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Münger schlägt vor

Dem Auslandchef ohne Ausland ist langweilig.

Darunter zu leiden haben die Leser von Tamedia. Menschlich ist es verständlich: Christof Münger (und sein «Team») plane und produziere «den Ausland-Teil». Da Tamedia kaum mehr über eigene Korrespondenten verfügt, bedeutet das im Wesentlichen, bei den Beiträgen der Ausland-Korrespondenten der «Süddeutschen Zeitung» Germanismen und ß rauszupflücken, einen anderen, meist schlechteren Titel zu setzen, und Feierabend.

Da bleibt ja nur noch, gelegentlich eine «Analyse» oder einen «Kommentar» oder gar einen «Vorschlag» abzusondern.

Und da hat Münger nun gewaltig am Kopf gekratzt und von seinem Privileg Gebrauch gemacht, dass ihm als Ausland-Chef keiner sagen kann «ach je, Münger, lassen wir das lieber, die Leser haben’s auch so nicht leicht».

Also bastelt Münger aus Legosteinchen einen Vorschlag, wie man das Problem mit dem Gazastreifen lösen könne. Darauf hat die Welt gewartet. Er geht das Ganze in kleinen Schritten an. Stolpert allerdings schon beim ersten. Israel wolle die Hamas vollständig besiegen und dann den Gazastreifen verlassen. Da schwant es Münger:

«Was wird dann aus dem Küstenstreifen? Im Meer verschwinden wird er nicht, auch werden sich seine Bewohner nicht in Luft auflösen

Sehr wahr; allerdings ist völlig unklar, ob es die israelischen Streitkräfte schaffen, die Hamas zu liquidieren und wie lange das dauern könnte. Aber Münger denkt weiter: «Wer also regiert und verwaltet den Gazastreifen, wenn die Herrschaft der Hamas gebrochen ist? Wer organisiert den Wiederaufbau? Wer kümmert sich um Strassen, Schulen und Spitäler und um die Sicherheit

Gewichtige und gute Fragen. Allerdings: «Die üblichen Verdächtigen, also die EU, die Nato oder auch die UNO, kommen kaum infrage. Ihnen fehlt es an Glaubwürdigkeit bei den Palästinensern oder bei den Israeli oder bei beiden

Tja, was tun? Nun kommt die Hammeridee:

«Buchstäblich naheliegend wäre es, wenn die Araber Verantwortung übernehmen würden

Buchstäblich hanebüchen geht’s weiter: «Als Schutzmacht der Palästinenser hervorgetan hat sich stets Saudiarabien.»

Nun aber: «Tatsächlich hat das saudische Königshaus nicht viel übrig für die Hamas. Auch anderen Regierungen in der Region ist sie suspekt. Für die Herrscher Ägyptens, Jordaniens, der Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrains ist die islamistische Terrororganisation eine Bedrohung

Das wird in höchsten saudischen Scheichzirkeln für Aufregung und flatternde Kopftücher sorgen: «Deshalb: Riad, bitte übernehmen

Haben die Scheichs gelacht. Aber auch für die Herrscherclique in Katar  hat Münger noch einen Schenkelklopfer auf Lager: «Vielleicht würde sogar der Emir von Katar, der bisher die Hamas unterstützt hat, beim Wiederaufbau des Gazastreifens mitmachen. Als Gegenleistung könnte man ihm ebenfalls eine Annäherung an Israel in Aussicht stellen.»

Und die Israelis haben nichts zu lachen? Gemach, damit rundet Münger sein Werk ab: «Um der Befriedung des Gazastreifens Schub zu verleihen, müsste allerdings Israel einen Beitrag leisten. Ein Baustopp für weitere Siedlungen im Westjordanland wäre ein Anfang.»

Der Iran, die bis an die Zähne bewaffnete Hetzbolla, all die fundamentalistischen Wahnsinnigen, die nichts lieber täten, als den Märtyrertod zu sterben, aber vorher noch möglichst viele Ungläubige und Juden mitzunehmen, würden inschallah rufen.

