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Und der Gewinner ist …

… die «SonntagsZeitung». Dümmster Titel ever.

Headlines sind Zuspitzungen. Sie heissen auf Englisch auch noch «Barker», Beller. Sie sollen den Leser anbellen, damit er hinguckt und sich in den Artikel verbeisst. So weit, so gut.

Nun ist aber Chefökonom und Chefredaktor Arthur Rutishauser am Gerät, wie er mit seinem Editorial beweist. Dennoch lässt er einen solchen Titel durchgehen, mit dem jeder Anfänger aus dem Raum gelacht werden würde.

Armin Müller versucht sich im Text dann an einer Rettung: «Doch wenn die Teuerungsrate sinkt, heisst das nicht, dass die Preise sinken – sondern bloss, dass sie weniger schnell steigen.» Um den Wirrwarr zu vervollständigen, versucht er sich dann noch an einer originellen Definition des Unterschieds zwischen gefühlter und gemessener Inflation: «Dass die gefühlte Inflation nicht der gemessenen entspricht, liegt daran, dass die Teuerung längst nicht bei allen Löhnen ausgeglichen wurde.» Hä?

Vielleicht mal eine kurze Faktenbasis: nach offiziellen Zahlen stiegen die Konsumentenpreise im September in der Schweiz um 1,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat; sie sanken im Vergleich zum Vormonat um 0,1 Prozent. Sagt der Landesindex (LIK).

Die «gefühlten Preise» seien hingegen um 0,2 Prozent im Monatsvergleich angestiegen, aber daran ist die Konjunkturforschungsstelle der ETH beteiligt, deren Abkürzung KOF gerne mit doof assoziiert wird.

Das ist natürlich noch paradiesisch im Vergleich zur EU, wo Deutschland eine offizielle Inflation von 3,2 Prozent, Ungarn von knapp 10 Prozent ausweist.

Das Schlamassel hat mit der Messung der Inflationsrate zu tun, die mittels eines untauglichen Warenkorbs berechnet wird, in dem wichtige Preistreiber wie Versicherungsprämien oder Geldzinsen gar nicht enthalten sind. Es hat auch damit zu tun, dass diese Raten meistens im Vergleich zum Vorjahr ausgewiesen werden. Wurde damals vieles viel teurer, kann sie sinken, obwohl heuer vieles immer noch teurer wird. Vor allem natürlich Energie; Gas plus 77 Prozent, Heizöl 70, Strom 30 Prozent. So viel Solidarität mit der Ukraine muss halt sein.

Ganz allgemein sind in der Eurozone Güter des täglichen Bedarfs wie Nahrungsmittel ein sattes Viertel teurer geworden als im Vorjahr. Entsprechend mies ist die Stimmung der Konsumenten. Das nennt man nämlich Kaufkraftverlust; gekniffen sind weiterhin die Sparer, die inzwischen mageren Zinsen gleichen die Inflation nicht aus.

So viel zum Cover.

Lustig ist hingegen, dass Chefredaktor Rutishauser seiner Oberchefredaktorin Birrer widerspricht: Während die für eine völlig unrealistische Neuverteilung der sieben Sitze plädiert, will Rutishauser dem Leser eine Erhöhung auf 9 Bundesräte schmackhaft machen. Nochmal peinlich für Birrer: seine Argumentation hat Hand und Fuss und macht Sinn. Ob das allerdings seine Arbeitsplatzsicherheit erhöht? Denn auch im Journalismus gilt eine alte Indianerregel: der Häuptling singt immer am schönsten. So nebenbei: verdammte Machos, die edlen Indianer. Denn was ist die weibliche Form von Häuptling, he? How.

Trotz Nebenbemerkungen gegen diese verdammten Ränkespiele und öffentliche Geheimpläne beteiligt sich auch die SoZ daran. Indem sie dem absaufenden SP-Kandidaten Jon Pult im grossen Interview die Chance gibt, sich wählbarer zu machen. Kreidefressen in der Öffentlichkeit, kein schöner Anblick.

Keine spürbare Anhebung des Niveaus passiert dann auf Seite 5: Da «erklärt» ein Neuropsychologe (was es alles gibt), «wie Kinder am besten lernen können». Wie das? Nach, einfach: üben und wiederholen. Wie? Zurück zu Bleistift und Papier. Richtiger, aber völlig unrealistischer Ansatz, da zunächst einmal der ganze Schrott beiseite geräumt werden müsste, den die ewigen Schulreformen, aufgeführt von didaktischen Trockenschwimmern, hinterlassen haben.

