von Flo interessiert, dann interessiert noch weniger, wie Gertsch und Krogerius wichtigtuerisch über ihre Recherche berichten. Umrahmt vom «Chopped Salat», der neusten Verzweiflungstat der Köchin Elif, und der Abhandlung über «Männlichkeit im Alltag».

Zum Video über und mit Gertsch/Krogerius werden nur positive Kommentare zugelassen. Daher sind es ganze sechs, wobei zwei von diesem Dreamteam selbst stammen.

Ist das mal wieder peinlich. Aber dieses «digitale Storytelling» wird von Kerstin Hasse verantwortet. Und sie ist Mitglied der Chefredaktion – und eine Frau.Also unkaputtbar, unbeschadet davon, dass sie den Online-Auftritt des Tagi kaputt macht. Von dieser Tätigkeit lässt sie nur ab, wenn sie sich zum rasend brennenden Thema «nackte Brüste» äussert, so als Feministin, die die Offenlegung des Lohns fordert, selber aber kneift.

Die wenigen verbliebenen Journalisten bei Tamedia sind wirklich nicht zu beneiden. Die meisten schleppen sich zur Frühpensionierung und hoffen, dass sie nicht vorher einer neuen Sparwelle zum Opfer fallen. Denn so Nieten wie Gertsch und Krogerius und viele mehr müssen ja bezahlt sein.

Die Jagd nach? Was für ein präpotenter Titel.

Wumms: Kerstin Hasse

Wer sich fragt, was die Mitgliedin der Chefredaktion von Tamedia macht: Pipifax.

Immerhin, es gibt ein Lebenszeichen. Die sind selten, aber immer lustig. So behauptete Hasse vor einem guten Jahr: «Wer es ernst meint mit der Gleichberechtigung, muss das Schweigen über Geld brechen.» Damals ging es um das Offenlegen der Einkommen von Frauen. Allen Frauen? Nein, allen Frauen ohne Hasse, denn in eigener Sache wollte sie das Schweigen natürlich nicht brechen.

Einen kleinen Einblick in ihre finanziellen Verhältnisse gibt sie hier:

Dame im Spiegel im Basler Luxushotel «Trois Rois».

Aber eigentlich ist sie eine kämpferische Feministin:

In dieser Eigenschaft äussert sich die Mit-Chefredaktorin zu einer Frage, die die Menschheit heutzutage umtreibt, hinter der die Ukraine, Trump und sogar der Nahe Osten zurückstehen müssen:

Hier rattert Hasse alles durch, was sie in der Redaktion so sympathisch macht (vielleicht ausser ihrem Hang zu Selfies). So nebenbei muss sie erwähnen: «Als ich diesen Frühling in New York war und all die mehr oder weniger gestählten Männer sah …» Hallöchen, ich war mal wieder in New York.

Dann die knallharte Position: «Ich bin also keine Verfechterin des Oben-ohne-Trends. Und ich mag – auch als Feministin – nicht mehr darüber diskutieren, ob Frauen einen BH tragen sollen oder nicht.» Hallöchen, ich bin dann Feministin, im Fall. Daher auch für die Offenlegung meines Lohns. Oder auch nicht.

Es ist die Frage, ob nackte Oberkörper von Frauen nicht Ausdruck der Gleichberechtigung wären, da sich Männer ja auch oben ohne zeigen. Da muss man (Pardon, frau) differenzieren: «Frauen- und Männerkörper werden im öffentlichen Raum nicht gleich behandelt.»

Hallöchen, es gibt Unterschiede zwischen Männern und Frauen, wer hätte das gedacht. Aber lassen wir mal die Männer beiseite: «Solange nackte Haut – oder auch nur die zarte Betonung von Weiblichkeit – in unserer Gesellschaft als Einladung verstanden wird, Frauen zu belästigen, ist es lächerlich, Frauen in Sachen Nacktheit um Zurückhaltung zu bitten.»

Ähm, also was will uns die Feministin hier sagen? Soll man Frauen also nicht um Zurückhaltung bitten, wo sie doch beim kleinsten bisschen Haut angemacht werden? Oder will sie das Gegenteil sagen? Oder weiss sie überhaupt, was sie sagen will?

Wenn unsicher, hilft immer ein Fremdwort, sie versucht es nochmal: «Der weibliche Körper ist per se etwas Sexuelles. Und der Mann? Der zeigt nach wie vor Wampe oder Waschbrettbauch – weil er es kann.»  Ähm, der weibliche Körper eines Babys, einer Greisin, unförmig, dick, mit Wampe oder Waschbrettbauch, ist «per se» etwas Sexuelles? Und der eines Mannes nicht? Oder doch oder anders?

Wenn unsicher, hilft immer noch ein Fremdwort: «Eigentlich müssten wir doch viel dringender darüber reden, wie wir dieses rückständige Narrativ durchbrechen – für Frauen und für Männer. Indem wir zum Beispiel reflektieren, was denn der Unterschied zwischen einem netten Kompliment und einer unangenehmen Anzüglichkeit ist.»

Ähm, gute Reflexionsfrage. Was ist denn der Unterschied? Viel entscheidender: wer definiert den? Wenn wir schon beim Reflektieren wären, das ist doch die interessante Frage. Deshalb stellt sie Hasse nicht – und beantwortet sie auch nicht.

«Dieses Kleid steht Ihnen gut.» Ist das ein nettes Kompliment oder eine Anzüglichkeit? Ist dabei einzig entscheidend, ob das die Angesprochene als Kompliment oder als anzüglich empfindet? Und wenn das so ist, darf man (oder auch frau) überhaupt noch ein Kompliment machen, das ja immer anzüglich verstanden werden kann?

Wie absurd darf’s denn sein? Ein Blick kann anzüglich gedeutet werden. Kein Blick als diskriminierende Missachtung. Feminismus auf den Spuren des Dadaismus.

Es gab mal den Fall, dass eine Frau sich darüber beschwerte, dass der Vorgesetzte sie im Lift nicht grüsste und als «Maschine» bezeichnete, was er natürlich als Kompliment meinte. Sie erlitt daraufhin ein Burnout und beschwerte sich öffentlich über dieses übergriffige Verhalten.

An diesem Beispiel kann man ermessen, wie hirnrissig die schlecht durchdachte Forderung von Hasse ist. Sagen wir mal so: auch hier gibt es Sparpotenzial. Denn Männer haben Schreibverbot bei Tamedia. Frauen nicht. Vielleicht wäre es umgekehrt besser …