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RTS: Romands mit Trieben und Sexgelüsten

Schon wieder ein Abgrund. Nein, diesmal nicht bei Tamedia. Aber beim welschen Staatsfunk.

Man (auch Mann, Frau, divers und überhaupt) ist erschüttert. Mehr als das:

«Einzelne Mitarbeiterinnen begannen in der nachfolgenden Fragerunde zu weinen und sprachen angesichts der Befunde von einem «absoluten Skandal», während ihre Kollegen die Fakten als «niederschmetternd» bezeichneten oder sich bei den Anwältinnen für die «unglaubliche Arbeit» bedankten

Echt jetzt? Weinende Journalistinnen? Was ist denn passiert? Wurde ein Gendersternchen gemeuchelt? Nein, das ist kein Platz für Scherze. Tamedia vermeldet:

«Rassismus, unerwünschte Küsse, Anfassen von Brüsten, Berührungen am Gesäss, Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung, Arbeitsüberlastung, Beleidigungen gegen Schwangere, Festhalten in einem Raum: Die Missstände beim Westschweizer Radio und Fernsehen (RTS) sind weit komplexer, vielfältiger und gravierender als bislang bekannt.»

Der Trompeter von Jericho, auch als Philippe Reichen bekannt, spielt wieder sein Lieblingsinstrument. Als – man erinnert sich noch? – «Le Temps» mit Anlauf den ehemaligen News-Star von RTS in die Pfanne hauen wollte, war Reichen schon zur Stelle. Die Vorwürfe gegen Darius Rochebin erwiesen sich zwar als haltlos und falsch; entsprechende Schadenersatzforderungen laufen. Aber Reichen formulierte kühn «Die Mauer des Schweigens bricht».

Auch bei Übergriffen muss enthüllt werden

Er «enthüllte» weitere, länger zurückliegende Probleme rund um die Einstellung einer TV-Talkshow, die nach 12 Folgen mangels Publikumsinteresse eingestellt wurde – 2015. Das war dann auch nicht so der Knaller, aber nun hat das Genfer Anwaltsbüro «Collectif de Défense» intern die Resulate seiner Untersuchung der jüngsten Vorwürfe präsentiert.

Die Mitglieder des Anwaltskollektivs.

Weil wir beim seriösen Staatsfunk sind, wo sorgfältig zwischen intern/vertraulich und öffentlich/skandalös unterschieden wird, fanden die Ergebnisse sofort den Weg in die Medien. Also nicht ganz, den Weg zu Reichen. Der lässt wieder keinen Stein auf dem anderen:

«Die Arbeitsrechtsexpertinnen bezeichneten Mobbing und Übergriffe bei RTS als «systemisch». Sie betonten, die untersuchten und ungeahndet gebliebenen Missstände hätten über einen Zeitraum von 20 Jahren stattgefunden. Bei RTS habe ein «Gesetz des Schweigens» geherrscht.»

Dagegen haben die AnwältInnen des Kollektivs was, so ihre Selbstanpreisung: «Les avocat-e-s du Collectif de Défense sont soucieux de pratiquer aussi bien une écoute attentive de la personne, qu’un professionnalisme rigoureux. L’efficacité et la combativité font la marque de l’Etude

Effizienz und Kampfbereitschaft als Markenzeichen, da wird offenbar kein Pardon gegeben. Auf der anderen Seite: «Die Anwälte des Verteidigungskollektivs glauben an eine für alle zugängliche Gerechtigkeit. Daher wendet das Verteidigungskollektiv einen Stundensatz an, der nicht abschreckend ist und unter den im Berufsstand üblichen Sätzen liegt.»

Da können wir für uns Zwangsgebührenzahler nur hoffen, dass sie diesem löblichen Prinzip auch in diesem Fall nachgelebt haben. Denn solche Untersuchungen gehen normalerweise ganz schön ins Geld; Beträge von einer Million aufwärts sind völlig handelsüblich.

Für einen kann’s nun ganz eng werden

«230 Zeuginnen und Zeugen, also mehr als ein Zehntel der RTS-Belegschaft, haben sich beim Anwaltsbüro gemeldet und für den Bericht ausgesagt», weiss Reichen im Weiteren. Damit dürfte eine siebenstellige Honorarnote garantiert sein.

Besonders heikel kann’s nun für SRG-Generaldirektor Gilles Marchand werden. Der war noch im April vom SRG-VR auf eine «sekundäre Aufsichtsverantwortung» runtergestuft worden, wobei man ihm keine groben Fehler vorwerfen könne. Also salviert, Job gerettet, nur keine Unruhe ganz oben.

