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Gelebte Demokratie

Die «Republik» verkündet nordkoreanische Ergebnisse.

Gut, das ist etwas ungerecht. In Nordkorea beträgt die Wahlbeteiligung 100 Prozent, und die Abstimmungsresultate liegen auch bei 100 Prozent Zustimmung.

Das ist bei der «Republik» (teilweise) anders. Das Online-Magazin der guten Denkungsart und der Retter der Demokratie verfügt über 28’373 Abos – oder wie die das nennen, so viele «Verleger». An der achten «Urabstimmung» haben sich maximal 2274 «Verleger» beteiligt. Das sind klägliche 8 Prozent. In Worten acht. Ein Desaster.

Bei der Bestätigung der Revisionsstelle machten 2154 «Verleger» mit. 35 von ihnen stimmten mit nein. Das sind 1,62 Prozent. Zugegeben, in Nordkorea würde das bei Kim dem Dickeren leichtes Stirnrunzeln auslösen und vielleicht stünden ihm sogar die Haare zu Berge. Aber als Ausdruck einer lebendigen Demokratie? Ein Desaster.

Oder nehmen wir die Jahresrechnung. Dort ist es eigentlich so, dass nur der Rangrücktritt von zwei Millionenerben von ihren in die «Republik» verpulverten Darlehen verhindert, dass das Bubbleblatt die Bücher deponieren müsste. Angesichts des andauernden Missverhältnisses von Einnahmen und Ausgaben und der Unfähigkeit, aufgenommene Kredite zurückzuzahlen, müssten hier die Alarmsirenen erschallen. Dennoch haben von 2267 Abstimmenden genau 18 die Jahresrechnung abgelehnt. Das sind 0,79 Prozent. Katastrophe.

Schliesslich wurde der Vorstand mit 2264 zu 22 Stimmen entlastet. Dabei wird er von einem Irrwisch präsidiert, der schon mal ankündigte, dass er die Zahl von 100’000 Abonnenten für durchaus realistisch halte und das beispielsweise durch eine Expansion nach Deutschland bewerkstelligt werden könnte. Von diesem Gigantoplan hat man dann nichts mehr gehört.

Das sind mal die betrüblichen Ergebnisse der Abstimmungen. Immerhin hat die «Republik» weiterhin einen Vorstand; das war auch nicht immer der Fall, als Roger de Weck, der mit Pauken und Trompeten angekündigt worden, war, blitzartig den Posten wieder verliess. Wahrscheinlich hatte er sich mal informiert, wie es eigentlich mit der Haftbarkeit steht, nach dem Desaster beim «Kosmos», dem Bruchlandungsprojekt von Erblinken, die sich mit qualmenden Socken aus dem Staub gemacht hatten, als klar wurde, dass das Teil heillos überschuldet und bankrott ist.

Aber es ist in Wirklichkeit noch viel schlimmer. Denn das sind die skurrilen Resultate einer trübseligen Abstimmung, mit einer Stimmbeteiligung von kläglichen 8 Prozent. Würde das woanders stattfinden, wären die Republikaner die Ersten, die rauskrähen würden, dass das doch wohl nichts mit Demokratie zu tun habe und das Ergebnis keinesfalls repräsentativ oder signifikant sein könne.

Aber hier üben sie mal wieder Pfeifen im Wald:

«Vielen Dank nicht nur für Ihre Teilnahme an der Abstimmung, sondern auch für Ihre rege Beteiligung an der zugehörigen Debatte

Und dann wirft die «Republik» noch einen kühnen Blick in die Zukunft: «Willkommen an Deck – wir freuen uns auf die nächsten drei gemeinsamen Jahre!»

Drei Jahre? ZACKBUM nimmt Wetten auf die Frage an, wie oft die «Republik» in den nächsten drei Jahren Bettelaktionen durchführen wird, wie oft sie mit Selbstmord drohen wird, wie oft sie verkünden wird, dass Ziele fast, also nicht ganz, aber immerhin, erreicht wurden. Und natürlich Wetten zur Frage, ob die «Republik» in drei Jahren überhaupt noch existieren wird.

