Schlagwortarchiv für: Joëlle Weil

Die Zurückentwicklung

Joëlle Weil war einmal eine nachdenkliche Journalistin.

Die Journalistin lebte längere Zeit in Israel und schrieb 2018:

«Diese Ratlosigkeit auf allen Seiten, die manchmal zur Verzweiflung wird. Nur eines habe ich mit Bestimmtheit gelernt: sich mit Urteilen zurückzuhalten. Lieber einmal mehr zuhören, als einmal zu oft zu reden.»

Von dieser Position hat sie sich längst verabschiedet und zieht bei CH Media immer wieder mit Kommentaren kräftig vom Leder. Als Spanien die Anerkennung Palästinas als eigenen Staat forderte, keifte sie, das sei «zynisch» und «schamlos».

Sie verliert kein Wort über die israelischen Kriegsverbrechen und nimmt sich nun auch noch die UNO zur Brust. «Israel hält nichts mehr von der UNO – mit guten Gründen», kommentiert sie.

Anlass für diese Parteinahme ist das Einreiseverbot, das Israel gegenüber dem Generalsekretär der UNO António Guterres ausgesprochen hat. Ein international einmaliger Vorgang. Gerade die UNO wäre eine Organisation, wo sich Weil an ihren eigenen Ratschlag halten könnte und sollte. Denn auch da herrscht wirklich Ratlosigkeit.

Natürlich ist es absurd, dass Diktaturen über Menschenrechte befinden oder Saudi-Arabien «die Kommission der Vereinten Nationen zur Rechtsstellung der Frau leitet», wie Weil zu recht kritisiert.

Und dass Israel häufiger mit UNO-Resolutionen abgemahnt wird als jedes andere Land, auch das ist ungut, Ausdruck der Einflussnahme arabischer und anderer Gegner des Judenstaats.

Aber dann verlässt Weil den Raum der Ratlosigkeit und Nachdenklichkeit und haut drauf:

«Wer kann es Israel also verübeln, wenn es sich von der UNO abwendet? Wenn man ständig auf der Anklagebank sitzt, während die Schurken rundherum einander den Rücken freihalten

Und überhaupt:

«Die UNO ist eben nicht zwingend eine Stimme der Vernunft oder eine des Rechts. Und die antiisraelische Agenda ist der grösste gemeinsame Nenner vieler UN-Mitgliedsstaaten und wird so zum wichtigen Bindeglied. Nicht das Streben nach einer besseren Welt für alle.»

Das ist nun zumindest einäugig, wenn nicht blind gegenüber der Wirklichkeit. Natürlich gibt es UNO-Resolutionen gegen Israel, die eindeutig und einzig und alleine aus politischen Gründen beschlossen wurden. Und natürlich hat die Friedenstruppe der Unifil im Südlibanon versagt, was allerdings schon mit ihrer Verurteilung zur völligen Tatenlosigkeit angelegt war.

Alles unbestritten und richtig. Wäre Weil aber nachdenklich statt parteiisch, müsste sie auch einräumen, dass der Beschuss von Stellungen der Unifil durch die israelische Armee inakzeptabel ist und zu recht auch vom engsten Verbündeten, den USA, scharf kritisiert wird.

Der UNO-Resolution, die Israel aufforderte, den Überfall, die Invasion des Libanon im Jahre 1982 sofort zu beenden, wurde damals nicht durch ein Veto der USA verhindert – weil es sich einwandfrei um einen Verstoss gegen das Völkerrecht handelte.

Dass Israel seit 1967 genauso völkerrechtswidrig das Westjordanland besetzt und dort illegale Siedlungen unterhält und ausbaut, dass Israel völkerrechtswidrig die Golanhöhen besetzt, dass Israel zum wiederholten Mal in den Libanon einfällt, den Gazastreifen in Schutt und Asche bombt, dort Kriegsverbrechen ohne Zahl begeht, was nicht zuletzt von unverdächtigen Zeugen bestätigt wird, von 99 US-Ärzten, die dort tätig waren, eine Verurteilung dieser Untaten ist nicht Ausdruck einer antiisraelischen oder gar antisemitischen Politik.

