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Das Dutzend Eier

Die Wahrheit ist konkret. Und heisst Donald Trump.

Der Millionär Trump hat ein besseres Gespür für den Durchschnittsami, den Mister Babbitt, als die meisten demokratischen Parteiführer zusammen.

Die machten Ausflüge ins Wolkenkuckucksheim mit Frauenrechten, Demokratie, Inklusion und all so Zeugs. Dabei beschäftigt den Durchschnittsverdiener (11,24 Dollar die Stunde) die Inflation, die Lebenshaltungskosten viel mehr. Wenn ein Karton mit 12 Eiern 8 Dollar kostet (das Doppelte wie vor Corona), ein Pack Toilettenpapier ebenfalls, dann ist das natürlich dem Intellektuellen in seiner Loft ziemlich wurst.

Auch Kamala Harris verlor nie ein Wort darüber, da das auf sie selbst und ihre Amtszeit als Vizepräsidentin zurückgefallen wäre. Heuchler Trump hingegen, der in den letzten 50 Jahren wohl kaum jemals selbst einkaufen ging, hat wieder einmal gezeigt, dass er ein untrügliches Gespür hat, wo dem Volk der Schuh drückt.

Denn dass die allgemeine Inflationsrate beruhigend niedrig ist, ändert nichts daran, dass Artikel des täglichen Bedarfs deutlich teurer wurden, es vor allem kein Ausweichen auf billigere Produkte mehr gibt.

Trumps Wirtschaftsrezepte (so vorhanden) sind natürlich genauso absurd wie die von Harris. Keiner der beiden Kandidaten verlor auch nur ein Wort über die Staatsschulden von 35 Billionen Dollar, das sind 35’000 Milliarden. Im Vergleich dazu beträgt das BIP Deutschland schlappe 4,5 Billionen US-Dollar.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Staatsverschuldung deutlich am Steigen ist, schon 2012 die Schwelle von 100 Prozent des US-Bruttoinlandprodukts überstieg und zurzeit bei geschätzten 120 Prozent liegt. Da Schulden solange bezahlbar sind, wie es Gläubiger gibt, die auf die Solvenz des Schuldners vertrauen, ist das noch nicht katastrophal.

Beunruhigender ist, dass der Schuldendienst inzwischen 1133 Milliarden Dollar kostet, das sind 17 Prozent der gesamten Bundesausgaben. Zurzeit zahlen die USA im Schnitt 3,35 Prozent Zinsen, Tendenz steigend.

Aber das sind Gebiete, die beide Präsidentschaftskandidaten weiträumig umfuhren, denn sie machten natürlich beide völlig unrealistische Versprechungen, um Wähler zu gewinnen – ohne Rücksicht auf neue Schuldenberge. Darin stand Harris Trump nicht nach. Aber seit dem berühmten Ausspruch von Hillary Clinton, dass die Hälfte der Unterstützer von Trump ein «basket of deplorables» (ein Korb voller Kläglichen oder Bedauernswerten) sei, ist offenkundig, dass diese Partei (und ihre führenden Intellektuellen) ein ernsthaftes Problem mit der Realität haben.

Dagegen kann Trump, trotz seinem geschmacklosen Hang zu goldüberkrustetem Protz, trotz Trump-Jet, Golfplatz und die Geschmacksverirrung Mar-a-Lago, so tun, als sei er volkstümlich. Eigentlich ist es lachhaft, wenn er in weissem Hemd samt Krawatte im McDonald’s eine Tüte Fries abfüllt. Aber «he’s one of us», dieses Gefühl zu vermitteln, das ist in den USA entscheidend.

Als wahrer Basket of Deplorables haben sich einmal mehr die deutschsprachigen Journalisten erwiesen. Zitieren wir stellvertretend für fast alle einen Quatschkopf von Tamedia:

«Am 5. November wird zum ersten Mal in der Geschichte der Vereinigten Staaten eine Frau zur Präsidentin gewählt. Oder ein Faschist.»

Was sich der Dummschwätzer noch wenige Tage vor der Wahl nicht vorstellen konnte (oder wollte): nun regiert also in den USA ein Faschist. Und was heisst das? Wird eine Bevölkerungsgruppe, eine Ethnie, eine Rasse nun in Konzentrationslager gesperrt, gar vernichtet? Verwandelt sich die US-Demokratie in eine Autokratie, eine Diktatur gar? Besteht der Unterschied zwischen dem amerikanischen und dem russischen Präsidenten nur mehr in der Körpergrösse?

Für all das gibt es nur einen guten amerikanischen Ausdruck: what a crap. Oder noch besser: what a bullshit.

Noch schlimmer ist aber: sollte Trump tatsächlich einen Riesenscheiss (Pardon) anstellen, dann hat die Journaille bereits alle Schimpfwörter, alle Klagewörter, alle negativen Ausdrücke, aller Superlative verballert. Und wird wahrscheinlich sprachlos dastehen.

Was aber ein Segen wäre im Vergleich zu all dem Schrott, der seit dem Rückzug von Joe Biden geschrieben, gesagt und gefilmt wurde.

Auch dafür gibt es schöne amerikanische Ausdrücke. Get over it. Noch besser: get a life. Aber was sollen Journalisten denn machen, würden sie aus ihrer Gesinnungsblase fallen, wo sie schön wohlig unter Luftabschluss vor sich hinfaulen? Sie würden im kalten Hauch der Wirklichkeit elendiglich anfangen zu bibbern, mit den Zähnen zu klappern und zu heulen. Und das wäre auch kein schöner Anblick.

Journalisten? Vogel Strauss ist ihr Wappentier. Wolkenschieber mit wichtiger Miene, erfüllt von einer Mission. Wünsche sind wichtiger als Wirklichkeit. Sie wollen die Welt retten, dafür heben sie ins Fantasialand ab. Nun werden sie wieder kurz japsen – und dann den Amis erklären, wie doof die mehrheitlich sind.

Dabei ist die wahre Tragödie doch: die angeblich grösste Demokratie der Welt hat nur diese beiden Kandidaten für das höchste Amt des mächtigsten Mannes der Welt zu bieten?

Nach einer Wahlnacht-Berichterstattung, die eigentlich nur aus einer schwindenden Hoffnung bestand, jämmerlich.

Weil es ZACKBUM schon früh sagte, darf es hier wiederholt werden: man tritt nicht ungestraft mit einem immer seniler werdenden Kandidaten an, weil man der Vizepräsidentin nichts zutraut – um ihn dann im letzten Moment durch sie zu ersetzen. Die einfache Wahrheit ist: Trump hat nicht gegen Harris, sondern wegen Harris gewonnen.

Das KOF ist doof

Der «Blick» liebt die Lachnummer Jan-Egbert Sturm.

ZACKBUM musste sich schon mehrfach mit dem Meister der Fehlprognose befassen:

Herausragend in diesem Business ist die «Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich» (KOF). Deren Direktor Jan-Egbert Sturm gehört zu den Expertenlieblingen des Fachblatts «Blick». Der ist aber der Sturmvogel der verhauenen Prognosen, so musste er vor Kurzem eine doofe Konjunkturprognose um fast 5 Prozent korrigieren, schrieben wir im Juni 2022

Auch als Virologe machte er sich einen Namen, als er 2020 auch auf diesem Gebiet mit schrägen Aussagen auffiel.