Denn irgendwann muss es doch den «Verlegern» und Geldgebern dämmern, dass sie hier einen Haufen von selbstverliebten Weltenreglern unterhalten, die am liebsten über sich, über ihre Weltsicht und über all die furchtbaren Dinge, die trotz ihren strengen Ermahnungen passieren, in epischer Länge salbadern.

Denen es bei allen Quengelaktionen «wir brauchen mehr Kohle» niemals auch nur im Traum eingefallen wäre, als leuchtendes Beispiel auf einen Teil ihrer üppigen Gehälter zu verzichten. Oder ihren überschaubaren Ausstoss zu steigern. Oder überhaupt etwas zu publizieren, was ausserhalb der immer kleiner werdenden Gesinnnungsblase irgend jemanden interessiert.

Aber wer gebannt auf den eigenen Bauchnabel starrt, der vergisst die Welt um sich herum. Solange das Gehalt pünktlich auf dem Konto ist.

Wer haftet bei Verbrechen?

Auch Kriegsverbrechen haben Täter und Verantwortliche.

Für den durch ein Verbrechen angerichteten Schaden haftet normalerweise der Täter. Allerdings steht auch in der Schweiz seine Bestrafung, bzw. Resozialisierung im Vordergrund. Schadenersatz, Wiedergutmachung ist leider zweitrangig. Bei materiellen Schäden steht meistens die Zahlungsunfähigkeit des im Gefängnis sitzenden Übeltäters im Wege. Und immaterielle Schäden, Verlust, Traumata, Ursache für psychische Krankheit, das ist ein weitgehend vernachlässigtes Feld.

Kriegsverbrechen werden zwar auch von individuellen Tätern verübt, aber hier spricht man von der Haftung eines Staates für Schäden völkerrechtswidrigen Handelns seiner Organe. Reparationszahlungen für kriegerische Handlungen sind ein altbekanntes Beispiel.

Üblicherweise zahlt aber nicht unbedingt der Schuldige, sondern der Unterlegene. Auch wenn das häufig zusammenfällt, wie im Beispiel Deutschlands in den beiden Weltkriegen des letzten Jahrhunderts.

Welche Schäden dabei wie lange und durch wen bezahlt werden müssen, wird aktuell in der EU am Beispiel Griechenlands debattiert. So erheben griechische Staatsbürger oder deren Hinterbliebene bis heute Ansprüche an die Bundesrepublik Deutschland für Verbrechen der Deutschen Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg.

Auch im Fall der Ukraine ist die Frage, wer womit und warum für die Kriegsschäden zur Verantwortung gezogen werden soll. Naheliegend ist das der Aggressor Russland. Nach aktuellen Schätzungen würde der Wiederaufbau der Ukraine rund 500 Milliarden Dollar kosten. Sollte sich der Krieg noch weiter hinziehen, stiege diese Summe natürlich.

Das BIP der Ukraine betrug vor dem Krieg 155,6 Milliarden; dasjenige Russlands 1483 Milliarden. Es ist also illusorisch, dass die Ukraine aus eigenen Kräften oder aber ein zu Reparationen verurteiltes Russland diese Summe aufbringen könnten.

Zudem hätte eine Kostenübernahme durch Russland zur Voraussetzung, dass das Land dazu gezwungen werden kann. Denn Sieger oder zumindest Ungeschlagene zahlen keine Reparationen.

Das beste, bzw. schlechteste Beispiel dafür sind die USA. Angesichts ihrer ungezählten direkten oder indirekten militärischen Interventionen seit dem Zweiten Weltkrieg bleiben wir beim Beispiel Vietnam. Für den verbrecherischen Einsatz des hochgiftigen Entlaubungsmittels Agent Orange haben die USA zwar ihren eigenen Soldaten Entschädigungen ausbezahlt, aber den Vietnamesen keinen Cent.

