Propaganda
Die Massen sind dumm. Aber will man das so genau wissen?
Schon 1928 hat Edward Bernays das Gültige zur Aufgabe von Propaganda gesagt, es ist
«das stetige, konsequente Bemühen, Ereignisse zu formen oder zu schaffen mit dem Zweck, die Haltung der Öffentlichkeit zu einem Unternehmen, einer Idee oder einer Gruppe zu beeinflussen».
Schon 1895 hat Gustave Le Bon das Gültige zum Verhalten von Menschenmengen in seiner «Psychologie der Massen» gesagt. Er kam zur einfachen Erkenntnis, dass der durchschnittliche IQ bei einer Massenversammlung auf das Niveau der beschränktesten Teilnehmer herabsinkt. Je dreister die Lüge, die man den Massen suggeriert, desto wahrscheinlicher wird sie geglaubt und massenhaft übernommen. Daran hielten sich schon Goebbels und Hitler, die Le Bon sicherlich, Bernays wahrscheinlich gelesen hatten.
Dennoch beschlich den Menschen am Anfang des 21. Jahrhunderts Unglauben und Unverständnis, wenn er die grölenden Massen anschauen muss, die im Sportpalast angesichts eines sicher verlorenen Krieges aus voller Kehle ein brausendes Ja brüllten, auf die absurde Frage, ob sie einen «totalen Krieg» wollten, obwohl die totale Niederlage bevorstand.
Vergangenheitsform, denn spätestens seit Beginn des Ukrainekriegs kann man wieder (schlimmer als bei Covid) einige Beobachtungen machen, die nicht gerade optimistisch stimmen.
- Wie dünn der Firnis der Zivilisation ist, wie mit leichter Hand rechtsstaatliche Prinzipien, unser einziger und letzter Schutzwall gegen Barbarei, beiseite gewischt werden, von fanatisierten Flachköpfen, die die gleiche Sippenhaft auf russische Reiche anwenden wie damals auf Juden.
- Wie westliche Propaganda halt immer noch effizienter, geschickter und manipulativer ist als ihr östlicher Gegenpart. Wer Hill & Knowlton (Brutkastenlüge) auf seiner Seite hat, kann im Propagandakrieg gar nicht verlieren. Das Absurde im Westen ist: es gibt sogar gut und geschickt gemachte Filme (Wag the dog), die genau solche Bernays und Le Bon folgende Methoden thematisieren – und nichts wird damit ausgelöst.
Propaganda soll immer den Effekt haben, das Gegnerische als einmalig, böse, verächtlich, unmenschlich darzustellen. Propaganda soll verschwinden lassen, dass das eigene Lager gleiche oder ähnliche Verbrechen begangen hat und begeht.
Man nehme nur die Kriege der USA in Afghanistan und dem Irak. Und folgen wir der Untersuchung der angesehenen und renommierten Brown University in den USA. Die hat ausgerechnet, dass die USA alleine hier für 4 Millionen Tote und 37 Millionen Vertriebene verantwortlich sind. Irak ist heute ein failed State, in Afghanistan wurden die Taliban von der Macht vertrieben, um sie ein paar Jahre später wieder zu übernehmen. Von der Stimulierung und dem Heranzüchten des fundamentalistischen Terrorismus ganz zu schweigen.
Was die Brutkastenlüge im ersten Irakkrieg war, waren die Massenvernichtungswaffen im Irak. Vom mörderischen, verbrecherischen, völkerrechtswidrigen Krieg in Vietnam (Agent Orange), der vom Kriegsverbrecher und Friedensnobelpreisträger Henry Kissinger selig auf Kambodscha und Laos ausgeweitet wurde, ganz zu schweigen. Oder von der Kill List, die Friedensnobelpreisträger Obama wöchentlich abzeichnete und die die Ermordung von angeblichen Terroristen weltweit bedeutete, Kollateralschäden inbegriffen.
Schadenersatz, Reparationen, Verantwortung für die Multimilliardenschäden, die die USA angerichtet haben? Forderung nach der Beschlagnahme von US-Vermögen im Ausland? Jemals davon gehört?