Nun möchte aber der «Blick» seine Leser weiterhin mit schrägen Nummern von Sturm bespassen; immerhin geschützt durch die Bezahlschranke «Blick+». Das soll wohl in diesem Fall eine Vergnügungssteuer sein, die der Leser zu entrichten hat, bevor er Weisheiten wie dieser teilhaftig wird:

««Wir sind pessimistischer geworden, aber es gäbe durchaus auch Grund zu einem gewissen Optimismus», erklärt der Leiter der Konjunkturforschungsstelle KOF der ETH Zürich.»

Ohä. Pessimistisch gesehen regnet es morgen aber es gibt auch Anlass zum Optimismus, dass es das nicht tut.

Putzig ist allerdings die «KOF Prognosetagung 2024», die immer noch auf der Webseite («jetzt anmelden!») angepriesen wird. Zu den «Chancen und Grenzen von Prognosen» ist hier dem KOF etwas Originelles eingefallen. Denn wenn eine Tagung vom 25. September am 26. Anmeldungen entgegennehmen will, dann sei die Prognose gewagt: Publikumsverarsche.

Im wilden Einerseits-andererseits-aber-dann-doch-nicht-oder-schon wagt Sturm im «Blick» einen seiner berüchtigten Blicke in die Glaskugel:

«Eigentlich müssten wir jetzt einen Boom sehen, bestenfalls erreichen wir eine gewisse Normalisierung der Wachstumsraten», dämpft Sturm etwas die Erwartungen. Die KOF hat ihre Prognosen deshalb leicht nach unten korrigiert: In diesem Jahr wird die Schweizer Wirtschaft mit 1,1 Prozent wachsen, 2025 mit 1,6 Prozent und 2026 mit 1,7 Prozent.»

Ohä. Boom oder Normalisierung, leichte Korrektur nach unten, damit Raum für eine leichte Korrektur nach oben bleibt. Dann aber ein klares Wort, denn Sturm weiss als alter Medienprofi, dass der Journalist an den Fingernägeln knabbert, wenn’s kein knackiges Quote für den Titel gibt. Aber Christian Kolbe vom «Blick» konnte aufatmen: «Die Inflation in der Schweiz ist besiegt», verkündet Sturm wagemutig.

Das würde ja dann wohl bedeuten, dass die SNB den Leitzins weiter senken dürfte. Allerdings muss Sturm da auch ein «schon, aber, wenn nicht, wobei» hinzufügen: «Die SNB sollte sich noch etwas Pulver aufbewahren, sollte es doch zu einer grossen Krise der Weltwirtschaft kommen, wovon ich aber derzeit nicht ausgehe.»

Ohä. Also Pulver trockenhalten, falls es zu einer grossen Krise kommt. Aber die kommt dann doch nicht, zumindest nicht «derzeit». Sonst aber jederzeit.

Aber wieso immer Trübsal blasen, ein aufmunterndes Wort zum Schluss: «Weil die Löhne in der Schweiz steigen, die Teuerung aber tief ist, bleibt vielen real mehr Geld im Portemonnaie. Was wiederum gut für die Konsumentenstimmung und damit den Binnenkonsum ist. Einzig der Arbeitsmarkt muss uns etwas Sorge machen: «Der Aufbau neuer Stellen wird abflachen, die Arbeitslosenquote leicht ansteigen», giesst Sturm dann doch wieder einen Wermutstropfen in den Kelch der frohen Botschaft.

ZACKBUM versucht, die Aussagen des Orakels zusammenzufassen. Trotz zunehmendem Pessimismus gebe es Grund für Optimismus. Trotz Boom müssen die Prognosen der Wachstumsraten leicht nach unten korrigiert werden, aber die Inflation ist tot. Was aber die SNB nicht zu feuchtem Pulver verleiten sollte.

Das ist mal eine Leitlinie, nach der sich sowohl der Laie wie auch der Unternehmer richten kann. Da lohnt es sich doch, dass am KOF vollamtlich in 52 Sessel gefurzt wird. Man versuche allerdings mal, das Jahresbudget dieser ETH-Veranstaltung in Zahlen zu fassen. Viel Spass dabei.

Auf jeden Fall: unabhängig davon, wie viele Steuergelder hier verbraten werden, wie viele Fremdgelder eingeworben werden: wenn dieses Geschwafel der Gegenwert dafür sein soll, ist eigentlich jeder Franken rausgeschmissenes Geld.

ZACKBUM macht sich anheischig, solche Prognosen zu jeder beliebigen Zeit abzugeben, sagen wir für ein bescheidenes Honorar, all in, von jährlich 100’000 Franken. Absoluter Discount, das lohnt sich schon mal. Unsere erste Prognose mit 100 Prozent Eintrittswahrscheinlichkeit.

Ansonsten bieten wir diese Standardantwort für alle Lebenslagen. Wir  präsentieren hier den Setzkasten der Textbausteine, die jedes Medium, jeder Empfänger der frohen Botschaft nach Belieben zusammensetzen darf:

Durchaus gedämpft optimistisch, weitere Eintrübung, leichte Aufhellung, unsichere Zukunft, Insel Schweiz, abhängig vom Export, einerseits, andererseits, weiterhin, wenn nicht, unter Voraussetzung, dass, sollte die Entwicklung weiterhin, Wachstum von 1, von 1,1, von 1,2, von 1,3, von 1,4, von 1,5, von 1,6, von 1,7. Inflation zieht leicht an, wenn sie nicht abflacht. Oder umgekehrt. Und auf jeden Fall: aus heutiger Sicht, derzeit, auf absehbare Zeit, falls kontinuierlich, wenn nicht disruptiv, sollte Resilienz, Blabla, Blüblü.

Ad nauseam, um hier gelahrt zu lateinern.

Inflationäres Geschwafel

Teuerung ist ein Thema für Kristallkugel-Gucker.

Lange Zeit war sie weg, dann war sie plötzlich wieder da: die Inflation. Die Teuerung. Die echte und die gefühlte. Die ansteigende, gar die galoppierende. Und damit natürlich die Inflationsangst. Wenn neben der Ukraine und anderen Aufregern noch Platz war, äusserte sich die Journaille dazu ausführlich.

Steigende Konsumentenpreise, steigende Hypothekarzinsen, steigende Mieten, weniger stark steigende Löhne und Zinsen auf Geldanlagen. Wo soll das alles enden, wo geht’s hin, wie geht’s weiter? Droht der Weltuntergang, wird die Inflation auch in der Schweiz zweistellig, wie wirkt sich das auf die Konjunktur aus? Was tun? Welche Art von Hypothek wählen? Lang, kurz, Saron? Wohin mit dem Ersparten? Aktien? Bitcoins? ETF?

Nun ist es so, dass der durchschnittliche Wirtschaftsjournalist bis heute nicht in der Lage ist, in die Zukunft zu schauen. War er noch nie, daher wollen wir es Tamedia ersparen, die rund 150 Treffer zum Begriff «steigende Teuerung» seit einem Jahr durchzugehen. Wir haben schon genug über den «Blick» gelacht.

Aber so sicher wie das Amen in der Kirche ist ein solcher Artikel:

Das könnte daran liegen, dass es bei künftigen Entwicklungen eines Indizes nur drei Möglichkeiten gibt. Er steigt, er sinkt – oder er bleibt unverändert. Ach ja, oder die Erde explodiert, aber dann ist alles egal. Nun könnte man meinen, dass angesichts dieser Verteilung ungefähr gleich viele Ökonomen auf die eine wie auf die andere Entwicklung setzen.