ZACKBUM hat auch einen Vorschlag: wieso versucht es Münger nicht mit Pendeldiplomatie, um seinen Vorschlag in Riad, bei der Hamas, in Israel und vielleicht gar im Iran beliebt zu machen? Das wäre mal eine «Mission impossible», bei der Tom Cruise vor Neid erblassen würde.

Der wohlinformierte Leser

Wir hätten da noch ein paar Fragen …

Mehr als eine Woche ist seit dem brutalen Angriff der Hamas auf Israel vergangen. Zeit genug für unsere Qualitätsmedien, dem zahlenden Leser ein paar Grundlagen zu vermitteln, damit er die Ereignisse im Nahen Osten besser versteht und einordnen kann. Daher sollte es ja niemandem schwerfallen, folgende einfachen Fragen zu beantworten:

  1. Ist Antizionismus auch Antisemitismus?

  2. Was ist Zionismus, was ist Antizionismus?

  3. Gibt es auch Semitismus?

  4. Ab welchem Alter verhaften Israelis palästinensische Kinder?

  5. Steht in der Charta der Hamas als Zielsetzung die Auslöschung Israels?

  6. Steht im Koran oder in anderen den Moslems heiligen Schriften, dass alle Juden getötet werden müssen?

  7. Ist das Töten eines Juden für einen gläubigen Moslem ein Verbrechen?

  8. Was bewahrt den israelischen Ministerpräsidenten vor dem Knast?

  9. Worum ging es schon wieder bei den Massenprotesten in Israel (von Israelis)?

  10. Was ist die Zweistaatenlösung und wieso ist sie gescheitert?

  11. Worin unterscheiden sich der Iran und Saudiarabien?

  12. War der grausame Diktator Saddam Hussein in einem anderen Leben Verbündeter der USA?

  13. Wieso öffnet Ägypten nicht seine Grenze zum Gazastreifen?

  14. War die PLO nicht mal eine nicht-fundamentalistische Organisation?

  15. Was ist die PLO schon wieder?

  16. Wieso kontrolliert die Hamas den Gazastreifen?

  17. Wieso hat der israelische Geheimdienst die monatelangen Vorbereitungen auf dieses Massaker nicht bemerkt?

  18. Wieso fand dieser brutale Überfall gerade jetzt statt?

  19. Anerkennt der Iran das Existenzrecht Israels? Und Saudiarabien? Und Katar?

  20. Wer begeht alles Kriegsverbrechen?

ZACKBUM ist überzeugt, dass der wohlinformierte Leser kein Problem haben wird, all diese fundamentalen Fragen richtig zu beantworten und gratuliert schon im Voraus.

Wumms: Gilda Sahebi

Sie sei eine «deutsch-iranische Journalistin, Autorin und Ärztin».

Allerdings könnte sie selbst eine Therapie gebrauchen. Denn sie hat das hier getwittert:

Sahebi arbeitete für das ZDF und den WDR, tritt zudem gerne in deutschen Talkshows auf. Ein Schwerpunkt ihrer Berichterstattung sind die Proteste gegen das Mullah-Regime im Iran. Sie weiss also, wovon sie spricht.

Hier spricht sie: Das Foto von der «Demo gegen das Rammstein-Konzert in Bern erinnert so krass an die unzähligen Bilder von Frauen und Mädchen aus dem Iran, die dem Patriarchat mutig den Mittelfinger zeigen. Feministische Kämpfe weltweit können nur gemeinsam geführt werden.»

Bevor es ZACKBUM speiübel wird: Sie vergleicht wirklich den todesmutigen Protest iranischer Frauen mit der wohlfeilen Lachnummer von Bern? Sie vergleicht Rammstein mit dem fundamentalistischen Mullah-Regime?

Wem dermassen die Massstäbe verrutschen, der hat jeden Anspruch verloren, ernstgenommen zu werden. Wer einen solchen Vergleich wagt, ist schlichtweg zum Kotzen.

