Schlagwortarchiv für: Gewinnherausgabe

Fehler? Niemals

Es herrschen Sitten wie weiland im Vatikan.

Wo gehobelt wird, fallen Späne. Irren ist menschlich. Fehler passieren. Es zeichnet das menschliche Streben aus, dass wir nicht unfehlbar sind. Das hat sogar der Papst eingesehen, und das will ja etwas heissen.

Ob der Journalist nun Gottes unerforschlichem Ratschluss auf der Spur ist oder ganz weltlich irgend etwas beschreiben, reportieren, erklären will: dabei passieren Fehler.

Wie man mit denen umgeht, das nennt man Fehlerkultur. Journalismus ist zunehmend kulturlos. Zumindest im deutschen Sprachraum. Im angelsächsischen hat jedes Qualitätsorgan eine eigene Rubrik, in der es pedantisch alle Fehler aufzählt, die passiert sind. Und korrigiert.

Eine in deutschen Medien unbekannte Rubrik. Halt, die «Zeit» führt immerhin den Blog «Glashaus», in dem sie ab und an sogar kritisch über begangene Fehler berichtet. Aber im Glashaus an der Werdstrasse, an der Falkenstrasse, an der Dufourstrasse und auch in Aarau sind solche Einrichtungen unbekannt, ebenso am Leutschenbach.

Nur wenn flächendeckend und offensichtlich Unsinn verzapft wird, rafft man sich knirschend zu einer Richtigstellung auf. Paradebeispiel in Deutschland ist die Schlagzeile «Karlsruhe verbietet NPD». Damit war gemeint, dass das deutsche oberste Gericht die bräunliche Partei NPD verboten habe. «Spiegel online», «Zeit», NZZ, ARD, Phönix, die Schlagzeile. Nur: das Bundesverfassungsgericht hatte lediglich die Verlesung des Verbotsantrags vermeldet.

Das sind dann jeweils Anlässe, «Abläufe und Arbeitsweisen» kritisch zu hinterfragen – und sich sogar mal zu entschuldigen. Aber die Lieblingsnummer der Medien ist immer noch: ups, aber wenn’s keiner öffentlich merkt, einfach drüber hinwegsehen, ist dann mal weg.

Besonders einfach ist die Fehlerkorrektur online. Wenn hier vorher «offline» stand: schwups, weg isses, hat doch niemand gemerkt. Und selbst wenn, wer macht schon einen Screenshot zur Beweissicherung. Der Deutsche Journalistenverband hat mal die Malaise schön zusammengefasst:

«Namen werden falsch geschrieben, Zitate unsauber wiedergegeben, Gerüchte für bare Münze genommen, Zahlen unsinnig interpretiert, Statistiken missverstanden oder Überschriften so zugespitzt formuliert, dass sie sachlich falsch werden.»

Wenn ZACKBUM das als eigen Formulierkunst verkauft und nicht als Zitat ausgewiesen hätte: wer hätte es gemerkt? Wer hätte den Absatz durch Google gejagt? Das unlautere Verwenden von Zitaten ohne Quellenangabe ist nicht ein eigentlicher Fehler, aber auch ein Zeichen der allgemeinen Sittenverluderung. Was in angelsächsischen Medien erschien, was im fernen Indien, in Indonesien, in Brasilien, in Südafrika publiziert wird, wer kennt das schon? Copy/paste plus Übersetzungsprogramm.

Besonders übel wird die mangelnde Fehlerkultur, wenn Betroffene eine Korrektur, eine Richtigstellung verlangen. Ist es nicht ein offensichtlicher Fehler (falscher Name, falscher Ort, falsche Tatsachenbehauptung) wehren sich die Redaktionen bis aufs Messer. Vorreiter dieses üblen Brauchs ist die «Republik», aber auch die grossen Medienkonzerne in der Schweiz betrachten die Forderung nach einer Korrektur als Beschäftigungsprogramm für ihre juristischen Abteilungen.

Viele werden schon damit abgeschmettert, dass eine Gegendarstellung einigen Formvorschriften entsprechen muss, die dem Laien nicht bekannt sind. Tun sie das, gilt dennoch meistens: ist nicht gegendarstellungsfähig, abgeschmettert. Beschreiten Sie doch den Rechtsweg, und viel Spass dabei. Wir hoffen, dass Ihnen unterwegs nicht das Geld ausgeht.

Im besten Fall erscheint dann ein Jahr später eine Gegendarstellung oder «Richtigstellung» oder ein «Korrigendum». Meistens hängt die rachsüchtige Journaille noch den Satz dran: «Die Redaktion hält an ihrer Darstellung fest.» Womit der Effekt gleich null wäre.

Auch sonst tun Redaktionen viel, um die Korrektur eines Fehlers zu vermeiden. beliebt ist beispielsweise, dem fehlerhaft Kritisierten die Möglichkeit zu geben, in einem Interview seine Position darzulegen. Der Leser fragt sich vielleicht, was das soll; es soll eine Gegendarstellung vermeiden. Ein anderes Mittelchen ist der anschliessende Lobhudel-Artikel.

Nur ganz selten wird’s richtig bitter und teuer in der Schweiz. «Ringier entschuldigt sich bei Borers» war so ein Fall. Da musste Michael Ringier höchstpersönlich auf der Frontseite zu Kreuze kriechen:

«Auch Herrn Dr. Thomas Borer und seiner Frau stand eine Entschuldigung zu. Sie haben beide Ungemach erlitten, was ich bedaure. Wir haben uns bei ihnen entschuldigt. … Wir haben uns auch verpflichtet, für den finanziellen Schaden, welcher dem Ehepaar Borer-Fielding entstanden ist, aufzukommen. In langen Gesprächen konnte auf dieser Basis eine einvernehmliche Lösung im Interesse aller Beteiligten gefunden werden.»

Lange Gespräche ist gut. Normalerweise wird so etwas in der Schweiz mit einer Zahlung im vier- oder höchstens fünfstelligen Bereich beigelegt. Hier war der Betrag siebenstellig, weil dank der US-Staatsbürgerschaft von Frau Borer auch ein dortiger Gerichtsstand möglich gewesen wäre. Und US-Gerichte kennen keine Gnade bei der Festlegung von Schadenersatz wegen Persönlichkeitsverletzung.