Das ist aber falsch. Interessanterweise gibt es immer eine Mehrheit von solchen Zukunftsguckern, angeführt von der «Konjunkturforschungsstelle KOF» der ETH, die auf das falsche Pferd setzen. Sie prognostizieren mit wissenschaftlicher Überlegenheit, dass beispielsweise die Inflation sinken wird. Während sie dann steigt. Oder umgekehrt. Das Gleiche natürlich auch bei der Konjunkturprognose. Nach der Prognose ist vor der Korrektur der Prognose. Grund: Na, du laienhaftes Dummerchen, das Unvorhersehbare hat mal wieder zugeschlagen.

Nun erklärt Simon Schmid vom «Tages-Anzeiger» recht launig, «warum so viele Ökonomen falsch lagen», was Prognosen über die weitere Entwicklung der Inflation betrifft. Das ist lustig zu lesen; noch lustiger wäre es, wenn er Beispiele aus dem Schaffen seines eigenen Hauses wählen würde. Weniger lustig ist, dass er den eigentlichen Grund für das zunehmende wilde Gerate der Ökonomen nicht nennt: seit der Finanzkrise eins im Jahre 2008 und der anschliessenden turmhohen Staatsverschuldung, für deren hemmungslose Fortsetzung immer neue Gründe gefunden werden (Eurokrise, Covid, Ukraine, Naher Osten), bewegen wir uns in der Finanzwelt auf nicht kartografiertem Gebiet.

Alle Inflationstheorien, die an der HSG und anderen Kraftorten der vermeintlichen Wirtschaftswissenschaft gelehrt werden, sind für den Papierkorb. Haben mit der geldpolitischen Realität nichts zu tun, aber wenn der Professor seine Vorlesung schon seit zwanzig Jahren so hält, will er sich dadurch doch nicht Arbeit aufhalsen.

Daher kommt Schmid am Schluss seiner Ausführungen zur erschütternden Erkenntnis: «Die Geschichte wiederholt sich, trotz aller Warnungen inflationsfürchtender Experten, nicht.»

Nun überlässt es aber der geballte Sachverstand der Wirtschaftsredaktion von Tamedia der SDA, folgendes Phänomen zu schildern: «Festhypotheken sinken auf neues Tief». So was. Das führt natürlich zur drängenden Frage: wie geht’s damit weiter? Darauf hat selbst die SDA nur eine etwas unbefriedigende Antwort: «Wie es 2024 weitergeht, hängt allerdings von vielen Faktoren ab.» Immerhin, ZACKBUM dachte, das hängt einzig und alleine von der Schneehöhe in Andermatt und dem Profil von Winterreifen ab.

Angesichts dieser erschütternden Erkenntnis, die eigentlich einen Wirtschaftsnobelpreis verdient, serviert die SDA eine grosse Portion Geeiertes. Wir lassen es bei einem Mütterchen bewenden:

«Beim Ausblick tut sich Moneyland etwas schwer, denn es gebe viele Faktoren, die die Zinsentscheidung der Schweizer Nationalbank beeinflussen. Daher bestünden grosse Unsicherheiten. Sollte beispielsweise die Konjunktur wider Erwarten deutlich schwächeln, könnte die SNB zu früheren Leitzinssenkungen gezwungen werden. Andererseits seien unerwartete Inflationsschübe mit einer nötigen Straffung der Geldpolitik ebenfalls nicht unmöglich.»

Da war selbst Paul, die Krake, zukunftssicherer und sagte sämtliche Ergebnisse der Fussball-WM für Deutschland richtig voraus.

In diesem «einerseits, andererseits, wobei, wenn nicht, falls, oder doch» setzt der Schluss dann doch noch einen humoristischen Akzent. Aber nur für den Leser, dem die weitere Entwicklung der Inflation eigentlich egal ist:

«Obwohl sich die Inflationsraten in der Schweiz nun schon den sechsten Monat in Folge deutlich unterhalb der von der SNB anvisierten 2-Prozent-Obergrenze befänden, beobachteten die Währungshüter die Entwicklung der Inflation. Es bestünden neben geopolitischen Unsicherheiten weitere Kostentreiber wie etwa Mietzinserhöhungen und Strompreise.»

Das Beobachten des Beobachters beim Beobachten. Könnte fast ein Titel von Handke sein, aber der ist nicht Ökonom, sondern Schriftsteller.

 

Und der Gewinner ist …

… die «SonntagsZeitung». Dümmster Titel ever.

Headlines sind Zuspitzungen. Sie heissen auf Englisch auch noch «Barker», Beller. Sie sollen den Leser anbellen, damit er hinguckt und sich in den Artikel verbeisst. So weit, so gut.

Nun ist aber Chefökonom und Chefredaktor Arthur Rutishauser am Gerät, wie er mit seinem Editorial beweist. Dennoch lässt er einen solchen Titel durchgehen, mit dem jeder Anfänger aus dem Raum gelacht werden würde.

Armin Müller versucht sich im Text dann an einer Rettung: «Doch wenn die Teuerungsrate sinkt, heisst das nicht, dass die Preise sinken – sondern bloss, dass sie weniger schnell steigen.» Um den Wirrwarr zu vervollständigen, versucht er sich dann noch an einer originellen Definition des Unterschieds zwischen gefühlter und gemessener Inflation: «Dass die gefühlte Inflation nicht der gemessenen entspricht, liegt daran, dass die Teuerung längst nicht bei allen Löhnen ausgeglichen wurde.» Hä?

Vielleicht mal eine kurze Faktenbasis: nach offiziellen Zahlen stiegen die Konsumentenpreise im September in der Schweiz um 1,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat; sie sanken im Vergleich zum Vormonat um 0,1 Prozent. Sagt der Landesindex (LIK).

Die «gefühlten Preise» seien hingegen um 0,2 Prozent im Monatsvergleich angestiegen, aber daran ist die Konjunkturforschungsstelle der ETH beteiligt, deren Abkürzung KOF gerne mit doof assoziiert wird.

Das ist natürlich noch paradiesisch im Vergleich zur EU, wo Deutschland eine offizielle Inflation von 3,2 Prozent, Ungarn von knapp 10 Prozent ausweist.

Das Schlamassel hat mit der Messung der Inflationsrate zu tun, die mittels eines untauglichen Warenkorbs berechnet wird, in dem wichtige Preistreiber wie Versicherungsprämien oder Geldzinsen gar nicht enthalten sind. Es hat auch damit zu tun, dass diese Raten meistens im Vergleich zum Vorjahr ausgewiesen werden. Wurde damals vieles viel teurer, kann sie sinken, obwohl heuer vieles immer noch teurer wird. Vor allem natürlich Energie; Gas plus 77 Prozent, Heizöl 70, Strom 30 Prozent. So viel Solidarität mit der Ukraine muss halt sein.

Ganz allgemein sind in der Eurozone Güter des täglichen Bedarfs wie Nahrungsmittel ein sattes Viertel teurer geworden als im Vorjahr. Entsprechend mies ist die Stimmung der Konsumenten. Das nennt man nämlich Kaufkraftverlust; gekniffen sind weiterhin die Sparer, die inzwischen mageren Zinsen gleichen die Inflation nicht aus.

So viel zum Cover.

Lustig ist hingegen, dass Chefredaktor Rutishauser seiner Oberchefredaktorin Birrer widerspricht: Während die für eine völlig unrealistische Neuverteilung der sieben Sitze plädiert, will Rutishauser dem Leser eine Erhöhung auf 9 Bundesräte schmackhaft machen. Nochmal peinlich für Birrer: seine Argumentation hat Hand und Fuss und macht Sinn. Ob das allerdings seine Arbeitsplatzsicherheit erhöht? Denn auch im Journalismus gilt eine alte Indianerregel: der Häuptling singt immer am schönsten. So nebenbei: verdammte Machos, die edlen Indianer. Denn was ist die weibliche Form von Häuptling, he? How.

