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Volles Rohr gegen «Inside Paradeplatz»

Die Credit Suisse hat nichts Besseres zu tun.

Eines der grossen Probleme im aktuellen Elendsjournalismus ist die Verrechtlichung medialer Arbeit. Schon immer versuchten Opfer oder Objekte medialer Aufmerksamkeit, mit dem Gang zum Kadi unliebsame Berichterstattung zu verhindern, zu unterdrücken, zu bestrafen.

Aber in den letzten Jahren ist das endemisch geworden. Einzelne Betroffene versuchen es mit einer Zangenbewegung, einer zivilrechtlichen Klage und einer Strafanzeige. Auch ZACKBUM ist Opfer dieser Unsitte. Die Absicht dahinter ist klar erkennbar. Es geht häufig nicht um die Wiederherstellung von Gerechtigkeit, auch nicht um die Ahndung eines Unrechts. Es geht schlichtweg darum, ein Organ durch die entstehenden Kosten fertigzumachen.

Auch grosse Medienhäuser ducken sich immer häufiger feige weg, wenn mit juristischen Schritten gedroht wird. Der Tamedia-Konzern machte dem Autor dieser Zeilen schon mal anheischig, einen ohne dessen Kenntnis aus dem Netz genommenen Artikel wieder online zu stellen – wenn der kleine Journalist für den grossen Konzern das Prozessrisiko übernehmen würde. Auch das «Tagblatt» aus St. Gallen löschte einen unangreifbar recherchierten Artikel aus dem Netz – ohne dass der Autor vorab darüber informiert worden wäre. Ein reicher in St. Gallen beheimateter Clan hatte einen Büttel auf die Redaktion geschickt, der zum Ausdruck brachte, dass die Sherkatis nicht amüsiert seien. Das reichte.

Wie gross das Prozessrisiko war, bewies dann «Die Ostschweiz». Sie publizierte den unveränderten Artikel aufs Neue – ohne Reaktion der Betroffenen.

Drohungen mit finanziellen Forderungen nehmen heutzutage Überhand. So versucht eine hasserfüllte Kämpferin gegen Hass im Internet schon seit Längerem, den Ringier-Verlag zu einer Gewinnherausgabe zu zwingen, den er angeblich mit Artikeln über sie erzielt habe.

Genau diese Nummer probiert nun auch die grosse Credit Suisse gegen den kleinen Finanzblog «Inside Paradeplatz». Es geht um einen Streitwert von mindestens Fr. 300’000.- und die Herausgabe des Gewinns, den Lukas Hässig mit seiner unermüdlichen Berichterstattung über die Abwärtsspirale dieser Bank erzielt haben könnte.

Laut seiner Darstellung umfasst die Klageschrift satte 265 Seiten, plus Beilagen. Wie er konservativ ausrechnet, dürfte alleine das Erstellen externe Anwaltskosten von einer Viertelmillion verursacht haben.

Diese «Monster-Klage» richte sich gegen 52 Beiträge auf IP, also alle, die zwischen Ende Juli und Ende Oktober erschienen seien und das Wort CS enthielten. Die Persönlichkeitsrechte der Kläger, also der CS Group, der CS AG und der CS Schweiz AG, seien durch den Autor, durch Gastautoren oder durch Leserkommentare verletzt worden.

Natürlich wird auch Geschäftsschädigung ins Feld geführt, in der Schweiz umständlich als Verstoss gegen das Gesetz über unlauteren Wettbewerb (UWG) abgehandelt. Um die Gewinnherausgabe beziffern zu können, verlangt die CS zudem die Gesamtumsätze und die «Umsatzrendite», also einen vollständigen Einblick in die finanziellen Verhältnisse von IP.

Präventiv singt die CS zunächst das hohe Lied der Pressefreiheit, wie IP zitiert: «Die Klägerinnen sind dezidiert für die freie Presse und anerkennen die Medien als vierte Gewalt im Staat.» Dann kommt das dicke Aber: «Die Führungsequipe und damit die Klägerinnen werden der Lächerlichkeit preisgegeben, mit Beleidigungen überzogen und blossgestellt, und die Bankengruppe wird verächtlich gemacht, ja schlichtweg totgeschrieben, Kunden und Mitarbeiter werden gar aktiv zum Verlassen der Bank animiert.»