Neues vom Seibt

Der Long-Form-Schwurbler hat zugeschlagen.

Natürlich könnte Constantin Seibt etwas hierzu sagen:

Das «Wachstumsziel» von 33’000 Abonnenten ist weiterhin in weiter Ferne. Aber vielleicht weiss Seibt, dass die Millionäre, die hinter der «Republik» stehen, schon nochmals ein Einsehen haben werden. Schliesslich macht das Hansi Voigt mit seinem Loser-Projekt «bajour» vor. Nach der Geldspritze ist vor der Geldspritze.

Seibt könnte vielleicht auch einen Ton dazu sagen, wieso sein Chefredaktor a. i. Daniel Binswanger, obwohl intimer Kenner des «Magazin», keinen Ton zur Affäre Roshani sagt.

Oder Seibt könnte etwas dazu sagen, wieso die «Republik» schon lange aus sämtlichen Schlagzeilen verschwunden ist und ihr unendlich langes Stück über «Google» höchstens als Beitrag gegen Schlaflosigkeit Aufmerksamkeit erzielte.

Aber das sind für Seibt Themen minderer Bedeutung. Pipifax, Kleinklein. Ihm geht es um das Nachzeichnen der grossen Linien, er will dort sein, wo die Action ist. Wenn auch nur im Geiste. Also titelt er:

«Ruhm der Ukraine, Schande der Schweiz». So ein Titel erinnert leise an so was:

«Ruhm dem siegreichen Volk», nach dem Sieg über Hitler-Deutschland. Aber das meint Seibt wohl eher nicht. Er beginnt etwas wolkig-dunkel mit ganz allgemeinen Bemerkungen: «Man macht ein paar Dinge richtig, man vermasselt ein paar – aber am Ende kommt es fast immer unsensationell okay.»

Oha, sagt da der Leser, Zeit für eine Lebensbilanz? Nein, nicht ganz, Seibt wird nun eine Idee konkreter: «Politik etwa ist wie Fussball: Mal gewinnt die eigene Mannschaft, mal die andere. Dann freut man sich. Oder flucht. Und dann folgt das nächste Spiel

Oha, sagt der Leser nochmal, das Runde muss ins Eckige, und ein Spiel dauert 90 Minuten. Aber auch das meint Seibt nicht: «Aber es gibt eine Ausnahme: wenn der Faschismus marschiert.»

Oha, sagt der Leser, nun wird es ernst, und Seibt erklärt uns das Wesen des Faschismus: «Er ist das Gegenteil des Lebens selbst. Er ist der Kult der Vernichtung.» Oha, sagt der Leser zum vierten Mal, schön, dass wir das nun wissen, hätte ja niemand gedacht. Bis Seibt es in Worte zu fassen vermochte. Die er irgendwo abgeschrieben hat.

Aber wo läuft er denn, der Faschismus? «Seit einem Jahr marschiert der Faschismus in der Ukraine.» Unglaublich, denkt da der Leser zunächst, eine Kritik von Seibt an den Asow-Brigaden, an der Verehrung für den Nazikollaborateur und Kriegsverbrecher Stepan Bandera, eine Abrechnung mit der braunen Vergangenheit der Ukraine?

Nein, nicht wirklich, aber nun spannt Seibt urplötzlich einen ganz grossen Bogen: «Und der Faschismus marschiert nicht nur in Russland: Von Ungarn bis zum Iran, von Ankara bis Peking, von «Weltwoche» bis Fox News wächst eine autoritäre Internationale

Oha, sagt der Leser zum letzten Mal, also der Faschismus durchquert Russland, hat Ungarn erfasst, die Mullahs im Iran wissen es zwar nicht, sind aber auch Faschisten, dazu die Türken und erst recht die Chinesen. In diese Reihe passt dann auch noch «Fox News» und natürlich die WeWo. Die sind dann aber, wenn wir Seibt richtig verstehen, nicht faschistisch, sondern autoritär, sehen sich aber dennoch in der Tradition der kommunistischen Internationale.

