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Eine Portion Gerülpstes

Jacqueline Badran liebt den verbalen Zweihänder. Mit hoher Selbstverletzungsgefahr.

Für Aussagen, für die sie sich entschuldigt hat, soll sie nicht zur Verantwortung gezogen werden. Aber das hier reicht auch schon für einen Nasenstüber:

Mit etwelcher Verspätung nimmt sie sich den intelligenten Kommentar von Katharina Fontana in der NZZ zur Brust, dass der SRG «weniger Geld guttun» würde. So aber nicht mit Badran. Sie kann es einleitend «kaum fassen», was da steht. Sie ist so böse auf die Autorin, dass sie deren Namen nicht über die Lippen bringt. Kein Wunder, die lande einen «missgünstigen Rundumschlag». Bis hierher ist noch alles gut; Polemik darf sein, vor allem in einem Kommentar. Aber dann wäre es doch mal schön, auch das eine oder andere Argument fallen zu lassen. Das ist aber nicht gerade Badrans starke Seite, wie sie schon mehrfach unter Beweis stellte. Und behauptet sie was, stimmt oftmals das Gegenteil.

Stattdessen stapelt sie auch hier eine Polemik auf die nächste: «Die Autorin erzählt dabei eins zu eins die unsinnige Geschichte nach, mit der wir seit vielen Jahren aus rechtskonservativen und libertären Kreisen belästigt werden. Das hat System. Solche Kreise haben schon immer und überall die öffentlich-rechtlichen Medienhäuser angegriffen. Weil sie sie nicht kontrollieren können.»

Kommt dann mal ein Argument? Der Hauch eines Arguments? Irgendwas wie «Fontana schreibt A, das ist falsch, weil B»? Niemals: «Der Kommentar ist derart anachronistisch – man reibt sich die Augen.» Stattdessen kommt nun die uralt-üble anachronistische Nummer, dass man den Inhalt einer Stellungnahme mit Sachen korreliert, auf die sie sich gar nicht bezieht. Das ist ungefähr so intelligent, wie wenn man schreiben würde: Also der Wilhelm Meister von Goethe ist eher verunglückt, für ein Gedicht.

Denn nun geht es Badran um «Desinformationskriege», von Autokraten gesäuberte Medien, machtsuchende Milliardäre (ob da Blocher dazugehört?) und «wirkungsmächtige Propaganda-Plattformen wie «Breitbart»». «Breitbart» ist schwer auf dem absteigenden Ast, in der Kategorie Poltiblogs unter ferner Liefen auf Platz 41 in den USA. Aber Badran hat ja auch von so Sachen keine Ahnung, aber zu allem eine Meinung.

Eher unappetitlich wird es dann bei ihrem nächsten «Argument» gegen den Kommentar in der NZZ: «Ermordungen von Medienschaffenden sind an der Tagesordnung.» Was hat das denn mit dem Kommentar von Fontana zu tun? Findet die das etwa gut, oder was will Badran ihr unterstellen?

Aber es hat noch etwas Platz in der wirklich fehlbenannten Rubrik «#Korrigendum»:«Richtig bemitleidenswert wird es, wenn als Kronzeugin für den «offensichtlichen Linkstrend» die Wetterprognosen herhalten müssen.» Es hat immer noch Platz: «Dass die SRG die kommerziellen Medien konkurriere, gehört auch ins Reich der Faktenfreiheit.» Das wird aber der Oberboss von der «SonntagsZeitung», wo Badran dilettiert, gar nicht gerne hören. Genau das behauptet Pietro Supino, der Faktenfreie. Immer schön, wenn man im eigenen Blatt eins in die Fresse kriegt.

Dann braucht es ja noch eine Schlusspointe. Nur: woher nehmen und nicht stehlen? Hm:

«Eine Halbierung der SRG würde der NZZ kein einziges Abo mehr bringen. Solch billige Propaganda jedoch fast sicher einige weniger.»

