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Wenn Beat Balzli in den Ferien ist …

… dann macht die B-Mannschaft ein B-Blatt.

«Paula und die Kollegen stehen für herausragenden Journalismus», behauptete Balzli. Für das Magazin trifft das schon mal nicht zu, und für das Hauptblatt? Da ist der Ständer des herausragenden Journalismus Daniel Foppa am Gerät. Und hebt gleich mal die Eigentherapiesitzung der Chefredaktorin Paula Scheidt aufs Cover:

Übrigens, die fünf politisch korrekt ausgewählten Menschen haben weiter nichts zu bedeuten. Sie sollen bloss die Frage illustrieren, da das Magazin dafür einen scheusslichen Typotitel wählte. Brr.

Sein Editorial missbraucht der stellvertretende Chefredaktor Foppa für Reminiszenzen an (der lebt noch) Wolf Biermann. Der grösste Wendehals aller Zeiten («Die Erde wird rot, so oder so») drischt inzwischen verbittert auf alles ein, was links ist. Und links beginnt für Biermann knapp neben seinem linken Augenwinkel. Obwohl Biermann mal noch linker als Sahra Wagenknecht war, ist sie für ihn (und für Foppa) inzwischen eine «Linkspopulistin».

Was für ein gehaltvoller Beitrag für die anstehenden Landtagswahlen in Deutschland. Aber immerhin, eine gute Nachricht kann Foppa verkünden: «In dieser Nummer ist zudem die letzte Kolumne von Rolf Dobeli zu lesen.»

Was ist sonst noch zu lesen? «Die Zoomer zeigen ihre Kraft». Ungefähr 90 Prozent der Leser dürfte nicht wissen, was das denn schon wieder ist. Auf jeden Fall spiele es sich in Asien und Afrika ab, ein zweiter Grund, weiterzublättern. Dabei gerät man aber vom Regen in die Traufe:

Das ist vielleicht eine demagogische Illustration; es fehlen eigentlich nur noch die Hörner auf dem Kopf …

Dann «trotzt eine blinde Lehrerin Putin», was mutig und edel von ihr ist, aber vielleicht nicht wirklich eine Seite über die russische Opposition wert.

«Gülle vor Geld», ein geschmackvoller Titel über der Story, dass viele Bauern die Pensionskassen-Reform ablehnen wollen.

Erschütternd dann «Report&Debatte». Aufmacherbeitrag: «Keine Jahreszeit passt so gut zum Zeitgeist wie der Sommer». Die ehemalige Volontärin Gina Bachmann hat wohl ihren Schulranzen wiedergefunden, mitsamt «mein liebes Tagebuch». Pennälergedanken in der NZZaS? Au weia. Schon der Anfang wirkt wie eine kalte Dusche: «Wie wir ins Wasser springen und das Boot hinter uns schaukeln lassen. Wie wir nachts im Garten sitzen und die Fledermäuse über unseren Köpfen zählen.» Neben diesem Schulaufsatz-Anfang hätte der Lehrer notiert: Schwülstig. Und seit wann befinden sich Fledermäuse in einem Garten?

Aber man denkt schnell mit Wehmut an dieses Geschreibsel zurück, denn Patti Basler ist aus den Ferien zurück. Leider. Eine irre Volte macht dann Markus Bernath, der Kriegskorrespondent aus dem sicheren Wien. Er konstatiert, dass die Sprengung der Nord-Stream-Pipelines wohl tatsächlich von Selenskyj höchstpersönlich angeordnet und von der Ukraine ausgeführt wurde. Peinlich für alle Beteiligten, vor allem für die deutsche Regierung. Aber Bernath weiss Rat und Trost: diese Pipelines hätten «vor allem nie gebaut» werden sollen. Ja dann, fort mit Schaden.

Immerhin, die «Wirtschaft» bringt ein wenig Lesestoff, über den Stellenabbau bei der UBS und über die Schmonzette, dass die Schuhfirma On «seit Jahren gratis Garten und Pool der Schweizer Botschaft in den USA für einen Werbe-Event nutzen darf».

Nicole Kopp, die dem Kolumnentitel «Geld & Geist» Hohn spricht, kümmert sich diesmal um die Frage: «Fühlen Sie sich häufig müde? Vielleicht leiden Sie unter sozialem Jetlag». Nein, nur bei der Lektüre überkommt einen ein Schlafbedürfnis, wie man es sonst nie verspürt.

Und die «Kultur»? Sagen wir so: im Vergleich zur Kultur bei Tamedia ist sie ein gewaltiges Ereignis, grosses Kino. Was aber nicht viel heisst.

Wenn Balzli aus den Ferien zurückkommt, wartet ein ganzer Haufen Arbeit auf ihn. Denn God Almighty Eric Gujer ist nicht bekannt dafür, dass er solchem Hallodri und wildem Treiben und ungenierter Nabelschau allzu lange zuschaut.

 

 

Fan-Postille NZZ

Man muss hier von einer Obsession für ein Polit-Pin-up sprechen.

Es gibt Journalisten, die fahren auf High Heels ab. Es gibt viele Journalisten, die Äusserlichkeiten anhimmeln. Aber wieso ausgerechnet die gesetzte NZZ sich in eine schmachtende Fan-Postille verwandelt? Für die Wechseljahre ist die alte Tante dann doch etwas zu alt.