Sollten die Vorwürfe dieser Untersuchung sich tatsächlich erhärten lassen – im Gegensatz zu den bislang völlig beweisfreien Behauptungen der Tamedia-Protestfrauen –, dann dürfte es doch eher eng werden für Marchand.

Das ist dann nicht nur für ihn persönlich eine ganz schlechte Nachricht. Denn sollte sich der SRG-VR zu einem Opfer entschliessen, dann müsste natürlich die Nachfolge für Marchand gleich geregelt werden. Und dessen Stellvertreterin ist – Nathalie Wappler. Damit wäre dann der Weg in eine gloriose TV-Zukunft geebnet.

 

 

 

Totalflop «Play Suisse»

SRG hat ein Streamingangebot. Nur: kein Schwein schaut. Aber wir sind beim Gebühren-TV.

Das kann sich nur ein Staatssender leisten. Pardon, ein Gebührensender mit Auftrag des Service Public. Gratis, versteht sich, oberhalb der Zwangsgebühren. Und auf allen Kanälen, sowie modern und vorne dabei.

Deshalb gibt es seit einem halben Jahr «Play Suisse». Ein Totalflop, der von jedem Sender, der etwas auf die Kohle achten müsste, schon längst eingestampft worden wäre. Mal ein paar Zahlen, um die Relationen zu wahren:

Nummer zwei im Streaming-Angebot in der Schweiz ist Netflix. 1,8 Millionen zahlende Nutzer. YouTube hat 5,5 Millionen. Und «Play Suisse» hat 260’000 Gäste mit Login. Gratis natürlich, als Bestandteil des «service public» der SRG. Ach, was «Play Suisse» eigentlich ist?

«Die neue Streaming-Plattform der Schweiz. Hier finden Sie die  besten Schweizer Filme – ohne zusätzliche Kosten.» Alles ausgewählt, kuratiert, «alles, was Sie dafür benötigen, ist ein Login. Entdecken Sie eine neue Art des Fernsehens.»

Die neue Art des Fernsehens ist bei näherer Betrachtung alt

Neu? Selten so gelacht. Schon beim Login hat sich SRG verstolpert. Denn die Informationen wandern schnurstracks in die USA mit ihren lausigen Datenschutzgesetzen. Weil die SRG zu schmürzelig war, eine eigene Software zu entwickeln – oder in der Schweiz einzukaufen. Lieber eine Bude im Portefeuille von Microschrott.

ZACKBUM hat diesen Skandal aufgedeckt – aber keinen interessiert es. Dabei lohnt sich die Lektüre des Kleingedruckten: «Wir geben Personendaten auch an Dritte beziehungsweise Auftragsbearbeiter weiter, die ihren Sitz nicht in der Schweiz und in Nicht-EU/EWR-Ländern haben.»

Ausser, natürlich, der Nutzer protestiert dagegen. Aber wie soll er das tun, wenn er keine Ahnung hat, was mit seinen Daten passiert? Immerhin, die gute Nachricht ist: die Anzahl Nutzer mit Login ist überschaubar. Sehr überschaubar.

Wer kam denn auf diese tolle Idee? Die «Medienwoche» kolportiert das so: Generaldirektor Gilles Marchand habe eines Tages einen Einfall gehabt: «Ich war überzeugt, dass die Schweiz eine Plattform braucht, die einheimische Serien, Filme und Dokumentationen aus allen Landesteilen an einem Ort vereint».

Wer ist an einem Ort vereint?

Nun, gönnen wir Marchand diese Legende, er hat’s ja auch nicht leicht zurzeit. Da braucht er jedes Erfolgserlebnis. Nur: woher nehmen – und nicht stehlen? Ursprünglich war geplant, diese Plattform zusmmen mit privaten Anbietern aufzubauen. In erster Linie wäre da der Wanner-Clan (CH Media) mit seinen zusammengekauften TV- und Radiostationen in Frage gekommen.

Nur: man konnte sich nicht einigen, damit verabschiedete sich doch ein gröberes Stück der landesweiten Plattform. Denn die 3-Plus-Gruppe überflügelt inzwischen gelegentlich sogar die Einschaltquoten von SRF. «Ein Streaming-Portal zu etablieren, auf das niemand gewartet hat, schafft man nur mit einer gewissen Wasserverdrängung», meint Nick Lüthi in der «Medienwoche» richtig. In den sechs Monaten seiner Existenz verdoppelte Netflix die Zahl seiner zahlenden Gäste. Allerdings auf einem ganz anderen Niveau. Platzhirsch SRG hat rund 4,3 Millionen Unique Users pro Jahr.