Aber all das ist keine Fehlerkultur, sondern knirschendes und erzwungenes Nachgeben.

Neu im diesen Theater ist die «Gewinnherausgabe». Damit ist gemeint, dass das Opfer einer Persönlichkeitsverletzung auf dem Zivilweg verlangen kann, dass durch diese Verletzung entstandener Gewinn herausgegeben werden muss. Hört sich einfach an, ist aber in Wirklichkeit sauschwer. Denn wie misst man diesen Gewinn? Zurzeit läuft da ein Pilotprozess, bei dem die Vorstellungen des Opfers und die Wirklichkeit massiv auseinanderklaffen.

Durch die Monopolisierung des Tageszeitungsmarkts sind die Möglichkeiten einer korrigierenden Gegenmeinung sowieso fast inexistent. Tamedia und CH Media behaupteten am Anfang, dass sie sich ihres gesellschaftlichen Auftrags durchaus bewusst seien und sich selbstverständlich als Podiumszeitungen verstünden, in denen auch Gegenmeinungen durchaus ihren Platz hätten. Völliger Unsinn, wie ZACKBUM schon ausgetestet hat.

Probiert man’s, bekommt man selbst von einem zugewandten Redaktor die Rückmeldung: fantastisch geschrieben, aber du meinst doch nicht etwa, dass ich das an der Redaktionskonferenz vorbringen könnte.

Löbliche Ausnahme, das muss erwähnt werden, ist die «Weltwoche». Hier darf man sogar den Chefredaktor, Besitzer und Verleger in den Senkel stellen, wenn man’s kann. Oder man stelle sich eine kritische Kolumne vor, in der in der NZZ Eric Gujer, bei CH Media Patrik Müller, bei Tamedia Raphaela Birrer oder im «Blick» Christian Dorer, oh, Pardon, der ist ja weg, also Gieri Cavelty, hops, auch weg, also irgend ein Chief oder Head kritisiert würde.

Nein, kann man sich nicht vorstellen. Aber eigentlich macht nur die Kontroverse, die Gegenmeinung, die Korrektur eine Lektüre spannend. Doch Papiermangel, Geldmangel, Ideenmangel, das Glaskinn der Mimosen, die sich Journalisten nennen, die miefigen Gesinnungsblasen ohne Frischluftzufuhr, die von oben vorgeschriebenen Leitlinien, denen jeder zu gehorchen hat, obwohl sie natürlich nicht schriftlich festgehalten wurden, all das trägt dazu bei, dass die Lektüre der Tagespresse so oft schlichtweg mieft.

Wie man sich ins Elend rechthabert

Bei «Netzcourage» hat sich ein Dreamteam gefunden.

Es ist eine Tragödie, dass ein Verein mit einem durchaus lobenswerten Anliegen am Personal scheitert. Die Geschäftsführerin und hasserfüllte Kämpferin gegen Hass im Internet verschleisst Präsidenten und Vorstandsmitglieder à gogo.

Sie droht ihnen mit juristischen Schritten und anderem («Fülschi dir reichts auch langsam. Dass dies (und viele andere Aussagen der letzten Monate) justiziabel sind, dürfte sogar dir klar sein»), wenn mehr als ein ehemaliges Mitglied des Vereinsvorstands sich darüber beklagt, dass es keinen Einblick in die Buchhaltung gegeben habe.

Dass dort wohl ein dicker Hund begraben liegen könnte, dieser Verdacht drängt sich auf. Denn die Ex-Vorstandmitglieder begründen ihren Rücktritt damit, dass sie zwar für den Geschäftsbericht und die Buchhaltung haftpflichtig hätten unterschreiben sollen, das aber nicht wirklich guten Gewissens hätten tun können.

Das könnte auch der Grund dafür sein, dass der Verein in seiner kurzen Geschichte bereits drei Präsidentinnen verschlissen hat. Darunter eine, die in höchster Not ad interim antrat, nachdem ihre beiden Vorgängerinnen Knall auf Fall das Weite gesucht hatten. Nur, um dann selbst zurückzutreten, mit der bitteren Bemerkung: «Der Vorstand kann gar nicht strategisch arbeiten, weil Geschäftsführerin Spiess-Hegglin alles selbst machen will.»

Daraufhin ersetzte ad interim Hansi Voigt die Ex-Präsidentin a.i. Ob dabei alles mit rechten Dingen zuging, müsste ein Noch-Mitglied auf dem Klageweg austesten. Denn auch Vereine haben gewissen gesetzlichen Regeln zu folgen.

Auch bei der Entlassung von Mitarbeitern, damit die nicht «arbeitsrechtliche Auseinandersetzungen» führen müssen, wie ein «mit herzlichem Dank» Gefeuerter.

Aber das alles ist ja nur eine «querulantische Twitter-Verleumdungskampagne von vier Ex-Mitgliedern», die deswegen vom inzwischen frischgebackenen Präsidenten Voigt aus dem Verein gekübelt wurden.

Nun könnte natürlich Ruhe und Ordnung einkehren und sich der Verein endlich mal wieder um seinen Vereinszweck kümmern.

Da gibt es allerdings ein weiteres heikles Problem. In einem der letzten Prozesse, den Spiess-Hegglin noch nicht verloren hat, klagt sie bekanntlich gegen den Ringier-Verlag auf Gewinnherausgabe. Das kann sie, weil von fünf eingeklagten Artikeln vier als persönlichkeitsverletzend eingestuft wurden.

Nun ist es so, dass Ringier, um das lästige Problem vom Tisch zu haben, ein mehr als grosszügiges Vergleichsangebot machte (in der Höhe eines sechsstelligen Betrags, plus ein Propaganda-Interview im «SonntagsBlick» gratis obendrauf). Aber auf Anraten von Voigt lehnte JSH dieses Angebot ab.

