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Loser Trump

Sternstunde des Journalismus: eine Gurkentruppe mit runtergelassenen Hosen erwischen.

Für einmal ist es nicht investigativer Journalismus, der Peinliches enthüllt. Sondern der Chefredaktor von «The Atlantic» wurde in eine Chatgruppe auf Signal eingeladen, zu der hochrangige Mitglieder der Trump-Administration gehörten. So wurde Jeffrey Goldberg Zeuge eines ungeheuerlichen Vorgangs:

«Kurz vor 14 Uhr Ostküstenzeit am 15. März erfuhr die Welt, dass die USA Huthi-Ziele im Jemen bombardierten.
Ich wusste jedoch bereits zwei Stunden vor der ersten Bombenexplosion, dass der Angriff bevorstehen könnte. Der Grund dafür war, dass mir Verteidigungsminister Pete Hegseth um 11:44 Uhr den Kriegsplan per SMS zugeschickt hatte. Der Plan enthielt genaue Informationen über Waffenpakete, Ziele und den Zeitplan.»

Aber das ist noch nicht alles. Burschikos unterhielten sich die anderen Teilnehmer noch über dies und das. Immer in der Annahme, dass die jeweiligen Accounts tatsächlich den dahinterstehenden Personen gehören: «Ich hasse es einfach, den Europäern erneut aus der Patsche zu helfen», textete Vizepräsident J. D. Vance, der Verteidigungsminister stimmt ihm zu: «Ich teile voll und ganz deine Abscheu vor dem europäischen Schmarotzertum. Das ist erbärmlich.»

Dann tut Vance etwas, was seinem Herrn und Meister nicht gefallen dürfte. Er sagt über den bevorstehenden Angriff auf Stellungen der Huthi-Rebellen: «Ich bin mir nicht sicher, ob dem Präsidenten bewusst ist, wie widersprüchlich das zu seiner aktuellen Botschaft über Europa ist

Peinlich genug, wenn sich solche Führungskräfte als Mitglieder einer Gurkentruppe entlarven. Aber sie können nicht aus ihrer Haut, auch beim Versuch der Schadensbegrenzung. Selbstverteidigungsminister Hegseth behauptet öffentlich, «niemand hat über Kriegspläne getextet». Dem widerspricht Goldberg knapp und dokumentiert: «Das ist eine Lüge

Die überforderte «Geheimdienstkoordinatorin» Tulsi Gabbard kommt derweil bei einer Anhörung ins Rudern und mag nicht einmal bestätigen, ob sie bei dieser Chatgruppe dabei war (geheim). Das tut dann CIA-Direktor John Ratcliffe für sie: er glaube «ja», sagt er auf eine entsprechende Frage. Er muss es wissen, als Teilnehmer.

Eine weitere bröckelige Verteidigungslinie ist, dass es gar nicht so geheim gewesen sei, was besprochen wurde. Der «Spiegel» schreibt: «Dem demokratischen Senator Mark Warner platzte schließlich der Kragen. Es könne nicht beides stimmen – dass keine vertraulichen Informationen ausgetauscht worden seien und gleichzeitig jede Auskunft über die Inhalte verweigert werde.»

Und was macht der Commander in Chief, der nicht dabei war? Natürlich abwiegeln, das sei halt mal ein kleiner Flop in zwei Monaten tadelloser Regierungsarbeit. Aber dann zeigt Donald Trump mal wieder sein wahres Gesicht, wenn er sich in die Enge getrieben fühlt und den ihm wohlbekannten Begriff Loser über seinem gelben Haar hängen spürt: er wird grob ausfällig.

Goldberg sei ein «sleazebag», ein «Dreckskerl», er wolle ihm Trump und damit den Interessen der USA schaden, «The Atlantic» sei ein gescheitertes, abrebelndes Blatt, das demnächst eingestellt werde.

In Wirklichkeit ist die Zeitschrift Pflichtlektüre für jeden, der sich auf einem Niveau über internationale Politik informieren will, das im deutschen Sprachraum seinesgleichen sucht. Und der Gewinner des Pulitzerpreises Goldberg, der vorher für den Leuchtturm «The New Yorker» arbeitete, ist so verantwortungsbewusst, dass er die detaillierten Informationen über Waffensysteme, Strategie und beteiligte US-Einheiten vertraulich behandelt, um niemandem zu schaden.

