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Neueste Medienmanipulationen

Die jüngsten Fälle zeigen einmal mehr, wie das China-Narrativ im Westen gründlich verzerrt wird.

Von Felix Abt

Für westliche Medien gehört es zum Gold-Standard, bei allem, was in China geschieht, automatisch «das Böse» zu unterstellen. Der jüngste Fall:

Der britische Historiker Francis Pike schrieb in der «Weltwoche»: «Hus medienwirksame Entfernung nimmt sich aus wie ein politisches Drama, das an die brutalen Säuberungen von Parteimitgliedern durch den Vorsitzenden Mao in den 1950er Jahren erinnert.» Er bezog sich auf ein Video vom chinesischen Parteitag, das zeigte, wie der ehemalige Parteichef Hu Jintao aus dem Saal eskortiert wird.

«Die Entfernung von Hu aus dem Saal ereignete sich bloss Minuten, nachdem ausländische Medien in die Grosse Halle eingelassen worden waren», fügte Pike hinzu. Das wirft sofort die Frage auf, warum Xi Jinping mit der «Entfernung» von Hu Jintao warten sollte, bis westliche Medien vor Ort sind, die nur auf eine solche Gelegenheit gewartet haben, um den «grausamen und menschenverachtenden Diktator Xi Jinping» an den Pranger zu stellen?

Was Xi Jingping’s Diktatur betrifft, so sei am Rande bemerkt, dass letzten Monat auf dem Athens Democracy Forum (in Zusammenarbeit mit der New York Times) eine Wissenschaftlerin der Universität Zürich gebeten wurde, sich zur Demokratie in China zu äußern, und ihre Antwort war nicht gerade das, was man bei so viel westlichem Diktaturgerede erwarten würde: In den letzten Jahren hat es unter Xi Jinping vermehrt «demokratische Experimente gegeben, zum Beispiel, um eine stärkere Beteiligung der Bürger zu ermöglichen und die lokalen Regierungsbeamten empfänglicher und rechenschaftspflichtiger gegenüber den Bürgern zu machen.» Wie zu erwarten war, berichteten die Medien nicht darüber, denn anders als die weltbewegende “Entfernung” Hu Jintaos im Plenarsaal handelte es sich um ein unwichtiges Detail, das auch ihr China-Narrativ durcheinander bringen würde.

Dieselben Medien erwähnten nicht, dass der gebrechliche 80-jährige Mann, der einen etwas verwirrten Eindruck hinterließ, bereits einige Tage vor dem von den westlichen Medien gehypten «Abführung aus der Kongresshalle zu dem Treffen eskortiert worden war, wo Xi Jinping sich als freundlicher Platzanweiser um ihn kümmerte.

Einen wichtigen Teil der Nachricht wegschneiden und die Wahrnehmung durch einen irreführenden Text verändern ist Manipulation und wird (zu Recht) von denselben Medien gegeisselt, wenn sie von China vorgenommen wird.

Hu Jintao wurde jeweils vom selben Begleiter in den Saal eskortiert (links),
der ihn auch aus dem Saal begleitete (rechts).

Kindersoldaten in Redaktionsstuben werfen Spekulationsbomben über China: Der junge deutsche Journalist Fabian Kretschmer schreibt aus Peking für die «Neue Zürcher Zeitung» (NZZ) und für die Geschichtsbücher.

Dass Hu Jintao ein gesundheitliches Problem hat, fiel China-Beobachtern erstmals bei der Parade zum Nationalfeiertag 2019 auf, als er auf dem Tiananmen-Balkon in Peking mit stark zitternden Händen gesehen wurde.

Unmittelbar vor der “Abführung” auf dem Parteitag nahm Hu Jintao an der Wahl teil, und zwar als zweiter Wahlberechtigter, gleich nach Xi Jinping, der seine Stimme an der Wahlurne abgab. In einer Gesellschaft, die viel eher konfuzianistisch als kommunistisch geprägt ist, bedeutet diese symbolische Platzierung bei der Abstimmung großen Respekt für den betagten Staatsmann. Die westlichen Medien blendeten auch dies aus dem Gesamtbild aus. Das machte es ihnen leichter, daraus einen Putsch, eine Säuberung und eine Demütigung des ehemaligen Präsidenten zu konstruieren.

In den chinesischen Abendnachrichten (ab 5:21) wurde Hu Jintao bei der Stimmabgabe gezeigt, nachdem Xi Jinping seine Stimme an der Wahlurne abgegeben hatte und kurz bevor Hu aus dem Saal “abgeführt” wurde.

Politische Säuberung und Demütigung für die Geschichtsbücher oder Störung des Gottesdienstes?