ZACKBUM rät: Wieso schützt eigentlich niemand Badran vor sich selbst? Sie ist mit dieser Kolumne offensichtlich überfordert, macht sich Mal für Mal lächerlich. Ausserhalb ihrer Gesinnungsblase wird sie mit solch billiger Propaganda sicher nicht punkten und einige Stimmen verlieren. Sie hat doch schon einmal eine Polit-Pause gemacht. Wieso nicht ein Schreib-Sabbactical?

 

 

 

 

 

Ach, NZZ

Das Weltblatt spielt gross auf und schwächelt.

«Nach dem Alter zu fragen, ist diskriminierend.» Dass auch die NZZ in einem Interview mit einer Psychologin so einen Schwachsinn einfach stehenlässt, ist kein Ruhmesblatt. Dass es am 10. August die «zehn wichtigsten Bücher im Juli» anpreist, könnte auch im Tagi so stehen.

Ein weiterer Tiefpunkt ist die «Videoanalyse» zum Thema «Wie der Kreml Russland belügt – und warum Russen für den Krieg sind». Man habe 46 Reden «analysiert», erklärt eine etwas hektische Moderatorin. Dann betet sie so ziemlich alle Narrative herunter, also wolle sie beweisen, dass die Kreml-Propaganda von den einseitigen und unfairen westlichen Medien der Wahrheit entspricht.

«7 Millionen ukrainische Soldaten haben im Zweiten Weltkrieg» in der Roten Armee gegen Nazi-Deutschland gekämpft, weiss sie zum Beispiel. Aber wo seien die Nazis denn heute? Da spielt sie einen dummen Spruch eines russischen Propagandisten ein, dass man das Wiederaufkommen der Nazis in den Genen, im Blut spüre.

Dass in der Westukraine der Kriegsverbrecher und Kollaborateur und Nazi-Unterstützer Stepan Bandera in hohen Ehren gehalten wird, es blumenbekränzte Denkmäler von ihm gibt und Strassen nach ihm benannt sind, das vergisst sie zu erwähnen. Stattdessen hämt sie, dass Russland gar keine Beweise brauche, um das Vorhandensein von Nazismus in der Ukraine zu behaupten.

Das ist, mit Verlaub, ziemlich spiegelbildlich so schwachsinnig wie die Kreml-Propaganda. Wie so eine einseitige, inkompetente, oberflächliche Karikatur einer Analyse durch die Qualitätskontrolle der NZZ rutschen kann – peinlich.

Aber es gibt natürlich auch Lichtblicke. So schlägt Katharina Fontana in einem Kommentar einen Pflock für die «200 Franken sind genug»-Initiative zur Gesundschrumpfung der SRG ein. «Weniger Geld würde ihr guttun», dekretiert sie, die Initianden «liegen richtig». Offensichtlich hat ihr auch der paternalistische Ton des überbezahlten und überforderten SRG-Generaldirektors Gilles Marchand den Hut gelupft.

Der durfte in einem Ringier-Gefälligkeitsinterview behaupten, die Initiative sei «eine Attacke auf die Schweiz und ihre Vielfalt». Dagegen stellt Fontana: «Man muss nicht besonders kritisch sein, um sich an dieser Selbstüberschätzung der SRG und an den paternalistischen Floskeln zu stören.»

Auch der NZZ-Leser ist offenbar in erster Linie an Sex und Crime interessiert. Also zumindest an Crime, denn als «meistgelesen» wird der Artikel aufgeführt, der beschreibt, wie am K 2 Bergsteiger ungerührt an einem Sterbenden vorbeiklettern. Platz zwei: «Vier Jugendliche dröhnen sich in Zollikerberg mit Drogen und Medikamenten zu».

Aber die Auslandberichterstattung ist weiterhin um Längen besser als bei der Schweizer (also schweizerisch-deutschen) Konkurrenz. «Der Putsch in Niger bekräftigt das Scheitern der französischen Antiterror-Strategie» (und die verkrampfte Aussprache als «Nischee» das Scheitern der Sprachreiniger bei SRF).

Dann zeigt die NZZ auch, wieso sie in Deutschland zu einer ernsthaften Konkurrenz für die FAZ geworden ist. «Ach, die armen Clans – wie linke Populisten dem Staat die Zähne ziehen», ein deutlicher und nötiger Kommentar, wie schwach und hilflos die linke Politik auf die Tatsache reagiert, dass kriminelle Clans von Menschen mit Migrationshintergrund in immer mehr Stadtquartieren in Deutschland die Macht übernehmen.