Macht das den völkerrechtswidrigen Überfall auf die Ukraine, unter Bruch bindender internationaler Verträge, besser oder akzeptabel? Natürlich nicht.
Aber es ist erschütternd, wenn man das Gejapse nicht nur bei «Inside Paradeplatz» liest. Inzwischen über 300 Kommentare. Gegenmeinungen sind selbstverständlich erlaubt, aber peinlich ist mal wieder das bodenlos-primitive Niveau der feigen, anonymen Wäffler. Wir sehen das als soziologisches Experiment, müssen dabei die Genialität von Bernays und Le Bon wieder bewundern, die hier vollständig bestätigt werden.
Erziehung, Aufklärung, Verankerung rechtsstaatlicher Grundsätze im allgemeinen Bewusstsein? Fähigkeit zur Differenzierung, Unschuldsvermutung, internationale Regeln, erst kurz nachdenken, dann loskläffen?
Es sind offenbar ewig gültige Prinzipien der Propaganda. Wenn man die richtig anwendet, durch alle Zeiten hinweg, wenn man auf die richtigen Knöpfchen drückt, dann ist der Lack ab und der Neandertaler schwingt die Keule, rast wie ein Berserker gegen alles, was nicht in seine Miniatur-Denkschablonen passt. Und ist sich sicher, dass die ihm geschickt eingeflösste Meinung die einzig richtige sei. Wer Widerworte wagt, kann das nur aus bösartiger Absicht, als bezahlter Söldner des Kreml tun.
Interessant ist auch, dass durch Propaganda bewirkt wird, dass kein Diskurs mehr möglich ist, kein Meinungsaustausch zwecks Erkenntnisgewinn. Denn ZACKBUM unterscheidet von diesen Primitivlingen schon mal, dass wir überhaupt nicht sicher sind, ob unsere Ansicht die einzig richtige sei. Wir sind jederzeit bereit, uns belehren zu lassen, denn nur so kommt man doch voran.
Wer aber – mangels Argumente – sich nicht anders zu helfen weiss, als zu Verbalinjurien zu greifen, eine gekaufte Meinung zu unterstellen, jeden, der aus dem Mainstream ausbricht, als willigen Helfer Putins zu denunzieren (wie sich der Auslandchef ohne Ausland von Tamedia Münger nicht entblödet, das Sahra Wagenknecht und Roger Köppel vorzuwerfen), der vergiftet die öffentliche Debatte und tritt das in die Tonne, was uns doch angeblich von Unrechtsstaaten wie Russland (oder der Ukraine) unterscheiden sollte. Die Möglichkeit zum kritischen, öffentlichen Dialog.
Erbärmlich ist dabei, dass diese Dummschwätzer nicht einmal merken, dass sie an unserer Gesellschaft auf ihre Art einen mindestens so grossen Schaden wie Russland in der Ukraine anrichten. Nein, hier wird nicht Zerstörung und menschliches Leid verglichen. Hier geht es darum, dass –neben dem Rechtsstaat – der möglichst freie Diskurs unser zweiter, distinktiver Unterschied zu allen mittelalterlichen Unrechtsstaaten der Welt ist. Und beides schwebt in Todesgefahr.
Aber Wagenknecht, Köppel und auch Zeyer dürfen doch ihre Meinung sagen, auch öffentlich? Nun ja, auf welche Kosten und wo? Ist ein Schreibverbot im «Tages-Anzeiger» Ausdruck des Willens zum öffentlichen, konfliktiven Diskurs? Vielleicht kann man an das gute alte Wort der repressiven Toleranz erinnern. Auch hier ist der Westen viel geschickter als der Osten, der dumm und blöd jede aufmüpfige Meinungsäusserung zensiert oder gar drakonisch bestraft.
Aber eine eigene Meinung im Westen, die muss man sich auch leisten können. Wer Lohnabhängiger in der Medienbranche ist, kann sich keine leisten …