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Ein Elend, zwei Elende, 20Minuten

Nur ein kleines Beispiel, aber signifikant für den Elendsjournalismus.

Früher einmal gab es zwischen dem, was ein Fliessbandarbeiter in der Hölle des Newsrooms in die Tasten haut, und dem Text, der dann das Licht der Welt erblickte, noch ein paar Qualitätskontrollstellen.

Die sind allerdings weitherum aus Spargründen abgeschafft. Also beweist auch «20Minuten», dass das, was gratis ist, meist auch nichts wert ist.

Gleich zwei Cracks, Jan Janssen und Florian Osterwalder, haben einen Text verbrochen. Janssen ist frisch ab Uni und «nun froh, die ganzen Theorien aus dem Studium endlich in der Praxis zu erleben». Blödsinn zu schreiben wurde ihm aber hoffentlich nicht theoretisch beigebracht.

Osterwalder, früher mal im Sport tätig, ist immerhin «Co-stellvertretender Leiter Newsdesk». Was immer das sein mag. Ein leuchtendes Vorbild ist er jedenfalls nicht.

Denn gleich am Anfang machen sich die beiden schon mal unsterblich lächerlich:

«Das Bundesgericht hat Pierin Vincenz Ende Februar in erster Instanz zu knapp vier Jahren hinter Gittern verurteilt und somit das Urteil des Zürcher Bezirksgerichts bestätigt.»

Das Bundesgericht soll die erste Instanz sein? Inhaltliche Urteile fällen? Da lachen selbst juristische Laienhühner bis zum Umfallen.

«Dagegen hat Vincenz ein Revisionsgesuch eingereicht, das er nun jedoch zurückgezogen hat, wie «SRF» berichtet.» Man kann zwar im Prinzip vor dem Bundesgericht gegen einen Entscheid dieser obersten Instanz Revision einlegen. Was auch eine umtriebige, aber ständig krachende Niederlagen einfahrende Anwältin schon getan hat.

Eigentlich ist das sinnloser Quatsch.

Was hat das Bundesgericht in Wirklichkeit getan? Es war weder die erste Instanz, noch hat es Vincenz zu vier Jahren Knast verurteilt. Es ist eine Idee komplizierter, aber eigentlich für jeden Deppen durchschaubar.

Das Zürcher Bezirksgericht hatte Vincenz als tatsächlich erste Instanz zu knapp vier Jahren verurteilt. Das Obergericht hatte dann aber dieses Urteil abgeschmettert und die Staatsanwaltschaft dazu verdonnert, mit einer neuen Anklageschrift nochmal anzutreten. Totalklatsche. Dagegen erhob der Staatsanwalt Beschwerde beim Bundesgericht, das ihm recht gab. Totalklatsche fürs Obergericht.

Das ist den Fall nun nicht los, wie es eigentlich hoffte, sondern muss befinden, ob das erstinstanzliche Urteil korrekt ist. Sollte seine Entscheidung Vincenz oder der Staatsanwaltschaft nicht gefallen, dann können sie ans Bundesgericht gelangen, als letzte und oberste Instanz.

Allerdings: seit vielen Jahren sind die Vermögenswerte von Pierin Vincenz und seiner Mitangeklagten arretiert, was ein wahrhaftiger Skandal ist. In dieser Justizposse, die schon absurd genug ist, wenn man nicht noch wie «20Minuten» Kraut und Rüben, Instanzen und Urteile durcheinanderwirbelt, bis dem Leser ganz blümerant wird.