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Ist das zu fassen?

Schulaufsatz Bildbetrachtung. Aus dem Haus der Qualitätsmedien.

ZACKBUM muss beim Senkblei zur Lotung nach unten noch viele Faden dazugeben. Der Tagi publiziert eine Bildbetrachtung anlässlich des offiziellen Porträts von Melania Trump.

Wow, was Bildbearbeitung mit KI alles kann …

Zunächst einmal ist das eine Tickermeldung der DPA, von «aeg.» zurechtgeschnitzt. Dieser Peinlichkeitsfaktor ist unüberbietbar. Ausser durch den Inhalt.

Lieber Leser, wir erklären dir, weil wir dich für vollblöd halten, was du siehst: «Die First Lady steht mit ernstem Blick vor dem Fenster – im Hintergrund das Washington Monument. Ihre Finger entschlossen auf das Pult gestützt. Melania trägt einen schlichten dunklen Anzug und eine weisse Bluse

Damit wäre eigentlich alles gesagt, aber der Platz noch nicht alle. Nun vergleichen wir das Foto mit dem vor acht Jahren: «Damals zeigte sich die First Lady in Farbe, mit offenem Mund und verschränkten Armen.» Was will uns das sagen? Nichts, aber wir sagen doch was. Wir erzählen die Story, dass das aktuelle Porträt mit der Pose der US-Präsidentin in «House of Cards» Ähnlichkeit habe. What a crap, wie der Ami sagt, aber he, wenn uns nichts einfällt …

Kopfkratz, immer noch Platz.

«Lässt das ambitioniertere Porträt darauf schliessen, dass Melania in der zweiten Amtszeit ihre Rolle aktiver interpretieren wird? Ein erstes Anzeichen dafür ist, dass die First Lady ihren Mann bei seinem Besuch im Katastrophengebiet in Los Angeles begleitet hat.»

Tja, wenn ein Satz in Frageform die Worthülse «lässt darauf schliessen» enthält, kann man ihn sofort überlesen. Dann noch ein kleiner Abstecher zu diesem Besuch, obwohl das eigentlich nichts mit der Bildbeschreibung zu tun hat. Der Lehrer würde das anstreichen und daneben schreiben: Vom Thema abgewichen, schlechter Schluss.

Es fehlt auch der klassische Satz: Leider muss ich hier schliessen.

Aber der Leser verdankt’s, dass auch ohne ihn die Qual ein Ende hat.

Also mal ernsthaft, ihr Frauen und Mannen and everybody beyond vom Tagi, allgemeine Schreibkrise? Die Lieferung von der SZ aus München nicht rechtzeitig angekommen? Da legt sich Donald Trump rauflustig wie immer mit vielen Staaten gleichzeitig an, zeigt mal kurz Kolumbien, was eine Harke ist, kündigt 500 Milliarden für KI an, verspricht die grösste Steuersenkung der Geschichte, meint es wirklich ernst mit Grönland (und Panama), Google nennt in den USA den Golf von Mexico bereits wie gewünscht «Golf von Amerika», und auch sonst gäbe es vielleicht dies und das und Wichtigeres aus Washington zu berichten.

Aber irgendwie hat es Konsequenz. Nach der Hutkunde über Melania Trump nun das Porträt, man muss halt ein Auge für das Wesentliche habe.

Kevin Spacey: unschuldig

Dennoch hat der Schauspieler «alles verloren».

Der zweifache Oscar-Preisträger hatte in «House of Cards» die Rolle seines Lebens gefunden. Frank Underwood katapultierte die Darstellung eines skrupellosen, aber gefühlvollen und genialischen Politikers in eine neue Dimension, die alles hinter sich liess, was in diesem reichen Genre vorher existierte.

2017 endete das alles abrupt, als im Rahmen der aufkommenden #metoo-Bewegung Vorwürfe über sexuelle Übergriffe gegen den homosexuellen Spacey bekannt wurden. Netflix beendete sofort die Zusammenarbeit, Spacey wurde sogar aus einem bereits fertig abgedrehten Film herausgeschnitten. «Alles Geld der Welt» wurde von Ridley Scott mit Christopher Plummer an Stelle von Spacey nachgedreht, ein grosser schmutziger Fleck auf der Weste dieses ansonsten genialen Regisseurs.

