Hitzschlag, lass nach
Der Wettergott ist gegen die Medien.
«Hitzesommer» (238 Treffer in der Mediendatenbank SMD in den den letzten 30 Tagen, 5750 Erwähnungen von «Hitze»). «Parallelen zu 2003, Wasserknappheit, Ernteausfälle». «Tipps gegen Hitze», wie kann man da schlafen, welches Schuhwerk, wie viel Wasser, Joggen ja oder nein, die armen Bauarbeiter, «Recht auf Schatten» (und nicht nur für Reiche).
Falls Trump, die Ukraine oder der Gazastreifen gerade mal nicht genug hergibt, als Füller im Sommerloch reichen alarmistische Artikel alleweil. Zur Not werden auch Fachleute interviewt, bange Prognosen erstellt, natürlich dürfen auch die armen Haustiere nicht fehlen, denn nicht nur der Mensch leidet und schwitzt, sieht sich sogar tödlichen Gefahren ausgesetzt.
Und dann das. Anhaltendes Hitzefrei. Aber anders. Der «Blick» verkündet unerschrocken eine neue, schlechte Nachricht. Ein «Höhentief vermiest uns die Woche». Statt dass ein tiefes Hoch der Journaille die Möglichkeit gäbe, fortzufahren mit: buhu, es ist heiss. Brandgefährlich. Rette sich, wer kann. Und wer nicht kann, dem muss geholfen werden.
Banale Ratschläge, rezyklierte Tipps (denn oh Wunder, es ist nicht zum ersten Mal Sommer), der Bademeister erzählt, der Glacé-Verkäufer jubiliert, Leidende leiden, und wie sieht’s eigentlich in Spitälern und Altersheimen aus. Und was macht die Natur, der Bauer, der Gletscher, schwitzen eigentlich auch Kühe (jein; am Euter und sie hecheln. Ihr Geheimtipp: Schatten suchen).
Endlich wieder Journalismus, der dem Qualitätsniveau der verbliebenen Redaktoren entspricht. Ein Blick ins Archiv: was haben wir eigentlich das letzte Mal gemacht, und dann ein wenig aktualisieren, und Feierabend. So hätte das doch noch wochenlang weitergehen können, nach dem mal wieder «heissesten Juni» überhaupt.
Berichte aus der Schweiz, die sich bald in eine neue Sahara verwandeln wird. Plus schröckliche Nachrichten aus aller Welt, wo die Gluthitze noch mehr glüht.
Dabei hofft man auf den Leser, der sich die Schweissperlen vom Angesicht wischt, wenn er reich genug ist, die Klimaanlage anschaltet und stöhnt: bei diesen Berichten wird es mir ganz heiss und anders. Von jetzt an verzichte ich auf das Auto und das Flugzeug und fahre Velo.
Andererseits: auch grosse Kämpfer gegen den Klimawandel, vor allem unter den Grünen, steigen gerne mit der ganzen Familie ins Flugzeug, um zu fernen Feriendestinationen aufzubrechen. Aber he, das ist dann Privatsache, im Fall. Und Velofahren ist auch ganz schön schweisstreibend.
Also lieber schlechtes Gewissen, dafür schön angenehm.
Aber nun ist schon wieder der heisse Krieg gegen die Hitze zu einem kalten geworden. Morgens ist es recht frisch, tagsüber kühlt immer wieder ein Regenschauer, die Verwüstung der Schweiz muss sich noch gedulden.
Nun könnte man meinen, dass verantwortlicher Journalismus, der nicht Stück für Stück seine Glaubwürdigkeit verspielen will, vielleicht etwas kleinlaut Übertreibungen und Fehlprognosen einräumt.
Aber selbst wenn ein Journalist völlig sicher vorhersagt: morgen gibt’s Gluthitze und die Sonne scheint den ganzen Tag, nicht zuletzt aus meinem Hinterteil, käme er niemals auf die Idee, einen Fehler einzuräumen, wenn es morgen frisch ist und unablässig regnet.
Er greift nicht mal zum Allheilmittel jedes gescheiterten Managers oder Politikers, der nachweisbar falsch lag. «Aus heutiger Sicht mag das als Fehler erscheinen, aber mit dem Wissensstand von damals ...»
Man sollte sie dafür in den kalten Regen stellen. Aber das wäre unmenschlich, die bibbernden Journis würden ein grosses Geschrei anstimmen. «Zwischentief, man soll nie Wetter mit Klima verwechseln, die nächste Hitzewelle kommt bestimmt, wir müssen jetzt handeln, bevor es zu spät ist.»
Cool down, baby, wie der Ami sagt. Und sucht Euch ein anderes Thema fürs Sommerloch. Liegen doch genug rum.







