Denn der angebliche Internet-Guru, der allerdings bislang eine Schneise der Zerstörung hinterliess, behauptet, dass Ringier an seinen Artikeln über JSH weit mehr als eine Million Franken verdient habe. Wie er das berechnet haben will, ist aber bislang sein süsses Geheimnis. Wenn es mit dem Geldverdienen per Klick so einfach wäre, würden doch weder «watson» noch «bajour» Millionengräber schaufeln …

Dass Voigt schon öffentlich eingestand, dass ihm der Unterschied zwischen Umsatz und Gewinn nicht klar ist, stärkt das Vertrauen in seine Rechenkünste ungemein.

JSH, applaudiert von einer wie meist inkompetenten Presse, verkündete vor einiger Zeit als grossen Triumph, dass Ringer gerichtlich dazu verpflichtet wurde, weitere Zahlen und Angaben zu den ersten vier eingeklagten Artikeln zu machen. Dadurch wurde der Eindruck erweckt, dass JSH nicht nur ein grosser Sieg zuteil wurde, sondern dass Ringier nun zur Kasse gebeten werde, und zwar vom Gröberen.

Die Wahrheit sieht etwas prosaischer aus, wie JSH inzwischen auch selbst kleinlaut einräumte. Sie habe diese Zahlen bekommen, teilte sie mit, aber die müssten nun von Spezialisten genauer analysiert werden. Denn hier kommt nun der entscheidende Punkt. Welche Gewinnsumme kann man aus diesen Zahlen extrahieren?

Tatsächlich mehr als eine Million Umsatz = Gewinn, wie Voigt behauptet? Oder lediglich ein paar Tausend Franken, wohlwollend gerechnet? Das ist nun die grosse Frage. Und da JSH etwas fordert, ist sie in der Pflicht, diese Forderung zu begründen. Sollte sie sich dabei tatsächlich auf die Rechenkünste ihres Vereinspräsidenten verlassen, dann gute Nacht.

Aber es könnte noch schlimmer kommen. Sollte sich in ein paar Jahren (schneller wird’s wohl nicht abgehen) herausstellen, dass dessen behaupteter Betrag aus einem Paralleluniversum stammt, dürfte sich JSH überlegen, wieso sie denn eigentlich auf das grosszügige Vergleichsangebot von Ringier nicht eingegangen war. Und sich daran erinnern, dass sie das auf dringliches Anraten ihres neuen Präsidenten tat.

Was das bilaterale Verhältnis in diesem Dreamteam sicherlich nicht verbessern dürfte.

Wumms: Hansi Voigt

Versagen als Geschäftsprinzip. Eine Schande seiner Zunft.

Sein hoffentlich letzter Streich heisst «bajour». Ein Online-Begräbnis von allem, was moderner Journalismus sein könnte. Schon der vierte Artikel auf der Webseite ist bereits 2 Tage alt. Mit dem Wörtchen «aktualisiert» werden Uralt-News aufgehübscht.

Kein Wunder, dass das niemand interessiert in Basel. Ausserhalb sowieso nicht. Obwohl sich Hansi Voigt für das gescheiterte Milliardengeschenk für Verlegerclans ins Zeug warf und ganz uneigennützig auf Kohle für «bajour» hoffte, ist er nicht darauf angewiesen.

Nachdem er erfolglos drei Millionen einer reichen Pharmaerbin verröstete, kriegt er als Läckerli gleich nochmal drei obendrauf. Die Angabe, wieviele «Member» die Serbel-Veranstaltung hat, ist schon längst gestrichen. Zunehmende Verwahrlosung macht sich breit.

Aber damit hat Voigt noch nicht genug Schaden angerichtet. Er gehört auch zum inzwischen weichen Kern der Unterstützer von Jolanda Spiess-Hegglin. Deren jüngste krachende Niederlage vor dem Bundegericht kommentiert er so: «Scheiss drauf.» Damit schliesst der sich der gepflegten Sprache der Kämpferin gegen Hass und Hetze an: «Aber weisch was? Figgdi».

Gleichzeitig reitet er sie weiter ins Elend, indem er als «Gutachter» für eine geforderte «Gewinnherausgabe» von Ringiers «Blick» auftritt. Da sieht er mal 100’000, dann 300’000 oder gar eine Million Umsatz oder Gewinn (da ist er etwas undeutlich) auf sie herunterregnen. Wenn sich wieder herausstellt, dass Voigt und Gewinn ein Widerspruch in sich selbst ist, ob sie ihm dann auch Obszönes nachrufen wird?

Angstbeisser Hansi Voigt

Der Minnesänger einer Milliardärin teilt nach einem Erweckungserlebnis wie ein wiedergeborener Feminist aus.

Es gibt in der Kynologie den Typus des Angstbeissers. Eine Situation wird als bedrohlich empfunden – knurr, schnapp. Kann man abtrainieren.

Hansi Voigt ist allerdings in einem Alter, in dem Erziehungsmassnahmen kaum mehr Sinn machen. Auch für Selbsterkenntnis ist’s zu spät. Er sieht sich als grosse Internet-Leuchte und erwähnt immer stolz seine Karriere bei «20 Minuten» und «watson». Weniger gerne fügt er hinzu, dass er beim ersten Organ einen Machtkampf verlor, beim zweiten Multimillionen verröstete und bei beiden gehen musste.

Fehlbesetzung Hansi Voigt.

Zurzeit geht er diesem Geschäft mit dem Elendsorgan «bajour» nach. Interessiert keinen, bietet nichts, behauptet, rund 3000 zahlende Unterstützer zu haben. Überlebt nur, weil eine spendable Pharma-Erbin Million um Million verlocht. Bald sind die ersten 3 Kisten verröstet, ohne dass «bajour» auf einen grünen Zweig gekommen wäre. Logisch: dann sind die nächsten 3 Millionen fällig.

Das hindert Heuchler Voigt aber nicht daran, gegen rechtsnationale Milliardäre zu wettern, die sich Zeitungen halten könnten. Gemeint ist Christoph Blocher, und dann ist’s pfui. Wenn es eine Oeri tut oder ein Brüderpaar bei der «Republik», dann ist’s was anderes, Gutes.