Sozusagen braune und rote Fäuste vereint. Nun fragt sich der Leser, welche Medikamente oder verbotenen Substanzen Seibt eingenommen haben könnte, damit er solch einen kunterbunten Schwachsinn aufschreibt. Aber er ist, unangenehme Begleiterscheinung von unkontrolliertem Sprachdurchfall, noch nicht am Ende: «Und wie vor hundert Jahren stellt sich wieder die Frage: Wer bist du, wenn es wirklich zählt?» Also 1923?

Das fragt man sich beim Schreibtischhelden Seibt allerdings auch 2023. Denn er hebt nun zur grossen Klage an:

«Wer seinen Job nicht tat, sind wir. Wir, die Schweizer. Alle Schweizer. Denn: Das Einzige, was wir taten, war das Minimum: nach einigen Windungen die Sanktionen der EU zu übernehmen. Plus humanitäre Hilfe.»

Schlimm, ganz schlimm: «Der Rest ist Abwarten, Abwehr, Gefummel.» Keine Waffenlieferungen, auch nicht mit Schlaumeiereien. Schlimm. Ukrainer in der Schweiz «müssen nun ihr Auto verkaufen, falls sie weiter Sozialhilfe erhalten wollen». Noch schlimmer. Ein Ukrainer ohne SUV, unvorstellbar, unmenschlich.

Seibt verzweifelt an uns, an sich: «Es ist schwer zu sagen, was an dieser Politik überwiegt: ihre Miesheit oder ihre Dummheit.» Denn eigentlich wäre jeder Schweizer Mann, jede Schweizer Frau gefordert (und everybody beyond, wie Seibt zu sagen pflegt):

«Das Schlimmste ist: Der Faschismus marschiert und die ganze freie Welt handelt. Nur wir nicht.»

Er mahnt, warnt und weist uns darauf hin: «Als wären es Zeiten wie immer. Als ginge es um nichts. Und nicht um alles: Demokratie, Freiheit, Zukunft.» Aber wenn es um die Zukunft geht, muss Seibt in die Vergangenheit blicken: «Ein Leben lang hing der Geruch nach Verwesung über der Aktivdienst­generation. Fast niemand, der später geboren war, konnte sie ernst nehmen.» Hä?

Doch, doch, alles «kalte Krieger an jedem Kneipen- und Sitzungstisch». Kalte Krieger, war das nicht mal ein Begriff für Antikommunisten? Ist Seibt selbst nicht so ein Held am Schreibtisch? Egal: Aktivdienst, das ist «die Generation, die neutral blieb, als der Faschismus marschierte». Diese Feiglinge, endlich vom Nachgeborenen Seibt an ihren Platz verwiesen.

Wie schliesst der Wortkrieger, der Verzweifelte, der Unverständliche und Unverstandene? «Ruhm der Ukraine. Ruhm den Verteidigern. Keinen Ruhm uns.»

ZACKBUM plädiert dafür, dass wir es eine Nummer kleiner halten. Ruhm für niemanden. Insbesondere keinen Ruhm für Seibt, der den Verteidigern der Schweiz im Zweiten Weltkrieg eins in die Fresse haut. Der wohl erwartet hätte, dass die Schweiz damals – obwohl umrundet von tatsächlich faschistischen Staaten –mutig in den Krieg gegen Deutschland, Österreich, Italien und auch den besetzten Teil Frankreichs gezogen wäre. An der Seite der Sowjetunion womöglich. Gegen die ukrainischen Faschisten zum Beispiel.

Was für ein Irrwisch. Es ist beelendend, wie ein einstmals begabter Schreiber völlig die Fassung, die Fähigkeit zur Analyse und die Selbstbeherrschung verliert. Das erinnert tragisch an den späten Niklaus Meienberg, der auch einen Endkampf zwischen Gut und Böse sehen wollte. Und daran verzweifelte, dass niemand diese Ansicht mit ihm teilte.