Trotz Nebenbemerkungen gegen diese verdammten Ränkespiele und öffentliche Geheimpläne beteiligt sich auch die SoZ daran. Indem sie dem absaufenden SP-Kandidaten Jon Pult im grossen Interview die Chance gibt, sich wählbarer zu machen. Kreidefressen in der Öffentlichkeit, kein schöner Anblick.

Keine spürbare Anhebung des Niveaus passiert dann auf Seite 5: Da «erklärt» ein Neuropsychologe (was es alles gibt), «wie Kinder am besten lernen können». Wie das? Nach, einfach: üben und wiederholen. Wie? Zurück zu Bleistift und Papier. Richtiger, aber völlig unrealistischer Ansatz, da zunächst einmal der ganze Schrott beiseite geräumt werden müsste, den die ewigen Schulreformen, aufgeführt von didaktischen Trockenschwimmern, hinterlassen haben.

Dann eine Hiobsbotschaft für alle Freunde der Alternativenergien: «Für die Solarkraftwerke wird die Zeit knapp». Das ist immerhin die Hälfte der Wahrheit, die andere ist: ihre Leistung wäre nie ausreichend, um die Stromlücke zu stopfen. Dafür (und für eine möglichst CO2-neutrale Energiegewinnung) braucht es AKW, braucht es sicher nicht den Ausstieg aus der Atomenergie. Wann sich das mal bis zur SoZ durchspricht?

Mehr schlechte Nachrichten, aber nur für Männer unter 50: schwere Herzerkrankungen mehren sich. Nun ja, im Rahmen des Konjunktiv-Journalismus, der aus einer Nullmeldung einen Barker machen will. Typisches Hochzwirbeln. «Gefährdet: Männer im besten Alter». Schweissausbruch bei diesen Männern, aber schon der Lead besänftigt. «Kardiologen sind besorgt, … zu schweren Herzkrankheiten führen können»; ach, wenn die Modalverben und der Konjunktiv nicht wären, was würde dann aus dieser Art von Journalismus?

Etwas ernster nehmen muss man den Indikativjournalismus von Michèle Binswanger: «Ärzte schlagen wegen Brustamputationen Alarm – und werden zensiert». Denn immer mehr Minderjährige, im Rahmen des Genderwahnsinns, meinen, im falschen Körper geboren zu sein – und wollen das operativ ändern. Ein Riesengeschäft.

Dann öffnet die SoZ eine Spalte dem deutschen Rechthaber Nicolas Richter von der «Süddeutschen Zeitung». Der weiss nämlich: «Es rächt sich, dass SPD, Grüne und FDP ihre Differenzen nicht gleich zu Beginn ausgeräumt haben.» Es ist immer ein Kreuz mit diesen Politikern, wieso hören sie nie auf sinnvolle Ratschläge von Menschen wie Richter? Die im Nachhinein immer vorher alles besser gewusst haben wollen.

Gibt es noch andere wichtige Probleme der Menschheit? Nun, eines, das vor allem Coleoiden umtreibt: «Darf man Tintenfische noch essen?» Die seien nämlich eigentlich zu intelligent dafür. Was ja Krake Paul bewies, indem er bei der Fussball-WM 2010 alle Spiele mit deutscher Beteiligung richtig vorhersagte. Was bei Schweinen aber kein Schwein interessiert.

Dann die Hiobsmeldung aus China: «8,5 Millionen in finanziellen Schwierigkeiten». Ist das das Ende des Reichs der Mitte? Moment, bei 1,4 Milliarden Einwohnern sind das 0,57 Prozent. Hm.

Dann widmet sich Aleksandra Kedves einem eher schlüpfrigen Thema. Die Generation Z verschiebe «ihr erstes Mal». Aber: «Dafür nehmen Masturbation und Pornografie-Konsum drastisch zu». Dabei weiss man doch, dass beides das Rückenmark schädigt und zu Hirnerweichung führt.

Apropos, die Farbe Weiss ist als Wohntrend schon wieder aschgraue Vergangenheit. Neu, weiss Marianne Kohler Nizamuddin, sind «flauschige Möbel» als «Teddys zum Wohnen» angesagt. Aber Vorsicht beim Ankauf: schon nächste Woche kann die kühle Sachlichkeit drohen.

Dann, das Absackerchen, widmet sich Sebastian Herrmann von der SZ endlich einer Frage, die auch ZACKBUM schon lange umtreibt: «Wieso verzapfen so schlaue Menschen bloss so blödes Zeug?» Endlich einmal die Art von Selbstkritik, die wir bei Journalisten so schmerzlich vermissen. Aber oh je, er handelt nicht etwa seine Kollegen von der Journaille ab, sondern Nobelpreisträger. Thema verfehlt, verschrieben, canceln.

 

 

Nach dem Text der Ton

Für alle, die von Zeyer nicht genug kriegen können.

Nach 1538 eigenen Beiträgen hier auf ZACKBUM (wer’s nicht glaubt: nachzählen!) ist es höchste Zeit, dass die Welt auch mit Mitteilungen von René Zeyer beschallt wird.

Nun ist es leider schon ein Weilchen her, dass Schweizer TV- oder Radiostationen es wagten, solche Beiträge auszustrahlen. Auch wenn es hierzulande Brauch ist, dass Auftritte in der «Arena», bei «Talk kläglich» oder auch bei «Schawinski» gratis sind.

Nun ist es ein mittleres Wunder, dass sich die Welt seither weitergedreht hat, ohne aus dem Takt zu geraten. Aber nun gibt es Abhilfe. Es gibt ein neues Radio, das bereits die Aufmerksamkeit von Recherchierjournalisten auf sich zog. Allerdings fand der eine nicht mal die Büroräumlichkeiten des Internetfunks, der andere zeigte, dass er den Unterschied zwischen Aktien- und Betriebskapital nicht kennt.

Für diese beiden, aber auch für alle anderen, die gerne etwas mehr von Wirtschaft verstehen möchten, gab es am Sonntag eine Premiere.

Tusch und Tralala: die erste Ausgabe von

«Zaster und Desaster: Das Wirtschaftsmagazin mit René Zeyer»

wurde ausgestrahlt. Getextet, gesprochen und musikalisch untermalt von René Zeyer. Gut, das mit der Musik ist gelogen, aber ansonsten werden in der Sendung nur Wahrheiten ausgesprochen. Der erste Premierengast ist der Freiburger Wirtschaftsprofessor Reiner Eichenberger. Das grosse Thema der ersten Ausgabe ist «Inflation».

Natürlich kann man diese Ausgabe nachhören; sie kann gestreamt, gespeichert oder immer wieder abgespielt werden.

Ist das Eigenwerbung? Lässt das jede journalistische Distanz vermissen? Wird hier ungehemmt gelobhudelt, was ansonsten streng kritisiert wird?

Na und?

 

KOF und doof

Prognosen sind so eine Sache.

Die Zukunft kann man so oder so sehen. Das kommt immer darauf an, wann man in die Zukunft schaut.

Herausragend in diesem Business ist die «Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich» (KOF). Deren Direktor Jan-Egbert Sturm gehört zu den Expertenlieblingen des Fachblatts «Blick». Der ist aber der Sturmvogel der verhauenen Prognosen, so musste er vor Kurzem eine doofe Konjunkturprognose um fast 5 Prozent korrigieren.Der ist daher vorsichtshalber zu jedem Thema für ein Einerseits-Andererseits zu haben; so beispielsweise zur Frage, ob der Staat während der Pandemie Konjunkturprogramme auflegen soll. Dazu meinte er im Februar 2021:

«Der Staat soll nicht unnötig Geld ausgeben. Aber die Schweiz kann es sich leisten …» … sinnvoll Geld rauszuhauen. Den schliesslich gäbe es «Teile der Gesellschaft, die das Geld zur Überbrückung brauchen».