Parlamentarier und Stimmbürger, die das Referendum gegen das Medienpaket unterstützen, beschimpft er schon mal als «Freunde des Faschismus». Als das Gegenwind gab, ruderte er, typisch Angstbeisser, schnell zurück. «bajour», er selbst würden von diesem Medienpaket gewaltig profitieren, dem Steuerzahler sei Dank. Jedoch: wer Voigt auf seiner Seite hat, braucht für Spott nicht extra zu sorgen.

Den Höhepunkt seiner Rechenkünste erreicht Voigt im Dienste von Jolanda Spiess-Hegglin. Die fordert bekanntlich vom Ringier-Verlag Gewinnherausgabe. Wieviel? Voigt, der Gutachter, kam mal schnell auf eine Million Umsatz, also Gewinn (ist für das Finanzgenie das Gleiche), den Ringier mit seiner Berichterstattung kassiert hätte. Eiern als Rechenmethode: mal sind es 350’000 Franken Umsatz/Gewinn für 5 Artikel, mal 100’000 bis 200’000, je nach Tagesform von Voigt. Oder je nachdem, ob ihn Patrizia Laeri oder ein Redaktor von «10 vor 10» fragt.

Wenn Geldverdienen im Internet so einfach wäre, bräuchte es die Mediensubventionen gar nicht, und Voigt hätte vielleicht keine Spur der Zerstörung hinterlassen. Aber rechnen gehört nicht zu seinen Kernkompetenzen. Auf Anfragen antwortet er nicht, da verstummt der Angstbeisser.

Zu gerne hätten wir von ihm gewusst: «Sie kommen im Dienste von JSH auf einen Umsatz (oder Gewinn, das setzen Sie in der Dokumentation auf SRF gleich, ist auf Band) von einer Million Franken, bei den ersten eingeklagten Artikeln auf 350’000 Franken. Seriöse Internet-Koryphäen kommen auf höchstens 5000 Franken. Wie erklären Sie diesen Unterschied?»

Aber eben, die Freunde der Meinungsvielfalt und des demokratischen Diskurses fühlen sich nur in ihrer Gesinnungsblase wohl, wo jeder Zustimmung zum anderen blubbert und alle gemeinsam gegen den Rest der bösen Welt sind. Da das unter Luftabschluss stattfindet, entsteht ein übelriechender Fäulnisprozess.

Rechnen für Anfänger

Wenn es nach Hansi Voigt ginge, wäre das Internet eine Goldgrube für Verlage.

Eine einschlägig bekannte Reizfigur fordert vom Ringier-Verlag die Herausgabe des Gewinns, der mit ihre Persönlichkeit verletzenden Artikeln eingefahren wurde.

Im Prinzip ist dieser Ansatz nicht falsch. Ist die Persönlichkeit von jemandem verletzt worden, wie auch immer und wodurch auch immer, ist ein Schaden entstanden. Und das ermöglicht Wiedergutmachung oder Schadenersatz.

Allerdings sind wir hier glücklicherweise in der Schweiz und nicht in den USA. Was sich der ehemalige Botschafter Thomas Borer vom Ringier-Verlag erstritt, wird wohl einsamer Rekord bleiben.

Da beide Parteien sich einigten und Stillschweigen vereinbarten, kann man über die korrekte Zahl nur spekulieren. Auf jeden Fall stehen sechs Nullen hinter ihr.

Das war aber keine Gewinnherausgabe, sondern eine Zahlung, um ein ziemlich blödes Problem für den Verlag aus der Welt zu schaffen.

Diesmal geht es um Gewinnherausgabe

Im aktuellen Fall, der in Zug am Mittwoch vor Gericht verhandelt wurde, geht es im Wesentlichen um die Berechnung des möglichen Gewinns. Denn auf diesen erhebt die Klägerin Anspruch. Bedauerlich für sie: ihre Hilfskräfte sind nicht sonderlich qualifiziert. Ihre Anwältin hatte sich in Zug eine weitere Klatsche abgeholt, als ihr Rekurs gegen ein erstinstanzliches Urteil vollumfänglich abgeschmettert wurde und ihre Mandantin dadurch schmerzliche finanzielle Einbussen erlitt, durch die Kürzung des zugesprochenen Geldes um die Hälfte.

Zur Berechnung des Gewinns hat sich die Klägerin der Beihilfe von Hansi Voigt versichert. Das ist eigentlich immer ein Fehler, wie beispielsweise der Wanner-Clan nur zu schmerzlich erfahren musste. Dort hinterliess Voigt das Millionengrab «watson», bis er abberufen wurde.

Immer gut für einen, wenn er auf der anderen Seite steht: Voigt.

Nun will Voigt ausgerechnet haben, dass alleine schon mit fünf Artikeln der Ringier-Verlag einen Umsatz (oder Gewinn, da ist der Finanzcrack etwas undeutlich) von 350’000 Franken gemacht haben soll, insgesamt fantasiert er von einer runden Million.

Wie hier schon mehrfach gescherzt wurde: Wäre das Geldverdienen im Internet so einfach, würde Voigt nicht ständig Millionen verrösten, sondern mit seinen eigenen Online-Produkten massig Geld scheffeln.

Die Zahlen unterscheiden sich ein wenig

Anscheinend hat der beklagte Verlag seinerseits von wirklichen Internet-Kennern den möglichen Gewinn durchrechnen lassen, und zwar aufgrund der vorhandenen Zugriffszahlen. Er kommt dabei auf allerhöchstens 45’000 Franken, bei den fünf im Feuer stehenden Artikeln rechnet er eher mit 5000 Franken.

Auch das wäre ja noch ausserhalb der Reichweite von Voigts eigenem Bemühen. Nun ist aber zwischen 350’000 und 5000 eine klaffende Lücke.

Leider wurde es auch während der Gerichtsverhandlung nicht klar, wie viel Geld die Klägerin nun, gestützt worauf, bekommen möchte. Da herrscht wohl das einfach Prinzip: viel, denn sie braucht’s.

Wider Erwarten kam es weder vor noch im Gericht zu Solidaritätskundgebungen für die Klägerin, die im Vorfeld angekündigt hatte, live zu twittern. Das scheint das Gericht allerdings vernommen zu haben, denn es untersagte gleich einleitend jegliche Live-Berichterstattung.