Schon Richard Nixon, der über den Einbruch in Watergate stolperte, pflegte in von ihm aufgezeichneten Gesprächen mit seinen Vertrauten eine vulgäre und primitive Sprache. Das dürfte bei Trump auch der Fall sein. Richtig gefährlich wird das allerdings dadurch, dass er in seiner zweiten Amtszeit von Speichelleckern umgeben ist, die ihn darin nachahmen.

Dieser Flop ist einmalig in der Geschichte von US-Administrationen. Aber es ist halt ein Flop. Wirklich beängstigend ist aber, dass sich diese Gurkentruppe wohl über alle politischen und militärischen Themen auf der Welt in dieser flapsigen Art unterhalten dürfte. Das erklärt zwar einiges, beunruhigt hingegen sehr.

Man stelle sich nur vor, dass das Schicksal der Ukraine, des Gazastreifens, von Grönland oder Kanada in solchen Gesprächsrunden entschieden wird. Ach, und das von Europa, diesem «Schmarotzer», wie sich alle einig sind.

Nixon entging einem Amtsenthebungsverfahren nur durch eiligen Rücktritt, nachdem er sich von seinem Nachfolger ein Generalpardon garantieren liess. Das wird bei Trump nicht geschehen. Seine Anhänger und Fans, von der «Weltwoche» abwärts, werden auch diesen Aberwitz schönschwatzen oder ignorieren. Die Zeiten haben sich seit Nixon nicht zum Besseren entwickelt.

Fussnote: Der rasende Reporter Roger Köppel eilt stattdessen nach Belgrad, um dem wankenden Präsidenten Vucicnur über meine Leiche») Gelegenheit zur Selbstbeweihräucherung zu geben und allen Fragen nach eigener Schuld an den andauernden Massenprotesten perseverierend auszuweichen.

Die Gesinnungstäter von Unfair-Media

«Fairmedia» will sich für «die Einhaltung journalistischer Grundprinzipien» einsetzen. Da das der Verein nicht kann, sollte er aufgelöst werden.

Grossmäuligkeit kostet nichts: «Fairmedia hilft allen Betroffenen von unfairer Medienberichterstattung. Die Beratungen sind kostenlos.» Hinzu kommt ein durch nichts gerechtfertigtes Selbstbewusstsein:

«Der unabhängige Verein versteht sich als Kompetenzzentrum in Medienrecht und Medienethik und gibt zu diesen Themen auch Kurse und Trainings an Institutionen und Schulen.»

In Wirklichkeit handelt es sich um eine Gurkentruppe mit einem verhaltensauffälligen «Geschäftsführer». Der trompetet schon mal heraus: ««SonntagsZeitung» porträtiert QAnon-Sympathisantin – ohne das im Text zu erwähnen.»

Was Jeremias Schulthess nicht erwähnt: Er bezog sich dabei auf eine anonyme Denunziation der vertrauenerweckenden Quelle «Megaphon Reitschule». ZACKBUM versuchte – sogar kostenlos –, dem Verein ein paar Grundlagen der Medienethik nahe zu bringen; zum Beispiel, dass es doch nicht schlecht wäre, die Behauptungen einer der anonymen Dreckschleudern auf Twitter zu überprüfen. Oder der von dieser Verleumdung Betroffenen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

Das sah Schulthess aber, in seiner kursorischen Antwort auf präzise Fragen, entschieden anders: «Den Vorwurf, wir würden Falschmeldungen verbreiten, kann ich leider nicht nachvollziehen. Alle Aussagen in unserem Beitrag werden sehr klar und transparent belegt.»

Gut, in solchen Fällen kann man nur hoffen, dass sich ohne ärztliche Unterstützung der Kontakt zur Realität wieder aufbauen lässt. «Fairmedia» hält bis heute an allem Unsinn fest, den der Verein über diesen Fall publiziert hat.

Man könnte vielleicht noch leise hoffen, dass es sich um einen einmaligen Ausrutscher handelte; schliesslich hat der Geschäftsführer vorher bei der «TagesWoche» gearbeitet. Und bei diesem Millionengrab war es ja – siehe Beschiss bei der Printauflage – mit Medienethik nicht weit her. Und anständig recherchieren konnte man dort auch nicht lernen.

An der Seite von Jolanda Spiess-Hegglin

Aber leider müssen wir inzwischen vom Gesetz der Serie sprechen. Seite an Seite mit dem eher unappetitlichen Fanclub von Jolanda Spiess-Hegglin zog «Fairmedia» gegen eine Tagi-Journalistin zu Felde, die dort in Ungnade gefallen ist. Besonders beim Kompetenzzentrum für Medienethik Hansi Voigt.