Ein Erinnerung an den Massenmörder Rios Montt, einer der grausamsten Diktatoren Guatemalas, eine Erinnerung an die grosse Fotografin Lee Miller, die sich von der Geliebten und Muse Man Rays zu einer der bedeutendsten Friedens- und Kriegsfotografen weiterentwickelte. Nicht nur ihre Fotografien sind zeitlos; Autor Daniel Haas nimmt eine Ausstellung in Hamburg zum Anlass, einen Feuilleton-Text zu schreiben, von dem der Tagi-Kulturteil nur träumen kann.

Apropos, was Linus Reichlin «aus dem Leben italienischer Schosshunde» gemacht hat, ist eine Seite Feuilleton, die sich vor den grossen Vorbildern in den 30er-Jahren nicht zu verstecken braucht. Unterhaltsam, intelligent, witzig, sprühend, das ist ein Niveau wie von einem anderen Stern, wenn man es mit allem vergleicht, was sonst so in der Schweiz publiziert wird.

Also ist man manchmal verstimmt, manchmal begeistert von der NZZ. Ein Effekt, der sich bei den anderen Organen unter Beobachtung nur teilweise einstellt.

Corona-Blues

Der wird in Deutschland gesungen. In der Schweiz bleibt’s (noch) stumm.

Ganz neue Töne im «Spiegel». Gut, auf das deutsche Nachrichtenmagazin war auch schon mal mehr Verlass, seit dem Fall Relotius und der Affäre Roshani ist der Lack ziemlich ab.

Aber so forsch die Deutschen auch sind, den kleinen und grossen Überwacher zu spielen, der nichts lieber als «das ist verboten!» sagt, so schnell sind sie dann auch bereit, in sich zu gehen. Schon zweimal murmelten sie im letzten Jahrhundert: «haben wir nicht gewollt und gewusst».

Nach der Corona-Hysterie ist nun auch Asche aufs Haupt angesagt. So titelt der «Leiter Meinung & Debatte» beim «Spiegel»: «Wir Coronaversager». Und greift in die Vollen:

«Inzwischen wissen wir, dass viele Pandemiemaßnahmen unsinnig, überzogen, rechtswidrig waren. Kein Ruhmesblatt, auch nicht für uns Medien.»

Hoppla. Dann haut sich Alexander Neubauer eins nach dem anderen selbst über die Rübe: «Inzwischen wissen wir, dass einige Coronamassnahmen nicht nur fragwürdig oder unsinnig waren, sondern auch rechtswidrig. Das Brandenburger Verfassungsgericht hat gerade entschieden, dass das sogenannte kommunale Corona-Notlagegesetz gegen die Landesverfassung verstieß, weil es die Gewaltenteilung aushebelte. Geklagt hatte die AfD-Fraktion, die sich jetzt als Verfassungsheldin aufspielen kann, ausgerechnet

Natürlich muss man sich in Deutschland immer gleich grundsätzliche Fragen stellen: «Nun ist es hinterher immer leicht zu sagen, was besser gewesen wäre. Doch was mich im Nachhinein umtreibt, ist, wie leicht die Freiheitsrechte in unserer angeblich so liberalen Gesellschaft suspendiert wurden.»

Bitteres Resümee: «Zu wenige widersprachen, als die Politik vor drei Jahren erstmals Schulschließungen anordnete und dann über Monate immer wieder verlängerte: kein Bundesverfassungsgericht, keine Nationale Akademie der Wissenschaften, kein Deutscher Ethikrat, kein Christian Drosten. Was, wie ich heute sagen würde, ein Riesenversäumnis war.»

Dem schliesst sich noch eine Selbstkritik an, eine Kritik an seinem eigenen Blatt. Dazu passt, dass der deutsche Gesundheitsminister Karl Lauterbach, der immer vorne dabei war mit Alarmismus und Lobgesängen auf die Wirkung der Impfung, nun plötzlich ganz betroffen ist, weil es doch tatsächlich Nebenwirkungen und Long Covid geben soll. Dafür den nahezu vollständigen Schutz durchs Impfen nicht mehr.

