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Chor der Dummschwätzer

Make journalism dumb again. 7,2 Millionen Dollar für Alaska, das muss rückgängig gemacht werden.

Da will der bald einmal mächtigste Mann der Welt, Herr über die mit Abstand grösste Militärmaschine, über genügend Atombomben, um den Planeten in die Luft zu sprengen, militärische Gewalt bei der Annexion souveräner Staaten nicht ausschliessen.

Er will noch mehr Faustrecht einführen, als in internationalen Beziehungen ohnehin schon herrscht. Der ganze Kontinent Afrika leidet unter den willkürlichen Grenzziehungen der Kolonialmächte. Dennoch kommt selbst der verrückteste afrikanische Herrscher nicht auf die Idee, eine Veränderung dieser Grenzen, notfalls mit Gewalt, zu fordern. Weil selbst der dümmste afrikanische Herrscher weiss, dass damit das totale Chaos ausbrechen würde, verheerende Bürgerkriege die Folge wären, Massenelend und Zerstörung.

Wenn Russland versucht, sich mit militärischer Gewalt ein Stück von der Ukraine abzuschneiden, wird das zu recht einhellig verurteilt. Wenn Israel ausserhalb seiner Landesgrenzen Kriegsverbrechen begeht und von der Annexion sowie Besiedelung weiterer Gebiete redet, wird das ebenfalls von jedem anständigen Kommentator verurteilt.

Aber wenn das stabile Genie Donald Trump Ungeheuerliches raushaut, dann wird schöngeschwatzt, relativiert, die Idee nicht einfach als absurd-gefährlich abgewatscht, sondern in schlechtester intellektueller Tradition mit wichtiger Miene «reflektiert» und «analysiert». Dabei ist sie nur eins: krank und gefährlich.

Entweder wagt man sich gleich an eine Apologie wie die Schande seines Berufs Hubert Wetzel. Dass zwar die Kommentatoren beim Tagi aufbegehrt haben, von der Redaktion bislang kein Wort gegen dessen Ungeheuerlichkeiten gestellt wurde, ist trauriger Beweis dafür, dass die Rumpfredaktion, vor Angst vor dem nächsten Rausschmeissen gelähmt, Schaumgummi als Rückgrat und opportunistischen Schaum im Hirn hat. Feigheit statt Anstand, was für ein Desaster.

Dass der gleiche Wetzel, der noch das Ende der Demokratie befürchtete, als Trump gewählt wurde, nun eine von dessen beknackten Ideen gar nicht so schlecht findet, ein Stück aus dem Tollhaus.

Die Copycat Urs Gehriger haut wie meist in der «Weltwoche» mal wieder kräftig auf die Kacke:

«Trumps Grönland-Offensive ist kein launischer Akt eines Grössenwahnsinnigen. Sie ist im geostrategischen Kontext zu verstehen.»

Gehriger stellt die Pseudofrage: «Wird Trump tatsächlich einen Krieg gegen einen Nato-Partner vom Zaun brechen?» Das weiss man noch nicht, aber alleine die Drohung damit reicht doch schon.

Der Mann mit der merkwürdigen Frisur und dem verletzten Ego eines häufigen Losers habe das ja auch nicht so gemeint. Was hat er eigentlich gemeint? Nachdem er seine Ansprüche auf souveräne Staaten raushaute, wurde Trump gefragt, ob er zur Umsetzung dieses Wahnsinns ausschliesse, auch wirtschaftliche und militärische Macht einzusetzen.

Zuerst antwortete der Amok mit einem knappen «Nein». Dann legte er nach:

«Nein, bei keinem von beiden kann ich Ihnen eine Zusicherung geben, aber eines kann ich sagen: Wir brauchen sie für unsere wirtschaftliche Sicherheit.»

Das verband er mit der Aufforderung an Dänemark, die Kontrolle über Grönland aufzugeben. Sonst werde er hohe Zölle gegen den Nato-Partner erheben. Von strategischer Bruderhilfe, von der Gehriger fantasiert, war keine Rede.

Was angesichts dieser Ungeheuerlichkeit etwas in den Hintergrund geriet: zum Nahen Osten fielen ihm auch markige Worte ein: «Im Nahen Osten wird die Hölle losbrechen, und das wird nicht gut für die Hamas sein, und es wird – offen gesagt – für niemanden gut sein.» Ausser, die Geiseln seien bis vor seinem Amtsantritt am 20. Januar wieder zuhause.

Absurd, ungenau, der typische Anfängerfehler eines Amoks. Wer wie Obama damals beim Giftgaseinsatz durch das Assad-Regime damit droht, dass ein Überschreiten dieser roten Linie nicht geduldet werde – und dann nichts tut, hat sich blamiert. Trump will sich ganz sicher nicht blamieren.