Dass viele Mitgliedsstaaten der UNO keine Lichtgestalten sind, dass auch die USA beispielsweise auf einem illegal okkupierten Militärstützpunkt auf Kuba einen rechtsfreien Raum unterhalten, wo angebliche Terroristen oft jahrelang ohne Teilhabe an rechtsstaatlichen Möglichkeiten dahinvegetieren – das alles sind doch keine Gründe, um zu sagen: die auch, wieso dann wir nicht?

Natürlich ist es zutiefst widerwärtig, wenn die EU einem Diktator mit Blut an den Händen wie den saudischen Herrscher bin Salman hofiert, und gleichzeitig andere Staaten wegen Verstössen gegen Menschenrechte kritisiert.

Aber die UNO ist bei aller mangelnden Perfektion die einzige Plattform, auf die sich die Staaten der Welt einigen konnten, um wenigstens zu versuchen, miteinander ins Gespräch zu kommen und nicht gleich aufeinander los zu gehen.

Nur weil sich deren Generalsekretär völlig korrekt kritisch zu israelischen Verbrechen geäussert hat, wobei er genauso scharf die Gräueltaten der Hamas verurteilte, darf das kein Grund sein, ihm kindisch die Einreise zu verbieten.

Natürlich hat Weil im Rahmen der Meinungsfreiheit alles Recht, sich wiederholt über Logik und Vernunft hinwegzusetzen und gegen ihre eigene Mahnung zu verstossen. Wieso ihr allerdings CH Media wiederholt eine Plattform dafür bietet, ist unerfindlich.

Eine Frage der Redlichkeit

Joelle Weil kritisiert die Anerkennung des palästinensischen Staates.

Das ist ihr gutes Recht, und CH Media gibt Weil eine grosse Plattform. Das ist auch erlaubt. Sie zieht gewaltig vom Leder:

«Es gehe bei der Anerkennung Palästinas um «Hoffnung», sagt der spanische Premierminister Pedro Sánchez. Was bedeutet: Hoffnung für ein Volk, das sich seit zwanzig Jahren auf seinem Territorium in Gaza selbst unterdrückt; wo auf Strassen gehängt wird oder gefoltert, wenn man für seine Freiheit gegen das eigene Hamas-Regime protestiert. Zwanzig Jahre lang gab es kaum internationale Forderungen gegen diese Diktatur zugunsten der Bevölkerung. Die Stille kam von allen Seiten. Man hatte bis heute genug Zeit, Palästina mit den Grenzen von 1967 anzuerkennen. Der aktuelle Zeitpunkt ist mehr als zynisch.»

«Zynisch», das ergänzt sie noch mit «schamlos», wer anerkenne, der «belohnt den Terror des 7. Oktobers», treibe die Unterdrückung des palästinensischen Volkes voran, sende ein «gefährliches Signal».

Schlimmer noch: «Wer sich jetzt nicht mit allen Kräften für ein Gaza ohne Hamas einsetzt, ist kein Freund, sondern füttert den Missstand und versucht, auf Kosten anderer sein eigenes Gewissen zu bereinigen.»

Und als krönender Höhepunkt am Schluss: Die Anerkennung zeige «ein Einknicken vor der Welt, die mit uns keine demokratischen und freien Werte teilt. Aber Einknicken gelingt ohne Rückgrat besonders gut».

Das ist starker Tobak. Der Redlichkeit wäre es vielleicht geschuldet zu erwähnen, dass Weil 9 Jahre lang in Tel Aviv lebte und von dort berichtete. Das könnte ihre Parteilichkeit und Einseitigkeit erklären. Wenn eine palästinensische Autorin die Meinung der Hamas verträte, wäre eine solche Einordnung auch hilfreich.

Dass der brutale Terroranschlag vom 7. Oktober ein barbarisches Verbrechen war, ist unbestreitbar. Zu behaupten, dass eine Anerkennung des palästinensischen Staates zynisch sei und gar diesen Terror «belohne», das ist schlichtweg unverschämt.

Es ist keine Belohnung dieser Barbarei, es ist eine Reaktion auf  das Wüten Israels im Gazastreifen. Vielen journalistischen Israel-Groupies wird es inzwischen klar, dass die fast vollständige Zerstörung der Infrastruktur dort, die Fortsetzung des Angriffs auf den angeblich sicheren Zufluchtsort Rafah, die Bombardierung eines Flüchtlingslagers, wo sich Palastinenser aufhalten, die auf Israels Zusicherung vertrauten, dort in Sicherheit zu sein – das alles nicht hilfreich ist, sondern der Sache Israels mehr schadet, als es die Hamas vermöchte.