Spiess-Hegglin und ihren Fans fühlt sich «Fairmedia» in aller gebotenen Objektivität schon länger verbunden: «Fairmedia sucht Unterstützer*innen, die Jolanda Spiess-Hegglin mit einem Vorschuss aushelfen. Dieser benötigt sie, um eine Entschuldigung des Blick einzufordern und Ringier auf Schadenersatz und Gewinnherausgabe einzuklagen.» So der wohl über jede Wächterrolle hinausgehende Spendenaufruf in nicht völlig korrektem Deutsch, obwohl das Gendersternchen sitzt.

Nach dem Hinterlassen des Millionengrabs «watson» verröstet Spiess-Hegglin-Fan Voigt aktuell mit «bajour» das Geld einer schlecht beratenen Milliardenerbin. Das könnte noch deren Problem sein, aber wenn ein Organ die besondere Betreuung von «Fairmedia» bräuchte, inklusive Kurse und Trainings, dann wäre es – «bajour». Während Voigt sonst immer furchtbar ethisch am Teetisch sitzt, weist Christian Mensch in der «Schweiz am Wochenende» zu recht darauf hin, dass dieses Randgruppenmedium schon längst «ein Fall für Fairmedia» sein müsste.

«Wenn Du dich zum Fall äussern möchtest, kannst du *** gerne kontaktieren. Auch anonym.»

Vorverurteilung und Aufruf zur anonymen Denunziation im Fall eines Basler Grafikers, dem in Leipzig wegen angeblichen «Übergriffen» gekündigt wurde. Das ist übelster Gossenjournalismus, aber mit der richtigen Gesinnung.

«Die Bajour-Berichterstattung liest sich nun, als stände Bajour selbst vor den Schranken des Gerichts. Man stelle sich vor, ähnlich würde über eine Pnos-Anhängerschaft berichtet.» So kritisiert Mensch die völlig distanzlose Parteinahme bei den sogenannten Nazifrei-Prozessen gegen linke Politaktivisten. Ein letztes übelriechendes Müsterchen aus dem ethisch hochstehenden Schaffen des Blödblatts: «Denunziation von Immobilienbesitzern, die möglicherweise eine «Massenkündigung» planten. «Rasterfahndung» nennt Bajour selbst das Verfahren, offenkundig völlig blind, was dieser Begriff historisch bedeutet», echauffiert sich Mensch.

Da der Verein «Fairmedia» auch in Basel sitzt, wäre es doch ein Leichtes für ihn, mal vor der eigenen Türe zu kehren. Aber da hindern die Scheuklappen davor, die grossen Töne auch dort umzusetzen, wo man selber ideologisch beheimatet ist. Da inquisitorisch nachzuhaken, wie das Schulthess beim Tagi tut? Auf keinen Fall.

Verein mit Schneckentempo

Aber: Ein Verein, der sich angeblich für Medienethik und die Einhaltung von Regeln einsetzen will, das aber nur sehr selektiv und in einer Richtung tut, hat jede Glaubwürdigkeit verloren und damit seine Existenzberechtigung. Auch von der neuen sich mit Trara vorstellenden Präsidentin Catherine Thommen war noch kein Ton zu dieser Sittenverluderung zu vernehmen. Dafür blubbert sie Lachschlager wie diesen: «In den sozialen Medien ist es einfach, sich in der eigenen Bubble zu bewegen.» Wohl wahr, das gilt aber auch für «Fairmedia».

Statt sich um solche offenkundigen und naheliegenden Ausraster wie bei Voigts «bajour» zu kümmern, wächst der «Geschäftsführer» des Vereins immer mehr in seine Rolle als selbstherrlicher Rächer angeblicher Opfer hinein. In der Berichterstattung von «20 Minuten» und im «Blick» über ein Tötungsdelikt an einer 22-Jährigen meint Schulthess «eine krasse Persönlichkeitsverletzung» entdeckt zu haben.

Deshalb hat er gleich zwei Beschwerden in dieser Sache beim Presserat eingereicht. Wie er einräumt, immerhin diesmal konkret auf die Fragen von ZACKBUM antwortend: «Die Presseratsbeschwerde habe ich – als Nicht-Jurist – vollumfänglich selbst verfasst.» Nun, wer keine Ahnung von ethisch vertretbarem Journalismus hat, kann doch auch keine Ahnung von Jurisprudenz haben. Was zählt, ist einmal mehr die gute Absicht.