Jeder vernünftige Mensch, und davon gab es öffentlich während der Corona-Hysterie sehr wenige, hatte während der gesamten Pandemie vor überzogenen Massnahmen, vor der Verteufelung von Kritikern, vor Freiheitsverlust und Kontrollgewinn gewarnt.

Auch hier – wie inzwischen bei der Ukraine – kam es zu einer Vertauschung der Rollen. Während vor allem rechte Kreise davor warnten, dass Corona-Massnahmen zu einer vollständigen Überwachung des Staatsbürgers missbraucht werden könnten, war die Linke, allen voran die SP, hellauf begeistert von noch mehr Kontrolle.

Aber während in Deutschland immerhin eine Art Reflexion beginnt, sind es in der Schweiz bislang nur vereinzelte Stimmen wie die von Katharina Fontana, die ein kritisches Resümee ziehen. Die Corona-Kreischen bei Tamedia und Ringier (bei dem Verlag weiss man inzwischen wenigstens, warum), all die Befürworter von Zwangsimpfungen, die jeden Ungeimpften als potenziellen Massenmörder beschimpften, all die besinnungslosen Vertreter der Meinung, dass das elende und einsame Sterben in Altersheimen halt leider ein notwendiges Übel sei, also all die schon damals unangenehm auffallenden Hetzer und Rechthaber, sie bleiben einfach mal stumm.

Die  Wissenschaftler in der Schweiz, die sich einen Platz an der Sonne der öfffentlichen Wahrnehmung eroberten, indem sie immer absurdere Todeszahlen an die Wand malten; die Mitglieder der «Task Force», die regelmässig den Bundesrat in den Senkel stellten, den sie eigentlich beraten sollten – all die Apokalyptiker, die ihre Unkenrufe in fette Forschungsaufträge und die Verbesserung der eigenen Stelle ummünzen konnten: wo sind die heute?

Journalistische Meinungsführer aus dem Hause Tamedia, denen die Massnahmen des Bundesrats viel zu weich waren, die unverfroren Impfzwang forderten, eine Westentaschenpolitikerin, die öffentlich darüber nachdachte, ob Ungeimpfte nicht ihre Krankenhauskosten selber zahlen sollten; all die üblen Selektionierer, die öffentlich darüber nachdachten, ob Ungeimpfte nicht bei Behandlungen ausgeschlossen werden sollten: hört man von denen ein Wort der Selbstkritik? Der Einsicht? So etwas Ähnliches wie die Ausführungen von Neubacher im «Spiegel»?

Nein, die schweigen stumm in der Schweiz. Und haben schon längst einen neuen Feind ausgemacht. Friedensdemonstranten, die sich angeblich von ehemaligen Corona-Leugnern wieder für deren üble Ziele einspannen lassen. Reichsbürger, Rechtsradikale, einmal etikettiert als Verschwörungstheoretiker, immer Verschwörungstheoretiker, einmal Staatsfeind, immer Staatsfeind, mit oder ohne Aluhut.

Mit der gleichen parteilichen Gehässigkeit, mit der früher über sogenannte Corona-Leugner hergezogen wurde, geht es nun gegen Teilnehmer an Demonstrationen, wenn die Veranstalter nach Meinung der gleichen Kreischen nicht über jeden Zweifel erhaben seien. Und was zweifelhaft ist, das bestimmt natürlich die Kreische mit ihrer natürlichen Autorität und der unbezweifelbaren Fähigkeit, zwischen Gut und Böse unterscheiden zu können.

Man kann ja Fehler machen, das ist menschlich. Man kann hysterisch werden, was für Journalisten eher abträglich ist, wie man bei Marc Brupbacher beobachten kann. Man kann den Rechtsstaat in die Tonne treten, wie das der Politchef Denis von Burg bei Tamedia regelmässig tut. Man kann «Berset Superstar» lobhudeln, weil einem das von oben eingeblasen wird.

Was man damit aber nicht kann: seine Glaubwürdigkeit wiederherstellen. Den Weg nach unten der Massenmedien abbremsen. Das Zufallen des Sargdeckels verhindern.