Trotz hochgeschürten Erwartungen, das nun endlich die Gerechtigkeit siege und ein angebliches Medienopfer für seine erlittene Unbill entschädigt, einem Verlag auf Kosten einer verletzten Persönlichkeit zugeflossener Gewinn enteignet wird, vertagte sich das Gericht einfach.

Betritt das Gericht Neuland in der Schweiz oder schmettert es das Ansinnen einfach ab?

Es kündigte dabei an, dass es entweder in die Beweisaufnahme eintreten werde, also konkret wohl noch ein weiteres Gutachten in Auftrag gebe, was die Berechnung des erzielten Gewinns betrifft. Oder aber, sich gleich mit einem Urteil melden werde.

Das sind wieder mal keine guten Nachrichten für die Klägerin. Denn ein Urteil ohne weitere Gutachten würde wohl bedeuten, dass das Gericht die Berechnung des Verlags für stichhaltig hält, dem Traumtänzer Voigt keinen Glauben schenkt.

Vielleicht kommt eher ein Münzzähler zum Einsatz.

Damit würde eine weitere Geldquelle der Klägerin wegbrechen. Während ihre Anwältin ihre Honorarnoten unabhängig von Sieg, Niederlage, viel oder wenig Geld, einreicht. Und die sollen durchaus üppig ausgestaltet sein.

Das Private und das Öffentliche, Teil drei

Es bleiben nur Opfer zurück. Mit einer Ausnahme.

Hier geht’s zu Teil eins und Teil zwei.

Ein zum Helfer von Jolanda Spiess-Hegglin gereifter Boulevard-Journalist will auf abenteuerlichen Wegen ausgerechnet haben, dass «Blick» alleine online über eine Million Franken an seiner Berichterstattung über Spiess-Hegglin verdient habe. Lassen wir die Frage beiseite, wieso derselbe Helfer aus seiner Erfindung «watson» ein Millionengrab machte, wenn man dermassen einfach Geld im Internet scheffeln kann.

Eine Nebenfront als Bedrohung der Pressefreiheit

An einer Nebenfront ist es Spiess-Hegglin auch gelungen, eine superprovisorische Massnahme einstweilen durchzusetzen, die einer Journalistin präventiv verbietet, diverse Themenkomplexe um diese Landammannfeier publizistisch abzuhandeln. Das ist der wohl massivste Angriff auf die Schweizer Pressefreiheit seit dem Zweiten Weltkrieg.

Anstatt dieser Bedrohung für jeden investigativen Journalisten entgegenzutreten, wird dieses Urteil sogar bis in leitende Positionen von Medienkonzernen, zum Beispiel bei CH Media, begrüsst. Obwohl es bedeuten würde, dass jeder Journalist, der sich schon einmal über eine Person oder eine Firma kritisch geäussert hat, befürchten muss, dass er aufgrund eines Fragenkatalogs an dieses Objekt seiner Berichterstattung sofort mit einer Superprovisorischen überzogen werden kann. Was aus Angst um die Folgekosten die Lähmung der investigativen Tätigkeit bedeuten würde.

Das unschuldige Opfer ist allen Besorgten egal

Fast sechs Jahre nach dieser Feier bleiben eigentlich nur Verlierer und Opfer zurück. Zunächst P.K.*, der sich nichts zuschulden kommen liess, im wahrsten Sinne des Wortes unschuldig war und ist. Vielleicht könnte man sein Verhalten moralisch verurteilen, aber dass er gewaltige Kosten hatte, seine politische Karriere beenden musste, Ruf und soziales Ansehen verlor, das hat er sicherlich nicht verdient.

Es gehört zu den Perversionen dieses Falls, dass das völlig unschuldige Opfer allen Anhängern der Verteidigung von unschuldig in die Klauen der Sensationspresse geratenen Menschen schlichtweg schnurzegal ist.

Es gibt noch viel mehr Opfer

Ein weiteres Opfer ist das Ansehen der Zuger Justiz. Schon vorher nicht wirklich hoch, hat sie sich mit der hemdsärmeligen Auslegung des Umfangs der Privatsphäre einer öffentlichen Person an einer öffentlichen Feier nicht mit Ruhm bekleckert. Noch viel weniger mit dem Betreten von rechtlichem Neuland in Form einer präventiven und putativen Zensur von noch gar nicht Geschriebenem. Das ist die zum Leben erwachte Gedankenpolizei Orwells, die Umsetzung des Science-Fiction-Knallers «Minority Report».

Dann natürlich alle als Mitbeschuldigte oder Zeugen in diese Affäre geratenen Gäste, die doch eigentlich nur vor Weihnachten etwas ausgelassen feiern wollten. Dann die Angehörigen der beiden Hauptbeteiligten, die Kinder der Protagonistin, die Familie des unschuldig Beschuldigten.

Nach der Entschuldigung geht’s nur ums Geld

Alleine bei einer Beteiligten fällt es schwer, sie auch und ausschliesslich als Opfer zu sehen. Nachdem sie die von ihr selbst als moralisch wichtigstes Ziel bezeichnete öffentliche Entschuldigung von Ringier bekommen hat, und nun nur noch um Geld streitet, ist sie doch zumindest Opfer und Täterin. Indem sie ihr wohlgesinnte Journalisten exklusiv mit Informationen und Dokumenten anfüttert, wird ihre Behauptung, dass sie eigentlich nur in Ruhe gelassen werden möchte, sehr fragwürdig.

Hansi Voigt rechnet unlängst einen möglichen Gewinn von über einer Million Franken beim «Blick» aus, der mit Artikeln über Spiess-Hegglin erzielt worden sei. In seinem ausführlichen Interview mit Spiess-Hegglins Ehemann, das er im Juli 2017 auf «watson» veröffentlichte, ging er noch von «einem Bruttoumsatz der 19 Top-5-Geschichten von 80- bis 100’000 Franken» aus. Wie er von dieser Zahl inzwischen auf einen siebenstelligen Gewinn kommen will, ist schleierhaft. Aber Faktentreue, die Bestätigung von Aussagen, die er selbst gerade erfunden hat, Widerspruchsfreiheit, das war noch nie seine Stärke.