ZACKBUM wollte dann noch wissen, wie es hier eigentlich mit den Kosten steht. Denn der Presserat verlangt laut seinem Geschäftsreglement von Organisationen – im Gegensatz zum individuellen Beschwerdeführer – eine Unkostenbeteiligung von Fr. 1000.- pro Beschwerde. Allerdings hat hier die Geschäftsstelle des Presserats die Möglichkeit, darauf zu verzichten.

Da wir, im Gegensatz zu Voigt, «Fairmedia» und vielen anderen Heuchlern immer allen Beteiligten die Gelegenheit zur Stellungnahme geben, fragten wir also beim Presserat an, wie es denn bei diesen Beschwerden durch einen Verein finanziell aussehe. Das brachte uns eine Antwort der Geschäftsführerin ein, die ausführliche Zitierung wert ist:

«Ich bestätige Ihnen, dass die zwei von Fairmedia erwähnten Beschwerden beim Presserat eingegangen sind. Zur Frage der Verfahrenskosten: Gemäss Art. 20 Abs. 2 Geschäftsreglement wird Beschwerdeführenden, die sich anwaltlich vertreten lassen, sowie Organisationen, Unternehmen und Institutionen eine Kostenbeteiligung von 1000 CHF in Rechnung gestellt. Gestützt auf ein begründetes Gesuch kann diese Gebühr erlassen werden. Der Entscheid über den Erlass erfolgt in Absprache mit dem Gesamtpräsidium. Der endgültige Entscheid obliegt der Geschäftsstelle. Zu konkreten – hängigen – Beschwerdeverfahren äussert sich der Presserat nicht.»

Darüber hinaus bittet die Juristin doch tatsächlich darum, «allfällige Zitate vorab zur Autorisierung zuzuschicken». Sie will ihre Zitate aus dem eigenen Geschäftsreglement autorisieren? Absurd, aber sicherlich Ausdruck einer gewissen Nervosität.

Ist «Fairmedia» auskunftsfreudiger? «Wir sind eine gemeinnützige Organisation, die sich für Betroffene von unfairer Medienberichterstattung einsetzt. Wir sind durch Mitgliedsbeiträge und Spenden finanziert und verfügen über ein sehr kleines Budget. Deshalb haben wir beim Presserat eine Befreiung der Verfahrenskosten beantragt.»

Medienethik kann sich nicht um Kleinigkeiten kümmern

Immerhin. Nun bleiben allerdings bloss ein paar rechtliche Kleinigkeiten auf der Strecke. Wie kann eine gemeinnützige Organisation gleichzeitig – natürlich honoriert – «Kurse, Medientrainings, Workshops» und Beratungen jeder Art anbieten, damit gutes Geld verdienen – und gleichzeitig unter Berufung auf Gemeinnützigkeit, womit wohl eher Eigennutz gemeint ist, um den Erlass von 2000 Franken quengeln?

Für zwei Beschwerden, die selbst beim ebenfalls einäugigen Presserat kaum Chancen haben? Zudem schreibt Schulthess, dass er diese Beschwerden selbst verfasst habe. Kann man daraus schliessen, dass er sie auch selbst unterzeichnet hat? Wenn ja, hätten sie sich schon damit erledigt. Denn da es die Position eines «Geschäftsführers» in den Vereinsstatuten gar nicht gibt, ist der auch nicht zeichnungsberechtigt.

Denn im Sinne der Transparenz sind sie einsehbar. Dort heisst es glasklar: «Die Organe des Vereins sind a. Generalversammlung, b. Vorstand». Dann heisst es noch glasklarer: «Die rechtsverbindliche Unterschrift führen der Vereinspräsident oder die Vizepräsidentin zu­sammen mit einem weiteren Mitglied des Vorstandes.»

Geschäftsführer? Rechtsverbindlich? Über solchen Pipifax hat sich offenbar dieses «Kompetenzzentrum» keine Gedanken gemacht.

Wir fassen zusammen: Gurkentruppe, gegen aussen vertreten durch einen gar nicht vorgesehenen Geschäftsführer. Gegen den das Kompetenzzentrum auch wegen Persönlichkeitsverletzung vorgehen sollte. Aber der eigenen.

Dass all die teilweise hochwohllöblichen Mitglieder des Vorstand, des Patronatskomitees, die wohl schon einen guten Teil aller Mitglieder bilden, zusehen wollen, wie auch – wenn vorhanden – ihre Reputation den Bach runtergeht, peinlich. Umso schneller dieser Schandfleck verschwindet, desto besser für die Medienethik.