Mit einer solchen Aussage kann er eigentlich nicht falsch liegen. Nun begibt es sich aber aktuell, dass wir eine anziehende Inflation haben. Diese Geldentwertung, der Laie ahnt es, war natürlich unvorhersehbar. Entsprechend muss auch hier nachjustiert werden. Also lässt der «Blick» die Nachrichtenagentur SDA über den neusten «KOF Consensus» berichten:

«Die Konjunkturexperten revidierten zudem ihre Inflationsprognose für das laufende Jahr markant nach oben und gehen nun im Mittel von einer Zunahme der Konsumentenpreise im Jahr 2022 von 2,6 Prozent aus (März: +2,0%). Sie halten eine derart hohe Inflation aber für ein vorübergehendes Phänomen. Denn für 2023 wird ein Wert von +1,7 Prozent (März: +1,1%), langfristig von +1,1 Prozent erwartet.»

Die offiziell eingestandene Inflation in den USA und in der EU liegt allerdings bereits um die 8 Prozent; da sie nicht ausreichend mit der Anhebung des Leitzinses bekämpft werden kann, ist eine Mittelfristprognose von 1,1 Prozent Inflation tollkühn.

Wohlgemerkt reicht für solche Zukunftsdeutungen – und ihre ständigen Korrekturen – der geballte Sachverstand von rund 60 Mitarbeitern der KOF nicht aus: «An der Befragung für den KOF Consensus nahmen 18 Ökonominnen und Ökonomen teil

Die Lieblingsbeschäftigung dieser «Ökonominnen und Ökonomen» ist offenbar die ständige Korrektur der eigenen Prognosen. Denn nach der Prognose ist vor der Prognose. Blöd ist nur, dass bei binärem Zukunftssehen eigentlich eine Trefferquote von 50 zu 50 herrscht. Also die kühne Ansage «morgen scheint die Sonne» trifft entweder ein – oder nicht. Diese Koryphäen schaffen es aber, ihre Trefferquote deutlich unter 50 Prozent zu senken. Dazu muss man sicherlich mindestens an der HSG studiert haben.

ZACKBUM begibt sich nun richtig aufs Glatteis und wagt die Prognose: die Inflation wird 2023 garantiert nicht bei 1,7 (oder gar 1,1) Prozent liegen.

Man kann allen Institutionen, für die diese Fachkräfte tätig sind, nur viel Kraft wünschen. Die brauchen das.

 

Mulmiger Sonntag

Verdampfen die Hirne in der Hitze?

Niemand mag eine Kassandra. Das war bei der mythischen Figur so, das ist heute so. Der Sommer ist fast da, das Wetter lockt zum Bade, es darf endlich grilliert werden, die Ferienreise ist gebucht, die Maske weg, die nächste Corona-Welle auch. Also wollen wir uns doch nicht die gute Laune verderben lassen.

Gute Laune ist gut und nötig, ein sehr mulmiges Gefühl in der Magengrube aber auch.

Dieses Gefühl hat seine Ursache nicht in schlechter Verdauung, sondern in guter Analyse. Und die ergibt zwangsläufig, dass wir uns mal wieder einem perfekten Sturm nähern. Mal schauen, ob wir auch so seelenvoll wie George Clooney schauen werden, wenn das Boot untergeht.

Wieso sollte denn das geschehen? Worin besteht denn der perfekte Sturm? Und könnte auch die Schweiz absaufen, denn alles andere interessiert uns – Hand aufs Herz – doch nicht so wirklich?

Bitte, die Bestandteile des perfekten Sturms. Über Jahre hinweg wurde Neugeld geschöpft wie verrückt und wie noch nie zuvor in der Geschichte der Menschheit. Rekordhalter ist unsere Schweizerische Nationalbank (SNB) mit einem Bilanzvolumen von einer runden Billion (1000 Milliarden). Mehr als unser BIP. Diese Geldmenge muss man sich ungefähr so vorstellen:

Denn bislang, seit der Finanzkrise eins von 2008, segelten wir locker über dieses Geldmeer, ohne dass stattfand, was laut angeblichem Sachverstand hätte passieren müssen: Inflation. Rieseninflation. Keine weitere Krise hat das ausgelöst. Aber die Pandemie und die Ukraine haben es nun geschafft: wir haben Inflation.

So über den Daumen gepeilt 8 Prozent, Tendenz steigend. Tendenz rasch steigend. Teil eins des perfekten Sturms.

Normalerweise bekämpft der Staat eine ins Galoppieren geratende Inflation mit ein, zwei bewährten Mitteln. Er wird knausrig, kauft keine Anleihen mehr auf, gibt weniger Geld aus und schraubt vor allem den Leitzins nach oben. Steil nach oben. Anfang 80er-Jahre überschritt der US-Leitzins sogar mal 20 Prozent. Brutal, aber damit kam eine Inflationsrate von über 15 Prozent wieder runter. Das geht heute aber nicht. Teil zwei des perfekten Sturms.

Das geht deswegen nicht, weil vor 40 Jahren die Staatsverschuldung noch eine Kleinigkeit war im Vergleich zu heute. Damals hatten die USA eine läppische Billion Staatsschulden, heute sind es über 20 Billionen, mehr als das BIP der grössten Volkswirtschaft der Welt. Daher profitieren die Staaten von den Nullzinsen und haben sich weiter bis über die Haarspitzen verschuldet. Würde nun der Leitzins entsprechend der Inflation hochgesetzt, also auf mindestens 10 Prozent, würden viele EU-Staaten vor dem Konkursrichter Schlange stehen.

Wenn die Zinsen hochgehen, gehen die Börsen runter – und der Immobilienmarkt knirscht und kracht. Denn viele stolze Hausbesitzer sind das, auch in der Schweiz, nur deswegen, weil die Zinsen nahe null liegen. Natürlich gibt es theoretisch Belastungsregeln und Blabla. Aber im harten Konkurrenzkampf um die Vergabe der Hypotheken wurde das links, rechts, oben und unten umgangen. Teil drei des perfekten Sturms.

Hier türmen sich folgende Wellen aufeinander. Steigt der Zins deutlich, müssen die Hypotheken angepasst werden. Werden sie das, können viele Hausbesitzer das nicht mehr stemmen. Zwangsversteigerung, Welle eins. Dadurch geraten die Immobilienpreise ganz allgemein unter Druck. Nun verlangt die Bank aber Nachschuss, wenn der Hypokredit nicht mehr durch den Verkehrswert der Hütte gedeckt ist. Das können viele Häuslebesitzer nicht, Zwangsversteigerung. Welle zwei. Trotz allem Bemühen bleiben Banken auf faulen Hypotheken sitzen – und geraten selber in Schieflage. Denn eine Bank darf kein negatives Eigenkapital haben. Ist sie in den roten Zahlen, muss sie die Bücher deponieren. Welle drei, Teil vier des perfekten Sturms.

Das hat verheerende Auswirkungen auf alle Schuldner, die Hypotheken bei dieser Bank haben. Sie müssen sich andere Geldinstitute suchen, und die verlangen natürlich ganz andere Eintrittspreise für eine Hypothek. Teil fünf.