Hoffentlich hält Seibt auf diesem Highway to Hell noch rechtzeitig inne und besinnt sich auf die Wirklichkeit. Man muss sich aber ernsthaft Sorgen machen. Oder besser: ihn schlichtweg ignorieren.

 

 

Darf man das?

Charlie Hebdo will es mal wieder wissen.

Die französische Karikaturzeitschrift «Charlie Hebdo» musste schon einen hohen Preis dafür bezahlen, dass sie grenzenlos, derb, unverschämt und unerschrocken keine Grenzen für Satire akzeptieren will.

Am 7. Januar 2015 stürmten zwei fundamentalistische Wahnsinnige die Redaktionsräume und richteten ein Blutbad an. Sie töteten 12 Menschen – als Rache für Mohamed-Karikaturen, die «Charlie Hebdo» veröffentlicht hatte.

Nun hat das Magazin auf seiner Webseite erste Einsendungen seines Wettbewerbs «#MullahsGetOut» veröffentlicht. Die haben es in sich. Damit soll der Kampf der Iraner gegen ihr Regime unterstützt werden, das im Namen eines fundamentalistischen und mittelalterlichen Islams seine Untertanen unterdrückt. Während die herrschende Clique korrupt im Reichtum schwelgt, geht es der Bevölkerung dreckig.

Als wollten die Macher noch einen draufsetzen, zeigen sie auf dem Cover der neusten Ausgabe eine nackte Frau, in deren Vagina Mullahs hineinlaufen. Dazu der Spruch: «Geht zurück, wo ihr herkommt.»

Das iranische Regime reagierte, wie es zu erwarten war. Es drohte mit «Konsequenzen», bestellte den französischen Botschafter ein und verlangte von der französischen Regierung, einzugreifen.

Genau damit zeigen die Mullahs, worin der fundamentale Unterschied zwischen ihrem Gottesstaat und einer modern-zivilisierten westlichen Gesellschaft besteht. Natürlich sieht es auch der Vatikan nicht gerne, wenn bösartige Karikaturen über Pfaffen oder den Papst erscheinen. Aber im Gegensatz zu diesen mittelalterlichen Fanatikern weiss der christliche Klerus, dass er sich nur noch lächerlicher machen würde, wenn er Sanktionen und Konsequenzen forderte.

Für seine Entmachtung hat die Aufklärung erfolgreich gekämpft, und seither liegt nicht mehr das Leichentuch der Inquisition und der biblischen Weltsicht über weiten Teilen Europas.

Auf der anderen Seite kann man sich fragen, ob es bei der Verletzung religiöser Gefühle Grenzen geben sollte, und wenn ja, wo die dann lägen. Das ist sicherlich eine sinnvolle Diskussion.

Beschämend und peinlich ist allerdings, dass bislang nur zwei Schweizer Medien darüber berichtet haben. Und weder «Blue News» noch Tamedia wagten es, als Illustration zu ihren Artikeln ein paar der Karikaturen zu zeigen.

Dabei wäre das eine mindere Mutprobe im Vergleich zu den damaligen Mohamed-Zeichnungen. Wer es – wie Roger Köppel als damaliger Chefredaktor der «Welt» – wagte, die Karikaturen nachzudrucken, musste selbst um sein Leben fürchten. So konnte ein religiöser Wahnsinniger mit Messer gerade noch rechtzeitig gestoppt werden.

«Charlie Hebdo» sieht sich in einer Tradition mit bösartigen Satirezeitschriften wie «Harakiri», die von 1960 bis 1985 erschien und schon damals nach Kräften versuchte, die Grenzen der Geschmacklosigkeit neu zu definieren:

Der Untertitel «bête & méchant» (dumm und gemein) war Programm:

Unvergessen auch eine naturalistisch fotografierte «Seite Gekotztes, offeriert vom Schnapshersteller XY». Wie in England mit «Punch» oder «Spitting Image» gibt es auch in Frankreich eine Satiretradition, die nicht artig wie der «Canard enchainé» sein will, sondern der Obszönität der Verhältnisse auf Augenhöhe begegnen möchte. Aber was wissen schon die modernen Kindersoldaten in ihren Verrichtungsboxen in den News Rooms der Schweizer Medien.