Dass sich Hamaskämpfer feige in der Zivilbevölkerung verstecken, abscheulich. Dass Israel ohne Rücksicht auf Verluste fortfährt, ein unmögliches Ziel zu verfolgen – die Auslöschung der Hamas –, das ist ebenfalls abscheulich. Auf eine andere Art, aber das Gute kann nicht grenzenlos böse werden, um das Böse zu bekämpfen. Denn irgendwann verschwimmen die Unterschiede, und das ist das aktuelle Problem Israels.

Es ist nur am Rande Ausdruck einer antiisraelischen Haltung, wenn auch UNO-Gremien das Vorgehen des israelischen Militärs immer schärfer kritisieren.

Über dessen Führungspersonal man keine Worte mehr verlieren muss.

Weil hat eine ungute intellektuelle Entwicklung hinter sich, weg von journalistischer Neugier, hin zu Schwarzweissdenken. Dabei schrieb sie einmal:

«Diese Ratlosigkeit auf allen Seiten, die manchmal zur Verzweiflung wird. Nur eines habe ich mit Bestimmtheit gelernt: sich mit Urteilen zurückzuhalten. Lieber einmal mehr zuhören, als einmal zu oft zu reden.»

Das war 2018; sie lebte damals seit fünf Jahren als Schweizer Journalistin in Israel. Und bemühte sich noch, diese komplizierte, verkeilte, verkrampfte, komplexe Welt zu verstehen. Und gab offen zu, dass das schwierig bis unmöglich ist. Damals zeigte sie noch Einfühlungsvermögen und das Bedürfnis nach ausgewogenen Erklärungsversuchen, hatte mehr Fragen und Antworten.

Nun hat sie alle Antworten und keine Fragen mehr. Mehr noch, sie ist randvoll mit Urteilen, mit Verurteilungen. Damit will sie nicht mehr Verständnis schaffen, sondern ist auf dem Kriegspfad. Hat vergessen, dass man sich als ernstzunehmender Berichterstatter mit keiner Seite gemein machen sollte, nicht einmal mit der guten – oder welche man für die gute hält.

Dabei wäre es kinderleicht, eine banale Dialektik zu durchschauen. Viele Apologeten Israels verbitten sich jede Kritik an dessen Vorgehen; gehen ihnen andere Denunziationen aus, greifen sie zum Totschlagbegriff Antisemitismus. Wer die Israel idiotisch als «die Guten» bezeichnet und logischerweise «Hamas» als die Bösen, der schafft eine Dichotomie, die andere Verpeilte dazu motiviert, sich für die Bösen einzusetzen.

Dabei kann doch kein denkender Mensch etwas unterstützen, das mit fundamentalistischem Wahnsinn durchtränkt ist und eine Herrschaft ausübt, in der kein zivilisierter Mensch leben möchte, von Studenten in Europa oder den USA ganz zu schweigen.

Kein denkender Mensch kann die Politik der israelischen Regierung unterstützen, angeführt von einem gescheiterten und korrupten Regierungschef, der nicht nur gegen die Hamas kämpft, sondern auch gegen eine drohende Gefängnisstrafe. Eine Regierung, die die monatelangen Vorbereitungen auf den Terroranschlag vom 7. Oktober nicht bemerkt haben will, die am Anfang peinlich und schrecklich versagte, die eigene Bevölkerung zu schützen.

Darüber zu diskutieren, wo das noch erlaubt ist, würde sich lohnen. Was Weil betreibt, nützt nichts und schadet viel.

 

Die Macht des Tabus

Im «Tagblatt» verrutschen die Massstäbe. «Wir dürfen weiter Hitler grüssen», schreibt eine Kolumnistin.

Es gibt Tabuthemen und es gibt Verbote. Wenn eine Freiheit grenzenlos ist, herrschen Willkür und Faustrecht und Barbarei. Also muss jeder Form von Freiheit Grenzen gesetzt werden, damit sie möglichst unbegrenzt benützt werden kann.

