Münger schlägt vor
Dem Auslandchef ohne Ausland ist langweilig.
Darunter zu leiden haben die Leser von Tamedia. Menschlich ist es verständlich: Christof Münger (und sein «Team») plane und produziere «den Ausland-Teil». Da Tamedia kaum mehr über eigene Korrespondenten verfügt, bedeutet das im Wesentlichen, bei den Beiträgen der Ausland-Korrespondenten der «Süddeutschen Zeitung» Germanismen und ß rauszupflücken, einen anderen, meist schlechteren Titel zu setzen, und Feierabend.
Da bleibt ja nur noch, gelegentlich eine «Analyse» oder einen «Kommentar» oder gar einen «Vorschlag» abzusondern.
Und da hat Münger nun gewaltig am Kopf gekratzt und von seinem Privileg Gebrauch gemacht, dass ihm als Ausland-Chef keiner sagen kann «ach je, Münger, lassen wir das lieber, die Leser haben’s auch so nicht leicht».
Also bastelt Münger aus Legosteinchen einen Vorschlag, wie man das Problem mit dem Gazastreifen lösen könne. Darauf hat die Welt gewartet. Er geht das Ganze in kleinen Schritten an. Stolpert allerdings schon beim ersten. Israel wolle die Hamas vollständig besiegen und dann den Gazastreifen verlassen. Da schwant es Münger:
«Was wird dann aus dem Küstenstreifen? Im Meer verschwinden wird er nicht, auch werden sich seine Bewohner nicht in Luft auflösen.»
Sehr wahr; allerdings ist völlig unklar, ob es die israelischen Streitkräfte schaffen, die Hamas zu liquidieren und wie lange das dauern könnte. Aber Münger denkt weiter: «Wer also regiert und verwaltet den Gazastreifen, wenn die Herrschaft der Hamas gebrochen ist? Wer organisiert den Wiederaufbau? Wer kümmert sich um Strassen, Schulen und Spitäler und um die Sicherheit?»
Gewichtige und gute Fragen. Allerdings: «Die üblichen Verdächtigen, also die EU, die Nato oder auch die UNO, kommen kaum infrage. Ihnen fehlt es an Glaubwürdigkeit bei den Palästinensern oder bei den Israeli oder bei beiden.»
Tja, was tun? Nun kommt die Hammeridee:
«Buchstäblich naheliegend wäre es, wenn die Araber Verantwortung übernehmen würden.»
Buchstäblich hanebüchen geht’s weiter: «Als Schutzmacht der Palästinenser hervorgetan hat sich stets Saudiarabien.»
Nun aber: «Tatsächlich hat das saudische Königshaus nicht viel übrig für die Hamas. Auch anderen Regierungen in der Region ist sie suspekt. Für die Herrscher Ägyptens, Jordaniens, der Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrains ist die islamistische Terrororganisation eine Bedrohung.»
Das wird in höchsten saudischen Scheichzirkeln für Aufregung und flatternde Kopftücher sorgen: «Deshalb: Riad, bitte übernehmen!»
Haben die Scheichs gelacht. Aber auch für die Herrscherclique in Katar hat Münger noch einen Schenkelklopfer auf Lager: «Vielleicht würde sogar der Emir von Katar, der bisher die Hamas unterstützt hat, beim Wiederaufbau des Gazastreifens mitmachen. Als Gegenleistung könnte man ihm ebenfalls eine Annäherung an Israel in Aussicht stellen.»
Und die Israelis haben nichts zu lachen? Gemach, damit rundet Münger sein Werk ab: «Um der Befriedung des Gazastreifens Schub zu verleihen, müsste allerdings Israel einen Beitrag leisten. Ein Baustopp für weitere Siedlungen im Westjordanland wäre ein Anfang.»
Der Iran, die bis an die Zähne bewaffnete Hetzbolla, all die fundamentalistischen Wahnsinnigen, die nichts lieber täten, als den Märtyrertod zu sterben, aber vorher noch möglichst viele Ungläubige und Juden mitzunehmen, würden inschallah rufen.
ZACKBUM hat auch einen Vorschlag: wieso versucht es Münger nicht mit Pendeldiplomatie, um seinen Vorschlag in Riad, bei der Hamas, in Israel und vielleicht gar im Iran beliebt zu machen? Das wäre mal eine «Mission impossible», bei der Tom Cruise vor Neid erblassen würde.