Eine lachhaft kleine Zahl. Kaum einer kennt «Play Suisse». Das liegt auch an der grossartigen Idee, diese Streamingplattform nicht in die vorhandenen Internet-Auftritte der SRG einzubinden. Auf der anderen Seite, wenn schon, denn schon, werkeln ganze 17 Vollzeitstellen für ein Angebot, bei dem gilt: kein Schwein schaut.

Zusammenfassung: ein Desaster

Wir fassen zusammen: lausig- fahrlässiger Umgang mit Datenschutz der User. Nischenangebot, kaum einer kennt’s. Aber immerhin gratis, wenn man nichts dagegen hat, dass seine Daten im Netz herumschwirren.

Schön für SRG, dass Wertschöpfung oder Ertrag nun wirklich etwas für private Anbieter ist. Das kann man bei Einnahmen pro Kopf der Schweizer Wohnbevölkerung von 365 Franken im Jahr durchaus verstehen. Wir reden hier von grösseren Beträgen, die schlichtweg verwaltet, verröstet, in langweiliges Sendungsbewusstsein umgemünzt werden.

Aber mal Hand aufs Herz: nur weil der Generaldirektor mal eine Idee hatte, wofür man ihm ja gratulieren möchte, bei dem Gehalt? Für mehr als eine halbe Million im Jahr (mehr als ein Bundesrat) sollte das ab und zu drinliegen. Andererseits: wenn die Idee halt ein Totalflop ist, wieso dann dran festhalten?

Halbe Kiste, aber kein Geld für den Coiffeur?

Ach so, weil’s doch keine Rolle spielt. Wenn die Kostenstellennummern vergeben sind, läuft halt sowas wie geschmiert. Und läuft und läuft und läuft. Steht einsam und alleine im Netz rum, hält immerhin eine Schar von Medienschaffenden in Lohn und Brot. Könnte man auch einfach abschalten, und kaum einem würde es auffallen. Aber wieso auch, der zwangsweise bespasste Gast zahlt doch sowieso.

«Play Suisse»? Wer sucht das? Ohne Lupe?

Ach, und obwohl auch die SRG letztes Jahr einen Millionenverlust einfuhr, ist das doch kein Grund, die happigen Saläre der Teppichetage etwas niedriger zu legen. Ebenfalls ist es kein Grund, an den angeblich «leistungsabhängigen» Lohnkomponenten was zu schräubeln. Wer sich mal an eine halbe Kiste gewöhnt hat, dem würde es schwer fallen, sich mit weniger zufriedengeben zu müssen.

 

Schamlose SRG

Ein Elefant lässt sich nicht so schnell aus dem Tritt bringen. Die SRG ist ein Elefant.

Medienwandel, Spardruck, auch bei der SRG gibt’s Entlassungen? Das «Fallbeil vom Leutschenbach» macht ihrem Übernamen alle Ehre? Der Generaldirektor Gilles Marchand hat die Affäre beim welschen Ableger der SRG, dessen Chef er war, nur knapp überlebt?

Na und? Kein Grund, im Geschäftsbericht für 2020 keine Jubelarien anzustimmen. Schön gemacht, bunt, viele bunte Bilder, Grafiken, Illustrationen. 215 Seiten, alles wunderbar im Staate SRG.

Höchstwahrscheinlich wurde auch die Anzahl weiblicher Mitarbeiter im Foto mit den männlichen korreliert und ins Verhältnis eins zu eins gesetzt. Man könnte höchstens meckern, wieso die anderen ca. 164 offiziellen Geschlechter nicht genügend berücksichtigt wurden.

Ist jemand in einer Gesprächssituation mit anderen fotografiert und trägt keine Maske, dann wird vorsorglich darauf hingewiesen, dass diese Aufnahme vor Corona gemacht wurde. Also korrekter, transparenter und ausgewogener kann so ein GB nicht erstellt werden.

Ab Seite 114 widmet sich der SRG-GB den «Mitarbeitenden», genauer «unserer Verantwortung für die Mitarbeitenden». Frauenförderung, prozentuale Vertretung weiblicher Mitarbeiter, Lohnspanne (unter 1 zu 10!), alles transparent, alles paletti.

Irgendwann geht es um Kohle, natürlich

So robbt man sich auf Seite 130 vor; «Vergütung Verwaltungsrat SRG» und Vergütung der Geschäftsleitung. Auch hier herrscht Transparenz. Die Total Compensation wird aufgeführt, man muss nicht wie bei Banken auf den 650 Seiten noch alle versteckten Incentiv- und Bonus-Programme finden und dazuzählen.