Zivilcourage wäre, neben Sachkompetenz, dem Ringen um Wirklichkeitsnähe oder dem Verzicht auf die Betrachtung des eigenen Bauchnabels und der besserwisserischen Kommentierung der Weltläufe, eine Eigenschaft, die den meisten Redaktoren in der Schweiz inzwischen abgeht. Ein paar Beispiele von Karikaturen zeigen, weswegen es den Ayatollen im Iran den Turban lupft, niemals.

Wichtigtuerisch mit dem Zeigefinger wackeln und Noten verteilen sowie Forderungen aufstellen, darin sind die Journis gut. Mal etwas Rückgrat beweisen und im wahrsten Sinne des Wortes ihrer Berichterstatterpflicht nachgehen, auch auf die leise Gefahr hin, dass das ein fundamentalistischer Irrer übelnehmen könnte – dafür reicht es dann aber nicht.

Erbärmlich, oder sagten wir das schon.

Wumms: Sanija Ameti

Iran und Anti-Iran: Verhüllungsgebot gegen Verhüllungsverbot.

Dem Qualitätskonzern Tamedia ist die Umsetzung des Gesichtsverhüllungsverbots gerade mal eine Tickermeldung der SDA wert. Alle Redaktoren waren wohl mal wieder in die Betrachtung des eigenen Bauchnabels vertieft.

Die im März 2021 angenommene sogenannte Burka-Initiative wird anderthalb Jahre später in ein Gesetz gegossen. Also einen Gesetzesentwurf, um genau zu sein. Bei Zuwiderhandlungen drohen Bussen bis zu 1000 Franken. Ausnahmen gibt es zur Genüge, wie Tamedia abschreibt:

«Das Gesicht darf zum Beispiel in Kirchen und anderen Sakralstätten bedeckt werden. Unter anderem auch aus Gründen der Gesundheit, der klimatischen Bedingungen und des einheimischen Brauchtums. Auch für den Schutz der Meinungs- und Versammlungsfreiheit – etwa auf Kundgebungen – bleibt die Gesichtsverhüllung erlaubt.»

Interessant ist die Parallelität zu aktuellen Ereignissen im Iran. Dort wird das Verhüllungsgebot zu Anlass zu anhaltenden Protesten. Die blutig niedergeschlagen werden. In Persien ist allen bewusst und klar, dass es sich bei diesen Kleidungsvorschriften keinesfalls um einen Ausdruck weiblicher Selbstbestimmung handelt. Sondern um ein Unterdrückungssymbol. Frauen sollen nur in einem Käfig, in einem Stoffgefängnis in die Öffentlichkeit.

Fundamentalistische Sittenwächter sind sich bewusst, dass ein Protest gegen diese Unterdrückungsmassnahme gleichzeitig eine Revolte gegen ihr Regime, gegen sie selbst, gegen mittelalterliche, dumpfe religiöse Wahnvorstellungen ist.

In der Schweiz halten sich alle Protestierer gegen die damalige Initiative bedeckt. Alle? Nein, es gibt eine, die kein Fettnäpfchen auslässt, in das man hineinhopsen kann, wenn man der eigenen Organisation («Operation Libero»), der eigenen Sache (Frauenrechte) oder der eigenen Partei (GLP, die unterstützt nicht einmal die neuste Initiative der «Operation Libero») schaden will.

Also postet sie als «cybersandwich» solche Fotos von sich selbst:

Das wäre nun im Iran eher nicht möglich, und auch hierzulande erhebt sich die Frage, welche inhaltlichen Botschaften Ameti damit unter die Leute bringen will.