Der «geostrategische Kontext», von dem Gehringer schwafelt, besteht schlichtweg darin, dass sich die USA privilegierten Zugriff auf die reichen Bodenschätze Grönlands sichern wollen. Dafür ist Trump jeder Vorwand recht, und zu seinem Wohlbehagen gibt es auch unter deutschen Medienschaffenden genügend Blödköpfe, die das mit blumigen Girlanden von wegen Schutz Europas vor Russland und China versehen.

Das Gleiche gilt auch für den Panamakanal. Trumps Behauptung, die Gebühren für eine Passage seien exorbitant zu hoch und benachteiligten die USA, sind, um ein trumpsches Lieblingswort zu verwenden, Bullshit. Sie liegen unterhalb denen des Suezkanals, es wird niemand benachteiligt oder bevorzugt, und die Rückgabe des Panamakanals an Panama ist völkerrechtlich so unangreifbar die die territoriale Integrität der Ukraine.

Wenn schon, könnte Kolumbien nicht nur auf den Kanal, sondern auch auf Panama Anspruch erheben. Denn schliesslich war es ein imperialistischer Akt der USA, dass sich dieser Wurmfortsatz 1903 von Kolumbien abspaltete. Damit die Marionettenregierung den USA erlauben konnte, den Kanal zu bauen und auch gleich sich das Territorium drum herum unter den Nagel zu reissen. Der Hay-Bunau-Vanilla-Vertrag. Man nennt ihn auch den Vertrag, den kein Panamaer unterzeichnet hat. Aber solches historisches Wissen kann man weder bei Trump, noch bei Gehriger noch bei den meisten Schreibtätern voraussetzen.

Bei allem Wahnsinn, der auf der Welt herrscht, hat bislang seit dem Zweiten Weltkrieg kein Irrer versucht, sich einen souveränen Staat einzuverleiben. Im Gegenteil, es entstanden diverse neue Staaten als Abspaltung von grösseren Gebilden.

Da aber die Geschichte weit zurückreicht, findet sich immer ein historischer Anlass, die «Rückgabe» oder die «Übergabe» eines strategisch, militärisch oder wirtschaftlich interessanten Stück Staats zu fordern.

Fängt jemand damit an, bricht der völlige Wahnsinn aus. Der Zar Alexander II. leierte den Verkauf von 1,6 Millionen km2 an die USA an. Im Morgengrauen des 30. März 1867 war man handelseinig: es wurde ein Scheck über lächerliche 7,2 Millionen Dollar für Alaska ausgestellt. Weder die dort lebenden Ureinwohner, noch die dort lebenden Russen wurden gefragt. Dabei wurde sogar ein höheres Angebot von Grossbritannien ausgeschlagen.

Der Check, mit dem Alaska gekauft wurde.

Treppenwitz der Gesichte: zuvor hatte der Zar das riesige Territorium anderweitig zum Kauf angeboten. An das Fürstenhaus von Liechtenstein.

Alleine hier gibt es also genügend Gründe, die Rechtmäßigkeit dieser Transaktion anzuzweifeln. Oder aber, das tut ja Trump im Fall Grönlands auch, einfach auf den Tisch zu klopfen und bei der Rückgewinnung Alaskas wirtschaftliche sowie militärische Mittel nicht auszuschliessen.

«Matto regiert», nannte das Friedrich Glauser, «world gone wrong», sang Bob Dylan. Denn es ist ja nie der Wahnsinn eines Einzelnen. Sondern der Chor von Wahnsinnigen, der die Welt in den Abgrund schieben kann.

Wetzel dreht durch

Tamedia übernimmt inzwischen jeden Schrott aus der Süddeutschen Zeitung.

Schon vor seinem Amtsantritt hat Donald Trump bekanntlich Interesse an diversen souveränen Staaten geäussert. Er hätte gerne Panama, Kanada und Grönland. Vorläufig, so als Anfang. Und bist du nicht willig, brauch ich Gewalt: dabei schliesst er die Anwendung militärischer Mittel ausdrücklich nicht aus. Also ein.

Das ist reiner Wahnsinn, ein Novum in der neueren Geschichte, dass der Oberbefehlshaber der mächtigsten Militärmacht der Welt in spe unverhohlen damit droht, sich andere Länder mit Gewalt anzueignen. Dagegen sind die Handlungen Putins und die Politik Chinas gegenüber Taiwan Kinderkram.