Der VR-Präsident verdiente 2020 für ein 50-Prozent-Pensum 153’300 Franken, ein VR für ein 20-Prozent-Pensum 45’428 im Schnitt. Medienprofis wie die Leser hier können sicherlich alle Namen ohne zu stocken aufsagen, nicht wahr?

Der Generaldirektor Gilles Machand kassierte 532’857 Franken, die übrigen GL-Mitglieder rund 390’000 Franken im Schnitt. In den Geschäftsleitungen der Unternehmenseinheiten waren es rund 260’000 im Schnitt. Ist das viel, ist das wenig, ist das zu viel?

Es ist auf jeden Fall elefantös. Denn in dieser Einkommensklasse hat die Höhe des Salärs nur mehr sehr wenig mit der Leistung zu tun. Genauso wenig wie in der Führungsetage von Banken. Es geht hier auch um Statussymbol, um das Signal: wir sind das auch wert. Allerdings: wie bei Banken ist es natürlich so, dass es Gebrüll gibt, wenn das Ergebnis schlecht ausfiel, gespart und entlassen wird, während auf der Teppichetage jede Menge Flops geboren und gesäugt werden.

Wieso sollen Elefanten sensibel reagieren?

Da könnten sich Mitarbeiter, Öffentlichkeit und Politik eine etwas sensiblere Reaktion vorstellen als: Ich, Lohnverzicht? Gohts no? Schliesslich habe auch jeder Mitarbeiter grosszügig eine Extra-Geschenk von 200 Franken erhalten. Richtig, fürs grosse Engagement, und macht Euch eine schöne Woche damit. Nun ja, einen schönen Tag. Oder vielleicht halt eine schöne Stunde.

Vorbild? Selbst weisse Weste Urs Rohner verzichtete bei der Credit Suisse auf seinen Bonus? Na und, wir sind hier doch bei einem Staatsbetrieb. Pardon, bei einem gebührenfinanzierten, staatsunabhängigen Sender. Da ist der Geschäftsgang doch sowieso nicht dermassen wichtig. Gewinn, Verlust, was soll’s. Also muss doch auch bei den Gehältern ganz oben gelten: was soll’s.

Das ist letztlich so wie früher bei einer GV einer Grossbank. Die vorne anwesenden Mitglieder der GL und des VR wussten: das kann ein langer Tag werden, bis sich der letzte Kleinaktionär ausgeschimpft hat. Trotz Redezeitbeschränkung und allem. Aber: einmal im Jahr, normalerweise, es geht vorbei. Und dann kann man sich wieder darum kümmern, wie man all das viele Geld, dass man zwar nicht verdient, aber kassiert, ausgibt.

Und bei der SRG? Falsches Signal, Leistung muss sich lohnen, Sozialneid, verdient ist verdient? Mag alles sein. Nur: so als Geste 10 Prozent des dann immer noch üppigen Einkommens, ach, damit die Kaviarbüchsen nicht kleiner werden müssen, 5 Prozent des Jahreslohns in einen Solidaritäts-Irgendwas-Fonds? Nützt nix, bringt nix, Symbolpolitik? Auch das mag alles sein.

Aber es würde dem Image, Renommee, dem Vertrauen und vielen anderen positiven Dingen sehr gut tun. Aber Elefanten nehmen solche Mückenstiche nicht einmal wahr. Genauso wenig, wenn sie mit dem Hintern das wieder einreissen, was sie mit dem Rüssel aufzubauen versuchen.

Im Gegensatz zu Elefanten haben aber alle Mitglieder der obersten Führung die Befähigung zur Selbstreflexion. Sie können ihre Wirkung analysieren. Sogar, wirklich wahr, selbstkritisch werden. Einsicht zeigen (nicht heucheln). Können, könnten, sollen, sollten. Hätte, hätte, Fahradkette, wie Nathalie Wappler sicher in Deutschland gelernt hat. Und Scham gehört nicht zu den Kernkompetenzen von Menschen, die sich bis nach oben durchgeboxt haben.

 

 

Das «Päckli» von Gilles Marchand und Nathalie Wappler

Die SRG schweigt Sexismusdebatte im eigenen Magazin tot.

«link» heisst das Mitarbeiter- und Mitgliedermagazin von der SRG Deutschschweiz. Der Namen ist wohl abgeleitet vom englischen «link» für Verknüpfung. Oder «Das Glied einer Kette». In der aktuellen Dezemberausgabe ist das «Glied» – um diese zugegebenermassen mittel originelle Brücke zu schlagen – aber in keinerlei Hinsicht ein Thema. Obwohl die SRG-Führung wegen dem Star-Moderator Darius Rochebin vom Westschweizer Fernsehen (RTS) und seinen im Raum stehenden sexuellen Übergriffen arg unter Druck steht. Was viele SRG-Mitarbeitende beschäftigt, wird totgeschwiegen. Doch der Reihe nach.