Dann eine Hiobsbotschaft für alle Freunde der Alternativenergien: «Für die Solarkraftwerke wird die Zeit knapp». Das ist immerhin die Hälfte der Wahrheit, die andere ist: ihre Leistung wäre nie ausreichend, um die Stromlücke zu stopfen. Dafür (und für eine möglichst CO2-neutrale Energiegewinnung) braucht es AKW, braucht es sicher nicht den Ausstieg aus der Atomenergie. Wann sich das mal bis zur SoZ durchspricht?

Mehr schlechte Nachrichten, aber nur für Männer unter 50: schwere Herzerkrankungen mehren sich. Nun ja, im Rahmen des Konjunktiv-Journalismus, der aus einer Nullmeldung einen Barker machen will. Typisches Hochzwirbeln. «Gefährdet: Männer im besten Alter». Schweissausbruch bei diesen Männern, aber schon der Lead besänftigt. «Kardiologen sind besorgt, … zu schweren Herzkrankheiten führen können»; ach, wenn die Modalverben und der Konjunktiv nicht wären, was würde dann aus dieser Art von Journalismus?

Etwas ernster nehmen muss man den Indikativjournalismus von Michèle Binswanger: «Ärzte schlagen wegen Brustamputationen Alarm – und werden zensiert». Denn immer mehr Minderjährige, im Rahmen des Genderwahnsinns, meinen, im falschen Körper geboren zu sein – und wollen das operativ ändern. Ein Riesengeschäft.

Dann öffnet die SoZ eine Spalte dem deutschen Rechthaber Nicolas Richter von der «Süddeutschen Zeitung». Der weiss nämlich: «Es rächt sich, dass SPD, Grüne und FDP ihre Differenzen nicht gleich zu Beginn ausgeräumt haben.» Es ist immer ein Kreuz mit diesen Politikern, wieso hören sie nie auf sinnvolle Ratschläge von Menschen wie Richter? Die im Nachhinein immer vorher alles besser gewusst haben wollen.

Gibt es noch andere wichtige Probleme der Menschheit? Nun, eines, das vor allem Coleoiden umtreibt: «Darf man Tintenfische noch essen?» Die seien nämlich eigentlich zu intelligent dafür. Was ja Krake Paul bewies, indem er bei der Fussball-WM 2010 alle Spiele mit deutscher Beteiligung richtig vorhersagte. Was bei Schweinen aber kein Schwein interessiert.

Dann die Hiobsmeldung aus China: «8,5 Millionen in finanziellen Schwierigkeiten». Ist das das Ende des Reichs der Mitte? Moment, bei 1,4 Milliarden Einwohnern sind das 0,57 Prozent. Hm.

Dann widmet sich Aleksandra Kedves einem eher schlüpfrigen Thema. Die Generation Z verschiebe «ihr erstes Mal». Aber: «Dafür nehmen Masturbation und Pornografie-Konsum drastisch zu». Dabei weiss man doch, dass beides das Rückenmark schädigt und zu Hirnerweichung führt.

Apropos, die Farbe Weiss ist als Wohntrend schon wieder aschgraue Vergangenheit. Neu, weiss Marianne Kohler Nizamuddin, sind «flauschige Möbel» als «Teddys zum Wohnen» angesagt. Aber Vorsicht beim Ankauf: schon nächste Woche kann die kühle Sachlichkeit drohen.

Dann, das Absackerchen, widmet sich Sebastian Herrmann von der SZ endlich einer Frage, die auch ZACKBUM schon lange umtreibt: «Wieso verzapfen so schlaue Menschen bloss so blödes Zeug?» Endlich einmal die Art von Selbstkritik, die wir bei Journalisten so schmerzlich vermissen. Aber oh je, er handelt nicht etwa seine Kollegen von der Journaille ab, sondern Nobelpreisträger. Thema verfehlt, verschrieben, canceln.

 

 

Was alles nicht geschehen wird

Das ist mal ein Leitartikel. Was er fordert, wird nicht geschehen.

Wo Loser noch ein paar Grashalme wachsen lässt, säubert Raphaela Birrer nach. Nach diesen beiden Kommentaren wächst wirklich kein Gras mehr auf der Rütliwiese von Tamedia. Denn während sich Loser wenigstens auf das beschränkt, was er am wenigsten nicht kann – demagogisch-billige Polemik auf den Mann –, will Birrer gleich das Grosseganze regeln.

Nein, nicht den Weltfrieden, aber immerhin die Zukunft der Wahlen in den Bundesrat. Sie will da eine Lösung haben, «für das Sitzdilemma im Bundesrat». Sitzdilemma? Ob sie wohl weiss, was ein Dilemma ist? Und ob wir verstehen, was ein Sitzdilemma sei?