Immer noch munter und optimistisch? Na, wir haben noch gar nicht davon geredet, was passieren könnte, wenn die Inflation ausser Kontrolle gerät. Also so galoppiert, dass kein Zaumzeug mehr etwas bewirkt. Wenn der Preis für ein Abendessen am Anfang und am Ende verschieden ist. Wenn Banknoten gleich zum Heizen verwendet werden; das ist billiger, als damit zuerst Kohle zu kaufen. Wenn auf die Banknoten immer längere Reihen von Nullen draufgestempelt werden.

Kann sich der inflationsverschonte Schweizer nur schwer vorstellen? Da sollte er mal einen etwas älteren Deutschen (oder Italiener oder Franzosen oder Spanier) fragen, wie sich das anfühlt.

War’s das? Fast. Gibt es also einen Weltuntergang?

Nein, einen Weltuntergang gibt es ausserhalb der Bibel eigentlich nicht. Ausser, es gibt einen Atomkrieg, aber das ist ein anderes Thema. Was passiert also, wenn die Inflation so richtig in Galoppieren gerät? Da versucht der Staat, so lange wie möglich zuzuschauen und Optimismus zu versprühen. Etwa so:

Aber dann, im psychologisch richtigen Moment, wird der Staat sagen: liebe Gläubiger, liebe Sparer, liebe Rentner, liebe Anwärter von Sozialleistungen wie Pensionen. Es gibt nun leider nur noch zwei Möglichkeiten. Entweder, Euer Geld ist ganz futsch. Währungsreform, Neustart, Schulden weg, Guthaben weg. Kann heilsam sein, für Griechenland wäre es sicher die beste Lösung gewesen.

Oder aber, fährt der Staat fort, wir machen eine sanftere Währungsreform. Wir tauschen im Verhältnis von zwei zu eins in Neugeld um. Wer also 1000 Franken hatte, hat nun noch 500. Ist doch immer noch besser als nix, oder?

Schlimme Aussichten? Aber nein, das ist die bestmögliche aller Lösungen; ein geordneter Schuldenschnitt. Ohne Aufruhr, ohne Zusammenbruch der gesellschaftlichen Ordnung, ohne das Auftauchen eines begabten Rattenfängers, der klar Schuldige benennt und einfache Lösungen anbietet. Oder den Ersatz von Rechtsstaat und Ordnung durch Willkür und Faustrecht.

Denn das, daher das mulmige Gefühl, ist durchaus möglich.

Zinserhöhung! Auf minus 0,25 %!

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) verkündete eine Veränderung beim Leitzins.

Der steigt um ein halbes Prozent. Auf minus 0,25. Versteht das einer?

«Wir haben uns für eine Zinserhöhung von einem halben Prozentpunkt entschieden, weil es inzwischen Anzeichen dafür gibt, dass die Inflation auch auf Waren und Dienstleistungen übergreift, die nicht direkt vom Krieg in der Ukraine und den Pandemiefolgen betroffen sind», erklärte SNB-Präsident Thomas Jordan auf einer Pressekonferenz.

Was heisst das? Zum ersten Mal seit vielen Jahren zieht die SNB die Zinsschraube etwas an. 2015 senkte sie den Leitzins auf – 0,75 Prozent, gleichzeitig mit der Aufhebung des Mindestkurses für den Schweizer Franken gegenüber dem Euro.

Der sogenannte Leitzins wird von der Notenbank in ihrem Währungsraum festgelegt. Er bestimmt, zu welchem Zinssatz sich Geschäftsbanken bei der Nationalbank Geld leihen können. Damit ist er die Stellschraube, die das allgemeine Zinsniveau reguliert.

Die Qualitätsmedien wurden davon auch auf dem falschen Fuss erwischt und trauen sich erst mit ganz, ganz vorsichtigen Kommentaren aus der Deckung: «Damit ist die Zeit der rekordtiefen Zinsen in der Schweiz Geschichte», meint der «Blick». «Expertinnen und Experten ordnen ein», so zieht sich Tamedia aus der Bredouille. CH Media verkneift sich zunächst jeden Kommentar, man könnte ja mangelndes Wissen offenbaren. Die NZZ schlüpft hingegen in ihre Lieblingsrolle: Zensuren verteilen. Diesmal ist sie gnädig; «Zinserhöhung der SNB: richtig und wichtig». «watson» hingegen belässt es, wie viele andere Medien auch, bei einem Zusammenschrieb der Tickermeldungen von SDA und awp. Ziemlich blumig reagiert cash.ch: «Damoklesschwert von SNB-Verkäufen sendet Schockwellen durch den europäischen Anleihemarkt». Ein Schwert sendet Schockwellen? «Finanz und Wirtschaft» lässt es ebenfalls bei einer Meinungsumfrage bewenden: «Stimmen zum SNB-Entscheid». Die «Handelszeitung» schliesslich lässt den Mantel der Geschichte flattern: «Ein Zinsschritt für die Geschichtsbücher».

Aber all diese Qualitätsmedien sind nicht in der Lage, die offenkundigen Hintergründe und Zusammenhänge den Lesern zu erklären.

Eine Veränderung des Leitzinses hat meistens vielfältige Auswirkungen. Normalerweise tauchen die Börsen und festverzinsliche Wertpapiere steigen. Sind die Zinsen in einem Währungsraum höher als in anderen, steigt dessen Attraktivität, konkret werden Franken gekauft, der Kurs steigt.

Eine Erhöhung des Leitzinses bedeutet aber nicht unbedingt, dass nun der Sparer, der Gläubiger mehr Geld verdient an seinen gewährten Krediten. Das hängt nicht nur vom Zinsertrag ab, sondern von dem Ertrag, der nach Abzug der Inflation übrig bleibt. Kassiert der Geldverleiher zum Beispiel 5 Prozent Zinsen, während die Inflation 10 Prozent beträgt, gewinnt er nichts, sondern verliert 5 Prozent.

Zinsen als Steuermechanismus für die Inflation

Noch brutaler ist das im Fall von Negativzinsen. Hier muss der Gläubiger dafür bezahlen, dass er sein Geld verleihen darf, der Schuldner bekommt Geld dafür, dass er einen Kredit aufnimmt. Das ist Zinsen pervers, die Aufhebung der Schwerkraft in der Geldpolitik.

Zinsen haben zudem eine zentrale Bedeutung bei der Steuerung der Inflation. Steigt die Inflation, also die Geldentwertung, deutlich an, dann wird das normalerweise mit einer deutlichen Zinserhöhung bekämpft. Beträgt die Inflation zum Beispiel 5 Prozent, der Zinsertrag 10 Prozent, dann lässt der Gläubiger sein Geld liegen und freut sich über den Ertrag. Ist es umgekehrt, dann ist der Gläubiger versucht, sein Geld so schnell wie möglich beispielsweise mit Konsum auszugeben. Denn wenn er einen Kauf auf morgen verschiebt, kann das Produkt bereits teurer sein, bzw. sein Geld ist weniger wert.

Dadurch wird natürlich die Preisspirale in Bewegung gesetzt, denn das einzige unangefochten gültige Prinzip in der Wirtschaftswelt lautet: bei steigender Nachfrage steigen die Preise.

Man darf sich da auch von zweistelligen Zahlen nicht beunruhigen lassen. In den 80er-Jahren gab es Zeiten, als die Inflation in den USA zweistellig war – und der Leitzins ebenfalls. Damit wurde sie dann wieder auf ein normales Mass von rund 2 Prozent zurückgeführt.

Nun beträgt aber die gefühlte und wohl reale Inflation in der Schweiz bereits über 6 Prozent. Das liegt auch daran, dass im offiziellen Warenkorb, der zur Messung der Inflation benützt wird, bedeutende Kostenfaktoren wie Immobilien oder Versicherungen (Krankenkasse) gar nicht inbegriffen sind.

