Neid hat viele Töne
Mario Stäuble mag die SVP nicht.
Das ist zusammengefasst die Botschaft einer angeblichen «Glosse zum SVP-Wahlkampf». Ob Stäuble wohl weiss, was eine Glosse ist? Wenn ja, vermag er es gut zu verbergen. Der degradierte ehemalige Co-Chefredaktor Lokales vom «Tages-Anzeiger» musste sich zum Wahlkampfvideo der SVP äussern.
Wie in jedem Wahlkampf zeigen da die SVPler, angeführt von DJ Tommy, alias Thomas Matter, dass die Partei neben Verkniffenem und Schmallippigem auch zu selbstironischer Lockerheit in der Lage ist.
Wenn Bundespräsident Berset an der Street Parade in pinker Federboa teilnimmt und eine Bierdose an den Hut kriegt, dann ist das Tamedia keine böse Zeile wert. Wenn aber die ganze Mannschaft der SVP wie aus dem Feindbild von Stäuble ausgeschnitten zu einer Musik performt, die an «We are Family» erinnert, dann muss das Stäuble natürlich scheisse finden.
Gesteigert wird das nur durch die Dumpfpostille «watson»: «Damit du es nicht anhören musst: Das neue SVP-Tanzvideo in 13 Gifs.» Gesteigert wird das nur durch den angeblichen Humoristen «Karpi». Der wandte sich auf Twitter an den Komponisten Nile Rodgers mit der Behauptung, die SVP habe ihn doch sicher um Erlaubnis gefragt, «We are Family» verwenden zu dürfen. Dummerweise hat Rodgers noch nicht geantwortet.
Stäuble beginnt mit Einzelkritik: «Ems-Chemie-Chefin Magdalena Martullo-Blocher bewegt ihre Arme hin und her wie zwei Scheibenwischer.» Aber damit ist der satirische Muskel von Stäuble noch nicht erschlafft, er kann noch nachlegen: «Die Inszenierung sieht nach einer frühen Probe für die nächste Abendunterhaltung der Männerriege aus». Ist zwar Gefasel, hört sich aber irgendwie abwertend an, also hat’s Stäuble stehenlassen.
Er ist sich schmerzlich bewusst, dass das noch keine Glosse ist, nur Geholze. Also versucht er es auf einer abstrakteren Ebene. Der Clip sei ein Beispiel für die Entpolitisierung der Politik: «Weil man bei einem Segment des Publikums mit inhaltlichen Botschaften nicht mehr durchdringt, versucht man, gute Stimmung zu schaffen.»
Das ist geradezu unverschämt von der SVP. Aber Stäuble wird immer noch nicht den nagenden Verdacht los, dass er es der SVP noch nicht richtig gegeben hat. Also legt er nach: «Das Video lässt sich aber auch anders lesen: Keine andere Partei ist schambefreiter im Vortragen ihrer eigenen Botschaften.»
Das gälte für für «die harten Parolen wie «Ausländer raus!», für Beleidigungen an die Adresse der Freisinnigen – «das gilt aber auch für Matters Gute-Laune-Befehl». Befehl?
Den wenigen Lesern, die sich durch dieses Gestammel bis hierher gekämpft haben, gibt Stäuble dann noch ein letztes Rätsel mit auf den Weg: «Dass man dabei auch mal Minderheiten verunglimpft oder im Wahlsong einen Holperreim platziert? Gehört dazu. … Und ist der Ruf erst ruiniert, politisiert es sich ganz ungeniert.»
Das hingegen ist eine verblüffende Selbsterkenntnis. Oder auf Stäube übersetzt: ist der Journalist erst degradiert, lebt sich’s ungeniert.
Denn was uns Stäuble mit dieser angeblichen Glosse sagen will, was genau ihm an diesem Clip nicht passt (ausser, dass er von der SVP) ist, das bleibt sein süsses Geheimnis.
Wie schreibt er so richtig: «Man fragt sich: Was ist noch geiler als geil? Noch steiler als steil? Das Ausfüllen der Wahlunterlagen? Antworten gibt es keine.»
Man wird den Verdacht nicht los, dass Stäuble meint, der Begriff Glosse sei die deutsche Übersetzung von Lippgloss. Oder komme von glotzen. Mit satirischem Sprachwitz hat das auf jeden Fall nichts zu tun.