Diese Grenzen sind nicht physikalisch messbar, sondern entstehen aus Konventionen, Traditionen und lokalen Besonderheiten. Sie gelten auch nicht universell. Was in einem fundamentalistisch beherrschten Staat ein todeswürdiges Verbrechen ist, gehört in aufgeklärten europäischen Ländern zur erlaubten Ausübung von Meinungsfreiheit.

Die Freiheit, möglichst unbeschränkt alles kritisieren zu dürfen, sich über den Staat, die Regierung, über Religionen, Sitten und Gebräuche lustig machen zu dürfen, das bildet das Fundament von Aufklärung und Fortschritt.

Umso enger die Grenzen gesetzt sind, umso restriktiver Verstösse bestraft werden, desto stärker leidet die Gesellschaft, stockt der Fortschritt, legt sich das Leichentuch von Fanatismus, nicht hinterfragbaren Dogmen und angeblich unbestreitbaren Wahrheiten über die Gesellschaft.

Sollen Symbole und Insignien verboten werden?

Es gibt monströse Verbrechen in der Geschichte, die nachwirken und immer wieder Reaktionen auslösen. Die verächtliche und widerliche besteht darin, sich als Provokation Symbolen zu bedienen, die für solche Verbrechen stehen. Die andere besteht darin, die Verwendung solcher Symbole zu verbieten.

Dahinter steht die Befürchtung, dass eine ungehemmte Zurschaustellung, ein unreflektierter, aus anhaltender Überzeugung oder als primitive Provokation gedachter Tabubruch diese Verbrechen wiederholbar machen könnte. Wie Bertolt Brecht dichtete: «Der Schoss ist fruchtbar noch, aus dem das kroch.»

Der Faschismus, der Holocaust, die planmässige und industrielle Ermordung von sechs Millionen Juden ist ein singuläres Jahrhundertverbrechen. Solche Barbarei ist auch nicht relativierbar, indem man zum Beispiel anführt, dass die Sowjetunion einen Blutzoll von mehr als 20 Millionen Menschenleben leisten musste, um Hitler-Deutschland zu besiegen.

Ausserhalb Europas gäbe es in der Geschichte noch weitere Abscheulichkeiten, die sich dem menschlichen Verstand entziehen. Aber sie sind geografisch oder zeitlich weit von uns weg. Die braune Brut gibt’s aber immer noch unter uns. Vernagelte, Depravierte, Provokateure oder Idioten, die entweder dummdreist auffallen wollen, oder tatsächlich aus innerer Überzeugung Nazisymbolik verwenden. Als Ideologie, als Denkschablone und auch durch das Herzeigen von Hakenkreuz und Judenstern.

Hier konkretisiert sich immer wieder die Debatte: muss das im Rahmen der Meinungsfreiheit toleriert werden – oder sollte es verboten und sanktioniert sein? Dass sich die Benützer solcher Symbolik verächtlich machen und ausserhalb jedes vernünftigen Diskurses stellen, ist die eine Sache. Ob diesen Schwachköpfen durch Verbote ein Riegel geschoben wird, die grosse Frage.

Was bringen Ausfälle und Überzeichnungen?

Darin liegt die kleine Frage, ob mit solchen Ausfällen der guten Sache in irgendeiner Form gedient ist: «Wir dürfen zwar nicht «Saujude» schimpfen, aber wir dürfen «Saujude» quasi symbolisch öffentlich darstellen. Wir dürfen nicht «erschiesst sie doch alle, während sie in einer Reihe stehen» rufen, aber wir dürfen diese Forderung als Symbol öffentlich zur Schau stellen. Offiziell erlaubt von unserer Landesregierung.»

Die freie Journalistin Joëlle Weil fährt im St. Galler «Tagblatt» fort:

«Nazis existieren und der Bundesrat hat ihnen ein weiteres Mal den Weg geebnet. Nationalsozialistisches Gedankengut ist Menschen- und Demokratieverachtend. Es stellt für viele Bürger dieses Landes eine potenzielle Lebensbedrohung und ein Sicherheitsrisiko dar.»

 

Das darf sie selbstverständlich im Rahmen der Meinungsfreiheit publizieren.

Sie darf auch den Entscheid des Bundesrats, Nazisymbole nicht zu verbieten, so anrempeln: «Nun frage ich mich, ob der Bundesrat plant, mit «Juden sind auch nur Menschen»-Transparenten und der Nummer einer Selbsthilfe-Hotline beim nächsten Nazi-Aufmarsch an der Seite zu stehen. Oder Präventionswerbung auf «www.ichbineinscheissnazi.ch» zu schalten.»

