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Kopieren geht über studieren

Die Obduktion von Fundstücken: Tamedia bereitet das Waffenarsenal der Taliban «infografisch auf». Todesursache: copy/paste.

Das wünscht man sich doch von einem Qualitätsmedium wie den Kopfblättern aus dem Hause Tamedia. Eine qualifizierte Antwort auf die Frage, welches Waffenarsenal den Taliban eigentlich in die Hände gefallen ist.

Da wird geliefert:

 

«Ein unfassbares Waffenarsenal haben die Taliban ergattert. Der Überblick in Zahlen und Typen – infografisch aufbereitet.»

Endlich einmal spielt Tamedia die Power einer Zentralredaktion mit eigener Infografik, Fachkompetenz, harter Recherche, weltweite Analyse, voll aus. Wer vorher daran zweifelte, dass über 700 Franken Abokosten sinnvoll investiertes Geld sind: hier wird er vom Gegenteil überzeugt.

Diese Aufstellungen gibt’s nur bei Tamedia:

Als Quelle wird der «US-Rechnungshof» angegeben.

Echt jetzt?

Diese Aufstellungen gibt es fast überall im Internet, bereitgestellt von wirklichen Qualitätsmedien. Die ganze Kunst von Tamedia besteht in einem copy/paste. Ach ja, natürlich und der Übersetzung auf Deutsch, darf man nicht vergessen.

Eigenleistung? Null. Recherche? Null. Aufwand: was es halt beim Kopieren so braucht. Aber die Infografik? Ach, diese Infografik:

Das Original aus der «Times».

Die Kopie, «aufbereitet», bei Tamedia.

Zusatznutzen? Null. Schon erschöpft durch diese Riesenaktion kam die Redaktion nicht mal auf die naheliegende Idee, das Waffenarsenal der Taliban mit dem der Schweizer Armee zu vergleichen. Einfach, damit der Leser eine Ahnung hat, ob das viel oder wenig ist, was den Taliban in die Hände fiel.

Wie viel Radschützenpanzer hat denn im Vergleich das Heer der Eidgenossen? Also das Teil, das ungefähr dem Taliban-M1 117 entspricht?

Ganze 924 Stück. Wunderbar, die Gotteskrieger haben maximal 634.

Und wie viele gepanzerte Jeeps hat denn die Eidgenossenstreitkraft? Was dem Taliban sein Humvee ist, ist dem Schweizer sein Mowag Eagle. Kostet schlappe 500’000 Euro pro Stück, daher verfügt die beste Armee der Welt (unsere) über 329 Exemplare.

Die religiösen Wahnsinnigen haben hingegen bis zu 22’000 Stück. Au weia. Ihre Eliteeinheiten laufen übrigens auch nicht mehr in Sandalen und mit einer Kalaschnikow bewaffnet rum:

Vielleicht würden ja 700 Franken Abokosten Sinn machen, wenn die geballte Fachkraft von Tamedia, so neben dem Kampf gegen Sexismus und der Betrachtung des eigenen Bauchnabels, auch mal auf solche Vergleiche käme.

Ist keine Riesenarbeit, tut nicht weh, macht aber den Waffenschrank der Taliban viel nachvollziehbarer.

Aber wozu auch, wer merkt denn schon, dass die müden Fakten und schlappen «Infografiken» schlichtweg kopiert wurden.

Ein Vergleich mit den Beständen der Schweizer Armee? Aber hallo, auf diese Idee muss man erst mal kommen, und dafür ist der Tamedia-Journalist einfach zu schlecht bezahlt. Oder zu dumm. Wir wagen kein endgültiges Urteil.