Damit will die Bankengruppe den aufmüpfigen Finanzblog totklagen. Als ob IP für den Niedergang der CS ursächlich verantwortlich wäre. Seit über 10 Jahren betreibt Hässig seine Plattform und hat in dieser Zeit eine beeindruckende Menge von Primeurs gesammelt. Unvergessen die Aufdeckung der Millionenabfindung für Vasella, einzig und allein dafür, dass der nicht bei einer anderen Pharma-Bude anheure. Dann der Skandal um den Starbanker Pierin Vincenz, den Hässig sozusagen im Alleingang zu Fall brachte, während die anderen Wirtschaftsmedien lange Zeit mit offenem Mund zuschauten. Dafür wurde Hässig zu recht als «Journalist des Jahres» ausgezeichnet, als dieser Preis noch etwas bedeutete.

Es ist richtig, dass Hässig in vielen seiner Artikel an die Grenzen des Erlaubten schreibt, das Wort Borderline-Journalismus fällt einem ein. Es ist auch richtig, dass sich frustrierte Banker unter Pseudonym in den Kommentaren austoben, dass es eine Unart hat. Leider ist der Betreiber einer Plattform – wenn es kein Social Media wie Facebook ist – auch für den Inhalt der Kommentare haftbar.

Einerseits ist es verständlich, dass es der CS mal den Nuggi herausgehauen hat, der von der UBS eingewechselte juristische Mastermind Markus Diethelm ist der wohl beste Legal Council, über den der Finanzplatz Schweiz verfügt. Auf der anderen Seite müsste man meinen, dass eine Bank, die in der gleichen Zeit, die ihre Klage bestreicht, nochmals 45 Prozent ihres Aktienwerts verlor und sich zeitweise auf dem Weg zum Billigpapier von unter drei Franken befand (von einmal über 90 Franken!), eine Bank, die von einem Skandal zur nächsten Bussenzahlung und zum nächsten Milliardenverlust wankt, eine Bank, die mit Asset-Abflüssen im Multimilliardenbereich zu kämpfen hat, eine Bank, deren Führungscrew nicht zu erkennen gibt, wie sie aus dieser Abwärtsspirale herausfinden will, eine Bank, bei der eigentlich nur noch die Boni üppig fliessen, dass eine solche Bank Wichtigeres zu tun hätte als ihren Frust an einem Finanzblog auszulassen.

Aber vielleicht ist das genau das Problem. Wenn’s im Grossen harzt und knarzt, wenn die Bank ständig mediale Prügel von grossen Finanzblättern wie der «Financial Times» oder dem «Wall Street Journal» einstecken muss, dann kommt sie auf die Idee, ihr Mütchen an einem kleinen Player zu kühlen.

Das hilft der CS in keiner Art und Weise aus der Krise. Viel Hirnschmalz, interne Ressourcen und die Dienste einer Grosskanzlei zu bemühen, um akkurat Dutzende von angeblichen Regelverstössen aufzuführen, das ist schlichtweg schäbig. Ärmlich. Und noch einiges mehr, was hier nicht formuliert werden kann, weil ZACKBUM nicht das Schicksal von IP teilen möchte.

Nicht nur, weil René Zeyer immer mal wieder (auch über die CS) auf IP schreibt, seien auch ZACKBUM-Leser dazu aufgefordert, kräftig auf das Konto zu spenden, das Hässig sicherlich demnächst veröffentlichen wird. Hier machen Spenden, im Gegensatz zu linken Furzprojekten, wirklich Sinn. Dass zumindest einzelne Kommentatoren mindestens die Grenzen des guten Geschmacks weit hinter sich gelassen haben – und dass Hässig ihnen eine Plattform bietet –, ist leider unbestreitbar.

Sollte es aber der CS gelingen, diese Perle der Wirtschaftsberichterstattung mundtot zu machen, wäre die Medienlandschaft der Schweiz deutlich ärmer und die Wirtschaftsberichterstattung noch lausiger, als sie es ohnehin schon ist.

 

Keule Kurzarbeit: falsch abgebogen

Wenn Medien an mehr als einem Staatstropf hängen, wird’s ganz düster.

Mit lautem Gejammer und Gequengel, mit der Verwandlung in sehr obrigkeitshörige Verlautbarungsorgane kassieren die Schweizer Medien immer mehr Staatsknete. In Form von Subventionierung – und in Form von Kurzarbeitsunterstützung.

Wieso beispielsweise der Gebührenfunk SRG nebst obligatorischen Abgaben auch noch Kurzarbeitsgelder erhält, gehört zu den befremdlicheren Massnahmen im Kampf gegen die Pandemie. Natürlich bekommen auch die grossen privaten Medienkonzerne Kurzarbeitsgelder.