Würden die Herrscher Chinas oder Russlands solche Ansichten äussern, die westlichen Medien wären ausser sich. Aber Heuchelei und Doppelmoral erreichen neue, ungekannte Höhepunkte. Genauso, wie völkerrechtswidrige und verbrecherische Handlungen Israels im Libanon oder in Syrien kleingeredet oder nonchalant berichtet werden, vollziehen erste Journalisten bereits eine atemberaubende Kehrtwende und machen einen Bückling vor einem brandgefährlichen Mann.

Der bereits mehrfach verhaltensauffällig gewordene Hubert Wetzel, für die Süddeutsche Zeitung in Brüssel, hat völlig den Verstand verloren:

«Wenn Trumps Amerika den Europäern hilft, Chinas und Russlands hegemoniale Ansprüche in der Arktis einzudämmern, ist das eine gute Nachricht.»

Es fehlen einem die Worte. 2020 raunte Wetzel noch dunkel: «So sterben Demokratien», als Gruss zum Wahlsieg von Trump. Denn früher war diese Schande seines Berufs für die SZ für die USA zuständig. Dann rief er anlässlich der Ukraine bereits den dritten Weltkrieg aus. Und nun das.

«Trump darf sich gern für Grönland interessieren». Wie bitte? Das «wäre eine gute Nachricht für Europa», behauptet der Mann allen Ernstes, «wenn es ihm um die Sicherheit in der Arktis gehen würde». Man muss sich vor so viel geballtem Wahnsinn zuerst einen Moment sammeln. Da will ein Amok, noch bevor er die Mittel und die Möglichkeit dazu hat, ernsthaft fordern, dass Grönland, ein selbstverwalteter Bestandteil Dänemarks, den USA einverleibt wird. Ob als neuer Bundesstaat, als Kolonie oder einfach als imperiales Eigentum, ist völlig ungeklärt.

Und statt dass ein Aufschrei durch die Medien geht, schreibt der erste Wendehals eine »Analyse», dass man darüber durchaus ernsthaft nachdenken sollte, weil das gar keine schlechte Idee sei. Man kann es nicht oft genug wiederholen: dass Trump – im Duett mit Musk – der gefährlichste Mann der Welt ist, ist eine Sache. Das die ersten Schmierenjournalisten auch in deutscher Sprache versuchen, seine absurden imperialen Fantasien zu rechtfertigen, ist die andere, genauso erschütternde Sache.

Der Schluss von Wetzels Geschmiere ist so ungeheuerlich wie der ganze Rest:

«Bleibt die Frage nach der Methode, mit der Trump eine grönländisch-amerikanische Vermählung erreichen möchte. Wie Wladimir Putin, der die Ukraine durch eine Vergewaltigung in die Zwangsehe mit Russland führen will? Oder über eine andere, völkerrechtlich legale und politisch ausgehandelte Konstruktion, bei der es weder zum Krieg mit Dänemark noch zu einer imperialen Unterwerfung der Grönländer kommt

Die Annexion eines Landes über eine «völkerrechtlich legale Konstruktion»? Grossartig, wieso hat Trottel Putin eigentlich nicht daran gedacht, bevor der die Ukraine überfiel? Das wäre doch auch ein Königsweg für China, sich Taiwan einzuverleiben. Deutschland könnte daran denken, die nach dem Zweiten Weltkrieg an Polen verlorenen Gebiete wieder heim ins Reich zu holen. Wieso dürfte sich Serbien nicht wieder den Kosovo oder Montenegro einverleiben? Schluss mit den von den Kolonialherren in Schwarzafrika gezogenen Landesgrenzen, da sollte wieder zusammenwachsen, was zusammen gehört.

Und wenn wir schon dabei sind: An der Vereinbarung des Zaren mit den USA, ihnen Alaska zu verkaufen, kann doch auch gerüttelt werden, das müsste endlich wieder in den Besitz Russlands überführt werden. Ist doch sowieso irr, dass die USA ausserhalb ihres Stammterritoriums noch so ein riesiges Stück Land besitzen, das ihnen eigentlich gar nicht gehört.

Sollte diese Irrwitzpolitik Trumps Schule machen, ist der Ukrainekrieg nur ein Vorgeschmack auf weltweite Metzeleien, Grenzverschiebungen, Kriege, Eroberungen und Rückeroberungen. Wobei dann der Einsatz von Atomwaffen diesem Irrsinn ein Ende bereiten würde, weil es nichts mehr gäbe, was sich zu erobern lohnt.

Dass solche Gedanken in einem kranken Hirn unter einer merkwürdigen Frisur keimen, nun ja. diesen Präsidenten haben die Stimmbürger der USA gewählt.