Die ersten Vorwürfe lagen 30 Jahre zurück; schnell meldeten sich weitere angebliche Opfer. Nicht nur in den USA, auch in England wurden Vorwürfe erhoben, da Spacey einige Jahre künstlerischer Direktor des «Old Vic» Theaters in London gewesen war.

In den darauffolgenden Jahren bekam Spacey keine Gelegenheit mehr, sein überragendes schauspielerisches Talent unter Beweis zu stellen. Er wurde zum Posterboy der #metoo-Bewegung, neben dem verurteilten Sexualstraftäter Harvey Weinstein wurde er als zweites, noch nicht verurteiltes Monster durch den Dreck gezogen. Wie bei solchen Anschuldigungen bis heute üblich, wurde auf die Unschuldsvermutung gespuckt.

2020 reichte ein angebliches Opfer Strafanzeige ein, wegen eines Vorfalls, der sich 1986 ereignet haben sollte. Sie wurde mangels Beweisen abgeschmettert. Dann fordere es in einem Zivilprozess 40 Millionen Dollar Schmerzensgeld. Abgeschmettert. Sämtliche weitere Klagen oder Anschuldigungen in den USA waren substanzlos.

Daraufhin konzentrierte sich die Meute der Vorverurteiler auf den Prozess in England. Hier habe der Schauspieler sicherlich nicht den gleichen Einfluss wie in den USA, hier werde endlich die Gerechtigkeit siegen, ein weiteres übergriffiges Monster werde seine gerechte Strafe erhalten.

Freispruch auf ganzer Linie.

Aber die ungerechte Strafe hat Spacey schon längst bekommen. Sieben Jahre Schauspielerleben gestohlen. Vom Olymp des angesehenen Hollywood-Stars in die Hölle des Sexualtäters. Horrende Kosten, kaum Einnahmen. Alle Prozesse gewonnen, alles verloren.

All diese pathetischen Weiber und ihre schleimigen Helfershelfer in den Gazetten, die sich das Maul zerreissen, aber nie vergessen, scheinheilig «es gilt die Unschuldsvermutung» dazuzuschmieren, all die kommen wieder mal straflos davon.

Schon wieder einen Unschuldigen erledigt, durch den Schlamm gezogen, erniedrigt, vorverurteilt. Mal eine Einsicht, eine geknirscht Entschuldigung, eine Selbstreflexion, dass es im öffentlichen Diskurs doch nicht so weitergehen darf? Wo jeder Mann gekeult werden kann, wenn es irgend jemandem einfällt, von einer Kussattacke von vor unzähligen Jahren zu schwadronieren, mit der frau aber erst heute an die Öffentlichkeit gehen könne, weil so traumatisiert. Aber leider ist alles verjährt, und oh Schreck, die sorgfältige Untersuchung des Vorfalls erweist: nichts dran, nicht belegbar, alles Unsinn, alles eine miese Masche, um in die Schlagzeilen zu kommen.

Dagegen ist nach wie vor kein Kraut gewachsen. Aber immerhin mehren sich die Stimmen, die ein Ende von diesen Hetzjagden fordern. Und vor allem, dass willige Helfershelfer in den Medien endlich in die Schranken gewiesen, abgemahnt und dann entlassen werden.

Wir könnten hier gerne Namen nennen, aber die Prozesskasse ist leider gerade leer.

Denunziationsmaschine #metoo

Kevin Spacey nochmals freigesprochen.

Francis Underwood wäre das nicht passiert. Mit der Verkörperung dieser Figur in «House of Cards» hatte Spacey wohl die Rolle seines Lebens gefunden. Er hob die Darstellung eines skrupellosen, intelligenten, mit allen Wassern gewaschenen Machtpolitikers auf eine neue Ebene. Er spielte nicht Underwood, er war seine Figur. Er machte den Zuschauer zu seinem Komplizen, wenn er mit charismatischer Bösartigkeit direkt in die Kamera sprach und seine machiavellistischen Schachzüge erläuterte.