Macht nix, gleich im Lead verrät Birrer, was ihr so durch den Kopf geht: «Die Zauberformel dürfte bei diesen Bundesratswahlen noch einmal überleben. Danach müssen die Fraktionen aber von der Parteilogik wegkommen und die Sitze nach Blöcken vergeben.»

Müssen sie das? Was passiert, wenn sie das nicht tun? Wird Birrer dann furchtbar böse? Tritt sie aus Protest zurück? Man weiss es nicht, macht sich aber keine grossen Illusionen.

Man würde auch solche Einleitungen vermissen: «Die Schweiz hat keine Royals. Die Royals der Schweiz sind die Bundesrätinnen und Bundesräte. Deshalb verfällt das Land bei jedem magistralen Rücktritt in fiebrige Spannung. Wer folgt? Und wer stimmt für wen?» Wer war Elizabeth, wer ist Charles? Gibt es auch Prinzen? Ein schiefes Bild zum Schieflachen.

Aber droht auch diesen Royals eine Revolution, die schon so viele ihrer blaublütigen Verwandten hinweggefegt hat? Noch nicht, beruhigt Birrer: «Es wäre aber falsch, die bestehende Zauberformel zum jetzigen Zeitpunkt mit einer wilden Wahl anzupassen.» Da atmen die Royals hörbar auf, bewahren Fassung und behalten den Kopf, wie es sich gehört.

Dann lässt Birrer ungehemmt ihre Vorliebe für einen Möchtegern-Royal aufblitzen: Die SP präsentiere dem «Parlament mit Beat Jans und Jon Pult zwei valable Kandidaten, wobei der Vorteil aktuell zu Recht bei Jans liegt».

Gut, aber wenn diese Wahlen überstanden sind, «müssen» die Parteien plötzlich nicht mehr, aber sie «sollten im Hinblick auf die nächste Vakanz drei strukturelle Änderungen angehen». Um den Birrerwillen «besser mit der Regierung abzubilden», Pardon, den «Wählerwillen» natürlich, den Birrer viel besser kennt als das Parlament.

Wie sähen denn dann diese «Blöcke» aus? Drei Sitze für FDP und SVP, wobei die FDP einen Sitz abzugeben habe. Bei der Linken wird’s etwas kompliziert; die habe Anrecht auf zwei Sitze, wobei einer der beiden Sitze «jeweils zwischen den beiden Parteien wechseln» solle oder müsse. Wie das? Sesseltanz im Bundesrat? Ein Jahr furzt ein SPler in den Sitz, das nächste Jahr ein Grüner?

Bleibt die Mitte mit der «Mitte», GLP und EVP, die zusammen knapp auf zwei Sitze kämen, laut Birrer: «Auch hier würde der zweite Sitz je nach Kandidatenfeld zwischen den Blockparteien wechseln.» Sitzlein, wechsle dich?

Dann gibt es noch einen strengen Ratschlag an die GLP: sie sei «gut beraten, sich ein schärferes Mitteprofil zu geben, statt sich nach links zu bewegen». Bedauerlich, dass diese unsägliche Politikerfloskel «gut beraten» endlich auch im Schweizer Mainstream-Journalismus angekommen ist; kommt halt davon, wenn man eine Überdosis «Süddeutsche Zeitung» ins Blatt lässt.

Noch was? Ja, Dreierticket statt Zweierauswahl, empfiehlt Birrer. Es ist allerdings die Frage, ob bis hierher noch ein Parlamentarier gelesen hat, weil er vor Lachtränen kaum mehr etwas sieht. So verpasst er auch die strenge Ermahnung am Schluss:

«Die Parteien sollten die unbefriedigenden Gesamterneuerungswahlen zum Anlass nehmen, um diese Reformen anzugehen. Belassen sie einfach alles beim Alten, werden sie ihrer Verantwortung gegenüber dem Stimmvolk nicht gerecht.»

Wenn das so ist, wäre dann nicht eine direkte Volkswahl ein viel besserer Ausdruck der «Verantwortung gegenüber dem Stimmvolk»? Aber damit könnte man natürlich nicht eine ganze Kommentarspalte füllen, also fiel diese naheliegenden Idee aus Traktanden und Leid-, äh Leitartikel.

Oh Tagi, wie flach darf’s denn noch werden? Oder soll, muss er wirklich gut beraten sein, das Fremdschämen zur fast täglichen Disziplin zu machen, nach der Devise: da muss der Leser durch, schliesslich zahlt er dafür.