Luftnummern und realistische Einschätzungen

Nimmt man dagegen eine realistische Schätzung, begründet in Werbeeinnahmen und Erfahrungswerten, kommen Online-Marketingspezialisten auf einen denkbaren Gewinn von – alle erschienenen Artikel berücksichtigt und mit den jeweils obersten Annahmen – maximal 25’000 Franken. Diese Zahl würde auch mit dem damals von Voigt angenommen Bruttoumsatz von lediglich 19 Artikeln über Spiess-Hegglin korrelieren.

Faktenschwäche gilt auch für die von ihm damals vertretene Theorie, dass alle Indizien für die Anwendung von K.-o.-Tropfen bei Spiess-Hegglin, eventuell bei beiden Beteiligten, sprächen. Sie ist völlig aus der Luft gegriffen und widerspricht diametral dem extra erstellten «Plausibilitätsgutachten» eines ausgewiesenen Fachmanns.

Die absurde Logik eines negativen Verdachts

Da angeblich niemand weiss, was sich genau hinter verschlossenen Türen im Restaurant Schiff vor beinahe sechs Jahren abspielte, weil die Beteiligten einen Filmriss geltend machen, weil man hingegen weiss, dass es zu keinerlei strafbaren Handlungen dabei kam, verdichtet sich der unappetitliche Verdacht, dass hier jemand aus einem Filmriss ein Geschäftsmodell gemacht hat.

Denn es ist mit aller Rabulistik nicht möglich, einen sozusagen negativen Verdacht zu behaupten. Also eine Opferrolle mit der Behauptung zu konstituieren, dass es zwar keinen beweisbaren sexuellen Übergriff gegeben habe. Aber damit ja nicht erstellt sei, dass keiner stattgefunden hätte.

Das ist absurde Logik, nach dem Schema: Keine Katze hat zwei Schwänze. Eine Katze hat einen Schwanz mehr als keine Katze. Daher haben alle Katzen drei Schwänze.

*alle Namen der Redaktion bekannt.

Das Private und das Öffentliche, Teil zwei

Wie eine verfolgende Unschuld ein Geschäftsmodell entdeckt.

Hier geht’s zum Teil eins.

Hier beginnt die Geschichte nochmal. Denn Spiess-Hegglin wehrte sich gegen diesen von ihr so empfundenen Übergriff in ihre Privat- und Intimsphäre. Und begann einen juristischen und publizistischen Feldzug gegen alle, die sie, wenn schon nicht als Schändungsopfer, dann doch als Medienopfer skandalisieren und lüsterne Leser mit Details aus ihrem Privatleben verköstigen wollten.

Spiess-Hegglin führte und führt bis heute als verfolgende Unschuld einen Kampf darum, dass man sie endlich in Ruhe lasse und ihre Privatsphäre respektiere. Damit bleibt beides dem öffentlichen Interesse ausgesetzt. Das Medienarchiv SMD verzeichnet über 3000 Treffer, wenn man den Suchbegriff Spiess-Hegglin eingibt.

Es entwickelte sich ein weltanschaulicher Grabenkampf

Verschärft wird diese Auseinandersetzung dadurch, dass sich aus Rechtsstreitigkeiten mit einer Zeitung und einigen Journalisten ein weltanschaulicher Grabenkampf entwickelt hat. Hier die angeblich aufs Sexuelle reduzierte Frau, auf deren Kosten sich Skandalblätter einen schönen Tag machen, ein Opfer, das sich weigert, Opfer zu sein und, unterstützt von einigen Hilfstruppen, unermüdlich den Feldzug gegen unerträgliche Übergriffe in ihr Privatleben fortführt.

Dort die scheinbar übermächtige Phalanx von Grossverlagen, die eine einzelne Widerstandskämpferin fertigmachen wollen. So lautet das Narrativ, das Spiess-Hegglin unermüdlich verbreitet. Auf allen Kanälen, mit einem eigenen Verein, mit Crowdfunding für Prozessfinanzierung.

Das Obergericht Zug schmetterte die Berufung von Spiess-Hegglin ab

Nachdem auch die zweite Instanz in Zug festgehalten hat, dass es tatsächlich zu einer Persönlichkeitsverletzung durch eine nicht mit öffentlichem Interesse begründbare Berichterstattung kam, verlieren Spiess-Hegglin und ihre Unterstützerschar etwas den Kontakt mit der Realität und feiern das als weiteren triumphalen Sieg über das Boulevardblatt «Blick». Dabei ist ihrer Aufmerksamkeit offenbar entgangen, dass das Obergericht die von Spiess-Hegglin gegen das erstinstanzliche Urteil eingereichte Berufung vollumfänglich abgeschmettert hat. Hingegen der ebenfalls von Ringier eingelegten Berufung weitgehend entsprach, zum Beispiel mit einer weiteren Reduktion der ursprünglich geforderten Genugtuung von 25’000 Franken auf nur noch 10’000.

Auch mit ihrer Forderung, dass sich der Ringier-Verlag bei ihr entschuldigen müsse, kam sie vor Gericht nicht durch. Ihr Medienbüttel veröffentlichte flugs, dass sie das sehr bedaure. Um dieses Bedauern und das Urteil exklusiv melden zu können, brach er sogar die gerichtlich angeordnete Informations-Sperrfrist. Peinlich dann, dass sich der CEO von Ringier nach Ablauf der Sperrfrist freiwillig «aufrichtig und in aller Form» entschuldigte.

Entschuldigung ist nicht gleich Entschuldigung

Nach einem kurzen Moment der Sprachlosigkeit machte Spiess-Hegglin sich dann über diese Entschuldigung bei ihrer Twittergemeinde lustig, die sei doch gar nicht ernst gemeint. Aber zu ihrem Bedauern ist damit natürlich eine Kernforderung ihres Feldzugs weggefallen.