Hier wird die Brüller-Botschaft vielleicht noch deutlicher; offenbar bedeutet Gleichheit für Ameti das Recht, einen kurzen Rock über Highheels tragen zu dürfen:

Auch bei dieser Freizeitbeschäftigung mag man sich fragen, ob die mit grünliberalen Zielsetzungen und der aktuellen Energiesituation kompatibel ist:

Fügen wir noch zwei Schnappschüsse hinzu, die für sie unbedingt mit der Weltöffentlichkeit geteilt werden müssen. Was will uns die Politikerin hier wohl sagen:

Geht’s noch dümmlicher? Aber immer. So stellt sie zwei Fotos auf Instagram, deren Anblick wir empfindlichen Lesern ersparen wollen. Auf dem einen ist eine Frau in der Burka zu sehen, dazu die Bemerkung «verboten». Auf das gleiche Foto hat Ameti dann eine Fasnachtslarve montiert und dazugeschrieben: «erlaubt». Damit zeigt sie zwar, dass sie das demokratisch und mehrheitlich angenommene Verhüllungsverbot in der Schweiz in seinen Grundzügen verstanden hat.

Oder auch nicht. Denn niemals würde sich eine Burkaträgerin eine Fasnachtsmaske überstreifen. Neben vielen anderen Defiziten und Defekten haben Menschen, die diese mittelalterlichen Kleidervorschriften befolgen, dort eine Leerstelle, wo eine wichtige menschliche Eigenschaft sitzen sollte. Sie sind nämlich völlig humorlos.

Im Jahresbericht der «Operation Libero» wurde noch gegen die mehrheitliche Annahme der Initiative so gewäffelt:

«Die Schweizer Stimmbevölkerung schrieb das illiberale Burkaverbot dennoch in unsere Verfassung. Es ist den fremdenfeindlichen Kräften gelungen, mit den zweifelhaften Argumenten der Gleichstellung und der öffentlichen Sicherheit einer Minderheit in diesem Land die Freiheitsrechte abzusprechen

Einer Minderheit werden durch «fremdenfeindliche Kräfte» die «Freiheitsrechte» abgesprochen?  Also ist eine Mehrheit der Schweizer fremdenfeindlich, illiberal und gegen Freiheitsrechte? Wie verpeilt muss man sein, um einen solchen Satz zu schreiben, ohne sich schamvoll zu verhüllen?

Auch Ameti ist völlig humorfrei. Es ist nun die Frage, wie lange die «Aktion Libero» und die GLP noch zuschauen wollen, wie sie durch ein führendes Mitglied geschädigt und lächerlich gemacht werden.

Schleier oder Brett vor dem Kopf

Der Iran und das Burka-Verbot in der Schweiz.

Wir erinnern uns. Im Zusammenhang mit der gewonnenen Abstimmung über die sogenannte Burka-Initiative gab es von kampffeministischer Seite ein Sammelsurium von absurden Argumenten, wieso das Tragen eines Schleiers, eines Kopftuchs oder sogar eines Ganzkörperpräservativs keinesfalls Ausdruck von Unterdrückung und Mittelalter sei. Sondern im Gegenteil Bestandteil des Selbstbestimmungsrechts von Frauen, die sich damit den lüsternen männlichen Blicken verweigern wollen.

Verdiente Feministinnen wie Alice Schwarzer wurden in der Schweiz übel beschimpft, weil sich die Ikone der deutschen Frauenbewegung schon seit Jahren gegen die Verwendung von Verschleierung als Ausdruck übler Unterdrückung ausspricht. Nehmen wir nur zwei (noch relativ gemässigte) Exponenten von damals beim Wort:

«In der Schweiz sind es vor allem einheimische Konvertitinnen, die freiwillig eine Burka oder einen Niqab tragen. Für sie ist die Verschleierung Ausdruck ihrer religiösen Identität oder ein Statement gegen das sexualisierte westliche Frauenbild.
Natürlich darf man in der Schweiz niemanden dazu zwingen, sich zu verschleiern. Aber darf man im Umkehrschluss Frauen dazu zwingen, sich zu enthüllen?»