Auch für die übrigen angerichteten Schäden, verursacht durch den Vietnamkrieg, der 1975 mit der völligen Niederlage der USA endete, wurde bislang null Reparationen bezahlt. Im Gegenteil, das siegreiche Nordvietnam wurde dazu gezwungen, die Schulden Südvietnams zu übernehmen, um international Kredite zu erhalten und das Handelsembargo durch die USA zu beenden.

Der Vietnamkrieg forderte bis zu 4 Millionen einheimische Tote und das Leben von rund 60’000 Amerikanern. Während die Kosten für die USA ziemlich genau aufgeschlüsselt sind, gibt es nur vage Schätzungen, welche Schäden die verbrecherische Kriegsführung der USA in Vietnam angerichtet haben.

Nach heutiger Kaufkraft dürfte es sich ebenfalls um Hunderte von Milliarden Dollar handeln. Nur eine Angabe dazu: Die USA warfen über Vietnam die zwei- bis dreifache Bombenmenge ab wie im gesamten Zweiten Weltkrieg überall.

«In die Steinzeit zurückbomben», sagte US-General Westmoreland.

So wie der Verbrecher bei Einzeltaten gefasst werden muss, damit man ihn für sein Handeln haftbar machen kann, gilt international schlichtweg das Recht des Stärkeren. Wer einen Krieg verliert, zahlt. Aber nur, wenn er sich gegen Reparationsforderungen nicht wehren kann. Die USA verloren den Vietnamkrieg, blieben aber dennoch die grösste Militärmacht der Welt. Also können sie bis heute jegliche Forderungen nach Wiedergutmachung zurückweisen.

Es ist kaum anzunehmen, dass Russland als militärisch so geschwächter Verlierer aus dem Ukrainekrieg hervorgehen wird, dass es Forderungen nach Reparationen nicht zurückweisen könnte.

Neuerdings wird mit dem Gedanken gespielt, ersatzweise Vermögenswerte reicher Russen im Westen nicht nur zu beschlagnahmen, sondern sie auch zu verwerten und den Erlös dem Wiederaufbau der Ukraine zukommen zu lassen. Oder sie allenfalls sogar für die Begleichung der Kosten von Waffenlieferungen heranzuziehen. Denn normalerweise übernehmen westliche Regierungen die Milliardenkosten dieser militärischen Hilfe.

In den USA werden aus diesem Grund schon erste Stimmen laut, dass US-Präsident Biden endlich einmal klare Ziele der US-Politik in der Ukraine definieren soll, nachdem bereits Zusagen in Milliardenhöhe für die Lieferung von militärischem Gerät gemacht wurden.

Würde man das Prinzip der Haftbarkeit reicher Staatsbürger für Reparationsforderungen verallgemeinern, könnte und müsste man die Vermögenswerte von reichen US-Bürgern beschlagnahmen und verwerten, die in irgend einer Form vom Vietnamkrieg profitierten. Also Besitzer und Aktionäre von Rüstungsfirmen, von Produzenten von Waffen, Bomben oder Chemikalien. Von allen möglichen Ausrüstern der US-Armee bis hin zu Logistik, Ernährung und Unterhaltungsprogramm. Auch da würde ein hübsches Sümmchen zusammenkommen, das als Entschädigung für Vietnam verwendet werden könnte.

Auch Kriege haben sehr viel mit Wirtschaft zu tun. Mit Kosten, Nutzen, Ausgaben, Zerstörungen, Wiederaufbau. Es versteht sich von selbst, dass ein Krieg kein Ereignis ist, bei dem Wertschöpfung betrieben wird. Im Gegenteil. Krieg zerstört, und sogar die Zerstörung kostet Unsummen.

Wer sich wie an den Wiederaufbaukosten im Fall Ukraine beteiligen wird, das steht zurzeit in den Sternen. Dass der Verursacher zur Kasse gebeten wird, dürfte allerdings illusorisch sein.