Dass aber ein Mitarbeiter einer angeblich seriösen deutschen Zeitung einen solchen Schwachsinn schreibt, ist nochmal eine Steigerung des Wahnsinns. Dass Tamedia sich nicht enblödet, das unkritisch einfach zu übernehmen, ist ein weiterer Tiefpunkt so weit unten, wie man ihn sich, trotz Abhärtung, nicht vorstellen konnte.

Sollte die Menschheit die Präsidentschaft Trumps überleben, muss dieses Machwerk an einen Schandpfahl des journalistischen Niedergangs genagelt werden. Es steht hurrapatriotischem Gebrüll vor und während des Ersten Weltkriegs in nichts nach.

Wenn sich gegen die Publikation dieser Monstrosität nicht hörbarer Widerstand in der Restredaktion von Tamedia entfaltet, ist es leider völlig klar, dass sie nur noch aus feigen Opportunisten besteht, denen ihr Pöstchen wichtiger ist als Haltung, Rückgrat und Anstand.

Verborgene Perle

Per Zufall ist ZACKBUM auf ein Juwel von Text gestossen.

Auch eine Restaurantkritik kann zu einem funkelnden Diamanten geschliffen werden. Wenn man’s kann und nicht gerade Nutella in einer Schokoladentarte vermutet.

Dabei hat Katharina Bracher ganz anderes durchgestanden. Ein solches Erlebnis launig durchzustehen und dem Leser als Leckerbissen zu servieren, das ist gekonnt:

«Wir, das sind sechs Autorinnen und Bloggerinnen, die von einem Reiseanbieter in ein sterbendes Dorf an der Westküste Grönlands gekarrt wurden. Hier serviert eine 2-Michelin-Sterne-Gastwirtschaft ein Stück Walhaut in Form und Grösse eines Spielwürfels.»

Man muss zugeben, auch das Leben eines Restaurantkritikers hat nicht nur schöne Seiten: «Den tranigen Geschmack in meinem Mund spüle ich mit einem Schluck kostbaren Champagner aus dem 18 Flugstunden entfernten Frankreich.» Offensichtlich ist es hier einem Restaurant am, Pardon, Arsch der Welt gelungen, die kulinarische Version von des Kaisers neue Kleider aufzuführen, denn es hat doch tatsächlich zwei Michelin-Sterne und einen lausigen Service: «Wir warten vor leeren Champagnergläsern, als vierzig Minuten später der zweite Gang kommt.»

Allerdings hebt der auch nicht gerade die Stimmung: «Vor mir steht ein Schüsselchen, in dem ein briefmarkengrosses Stück Fisch schwimmt. Es ist ein roher Kapelan mit silbriger Haut, daneben Pfützen aus fermentierten Stachelbeeren, die sich von einer Salzlake absetzen. Den Atem anhaltend, kaue ich auf der zähen Haut herum und schlucke. Brot gibt es immer noch keines. Der Würgereflex treibt mir die Tränen in die Augen.»

Nun kommt offenbar jeder weitere Gang, oder sollte man Gängchen sagen, mit Weinbegleitung, was durchaus beachtliche Folgen hat:

«Irgendwann verstummen die Gespräche. Eine der Frauen legt ihren Kopf auf der Tischplatte ab und atmet geräuschvoll ein und aus. Ich setze mit einem Magengrummeln einen Akzent in der Stille. Es ist jetzt nach Mitternacht. Der Höhepunkt des Abends ist schon Stunden her: ein blutrotes Club-Sandwichlein aus hauchdünnem Rentierspeck, darin steckte der ganze Flügel eines Schneehuhns: Das Gericht sah aus wie die Überreste einer überfahrenen Möwe.»

Eigentlich will die Autorin aufstehen und dieser Qual ein Ende machen, aber: «Genau in diesem Moment serviert die Bedienung einen Mundvoll geschmorten Moschusochsen mit geräuchertem Knochenmark auf einem Löffelchen Rhabarbermatsch. Ich bin zu betrunken, um zu fragen, ob Rhabarber auf Permafrostboden gedeiht

Natürlich, die Schlusspointe ist vorhersehbar, «lehne ich mich an die Brüstung vor dem Klippenrand und gebe dem Meer sein Fett zurück».

Das ist nun kein Text, der irgend ein Problem der Welt löst. Vielleicht nicht einmal das Phänomen, das absurd Abgelegenes und Verschrobenes im dekadenten Journizirkus seine Liebhaber findet, die sich nicht trauen, so herrlich entlarvend darüber zu schreiben wie Bracher. Allerdings läuft sie damit das Risiko, nie mehr zu solchen kulinarischen Höhepunkten eingeladen zu werden. Aber es ist zu vermuten, dass sie das verschmerzen kann. Obwohl wir Leser dann nicht mehr in den Genuss einer so witzigen Beschreibung von Ungeniessbarem kommen.