«Keine Kenntnis gehabt»

Rochebin soll seine berufliche Stellung und sein Ansehen ausgenutzt haben, um zu Sex zu kommen. Ein weiterer Kadermitarbeiter sei ebenfalls übergriffig geworden, und «alle hätten davon gewusst». Darum forderten 550 Mitarbeitende von RTS, immerhin gut ein Drittel der ganzen Belegschaft, in einer Petition die Absetzung der beiden Kaderleute und eine externe Untersuchung. Und was hat das mit der SRG zu tun? Der heutige SRG-Generaldirektor Gilles Marchand war von 2001 bis 2017 RTS-Direktor. Gegenüber watson.ch sagte die SRG-Medienstelle, Marchand habe von den falschen Facebook-Profilen Rochebins, nicht jedoch den Vorwürfen der sexuellen Belästigung Kenntnis gehabt. Sein Nachfolger als RTS-Direktor habe im Herbst 2017 «Massnahmen gegen Rochebin bezüglich der Einhaltung der Berufsregeln» ergriffen, über die Marchand informiert worden sei. Nun fordern kritische SRG-Angestellte und Mediengewerkschaften gar den Rücktritt von Marchand.

Ladina Heimgartner als Nachfolgerin?

Felix E. Müller gab kürzlich in der NZZaS noch einen drauf und brachte Ladina Heimgartner als Nachfolgerin ins Spiel. Sie ist seit gut einem Jahr bei Ringier, vorher arbeitet sie lange bei der SRG. Sie hat einige Vorteile gegenüber Marchand. Sie ist eine Frau, sie ist in der rätoromanischen Schweiz aufgewachsen. Und sie ist erst 40-jährig. Das ideale Alter, um den angestrebten «Transformationsprozess» der SRG auch durchzuziehen. Sprich, mehr digital, weniger Gewicht auf linear ausgestrahlte Sendungen.

«Lassen Sie mich das erklären»

Aber was hat das nun mit dem SRG-Heftli zu tun? Viel und nichts. Denn das Thema Rochebin-Sex-Marchand ist auch in Leutschenbach allgegenwärtig. Viele Mitarbeitende sind sauer, wie die SRG und demzufolge auch SRF das Problem angehen. Man bekommt den Eindruck, wie wenn die Chefs einander decken wollten. Aussitzen lautet die Devise. Dass in den nächsten Wochen Kündigungen anstehen, spielt dem Kader sicher in die Karten. Wer will schon aufmucken, wenn seine Stelle in Gefahr ist? In diese Strategie des Schweigens und Aussitzens passt nun eben die neuste Ausgabe von «link». Kein Wort über das Rochebin-Thema. Kein Wort. Dafür schreibt SRF-Direktorin in salbungsvollen Worten viel und doch wenig Konkretes über das «Transformationsprojekt SRF 2024». «Lasen Sie mich das Prinzip der Transformation am Beispiel der Volksmusik erklären», schreibt die Chefin etwa. Gestelzter geht fast nicht. Und das in einem Mitarbeiterheft, einem internen Produkt von und für Mitarbeitende. Theoretisch. Immerhin erfährt der Laie nebenbei, dass bei SRF heute weniger als 10 Prozent «unserer Mittel ins Onlineangebot fliessen, in einem Jahr sollen es etwa 20 Prozent sein.» Der Verlegerverband wird sich freuen.

Wie eine Programmzeitschrift

Was bleibt sonst vom «link»? Das Heft wirkt wie eine Programmzeitschrift. Der Text «Play Suisse» könnte auch im «Tele» stehen. Ebenso wie die Rubrik «Neu im Programm». Dafür kommen porträtierte Mitarbeiter eher zu kurz. Das Heft wirkt ziemlich unpersönlich, ja fernab von der Basis. Da ist das von zackbum.ch auch schon kritisierte Ringier-Blatt Domo noch um einiges menschlicher. Doch hier wie dort zeigt sich, dass die Chefs das letzte Wort haben. Darum ist im «link» kein Wort zum Thema Sexismus und Darius Rochebin zu finden.

In einer ersten Version wurde «link» als Mitarbeitermagazin bezeichnet. Das stimmt nicht ganz. Es richtet sich neben den Mitarbeiteiterinnen und Mitarbeitern auch an die Mitglieder der SRG. Die Auflage beträgt gut 16000 Exemplare.