Von offizieller chinesischer Seite war wenig über den Vorfall zu hören, abgesehen von einem Tweet der Nachrichtenagentur Xinhua, in dem es hieß, Hu habe sich während des Treffens nicht wohl gefühlt».

Ein Bericht des singapurischen Fernsehsenders CNA fügte ein wichtiges Detail hinzu, das westliche Medienvertreter, die im Saal waren, ignorierten: Hu hatte sich einige Dokumente auf dem Tisch vor ihm angesehen und offenbar eine Meinungsverschiedenheit mit dem derzeitigen Vorsitzenden der chinesischen Legislative, Li Zhanshu, der links von ihm saß, gehabt, der ihm die Dokumente aus der Hand nahm. Und als Li Zhanshu versuchte aufzustehen, um Hu beim Aufstehen zu helfen, wurde Li von Wang Huning, einem Parteiideologen und ehemaligen Professor für internationale Politik zu seiner Linken, zurück auf seinen Platz gezerrt, was die Sache noch verwirrender machte. Als Xi diese Störung des choreografierten Parteitages bemerkte, rief er einen Mitarbeiter herbei, der dann versuchte, Hu zum Gehen zu bewegen, und der ihn anschließend aus dem Raum eskortierte. Auf dem Video ist auch zu sehen, dass Hu nach dem Aufstehen zunächst auf der Stelle schwebte, dann ein paar langsame Schritte machte, dann stehen blieb und sich Xi zuwandte, der kurz nickte, aber weiterhin die versammelten Delegierten ansah.

Wenn es sich dabei um einen Streit handelte, wäre der Vorfall aussergewöhnlich, denn in kommunistischen Parteien, die nicht für ihre Transparenz bekannt sind, werden Meinungsverschiedenheiten bekanntlich hinter verschlossenen Türen ausgetragen, auf jeden Fall aber nicht vor laufenden Kameras der ganzen Welt. Man müsste also wissen, was in den Dokumenten geschrieben stand. Ein ehemaliger chinesischer Insider sagte der BBC: «Warum sollte die Partei Hu ein Dokument auf den Tisch legen, wenn er es nicht sehen darf?»

Bill Bishop vom China-Newsletter «Sinocism» präzisierte, dass die “von den Medien behauptete Säuberung auf diese Weise keinen Sinn ergibt: Hu Jintaos Sohn, selbst ein hoher Parteifunktionär, saß in dem Saal. Eine Säuberung des einen ohne den anderen wäre unwahrscheinlich”.

Im Gegensatz zu den scheinbar völlig aus dem Takt geworfenen westlichen Medien bedienten sich die asiatischen Medien, die ein weitaus besseres Verständnis von China haben, einer weniger aufgeladenen Sprache. Es ist in diesem Zusammenhang auch wichtig zu wissen, dass die asiatischen Länder im Gegensatz zu Europa nicht auf eigene Kosten in den Kampf der USA gegen China hineingezogen werden wollen, wie ich hier ausführlich dargelegt habe.

So titelte beispielsweise der konservative ‹Korea Herald› in Seoul nüchtern, dass Hu Jintao auf dem Parteitag von der Bühne geholfen wurde.

Man kann davon ausgehen, dass diese Eskortierung von Hu Jintao auf dem Parteikongress
nicht in die koreanischen Geschichtsbücher eingehen wird. 

Einerseits wird alles Mögliche, was aus China kommt, im Westen aufgebauscht, überdreht und zum China-Bashing genutzt. Andererseits werden wichtigere Dinge, die zu einem besseren Verständnis des Landes beitragen würden, einfach unterdrückt. Ein weiteres, aktuelles Beispiel:

Kennen Sie Dilana Dilixiati? Nein, natürlich nicht. Aber Sie kennen sicher Peng Shuai, die berühmte chinesische Tennisspielerin, die nach Auffassung westlicher Medien einen pensionierten Spitzenpolitiker der Vergewaltigung bezichtigte (in ihrem chinesischen Originaltext wird das Wort Vergewaltigung nicht verwendet), nachdem die jahrelange heimliche Liebesbeziehung mit vielen Höhen und Tiefen zwischen den beiden in die Brüche gegangen war. Westliche Politiker und Medien, darunter auch die NZZ, riefen deshalb sofort zum Boykott der Olympischen Winterspiele in Peking auf.

Die Sportlerin wurde in der Folge oft in der Öffentlichkeit gesehen, lachend und im Gespräch mit anderen Menschen. Weil sie offenbar nicht in einem Gulag verschwunden ist, wie die westliche Medien-Soldateska insgeheim gehofft haben muss, verschwand sie wieder aus dem westlichen Medienzirkus.