Damit steht die Schweiz auch nicht alleine da; in der Euro-Zone wie auch in der Dollar-Welt steigt die Inflationsrate. In den USA über 8 Prozent, in einigen EU-Ländern ist sie bereits zweistellig.

Ist also die Anhebung des Leitzinses von – 0,75 auf – 0,25 eine wirksame Massnahme oder ein Tropfen auf den heissen Stein? Die Frage kann sich angesichts der aktuellen Inflation in der Schweiz jeder Laie selbst beantworten.

Wieso kein kräftiger Zinsschritt nach oben?

Was zur interessanten Frage führt, wieso denn die jeweiligen Nationalbanken, also die EZB im Euroraum und das FED im Dollar die Zinsen nicht viel kräftiger heraufsetzt, von der SNB ganz zu schweigen. Ging doch früher auch.

Ging früher, weil damals die Staaten noch nicht bis über beide Ohren oder bis zur Höhe des BIP, also von aller Wertschöpfung eines Jahres, verschuldet waren. Wenn ein Staat für die Neuaufnahme von 100 Milliarden keine oder Pipifax-Zinsen zahlen muss, dann macht er das natürlich mit lockerer Hand; ein Grund findet sich immer. Nach den Finanz- und Eurokrisen, der Griechenland-Krise, der Corona-Krise ist es aktuell die Ukraine-Krise.

Die Schuldendienste insgeamt machen aber bereits heute einen der wichtigsten Posten im Staatshaushalt aus – dabei haben wir faktisch Nullzinsen. Nun stelle man sich vor, was mit einem heute schon am Rande des Bankrotts wankenden Staat passiert, wenn der zur Refinanzierung seiner Schulden neu 2 oder 5 Prozent Zinsen zahlen müsste. Denn dorthin müssten die Leitzinsen mindestens, um die Inflation wirksam zu bekämpfen.

Das geht aber nicht, weil dann Industriestaaten reihenweise Default erklären müssten, weniger vornehm gesagt: Staatsbankrott. Das wäre nicht einmal ein Weltuntergang, denn danach ist der Staat seine Schulden los. Allerdings sind alle Gläubiger, Sparer und Empfänger von Sozialleistungen wie Renten gekniffen.

Und was geht das alles den Leser an? Endlich die ersten warmen Tage, die Sommerferien sind in Reichweite, die Ferien gebucht, und wenn es Skyguide will, hebt der Flieger auch ab. Soll man sich da die Laune verderben lassen?

Börsencrash, galoppierende Inflation, Rezession, sind die Renten noch sicher? Bleibt vom Ersparten noch was übrig? Leider ist die einzig verantwortungsvolle Antwort: unklar. Und lassen Sie sich von Ihrem Bankberater nicht das Gegenteil erzählen.

 

Inflation? Ach ja.

Inflation läuft. Galoppiert sie dann mal?

Daher gibt es immerhin 675 Treffer in der SMD für den Begriff – in den letzten drei Tagen. Fast gleichviel wie über Queen Elizabeth, aber ein Klacks gegen 3550 zu Ukraine. Man muss Prioritäten setzen.

Inflation, das ist in der Geldwirtschaft ungefähr so wichtig wie die Gravitation in der Wirklichkeit. Die Gravitation sorgt dafür, dass nicht alles in der Luft schwebt. Die Inflation sorgt dafür, dass es anständige Zinsen gibt und Geld vernünftig allokiert wird.

Soweit die Theorie. Nun war es aber lange Jahre so, dass es kaum Geldentwertung gab. Zinsen auch nicht. Im Gegenteil, in der Schweiz herrschen bis heute sogenannte Negativzinsen.

Das ist so wie negative Schwerkraft. Schwer vorstellbar, aber real. Zinsen sind normalerweise die Risikoprämie für den Gläubiger. Sie halten den Schuldner vor allzu wildem Gehabe ab, denn er muss geliehenes Geld nicht nur zurückzahlen, sondern auch noch mit Zinseszins.

Bei Negativzinsen ist es umgekehrt. Der Gläubiger zahlt etwas dafür, dass er sein Geld verleihen darf. Soweit schwer verständlich, aber klar.

Inflation oder Geldentwertung heisst, dass im Verhältnis zwischen Geld und Waren oder Dienstleistungen eine Veränderung stattfindet. Teuerung heisst, dass man mit der gleichen Menge Geld weniger kaufen kann. Nun schrumpfen nicht einfach die Geldnoten im Portemonnaie, was kleine Inflationsraten nicht dramatisch spürbar macht.

Die klassische Erklärung für Inflation ist einfach. Wird bei gleichbleibendem Angebot mehr Geld hergestellt, entwertet es sich entsprechend. Platt vereinfacht: ein Ei kostet einen Franken. Nun wird ein zweiter Franken von der staatlichen Notenbank hergestellt, dann kostet das Ei zwei.

Erklärungen funktionieren seit Jahren nicht mehr

Die klassische Erklärung funktioniert spätestens seit der Finanzkrise eins 2008 nicht mehr. Seither haben die Notenbanken Neugeld wie Heu hergestellt und ihre Bilanzen aufgebläht. Rekordhalter ist die Schweizerische Nationalbank (SNB). Ihr Bilanzvolumen ist inzwischen viel grösser als das BIP, also alles, was die Schweiz in einem Jahr an Wertschöpfung betreibt. Dennoch gab es lange Jahre keine nennenswerte Inflation.

Warum? Da murmeln die Geldspezialisten etwas von Umlaufgeschwindigkeit, verschiedenen Geldmengen, inflationäre Wirkung nur im Konsum, Blabla. Man könnte auch einfacher sagen: da wir uns seit Langem in nicht kartografierten Gebieten der Geldwirtschaft bewegen, weiss niemand so genau, wieso es trotz gigantischer Aufblähung der Geldmenge kaum Inflation gab.

Wer davor warnte, dass eine Inflation zur Anhebung des Zinsniveaus führen muss (womit klassischerweise Inflation bekämpft wird), was aber bei über beide Ohren verschuldeten Staaten gar nicht mehr möglich ist, weil die dann ihre Zinsdienste nicht mehr leisten könnten, wurde als Schwarzseher ausgelacht. Geht doch, kein Inflationswölkchen am Horizont zu sehen, geniessen wir den Sonnenschein.

Negativzinsen for ever, Inflation ist nicht mehr im Angebot, kein Problem. Das hat sich in den letzten Wochen und Monaten dramatisch geändert. Man muss noch ergänzend hinzufügen, dass die Messung der Inflation eine sehr fragwürdige Sache ist. Dafür wird nämlich ein sogenannter Warenkorb zu Hilfe genommen, der weder in den Proportionen noch in seinem Umfang der Wirklichkeit nahe kommt. So sind zum Beispiel Immobilienpreise oder Versicherungen (Krankenkasse!) nicht enthalten.

Wie steht’s mit der Inflation aktuell?

Daher spricht man neben der offiziell gemessenen auch noch von der gefühlten Inflation. Aber bleiben wir bei den offiziellen Zahlen. Bei den Verbraucherpreisen beträgt die in den USA bereits 8,3 Prozent. Was das die Schweiz angeht? Sehr viel, denn die USA sind immer noch Wirtschaftsmacht Nummer eins der Welt; die meisten Geschäfte werden überall in US-Dollar abgeschlossen.