Oder ob sie inzwischen ein Faible für Modestrecken hat? Am 6. September bemühten sich Samuel Tanner und David Biner um ein Porträt der Dame mit Migrationshintergrund:

Das Wichtigste an solchen Artikeln war hier erfüllt: der Name wurde richtig geschrieben, und das Objekt der Schreibbegierde wurde gepflegt inszeniert fotografiert. Im taubenblauen Hosenanzug, züchtig zugeknöpft, der eine Arm abgewinkelt eingestützt, das lange vor dem Spiegel geübte Mona-Lise-Lächeln sitzt, wunderbar.

Am Sonntag 11. September dann – leider ohne Bild – eine Lobeshymne: «Es kommt wieder Schwung in die Europa-Initiative von Operation Libero und den Grünen.» Statt zu schreiben, dass diese Initiative eine Lachnummer ist, vorschnell angekündigt, dann ohne Initiativtext, dann nicht einmal von der eigenen Partei unterstützt, die Geldsammlung dafür hängt in den Seilen. Aber nein: «Ich habe eine Aufbruchstimmung erlebt, was mich natürlich sehr glücklich macht», darf die Initiantin schwurbeln.

Aber selbst die beiden Autoren Gina Bachmann und Andrea Kucera relativieren: «Bis die Initiative richtig Fahrt aufnimmt, dürfte es ein paar Monate dauern.» Wenn sie überhaupt jemals Fahrt aufnimmt.

Geht da noch einer im Bereich Anhimmle-Journalismus? Natürlich, wenn Rafaela RothRena Zulauf ist eine der geschicktesten Medienanwältinnen des Landes») gerade mal verhindert ist, geht Nadine A. Brügger ans Gerät. Die ist sonst für Rundumschläge zu haben, wenn’s beispielsweise um die Berichterstattung über den Roshani-Skandal geht. Hier holzte die NZZ kräftig mit, worauf Brügger dann allen übrigen Medien – ausser der NZZ natürlich – unverantwortliche Holzerei vorwarf.

Hier, am 13. September, ist sie aber ausgesprochen in Schmusestimmung:

Diesmal präsentiert sich die Dame in einer «Säuliamt-Tracht» beim Schachspiel. Dass die Figuren völlig idiotisch stehen, passt irgendwie zu ihr.

Über das gestellte Foto kann man wenigstens lachen, offenbar versucht die alte Tante, Tamedia zu zeigen, wie man ein Foto am besten stellt.

Tamedia versuchte es ganz am Anfang der Karriere der Dame mal so:

Ein Dream-Team. Dann holte der «Tages-Anzeiger» die staatsfrauliche Version vor die Linse:

Dann aber gab der Tagi richtig Gas, kleiner als mit einem Sprung vom Höllentor machte es die Dame nicht:

Zwischendurch erschien auch noch eine Modestrecke im «Magazin» der NZZaS. Unvergessen auch der Auftritt in der «Schweizer Illustrierte».

Aber zurück zu den Inhalten. Inhalten? NZZ-Brügger versucht sich in einer Imitation von «Bravo»: «Immerhin hat sie laut eigenen Angaben «das Selbstbewusstsein eines durchschnittlichen weissen Siebzigjährigen» Wann Ameti zur Selbstdarstellerin wurde, weiss sie nicht mehr.»

Was Brügger zu erwähnen vergisst: Auch Selbstdarsteller sollten etwas darstellen. Sonst ist man einfach ein Polit-Pin-up-Girl.

Nun legt Brügger richtig los: «Doch fünf Minuten reichen Ameti, um den Abend für sich zu entscheiden. In Anlehnung an Dürrenmatts Gefängnisrede wirft sie Blocher vor …»

Überhaupt, wenn sich die Dame mit jemandem vergleicht, dann natürlich nur mit ihm: «Es gibt nur einen, der mehr Spass hat in der Schweizer Politik als ich: Christoph Blocher. Darum ist er der Einzige, der mich nicht langweilt». Daher: «Nun, 31 Jahre später, will sie Blochers Erbin werden.» Selten so gelacht.

Ausser aber, sie muss weiterziehen: «Sie will den Koffer, der zu jeder Zeit gepackt in ihrer Wohnung steht, nie brauchen.» Welch ein Schicksal, als Flüchtlingskind in die Schweiz gekommen, hier wieder Zielschreibe von Fremdenfeindlichkeit, daher der gepackte Koffer. Drama, Baby, Drama.

Und die Drama-Queens treffen sich im Text; Brügger zitiert die Dame: ««Hier ist meine Heimat, aber was, wenn wir wieder vertrieben werden?» Der Koffer beruhigt. Es liegen darin etwa wetterfeste Stiefel, mit denen man auch durch den Wald laufen kann, wenn es in Strömen regnet.» Wow.

Dann wird aber schwer relativiert: «Im Schnitt bekommt Ameti zwanzig Hassnachrichten pro Tag.» Das waren auch schon mal bis zu 100, aber als ZACKBUM nachfragte, ob man mal eine anonymisierte Auswahl sehen könne, verstummte die Dame plötzlich.

Wie kann man eine solche Lobeshymne am Schluss noch zum Crescendo steigern? Wie kann man auf eine schriftliche Schleimspur noch einen Zuckerguss legen? Brügger gelingt das Unmögliche:

«Im Zug zurück nach Zürich ist sie stiller als sonst. Schaut aus dem Fenster. «Vielleicht», sagt sie plötzlich, «war Ankommen nie die Aufgabe meiner Eltern. Das ist jetzt mein Job.» Für einen Augenblick ist die Rüstung weg.»

Der Leser aber bleibt verwirrt zurück. Was ist nur mit der NZZ los? Wallungen? Alterssenilität? Ratlosigkeit herrscht.