Leider ist man gut beraten, keine Scherze mit Namen zu machen, dabei liegt einem bei Birrer einer auf der Zunge …

Vom Zauberberg ins tiefe Tal der Niedertracht

Es sollte ein Zusammenspiel zwischen Sport und Kultur werden. Zwischen dem HC Davos und dem Buser World Music Forum. Es wurde ein Foulspiel.

Am 30. November 2019 war die Welt in Davos sehr in Ordnung. An einer gemeinsamen Pressekonferenz stellten der Präsident des HC Davos, der Stadtpräsident und Peter Buser eine kulturelle Zusammenarbeit vor.

«Eine Partnerschaft, die den Sport und die Kultur zusammenbringt, die Synergien nützt und sich gegenseitig ergänzen soll.» Klassische Konzerte auf Weltniveau, am WEF und am Spengler Cup. PR für die Stiftung, in die der Mäzen und Musikliebhaber Buser später sein Vermögen einbringen will. Viel Geld für den HC Davos, insgesamt rund 12,5 Millionen über die nächsten 8 Jahre verteilt.

Es herrschte eine Stimmung, als ob eine Fortsetzung zu Thomas Manns Zauberberg in Planung sei. Die Hürden schienen klein und leicht überwindbar. Der VR-Präsident Gaudenz Domenig, Of Councel bei einer renommierten Anwaltskanzlei, hatte den Vertrag aufgesetzt. Der Stadtpräsident von Davos versprach, sich um den Bau eines Konzerthauses zu kümmern, das zu diesen Anlässen aufgestellt werden sollte. Und Buser war so begeistert, dass er gleich mal über drei Millionen Franken überwies.

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Fouls im Eishockey:

  • Beinstellen (tripping); Hoher Stock (high sticking); Haken (hooking), Angriff gegen das Knie (kneeing); Spielverzögerung (delay of game); unkorrekte Ausrüstung (z.B. spielen mit gebrochenem Stock).

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Von da an ging’s bergab. Schon wenige Tage später nahm das «Sportpanorama» von SRF diesen Paukenschlag einer Zusammenarbeit zum Anlass, um den Menschen Peter Buser zu porträtieren. Er gewährte Eintritt in eine seiner Wohnungen; sein Pied-à-Terre am Zürichberg. Es wurde gefilmt und gefilmt, schliesslich wurde Buser gebeten, doch an seinem Flügel etwas vorzutragen.

Das tat er, und eine seiner jungen Begleiterinnen setzte sich neben ihn auf den Boden; in dieser Ecke der Wohnung hat es keinen Platz für weitere Sitzgelegenheiten. Das war für die Reporterin von SRF endlich eine Szene, die sie ausschlachten wollte. Wer denn diese Dame sei, mischte sie sich nassforsch in Busers Privatleben ein, und warum sie denn auf dem Boden sitzen müsse.

Zwei Sätze, hingeworfen. Riesenauswirkungen

In offenkundiger Verkennung der aktuellen Lage in Sachen Sexismus, Korrektheit und Frauendiskriminierung, antwortete Buser auf eine für ihn offensichtlich eher dumme Frage mit Ironie. Das sei früher seine Sklavin gewesen, aber inzwischen sei sie zur untergebenen Frau aufgestiegen, dabei aber emanzipiert.

Für ihn eine vielleicht etwas provokative Antwort auf eine übergriffige Frage. Aber seit diesem Satz war alles andere vergessen. Sein Mäzenatentum, seine Liebe zur Musik, seine Grosszügigkeit in allen Richtungen, seine umfassende Bildung. Selbst der Respekt davor, dass jemand einfach mal so 12 Millionen Franken ausgeben möchte, um die Welt mit klassischen Konzerten zu bereichern.

Wie es sich im Boulevard-Journalismus gehört, dem auch SRF immer mehr frönt, rannte die TV-Equipe natürlich zum Präsidenten des HC Davos, spielte ihm die Szene brühwarm vor und stellte die inquisitorische Frage, was er denn dazu sage. «Wir wussten, dass er eine schillernde Figur ist», ruderte Domenig herum, «dass er extremer ist, als wir gedacht haben, das scheint der Fall zu sein.» Was ein Anwalt halt so sagt, wenn er überraschend in die Eier getreten wird.

So ein Mist, dachte Domenig sicherlich, über 12 Millionen Franken, dachte er. Über drei Millionen schon eingesteckt, dachte er.

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  • Stockschlag (slashing); Stockstich (spearing); Stockendstoss (butt-ending); Bandencheck (boarding), Cross-Check (auch Stock-Check); Check von hinten (checking from behind); Check gegen den Kopf (checking to the head).