In der EU beträgt die durchschnittliche Inflationsrate zurzeit 8,1 Prozent. In den baltischen Staaten kratzt sie bereits an der Schwelle von 20 Prozent. Was das die Schweiz angeht? Die EU ist nach wie vor einer unserer wichtigsten Handelspartner.

Und in der Schweiz? Auf Monatsbasis 0,7 Prozent. Ach, putzig. Nein, das wären aufs Jahr hochgerechnet 8,4 Prozent. Schluck. Kann ja sein, dass ein Monat nicht signifikant genug ist, also nehmen wir die vier zurückliegenden Monate. Da sind wir dann bei einer Jahresinflation von 7,2 Prozent. Schluck.

Obendrauf kommen noch die 0,75 Prozent Minuszinsen, die die SNB als Leitzinsen vorgibt. Nochmal schluck.

Einfache Kreisläufe und Abhängigkeiten

Im Konsumbereich gibt es ein ganz einfaches Kriterium. Wer annimmt, ein von ihm begehrtes Produkt wird in naher Zukunft billiger, wartet mit dem Kauf. Weniger Nachfrage, eher sinkende Preise. Herrscht nennenswerte Inflation, kaufe ich lieber heute, bevor das Produkt morgen deutlich teurer ist. Steigende Nachfrage …

Bekomme ich für angelegtes Geld einen anständigen Zins, der mindestens deutlich über der Inflationsrate liegt, lasse ich mein Vermögen eher auf dem Konto. Kann ich dabei zusehen, wie es weniger wird, haue ich es lieber raus.

Dabei kommt es nicht auf die absoluten Zahlen an. Wenn die Inflation 12 Prozent beträgt und der durchschnittliche Zinsertrag 16 oder 17 Prozent, ist eigentlich alles soweit in Ordnung, die Inflation kommt dann auch wieder runter. Dafür gibt es in den 80er-Jahren genügend Beispiele. Aber damals gab es noch nicht diese exorbitante Staatsverschuldung von bis zu 100 Prozent des BIP – und darüber hinaus. Damals konnte die Notenbank die Leitzinsen brutal hochfahren, um die Inflation runterzuholen.

Aber heute? Schon aktuell machen die Schuldendienste einen der grössten Ausgabeposten in den Staatshaushalten aus. Schwachbrüstige Kandidaten wie Griechenland, östliche EU-Mitglieder oder auch Italien müssten Staatsbankrott erklären, würde das Zinsniveau allgemein und deutlich angehoben.

Inflation hat allerdings einen Vorteil, der den hochverschuldeten Staaten durchaus zu pass kommt. Umso höher, desto schneller kann sich der Schuldner seiner Schulden entledigen. Hat er sie zum Wert von 100 aufgenommen, betragen sie nach 10 Prozent Inflation nur noch 90. Man rechne.

Wo soll das alles also enden? Ist der Sparer, der Rentner mal wieder gekniffen, der Schuldner, ob gross oder klein, fein raus? Oder gerät alles ins Rutschen, schlägt vieles unsanft auf dem Boden auf, wenn die Gravitation in der Finanzwelt, der Zins, wieder eingeschaltet wird?

Wie wird denn die Zukunft?

Das ist das Schöne an nicht kartographierten Gebieten. Niemand weiss es. Wer es zu wissen behauptet, ist ein Scharlatan, ein Kaffeesatzleser, behauptet, im Besitz einer Glaskugel zu sein. Was soll also der Leser der «Ostschweiz» tun, dem logischerweise sein Portemonnaie näher sitzt als Fragen nach Staatsschulden oder weltweiten Verwerfungen? Da wir auch nicht über die Fähigkeit verfügen, in die Zukunft zu blicken: keine Ahnung. Betongold, echtes Gold, konsumieren, verbuddeln, diversifizieren, über Währungen, Anlageformen streuen? In Scheinen aufbewahren? Zu Hause? Im Schliessfach?

Da sagen wir doch einfach: gute Fragen. Sehr gute Fragen.

 

 

Weniger für mehr

Inflation ist, wenn gleichviel teurer wird. Medien steigern das.

Es geht ja nicht nur um Gas und Öl. Es geht um Getreide, Düngemittel, seltene Metalle, Energie und vieles mehr. Das merkt der Bürger auch daran, dass eine beeindruckende Teuerungswelle auf ihn zurollt.

Nicht nur an der Tankstelle. Schmerzlicher wird es, wenn in den Supermärkten die Nahrungsmittel kräftige Sprünge nach oben machen. In Deutschland hat die Inflation bereits 7,5 Prozent erreicht. Nach offiziellen Zahlen aufgrund eines unrealistischen Warenkorbs. Die gefühlte Inflation ist noch höher.

Was Inflation ist, versteht jeder. Das gleiche Produkt kostet mehr, obwohl es nicht mehr davon gibt. Mit anderen Worten, die Zeitspanne, die der Normalbürger arbeiten muss, um es sich leisten zu können, steigt.

Natürlich kann man mit Konsumverzicht reagieren, wenn Gucci oder Prada die Preise erhöhen. Bei Grundnahrungsmitteln ist das entschieden schwieriger. Man kann auch zwei Pullover anziehen und die Heizung runterdrehen. Man kann’s auch lassen, dann zahlt man halt für die gleiche Raumtemperatur mehr.

Eine Ausnahme von dieser Regel bilden die Medien. Sie haben sich angewöhnt, zwei Dinge gleichzeitig zu tun. Sie setzen regelmässig, manchmal mit längeren, manchmal mit kürzeren Abständen, die Preise hinauf. Das wäre die übliche Inflation. Aber sie machen gleichzeitig noch etwas Weiteres: sie bieten weniger Inhalt für mehr Geld.

Nicht nur der Umfang der Tageszeitung ist zum Skelett abgemagert. Auch der Inhalt wird immer dünner, da immer weniger Mitarbeiter weiterhin versuchen sollen, alles Nötige in die Spalten zu quetschen. Schliesslich machen Medien noch etwas, was sich auch kein anderer Marktteilnehmer traut. Sie kopieren, übernehmen, verwenden immer häufiger die Tastenkombination copy/paste.

Sie entwicklen sich also zu wahren Mogelpackungen. Zuoberst steht weiterhin gross und stolz der Name des Mediums. Meistens mit dem Zusatz «unabhängig» oder einem anderen leeren Versprechen versehen.

Aber der Inhalt wird längst angeliefert. Entweder durch die letzte in der Schweiz verbleibende Nachrichtenagentur. Oder durch Kooperationen mit (noch) stärker ausgebauten ausländischen Titeln. Paradebeispiel Tamedia und «Süddeutsche Zeitung». Und schliesslich wird der gleiche Content mehrfach ausgespielt. Im Print, auf der Webseite, als Podcast, als Videocast, als Dossier.

Und letztlich füllt eine Zentralredaktion weite Teile des Organs ab; lokal verbleiben nur ein paar Journalisten, die sich möglichst reibungsfrei und ohne grossen Aufwand eben ums Lokale kümmern sollten, was sie zu Tode gespart immer weniger tun können.

Das wäre ungefähr so, wie wenn die Suppenfabrik stolz ihr Logo auf die Tüte haut. Während die meisten Bestandteile nicht etwa in der Fabrik zusammengerührt werden, sondern gefriergetrocknet angeliefert. Wobei es eine Riesenfabrik gibt und um sie herum ein Dutzend kleinere, die noch etwas Petersilie, Schnittlauch oder Kümmel hineinmischen.

Dann wird der Inhalt der Tüte immer mehr reduziert, auch ihr Umfang – aber der Preis erhöht.

Super Geschäftsmodell? Genau, das sagen sich die genialen Verlagsmanager auch.