Obwohl Spiess-Hegglin sich mit ihrem Verein «Netzcourage» gegen «Hassrede im Internet» stellen will, gelegentlich auch schon mal anbietet, eine Strafanzeige zurückzuziehen, wenn dafür eine Spende gemacht werde, teilt sie selbst auch weit unter der Gürtellinie aus. So ernennt sie einen ihr missliebigen Journalisten zum Favoriten des «Wettbewerbs um das Arschloch des Monats», einen anderen rempelt sie an, ob der in der Schule überhaupt lesen gelernt habe. Wer ihren Twitterverlauf verfolgt, der sieht sich mit einer unter Luftabschluss verfaulenden Gesinnungsblase konfrontiert, mit einer Art Veitstanz, in dem sich Spiess-Hegglin und weitere Teilnehmer immer mehr gegenseitig aufschaukeln.

Geht sie einmal für zu viele zu weit, dann fängt sie das mit einer larmoyanten Entschuldigung wieder ein, wie im Fall des Favoriten in ihrem Arschloch-Wettbewerb. Das wird dann von ihrer Ingroup auf Twitter mit stehenden Ovationen bedacht, während die Entschuldigung des CEO von Ringier verlacht wurde.

Erforschung der Grenzen der Gewinnherausgabe

Was bleibt, sind ihre Forderungen nach Gewinnherausgabe. Damit ist gemeint, dass Opfer einer Medienberichterstattung verlangen können, dass der mit ihnen erzielte Gewinn, gemessen an höherer Auflage usw., herausgegeben werden muss. Damit betritt Spiess-Hegglin allerdings juristisches Neuland.

 

Fortsetzung folgt.

Der nachtragende Heuchler, Teil zwei

Nach «20 Minuten» und «watson» nun «bajour»

Hier geht es zum ersten Teil.

Matthias Zehnder und Hansi Voigt machten via «Medienzukunft» der «Stiftung für Medienvielfalt» ihr Projekt schmackhaft, wobei sie die armen Schweine der «TagesWoche» ausstachen. Also macht Voigt jetzt etwas, was er niemals mehr machen wollte: Er ist Co-Geschäftsleiter und Co-Chefredaktor.

So kann bajour.ch stolz vermelden, dass es von der «Stiftung für Medienvielfalt» mit jährlich einer Million gefüttert wird, ebenfalls von der Basler Christoph Merian Stiftung, die sich sonst um Kultur und wertvolle Einrichtungen wie das «Männerbüro» oder die «Suchthilfe» kümmert. Als «Eventpartner» sind eine Weinbar, eine Glacemarke und ein Mineralwasser aufgeführt.

Damit alles seine Ordnung hat, schickt Matthias Zehnder seine Antwort auf die Frage eines Journalisten gleich per cc an die Anwaltskanzlei Kellerhals Carrad; die gehört zu den «grössten und traditionsreichsten Kanzleien der Schweiz». Da werden wir beim Zitieren natürlich kein Komma verändern:

«Hans Voigt und ich haben vom Verein («Medienzukunft», Anm. R.Z.) den Auftrag erhalten, ein Onlinemedium für Basel zu konzipieren und mit Konzept und Businessplan um die Million der Stiftung für Medienvielfalt zu pitchen. Diesen Pitch haben wir gewonnen. Deshalb hat der Verein Medienzukunft Basel Bajour gegründet. Geplant war die Gründung einer gemeinnützigen AG, das ist im Kanton Basel-Stadt aber nahezu ausgeschlossen. Deshalb hat der Verein Medienzukunft Basel den Verein Bajour als operative Gesellschaft für das Medium gegründet. Der Verein Medienzukunft Basel ist also der Trägerverein von Bajour. Hansi ist im fünfköpfigen Vorstand, ich bin Präsident von Bajour.»

Und da soll noch einer sagen, es sei schwierig, in den Basler Daig vorzustossen. Man kann zudem Gönner von bajour werden oder schlichtweg in den «Recherchierfonds» oder anderweitig oder für Kultur spenden. Kein Wunder, Sugimoto weiss noch von der «Republik», dass die «Medienvielfalt» auch gerne für Kultur, also den Aufbau eines «Feuilletons» in der «Republik» oder den Aufbau des Internetauftritts bei der Ostschweizer Kultur-Publikation «Saiten», spendet.

Die einsamen Member von bajour

Aber eigentlich will bajour.ch «Member» dafür begeistern, 40 Franken im Jahr abzudrücken. Früher fand Voigt noch 100 Franken eine realistische Zahl, aber vielleicht hatte er da die Millionenunterstützung noch nicht im Sack.  Für die Member hat es extra einen Zähler im roten Streifen oben links auf der Homepage. Und der zählt und zählt, aber nicht sehr lange. Denn er kommt auch bei verschiedenen Besuchen nicht weiter als auf 1575.

Da Voigt wieder mal Geschäftsführer ist, rechnen wir mal für ihn. Bajour beschäftigt alles in allem 10 Mitarbeiter. Bei Schweizer Löhnen, Arbeitgeberbeiträgen, und so weiter sind das mal 100’000 im Monat, 1,2 Millionen im Jahr. Infrastruktur, Honorare und so weiter gar nicht gezählt.

Lassen wir auch die unbekannte Zahl von Gönnern und Spendern beiseite. Die Member steuern also rund 62’000 Franken bei. Schluck. Und unter 1600, nach einem halben Jahr und viel Trara, au weia. Aber solange gilt: Oeri zahlt ja, ist da kein Anlass zur Panik. Zumindest die nächsten zweieinhalb Jahre. Das entspricht ja auch der üblichen Halbwertszeit von Voigt.

Die Zukunft schon fest im Blick

Wie plant er seine fernere Zukunft, nach dem Abgang von bajour? Keine Bange, der Tausendsassa hat dafür die GmbH «dasnetz.ch» gegründet. Auch hier wollte Voigt offensichtlich nur ungern die Macht teilen. Bei Gründung gab es fünf Gesellschafter mit je 4000 Franken Einlage, wobei der Basler Piero Guicciardi den Geschäftsführer machte.