So mutig sie sonst immer für Transparenz in allen Lebenslagen sind; ausser ZACKBUM hat sich kein anderes Medium gross dafür interessiert, wer wie viel und warum abkassiert. Bei aller Konkurrenz zwischen den überlebenden Vier, weder das Wanner-Imperium, noch Tamedia, weder Ringier noch NZZ haben grosse Lust, auf diesem Gebiet dem anderen an den Karren zu fahren.

Wie geht das mit Kurzarbeit im Journalismus?

Denn gerade im Journalismus ist Kurzarbeit so eine Sache. Das Prinzip ist zwar klar. Wenn ein mit einem Pensum von 40 Wochenstunden angestellter Redaktor auf 80 Prozent Kurzarbeit runtergestuhlt wird, muss er nach 5 Arbeitsstunden den Griffel fallen lassen und nach Hause gehen.

Das mag in der Erbsenzählerei und anderen eher eintönigen Berufen kein Problem darstellen. Wobei natürlich überall die latente Gefahr lauert, dass der Arbeitgeber mit seinem Mitarbeiter eine bilaterale Vereinbarung trifft. Offiziell ist nach 5 Stunden Schluss, inoffiziell wird ganz normal weitergearbeitet. Das ist reiner Beschiss und strafbar. Aber wie nachweisbar?

Im Journalismus kommt noch erschwerend hinzu, dass normalerweise kein Stückgut abgeliefert wird. Es ist vielfach unvorhersehbar, wann eine Recherche zum Abschluss kommt. Es ist kaum vorstellbar, dass der Redaktor fast am Ziel ist, auf die Uhr schaut und sagt: oh, blöd, bin schon fünf Minuten über meinem Pensum, da geht’s dann erst nächste Woche weiter.

Andererseits ist es in der so klatschsüchtigen Branche fast unmöglich, flächendeckend solche Betrugsmodelle durchzuziehen. Wie genau allerdings die Abgrenzung zwischen erlaubter Arbeitszeit und zumindest einer Grauzone funktioniert, nun ja. Deshalb sind auch die Fälle eher selten, dass ein Medium einem anderen in die Suppe spucken will und es die Konkurrenz mit Missbrauchsvorwürfen attackiert.

Wenn es einen Flop zu landen gilt, ist die «Republik» zur Stelle

Die Ausnahme von der Regel ist natürlich die «Republik». Die pinkelte in einer ihrer grossen «Recherchen» das Newsportal nau.ch an. Das war im Juli 2020, das Verleumdungsportal unterstellte dem ganz nach vorne vorstossenden neuen News-Portal, es habe zu «mutmasslich unerlaubte Handlungen motiviert». Was man halt so schreibt, damit der Hausanwalt zwar mit dem Kopf wackelt, die – Überraschung – nur durch anonyme Denunzianten belegte Behauptung aber durchwinkt. Die «Republik» warf nau.ch vor, dass es seine Mitarbeiter dazu «motivierte», als Komplizen bei einem Beschiss bezüglich Kurzarbeit mitzumachen. Aber, sonst wär’s ja nicht die «Republik», auch dieser «Skandal» implodierte. Verröchelte. Wie immer erwiesen sich die Behauptungen ehemaliger Mitarbeiter, die nicht friedlich geschieden waren, als völlig haltlos. Wieso es den Verlegern der «Republik» noch nicht aufgefallen ist, dass bis heute alle, ausnahmslos alle dieser «Skandale» implodierten? Niemals mehr als ein weiterer verzweifelter Versuch waren, nach Aufmerksamkeit zu gieren, um dann auf das schnelle Vergessen zu hoffen?

Jetzt auch noch «Inside Paradeplatz»?

Überraschenderweise macht neuerdings auch «Inside Paradeplatz» bei diesem Dreckwerfen mit. Ein noch nie in Erscheinung getretener Lukas Elser, Redaktor bei den «Zürcher Oberland Medien», packt den Zweihänder gegen «20 Minuten» aus:

«Die Medienriesen machen gerne die Hand auf, wenn es um staatliche Subventionen geht. Dabei ist zweifelhaft, ob man sich in Sachen Kurzarbeit korrekt verhält.»

Eher peinlich ist dann, dass Elser nicht so sicher ist, mit welcher Prozentzahl da Aktionariat wann einer Dividendenausschüttung zugestimmt habe. Schon kurz nach Publikation dieses Sammelsuriums von Behauptungen, Unterstellungen und Andeutungen musste IP nach kräftigem Räuspern des Geschäftsführeres von «20 Minuten» recht Federn lassen und die meisten der Behauptungen abtemperieren, korrigieren oder windelweich umformulieren.

