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Drei Frauen, drei Texte

Ein Beitrag zur Genderdebatte.

Spielt das Geschlecht des Urhebers eines Textes eine Rolle? Wir wollen das Urteil unseren geschätzten Lesern überlassen, denn der männliche Autor ist sich bewusst, wie schnell man hier in Teufels Küche, also in die Küche der Teufelin, Pardon, des Teufel*Ins, oder gar des Teufel!s, also wie auch immer, man (und frau) weiss schon, was ZACKBUM meint.

Wir wollen einfach die Höhepunkte dreier Texte von Autorinnen des «Magazin» kommentarlos darbieten. So viel Ertrag aus schmerzlicher Lektüre muss schon sein.

Autorin eins: Kaltërina Latifi

«Bin ich jetzt nicht ganz woanders? Habe ich mich nicht komplett entwöhnt, entfremdet? Habe ich nicht längst anderswo Fuss gefasst, Wurzeln geschlagen? Das bin ich, das habe ich. Eben darum aber drängt sich dieses Verhältnis, das mehr einem Nicht-Verhältnis gleicht, umso heftiger in mein Bewusstsein und will, dass ich mich damit auseinandersetze.

Die Pein, die mich heute überkommt, wenn ich zurückkehre, sie ist eine Variation eben dieses Schmerzes der Entwurzelung und wiederholt sich in diesen Abschieden …

Jedes dieser Wiedersehen und wieder Abschiednehmen ist ein Stachel in unser Fleisch, der uns daran erinnert, dass wir uns in einem dynamischen, generationenübergreifenden und grenzenüberschreitenden Wechselverhältnis befinden, das unser eigenes Wesen bestimmt.»

 

Autorin zwei: Katja Früh

«So habe ich kürzlich eine dicke, weit geschnittene Hemdbluse aus karierter Baumwolle erstanden. Wenn ich sie trage, habe ich das Gefühl, eine Künstlerin zu sein, Malerin in Südfrankreich zum Beispiel.

Früher trug ich zu Hause und zum Schlafen gerne schwarze Unterröcke à la Siciliana, etwas verrucht kam ich mir da vor, rauchend auf dem Bett. In amerikanischen Filmen tragen Frauen am Morgen nach der Liebesnacht gerne das zu grosse Hemd ihrer Lover, das gefällt mir auch gut, Männerhemden zu schmalen Hosen. 

Mode ist ein Trieb, sagt eine Freundin, die wirklich etwas davon versteht. Das scheint zu stimmen, denn wenn ich überlege, wie früh in meinem Leben diese Gier begann, wie ich mit fünf schon meine neuen Schuhe am Bettrand aufstellte, um sie gleich nach dem Aufwachen sehen zu können.»

 

Autorin drei: Nina Kunz

«1816 fiel in Europa – wie Sie vielleicht wissen – der Sommer aus. Es regnete und regnete, bis die Flüsse über die Ufer traten und die Kartoffelernte verfaulte.

Ich will an dieser Stelle nicht zu viel verraten, aber: Diese Krise hatte etwas mit einem Vulkan zu tun – und wenn Sie mehr wissen wollen, empfehle ich Ihnen dringend, das neue Buch von Timo Feldhaus zu lesen.

Aber wirklich beeindruckend an diesem Buch finde ich, dass der Autor es schafft, all diese Erzählstränge zu einer Meditation über den Fortschrittsbegriff zu verweben. Denn bei all den Geschichten geht es immer auch darum, dass man im frühen 19. Jahrhundert dabei war, alle möglichen wissenschaftlichen Rätsel zu lösen (Mary Shelley hatte zum Beispiel selbst gesehen, wie man abgetrennte Froschschenkel durch Stromstösse wieder zum Zucken bringen konnte).»

Wir haben versprochen, uns jedes Kommentars zu enthalten. Stattdessen machen wir eine kleine Collage aus diesen Texten und fragen: werden sie dadurch noch unverständlicher oder gar besser?

Früher trug ich zu Hause und zum Schlafen gerne schwarze Unterröcke à la Siciliana, etwas verrucht kam ich mir da vor, rauchend auf dem Bett. Bin ich jetzt nicht ganz woanders? Habe ich mich nicht komplett entwöhnt, entfremdet? Mary Shelley hatte zum Beispiel selbst gesehen, wie man abgetrennte Froschschenkel durch Stromstösse wieder zum Zucken bringen konnte. Jedes dieser Wiedersehen und wieder Abschiednehmen ist ein Stachel in unser Fleisch. Mode ist ein Trieb, sagt eine Freundin, die wirklich etwas davon versteht. Ich will an dieser Stelle nicht zu viel verraten.