Das war Deborah Bischof im «Beobachter». Frauen zwingen, sich zu enthüllen? Auch im «Beobachter» darf leider Unsinn verzapft werden. Aber unangefochten an der Spitze der Schleier-Versteher stand die schreibende Schmachtlocke der «Republik». Sie interviewte eine verpeilte Wissenschaftlerin, die sich zur Aussage verstieg: «Der Nikab ist nicht das Zeichen der Unterwerfung, sondern eine Revolte».

Aber auch Daniel Binswanger höchstselbst führte vor, zu welchen Absurditäten ein Intellektueller in der Lage ist, wenn er sich mit der rechten Hand hinter dem linken Ohr kratzt:

«Nikab-Trägerinnen in Europa sind typischer­weise unabhängige und selbst­bestimmte Frauen, die ihren Fundamentalismus gegen den Willen ihrer Familie praktizieren. Sie gehorchen mit der Vollverschleierung nicht einer Familien­tradition, sondern im Gegenteil, sie affirmieren ihre muslimische Born-again-Identität. Gerade für den Nikab greift also das Argument der Fremd­bestimmung nicht.»

Nun war Binswanger clever genug, das Wörtchen «in Europa» als Verschleierung seiner absurden Ansicht in den Text zu nehmen.

Es bleibt aber dennoch die Frage, was denn alle damaligen Anhänger des Körperschleiers als Ausdruck von was auch immer zu den aktuellen Auseinandersetzungen im Iran sagen. Der Protest gegen das Mullah-Regime hat sich nicht zuletzt daran entzündet, dass die Religionspolizei eine junge Frau verhaftete, weil die nicht ordnungsgemäss gekleidet sein sollte, vor allem habe man einen Blick auf ihr Haupthaar erhaschen können. Nicht als Erste starb sie dann während der Haft.

Seither brennen im Iran die Schleier und Kopftücher. Da sie eben unbestreitbar sowohl ausserhalb wie innerhalb von Europa Symbol eines menschen- und frauenverachtenden religiösen Fanatismus sind.

Natürlich dürfen Frauen Miniröcke tragen. Hohe Absätze oder bequeme Turnschuhe. Sie dürfen sich aufbrezeln oder betont neutral kleiden. Sie dürfen auch das Haupthaar bedecken; sei das mit Perücken, wie das unter orthodoxen Juden der Brauch ist, oder mit einem Stück Stoff. Sobald aber diese Verhüllung klar einen religiösen Symbolgehalt bekommt, ist sie nicht mehr Ausdruck der angeblichen Selbstbestimmung der Frau. Oder gar ihrer Weigerung, Objekt lüsterner männlicher Blicke zu sein.

Diese Auffassung ist genauso absurd wie die Meinung, durch Sprachreinigung und die Verwendung möglichst umständlicher Gender-Formen einen Beitrag zur Entdiskriminierung der Frau, zur Integrierung von Randgruppen zu leisten.

Beides sind Verirrungen von Intellektuellen, die nicht in der Lage sind, ihre Behauptungen, Forderungen und Vorschläge logisch zu durchdenken und an der Wirklichkeit zu messen.

Interessant ist nun allerdings, dass man von den feministischen oder linken Kreisen, die sich damals für das Selbstbestimmungsrecht der Frau in Verhüllungsfragen einsetzten, eigentlich kein Wort zu den Ereignissen im Iran hört. Immerhin, darin ist wohl eine leise Scham über vergangene, öffentlich bekundete Dummheiten enthalten.

Will man hoffen. Im schlimmsten Fall bedeutet das Schweigen aber, dass diese verpeilten Feministen und Nikab-Versteher das Verbrennen dieser Unterdrückungssymbole gar nicht gutheissen. Schliesslich zeigen diese Iranerinnen damit mangelnden Respekt vor religiösen Bräuchen, sind gar Opfer einer kulturellen Aneignung westlicher Gebräuche. Müssten also eigentlich so streng zurechtgewiesen werden – wie ein weisser Rastalocken-Träger. So rein logisch gesehen.