Sie darf auch übersehen, dass es nicht nur in der Antirassismus-Strafnorm juristische Sanktionierungsmöglichkeiten gegen menschenverachtende oder hetzerische oder diskriminierende Äusserungen und Verhaltensweisen gibt. Nicht nur gegen Juden.

Die interessante Frage ist nun, ob diese Meinung von Weil als falsch, unsinnig, provokativ und unanständig kritisiert werden darf, ohne dass man gleich mit der Nazikeule erschlagen wird.

Tabuthemen sind schwierig zu diskutieren

Sobald ein Thema zum Tabu wird, ist eine vernünftige Diskussion zumindest erschwert. Das ist kein Plädoyer für «alles erlaubt». Es ist öffentliches Nachdenken, ob diese Position von Weil sinnvoll, richtig, zumindest verständlich sei. Ist «Tanz den Adolf Hitler» eine bestrafungswürdige Provokation? So überschrieb 2007 ein Redaktor der linken deutschen Tageszeitung taz eine Kolumne. Natürlich alles andere als ein Nazi, der damit auch solches Gedankengut keinesfalls propagieren wollte. Wäre etwas geholfen, wenn das verboten wäre?

Wäre etwas geholfen, wenn das Tragen eines Judensterns mit der Inschrift «ungeimpft» verboten würde? Oder ist es besser, dass sich der Träger dadurch als geschichtsvergessener, geschmackloser Idiot outet und ausschliesst? War es besser, in Deutschland den Nachdruck von Hitlers «Mein Kampf» zu verbieten oder ihn nun mit ausführlichen Kommentaren zu erlauben?

Ich neige dazu, die Grenzen der Meinungsfreiheit sehr weit zu ziehen und Verbote als letztes Mittel zu sehen, nicht als gesellschaftliches Erziehungsprogramm.

Ich neige auch dazu, die Grundregeln von Kausalität und Logik einzufordern. Dass die Nichtbestrafung von Gesten oder der Zurschaustellung von Symbolen (Hakenkreuzfahnen etc.) zu Rassismus führe bzw. diesen fördere, ist die unbewiesene und unbeweisbare Meinung von Weil, die zudem eine Gleichsetzung macht: Wer etwas nicht bestraft, ist zugleich dafür. Das ist fehlende Differenzierung, das ist Verstoss gegen die Gesetze der Logik, das ist eben platte Demagogie, die nicht deshalb zulässig ist, weil sie von Juden für die eigene Sache bzw. ihr Grundanliegen gemacht wird.

Symbol und Handlung sind nicht das Gleiche

Den Hitlergruss nicht zu bestrafen, heisst eben nicht, dass man ihn fördere oder gutheisse, sondern einfach nicht für strafwürdig hält. Und deshalb beruht die Weil’sche Kritik auf dem unverzeihlichen Denkfehler, zwei Dinge zu verbinden, die man trennen kann und muss: Das Symbol, und die angeblichen tatsächlichen Handlungen, die mit dem Symbol verbunden sind. Kein einziger Jude fällt deshalb tot um, weil Fritz Meier den Hitlergruss auf dem Marktplatz macht. Seine tatsächliche Handlung (Heben des Arms in bestimmter Weise) ist ohne jede konkrete Auswirkung auf andere Menschen.

Dass sich Meier damit als geschichtsvergessener Idiot, Provokateur und verächtlicher Mensch demaskiert: das ist alles, was es dazu zu sagen gibt. Wer mag, kann ihm das auch verbal oder physisch klarmachen, im Rahmen des gesetzlich Erlaubten.

Wer das verbieten will und meint, damit etwas Gutes zu wollen, liegt falsch. Wer das nicht verbieten will, bezeugt damit nicht sein Einverständnis mit dieser abscheulichen Geste.  Daher ist der Aufruf zu Rassenhass, zur Ermordung von Mitbürgern aufgrund ihrer Hautfarbe oder religiösen Überzeugung in der Schweiz verboten. Daher ist es richtig, die Verwendung von Nazisymbolen im öffentlichen Raum nicht zu verbieten.