 

Wumms: Katharina Fontana

Frau, kompetent, stabile Schreiberin: auch das gibt’s.

«Ältere und Kinder haben unnötig gelitten, Milliarden wurden verpulvert, und die Behörden reagierten oft manipulativ.» Das ist Klartext in der Retrospektive über die Corona-Politik der Schweiz. Natürlich muss niemand mit der Ansicht der NZZ-Inlandredaktorin Fontana einverstanden sein.

Aber ihre Kompetenz, Analysefähigkeit und schnörkellose Sprache legen ein Niveau vor, von dem Tamedia, Pardon, «Tages-Anzeiger», na ja, also das ungeliebte Medienkind des Coninx-Clans, nur träumen kann. Wenn man alleine diesen Kommentar und was an Wissen dahintersteckt mit dem kurzatmigen Gebabbel einer Raphaela Birrer, einer Kerstin Hasse vergleicht, dann kann man nur tiefes Mitleid mit den wenigen verbliebenen kompetenten Journalisten bei Tamedia empfinden, Pardon, aber was soll’s, wir nennen das Ding weiterhin so, wieso soll man auch die x-te Umbenennung mitmachen, nächstens heisst’s vielleicht wieder Tamedia. Oder Txlein, oder Tagitagi.

Alleine das ist schon ein Symptom für Orientierungslosigkeit: wer sein Produkt alle Naselang umbenennt, weiss doch gar nicht, was er damit anfangen will.

Die NZZ heisst immerhin seit 1821 so, und es sieht nicht danach aus, als ob sie daran bald etwas ändern wollte. Wieso auch, hat sich soweit bewährt. Während Tamedia von der x-ten Umpositionierung schwafelt, macht die NZZ einfach das, wofür Konsumenten durchaus bereit sind, Geld zu bezahlen.

Es ist nämlich gar nicht so schwer. Ein Autor (kann auch eine Autorin sein) hat Sachkompetenz akkumuliert, nimmt sich ein Thema vor, durchdringt es und fasst seine Erkenntnisse in einem komprimierten Artikel zusammen. In dem kein einziges Mal das Wort «ich» vorkommt. In dem die Befindlichkeit des Autors (kann auch eine Autorin sein) keine Rolle spielt. In dem keine Generallinie nachgebetet werden muss. In dem keine Sätze stehen, die schneller verwehen als man sie lesen kann.

Noch vor zwanzig Jahren hätte sich der ZACKBUM-Leser hier beschweren können, dass das wohl Selbstverständlichkeiten seien. Heute muss man ihm mitteilen: nein, sind es nicht mehr. Oder man nenne spontan einen einzigen Artikel aus jüngster Zeit von Tamedia, der diesen Kriterien genügt. Wir loben dafür Finderlohn aus. In der sicheren Annahme, dass wir das Portemonnaie geschlossen halten können.

Die Brotz-Bronca

Spanisch für Krakeel, Gefuchtel und Geschrei.

Endlich mal eine Ablenkung vom Überthema. SVP-Nationalrat Thomas Aeschi sagt etwas Blödes. Aus einer mutmasslichen Vergewaltigung durch zwei afrikanische Flüchtlinge mit ukrainischem Pass, begangen an einer ukrainischen Flüchtigen, macht er einen Indikativ Plural. Und damit wird’s zum rassistischen Schwachsinn.

Das wiederum bringt die Grünen in die Gänge. Ihre NR-Präsidentin hat’s verschnarcht, Aeschi zu rügen, dafür boykottiert die Fraktionschefin die «Arena», weil dort auch Aeschi auftreten durfte. Politischer Schwachsinn.

Sandro Brotz, notorischer SVP-Basher, nimmt sich dann Aeschi zur Brust:

«Was Sie gesagt haben, ist rassistisch. Punkt. Ausrufezeichen.»

Das wiederum löst eine neuerliche Debatte aus. Über Brotz mangelhafte Kenntnisse der Interpunktion? Nein, ob er so oberlehrerhaft einen Politiker zusammenfalten darf oder nicht.