Das hätte noch gut und gerne eine Weile so weitergehen können, wenn ihm nicht #metoo passiert wäre. Die Protagonistin der Bewegung musste sich schnell einmal selbst Missbrauchsvorwürfen erwehren. Und natürlich brachte sie Schweinebacken wie Harvey Weinstein zur Strecke, der den unseligen Hollywood-Brauch der Castingcouch weiterhin gepflegt hatte.

Wobei hoffnungsfrohe Schauspielerinnen ihm unfreiwillig, aber auch freiwillig zu Willen waren, um ihre Karriere zu befördern. Schnell aber wurden die Vorwürfe immer absurder und reichten in die tiefste Vergangenheit zurück. So musste sich Dustin Hoffman für einen möglichen Vorfall entschuldigen, der sich 1985 zugetragen haben sollte.

Auch Kevin Spacey sah sich unter anderem damit konfrontiert, dass er 1986 einen damals 14-Jährigen unsittlich berührt haben sollte. Der hatte 2017, als #metoo auf ihrem Höhepunkt war, diesen Vorwurf erhoben. Bei einer Party in Manhatten in Spaceys Apartement sei der zu ihm ins Schlafzimmer gekommen, habe ihn wie eine Braut hochgehoben und sich schliesslich quer über ihn gelegt. Dafür wollte das vermeintliche Opfer 40 Millionen Dollar Schadenersatz.

Die Jury brauchte dann nicht einmal eine Stunde, um Spacey von diesem Vorwurf freizusprechen. Dazu beigetragen hatte die Ausführung seiner Anwältin, dass es für den geschilderten Tathergang eine nicht vorhandene Wand und eine ebensolche Türe gebraucht hätte, denn Spaceys damalige Wohnung war eine Loft ohne eigenes Schlafzimmer. Zudem habe der 14-Jährige damals an einem Theaterstück mitgewirkt, in dem genau so eine Szene gespielt wurde.

Damit sind in den USA alle Vorwürfe gegen Spacey erledigt. Allerdings warten in England noch weitere Prozesse auf ihn. Die Zwischenbilanz ist auf jeden Fall ernüchternd. Natürlich hat #metoo den Blick auf Übergriffe geschärft, die unter Ausnützung von Abhängigkeitsverhältnissen, der jugendlichen Unerfahrenheit oder mit Hilfe des Nimbus der Berühmtheit begangen wurden.

Natürlich gibt es in all diesen Fällen eine Grauzone, wo ein Nein nicht als nein gemeint ist und ein Ja nicht als ja. Die Grauzone, dass zwischen Erwachsenen im gegenseitigen Einverständnis so ziemlich alles stattfinden kann. Die Grauzone, dass im Nachhinein einer der beiden Beteiligten aus welchen Gründen auch immer zur Erkenntnis gelangt, dass seine Teilnahme doch nicht freiwillig und einverständig erfolgte.

Allerdings ist Spacey bis heute so unschuldig wie alle Leser von ZACKBUM, die keinen Eintrag im Strafregister haben. Nur ist seine Karriere zerstört worden, hat er die Rolle seines Lebens verloren, wurde sogar in der allgemeinen Hysterie aus einem schon abgedrehten Film herausgeschnitten, als sei er ein Aussätziger, dessen Anblick man keinem Kinogänger zumuten könnte.

Wie meistens bei ins Hysterische umschlagenden Bewegungen übernimmt natürlich der Mob keinerlei Verantwortung für die Zerstörung von Karrieren und Existenzen. Denn gerade Vorwürfe, die sich auf Ereignisse beziehen, für die es normalerweise nur zwei Zeugen gibt, gerade Vorwürfe, die sexuelle Übergriffe zum Thema haben, bleiben an allen Betroffenen kleben. Seien sie schuldig oder unschuldig.

Deshalb müssten sie eigentlich mit grossem Verantwortungsbewusstsein erhoben werden. Im Wissen darum, dass vor allem ein Prominenter damit häufig seine Karriere beenden muss. Das ist aber auch bei Nicht-Prominenten der Fall. Man stelle sich nur vor, wie oft schon ein Vorgesetzter (seltener auch eine Vorgesetzte) wegen eines unbedachten Worts oder sogar wegen eines erfundenen Vorfalls aus Amt und Würden gejagt wurde.

Denn noch verächtlicher als ein sexueller Übergriff ist seine Erfindung als Waffe.