In schlechtester «Republik»-Manier arbeitet auch Elser mit einem «Insider»: «Die erlaubte Arbeitszeit wurde regelmässig überschritten. Zahlreiche Teams arbeiteten deutlich mehr, teilweise 100 Prozent oder sogar darüber, weil Corona Stoff zuhauf lieferte», behauptet der. Was halt eine anonyme Quelle so plappert. Nicht nachprüfbar, aber mal rufschädigend. In solchen Fällen könnte es ungemein helfen, einen Verantwortlichen um Stellung zu bitten. Das unterlässt der wohl noch die Grundlagen des Artikelschreibens üben müssende Redaktor wohlweisslich. Er gibt Marcel Kohler zwar Gelegenheit, ein dem in den Mund gelegtes Quote zu bestreiten.

Thesenjournalismus mit Scheuklappen

Aber der Geschäftsführer von «20 Minuten» hätte sicher auch gerne einiges Weitere richtiggestellt – wenn das dem Thesenjournalismus von Elser nicht um Wege gestanden wäre. Deshalb geben wir Kohler hier gerne Gelegenheit, auf unsere Fragen zu replizieren.

«Der Artikel, der heute auf Inside Paradeplatz publiziert wurde, enthält offensichtliche Fehler.

Im Jahr 2020 (April bis Dezember) hat das Unternehmen insgesamt, also Verlag und Redaktion zusammen, rund 20 Prozent Kurzarbeitsentschädigung bezogen. Die Redaktion lag durchschnittlich deutlich tiefer, weil es aufgrund von Corona ein hohes Informationsbedürfnis bei unseren Nutzer*innen gab. Die Kurzarbeit wurde gestaffelt organisiert, dh. es gab einen prozentual höheren Anteil Kurzarbeit im Verlag sowie bei den Ressorts, bei denen es aufgrund der Corona-Massnahmen weniger zu berichten gab, wie beispielsweise den Lokalressorts oder bei der Eventberichterstattung. Während der ganzen Phase der Kurzarbeit hat 20 Minuten den Lohn aller Mitarbeitenden auf 100 Prozent ausgeglichen.»

Damit wäre der Mist geführt. Es kommt noch hinzu, dass es sicherlich nicht gelungen wäre, flächendeckend bei der Kurzarbeit zu bescheissen. Der nächste im Unfrieden gegangene Redaktor würde dann das Gleiche herumtrompeten wie dieser anonyme Denunziant. Nur wäre das dann auch belegbar.

Richtig schmutzig wird aber das Geschäft von Elser mit dieser Fiesigkeit: «Als die «Republik» im Sommer über Kurzarbeits-Verletzungen beim Nachrichtenportal Nau.ch berichtet habe, sei bei den Verantwortlichen von 20 Minuten Nervosität ausgebrochen», soll der «Insider» behauptet haben.

Mit Scheuklappen und Untergriffen

Wenn Elser ihn nicht erfunden hat, mag das so sein. Allerdings wäre es redlich gewesen, wenn Elser darauf hingewiesen hätte, dass die «Republik» damals, genau wie Elser, lediglich anonyme Denunziationen kolportiert hatte, keinesfalls über laut Elser «Kurzarbeits-Verletzungen berichtete». Denn es gab sie nicht.

Aber Elser will nicht lockerlassen: «Der Fall von Nau.ch soll derweil vom Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) untersucht worden sein.» Das ist nun wieder echter Schweinejournalismus, leider ausserhalb der «Republik» und auf IP. Der widerliche Gebrauch des Modalverbs «soll», die Behauptung einer Untersuchung, die als Indiz für unrechtmässiges Verhalten dienen soll. Ob sie stattgefunden hat oder nicht, ist nicht bekannt.

Bekannt wäre aber geworden, wenn das Seco tatsächlich auf Missstände gestossen wäre. In einem anständigen Journalismus ginge so etwas nicht. Das ist Schmiere; das ist wie: Ein «Insider» wirft Lukas Hässig vor, dass der beschissen haben soll. Anscheinend habe sogar das Seco eine Untersuchung durchgeführt. Resultat noch offen, aber wo Rauch ist, ist sicher auch Feuer.

Was Elser dazu motiviert hat, diese unbelegten Verleumdungen rauszupusten, der Gerechtigkeit halber noch ergänzt mit einem ähnlichen Anwurf Richtung Ringier? Man weiss es nicht, man will es angesichts dieser kläglichen Leistung auch gar nicht wissen.

Aber lieber Lukas Hässig, lass dir von solchen Tieffliegern nicht das Renommee deiner Plattform beschädigen. Dafür hast du zu lange und zu hart gearbeitet.