Wie viele amerikanische und andere westliche Medien griff auch die «Neue Zürcher Zeitung» das Internationale Olympische Komitee heftig an, weil es sich gegen einen Boykott der Olympischen Winterspiele in Peking wegen Peng Shuai ausgesprochen hatte.

Die China-Expertin Dr. Wang von der University of New South Wales lieferte im australischen Fernsehen Hintergrundinformationen und Einblicke in den Fall, die anderswo nicht zu erhalten waren. Sie erklärte, es sei nur natürlich, dass westliche Organisationen wie der Welttennisverband den Social-Media-Beitrag von Frau Peng als Beschwerde über sexuelles Fehlverhalten interpretierten und angesichts des Mangels an detaillierten Informationen, Kommunikation oder Transparenz und Zensur in dieser Angelegenheit misstrauisch gegenüber Pekings Reaktion waren.

Sie wies den Vorwurf jedoch zurück und sagte, es gebe keinen eindeutigen Vorwurf der Vergewaltigung, die in China eine Straftat sei, und «sexuelle Belästigung» falle unter das Zivilgesetzbuch.

Ob die von Peng Shuai beschriebene Überredung oder Nötigung des ehemaligen Vizepremiers als «sexueller Übergriff» im üblichen Sinne bezeichnet werden könne, sei subjektiv, sagte sie.

Sie fügte hinzu, dass Peking zwar jede Kontroverse über seine Beamten unterdrücken wolle, die westlichen Medien aber auch ihre eigene politische Agenda in Bezug auf China verfolgten.

«In diesem Fall geht es um Belästigung, Macht und Skepsis, und er ereignete sich in einem breiteren Kontext wachsender Spannungen zwischen China und beispielsweise Australien, die aus diplomatischen Spannungen, Handelskonflikten und wachsenden Anschuldigungen gegen Chinas Menschenrechte, Demokratie und Zensur resultieren», ergänzte sie.

Sie schloss: «Es gibt also auch hier einen Medienkrieg zwischen China und dem Westen und den australischen Medien, und das spiegelt sich auch in den gegensätzlichen Ansichten der Social-Media-Posts wider

Zurück zu Dilana Dilixiati. Auch sie ist ein chinesischer Sportstar. Ihr Team hatte kürzlich bei der FIBA-Frauen-Basketball-Weltmeisterschaft einen unerwarteten, sensationellen Sieg im Halbfinale gegen die Basketball-Supermacht Australien errungen. Australische Medien berichteten: «Sie besiegten die Gastgeberinnen am Freitagabend im Sydney Superdome mit 61:59 in einer spannenden Begegnung, die erst in den letzten Sekunden entschieden wurde.» Der dramatische Thriller löste Schockwellen aus.

Wer das Spiel verfolgte, erkannte sofort, dass Dilana Dilixiati (links) anders aussah als ihre Mitspielerinnen. Die Journalisten müssen sie bemerkt haben. Seltsamerweise hat die Uigurin, die ihren Namen auf Uigurisch so buchstabiert: دىلانا دىلشات, was nicht nach Mandarin aussieht, kein Interesse erregt, obwohl sie sich wie keine andere für eine sensationelle Erfolgsgeschichte, die zu Klicks einlädt, geeignet hätte.

Die 1,94 Meter große Center-Basketballspielerin der Guangdong Vermilion Birds, die der chinesischen Frauennationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft zur Silbermedaille verhalf, besucht regelmäßig ihre Familie in Xinjiang.

Ein Twitter-Nutzer erkannte das uigurische Teammitglied der chinesischen Nationalmannschaft
und dass sie nicht von den Medien interviewt wurde.

Die australische Denkfabrik ASPI, die insbesondere vom australischen Verteidigungsministerium, der US-Regierung und der westlichen Kriegsindustrie finanziert wird, veröffentlichte die viel zitierte, aber widerlegte Broschüre «Uyghurs for Sale». Die Organisation war eine der treibenden Kräfte bei der Verbreitung der Propagandakampagne zum «Völkermord» an den Uiguren in China, die von den Vereinigten Staaten ausging.

Der Fall ist klar: Dilana Dilixiati, eine Uigurin, und ihre Fähigkeit zu reisen, widerspricht dem westlichen Narrativ, das in den Köpfen der Menschen verankert ist, dass Uiguren Gefangene und Opfer eines Völkermords sind und Xinjiang nicht verlassen können. Ihre Geschichte musste von den Medien verschwiegen werden, denn die Medienkonsumenten hätten natürlich gemerkt, dass mit dem vorherrschenden Narrativ etwas nicht stimmt, und niemand lässt sich gerne manipulieren.