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Wie von SRF erhofft und von Domenig befürchtet, erhob sich der übliche Proteststurm. Geht es um die kostenlose Verurteilung eines sinnvollen Projekts, ist die SP immer vorne dabei. Hier in Person des Nationalrats Jon Pult: «Blanker Sexismus. Darf keinen Platz haben», dekretiert er. Die Medien, die üblichen Schaumschläger sahen die Gelegenheit, noch Action in die eher ruhige Vorweihnachtszeit zu bringen.

Domenig trifft eine Entscheidung

Imageschaden, Reputationsschaden, Forderungen, moralische Entrüstung. Nur ein Sportjournalist hält dagegen. Buser habe keine Straftaten begangen, keine fragwürdigen Geschäfte wie Waffenhandel getätigt, keine Produkte verkauft, die beispielsweise mit Kinderarbeit hergestellt wurden, er rufe nicht zu Straftaten auf und verherrliche auch nicht Gewalt, Rassismus oder Sexismus. All das unterscheidet ihn von einigen Sponsoren, die nicht mit solch «billiger Empörung» abgestraft werden.

Domenig versuchte noch verzweifelt, sich auf die letzte Bastion zurückzuziehen, dass man ja schliesslich nicht mit Buser, sondern mit seiner Stiftung einen Vertrag geschlossen habe. Obwohl er einräumen musste, dass Buser faktisch die Stiftung ist und er die finanziellen Garantien übernimmt.

Noch verzwickerter wurde Domenigs Position, als sich Buser erkundigte, wann er endlich mit den versprochenen ersten Gegenleistungen rechnen könne, zum Beispiel so etwas Banales wie das Logo des Forums im Stadium anzubringen.

Inzwischen musste Domenig aber eine definitive Entscheidung getroffen haben. Denn er machte das, was jeder schlechte Anwalt tut. Er versteckte sich hinter Vorwänden. Dieses Logo könne noch nicht angebracht werden, weil der Verein noch nicht ordentlich ins Handelsregister eingetragen sei. Dass dieser Eintrag am Tag des Vertragsabschlusses beantragt wurde, dass er mit der üblichen bürokratischen Verzögern dann erfolgte, was soll’s.

«Wir können keine Werbung für eine Stiftung machen, die es nicht gibt», spaltete Doming noch ein Haar, dann versank er in tiefes Schweigen. Das noch tiefer wurde, als Buser forderte, mangels jeglicher vereinbarter Gegenleistung ihm seine Anzahlung zurückzugeben.

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  • Ellbogencheck (elbowing); zu viele Spieler auf dem Eis (too many men on ice); Unsportliches Verhalten (unsportsmanlike conduct; Übertriebene Härte (roughing), unerlaubter Körperangriff (charging ); Schiedsrichterkritik (misconduct); Halten (holding).

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Da stellte Domenig seine Ohren auf Durchzug; weder von einer Rückzahlung, noch von Nichterfüllung könne die Rede sein. Im Gegenteil, der Vertrag sei weiterhin gültig, und Buser schulde noch rund 8 Millionen Franken, die nun fällig seien.

Eine Million als money for nothing

Angesichts seines Alters (84) und ohne grosse Lust, in jahrelange Streitigkeiten zu versinken, machte Buser ein grosszügiges Angebot: er verzichte auf eine Million Franken, wenn die fehlenden 2,4 Millionen bis am 10. Mai 2021 überwiesen würden.

Immerhin, eine Million für nichts, für absolut nichts, ein mehr als generöses Angebot. Es sieht aber nicht so aus, als ob der HC Davos darauf eingehen wollte.

Gerne hätten wir hier die Stellungnahme von Domenig wiedergegeben. Er hatte Gelegenheit, zu zwei ausführlichen Fragenkatalogen Stellung zu nehmen. Die benützte er auch termingerecht und sehr ausführlich. Aus seinen Antworten zu den ersten Fragen ergaben sich Nachfragen, die er ebenfalls und noch ausführlicher beantwortete. Aber leider verstosse ich eigentlich schon gegen diese Anordnung, wenn ich zitiere:

«Ich erlaube Ihnen nicht, direkte oder indirekte Zitate aus meinen schriftlichen Stellungnahmen zu verwenden.»

Das ist bedauerlich, bei der Mühe, die er sich gegeben hat. Aber bei aller Mühwaltung: wohl nur ein abgebrühter Anwalt kann es für anständig, erlaubt, vereinbar mit Treu und Glauben halten, über 3 Millionen Franken einfach einzusacken – ohne einen Handschlag dafür getan zu haben. Und darauf hinzuweisen, dass die restlichen 8 Millionen weiterhin fällig seien.

Wir erlauben uns nicht, dieses Verhalten so zu qualifizieren, wie es redlich verdient wäre.