«Ein reines Schmierentheater», so teilt der Politchef von Tamedia in alle Richtungen aus. Denis von Burg watscht gerecht alle ab. Aeschi: «unappetitliches Süppchen» gekocht. «Arena»-Boykott von Aline Trede: «undemokratisch und auch nicht klug.» Schliesslich: «Brotz hat auf billige Weise Quoten gebolzt.»

Michèle Binswanger wäscht dann Brotz nochmal die Kappe: «Der Moderator auf Abwegen» bestätige «jedes Anti-SRG-Klischee». Nicht nur in der Sendung, auch auf Twitter betrachte Brotz gerne seinen eigenen Bauchnabel: «Eitelkeit ist zwar ein in Journalistenkreisen weitverbreitetes Laster. Aber diesmal ist Brotz zu weit gegangen.»

Brotz tritt den Beweis für alle Vorwürfe an

Als wolle er ihren Vorwurf beweisen, haute Brotz auf diesen kritischen Artikel von Tamedia gleich eine Salve von Tweets raus. Als beleidigte Leberwurst. Er räumte zwar ein, dass ihm Binswanger Gelegenheit zur Stellungnahme gab, auf die er aber 24 Stunden lang nicht zu reagieren geruhte. Aber: «Dann hast du deinen Text rausgehauen. Ohne mit mir zu reden. Ich kann damit umgehen. Bin mir deine „Recherche“ im Weltwoche-Stil gewohnt. Du magst finden: Brotz teilt aus, dann muss er auch einstecken. Fair enough. Nur hat das nichts mehr mit Journalismus zu tun.»

Tschakata. Also der Herr Journalist mag nicht antworten, aber dann beschwert er sich darüber, dass man nicht mit ihm habe reden wollen und will seinerseits Binswanger damit beleidigen, dass sie im «Weltwoche-Stil» recherchiere, was immer das sein mag. Also wer nicht geduldig wartet, bis Brotz dann doch ein Momentchen in seinem übervollen Terminkalender findet, betreibe keinen Journalismus mehr. Was für ein Haudrauf, der Moderator.

Apropos, keiner geht auf den «Weltwoche»-Kommentar des ausgewiesenen Recherchierjournalisten Alex Baur ein, der konstatiert: «Doch bei diesem Exzess geht es um mehr als Parteilichkeit: Sandro Brotz stellt sein Ego über seinen Auftrag

Weitere Journalisten beteiligen sich an der Schlacht

Auch die NZZ mischt sich ein und kritisert kühl einen «politisch aufgebauschten Rassismus-Streit». Katharina Fontana stösst den NZZ-typischen ordnungspolitischen Zwischenruf aus: «Die Rassismusdiskussion, die seit ein paar Tagen läuft, trägt so hysterische wie heuchlerische Züge.» Aeschi ist daneben, die Reaktion der Grünen ebenfalls, und Brotz, nun, «das öffentlichrechtliche Fernsehen scheint neuerdings auch ein Tribunal zu sein».

Haben wir uns dann alle wieder beruhigt? Keinesfalls, es fehlt noch Sandro Benini aus dem Hause Tamedia. Er nimmt sich Kollegin Binswanger zur Brust und stellt schon im Titel klar:

Denn: «Hinter der Kritik an Brotz steckt die Vorstellung, ein Moderator müsse ausserhalb der Sendung funktionieren wie ein Kaffeeautomat: möglichst geräuschlos in einer Ecke stehen und nur etwas absondern, wenn man ihn drückt – aber dann immer genau die gleiche Menge in identischer Qualität und immer mit der gleichen Temperatur.»

Much ado about nothing, hätte Shakespeare gesagt, wäre ihm dieses Gezänke überhaupt eine Bemerkung wert gewesen. Medienschaffende äussern sich zu Medienschaffenden, die sich wiederum zu Medienschaffenden äussern, was dann von anderen Medienschaffenden bewertet wird.

Am Schluss ist dann auch die SVP sauer und will bis auf Weiteres nicht mehr in der «Arena» auftreten.

Ach so, eigentlich ging es um den Krieg in der Ukraine. Aber der ist doch lange nicht so wichtig wie die Betrachtung des eigenen und fremder Bauchnäbel.