Dann räumte Voigt auf, inzwischen kontrolliert er die GmbH mit 67 Anteilen, sein Mitstreiter Caspar Zollikofer ist der einzige Überlebende des Gründungsteams, mit 66 Anteilen. Die werden à 100 Franken ausgewiesen, was nach Adam Riese 13’300 ergibt; sind von den zur Gründung einer GmbH nötigen 20 Mille schon knapp 7000 verröstet worden?

Wie auch immer, Voigt brüstet sich hier mit einer beeindruckenden Liste von Referenzen, und zudem hat er ja ein neues Betätigungsfeld gefunden. Er engagiert sich für Jolanda Spiess-Hegglin. Angeblich ohne Honorar, allerdings auch ohne Sachverstand.

Lesen sollte er schon können

So jubelt auch er, wie der gesamte Fanclub, dass Spiess-Hegglin auch vor dem Obergericht gegen den «Blick» gewonnen habe. Voigt muss ja nichts von Zahlen verstehen. Jurist muss er auch nicht sein. Aber lesen sollte er schon können. Er muss sich dabei gar nicht in die umfangreiche Urteilsbegründung vertiefen, ein Blick auf die Pressemitteilung des Zuger Obergerichts, der zweiten Instanz in diesem Fall, hätte genügt. Denn dort schreibt es in aller Deutlichkeit, es «weist die Berufung von Jolanda Spiess-Hegglin vollumfänglich ab».

Also ein vollumfänglicher Sieg, wenn man eine vollumfängliche Niederlage aus der Perspektive von alternativen Fakten betrachtet. Der Berufung des Ringier-Verlags wurde hingegen in den meisten Punkten entsprochen. Lediglich der zentrale Vorwurf, es habe sich um eine Persönlichkeitsverletzung gehandelt, bei der auch kein öffentliches Interesse geltend gemacht werden könne, wurde aufrecht erhalten.

Mit genauso wenig Sachverstand behauptet Voigt, dass der «Blick» nun die Gewinne aus seiner «illegalen» Berichterstattung herausgeben müsse. Aber wer Niederlage nicht von Sieg unterscheiden kann, kann noch viel weniger einen Zivil- von einem Strafprozess unterscheiden.

Zauberwort Gewinnherausgabe

Aber eigentlich geht es Voigt ja nur um das Zauberwort «Gewinnherausgabe». Dazu hat er, selbstverständlich honorarfrei, ein «Gutachten» erstellt. Denn Spiess-Hegglin betritt Neuland, indem sie auch die Gewinne von Online-Artikeln verlangt. Und da kam Voigt, auf abenteuerlichen Wegen (und obwohl ja auch der zweite Beteiligte in fast allen Artikeln vorkam) auf mindestens eine runde Million.

Aber hallo, da erhebt sich natürlich die Frage, wieso er selbst bei «watson» ein Millionengrab hinterliess, wenn es so einfach ist, im Internet Geld zu verdienen. Aufgrund dieser Berechnungen dürfte Spiess-Hegglin das Angebot zur Güte des Verlags abgelehnt haben: 150’000 Franken und eine Entschuldigung.

 

Fortsetzung folgt.

Hansi Voigt bekam einen umfangreichen Fragenkatalog und üppig Zeit, dazu Stellung zu nehmen. Aber wie Angstbeisser teilt er gerne aus, steht aber nicht seinen Mann. Die wiederholte Anfrage blieb unbeantwortet.

Wie lange duldet Verleger Wanner das noch?

Sein publizistischer Leiter ist schwer neben der Spur.

«Es gehört zu einem der wichtigsten Gebote des Journalismus, dass sich Medienschaffende von ihren Quellen nicht instrumentalisieren lassen dürfen, weil sie ansonsten Gefahr laufen, manipuliert zu werden.»

Das schreibt die Anwältin von Jolanda Spiess-Hegglin in ihrem 63-seitigen Wälzer, mit dem sie die Forderung nach Gewinnherausgabe begründet. Dieser Aussage kann man nur zustimmen. Allerdings: Pascal Hollenstein sieht das offenbar anders.

Seit er sich selbst bei Spiess-Hegglin für allfällige Fehlleistungen entschuldigte, lässt er sich als Sprachrohr missbrauchen. So ignorierte er sogar eine gerichtlich angeordnete Sperrfrist, um als Erster die Kommentare von Spiess-Hegglin zum jüngsten Urteil in ihrem Feldzug gegen Ringier publizieren zu können.

Nun geht’s ums Geld

Inzwischen ist bekannt geworden, dass Spiess-Hegglin schon vor dem Urteil des Zuger Obergerichts eine weitere Klage gegen Ringier eingereicht hatte. Diesmal geht es um Gewinnherausgabe. Hier ist die Reaktion von Spiess-Hegglin und Hollenstein auf meine diesbezügliche Anfrage am Donnerstag sehr befremdlich.

Wie es sich im seriösen Journalismus gehört, wurde ihnen genügend Zeit für Antworten eingeräumt. Aber von meinen Fragen aufgeschreckt, veröffentlichte Hollenstein noch am Donnerstagabend einen Artikel, der offenbar bereits abschussfertig vorlag.

Schon wieder liess er sich instrumentalisieren, um exklusiv und als Erster über die weitere Klage von Spiess-Hegglin zu berichten: «Jolanda Spiess-Hegglin fordert von Ringier Herausgabe des Gewinns.»

Beziehungskorruption vom Feinsten

«Wie jetzt bekannt wird», flunkert Hollenstein, habe sie «gegen Ringier bereits Mitte August eine weitere, umfassende Klage beim Zuger Kantonsgericht eingereicht.» Das «wird» nicht bekannt; er macht’s bekannt. Dann übernimmt er die Begründung seiner Quelle; es dürfe «sich schlicht nicht lohnen, auf dem Buckel von Medienopfern mit Klicks Geld zu verdienen», habe ihm Spiess-Hegglin anvertraut.

Das sieht Jeremias Schulthess, Geschäftsführer der medienkritischen Organisation Fairmedia, auch so: «Wenn die Klage erfolgreich ist, verbessert das Situation der Betroffenen von Medienberichten in der Zukunft massiv», zitiert ihn Hollenstein; in der Eile der vorgezogenen Publikation nicht ganz frei von Rumplern. Fairmedia twitterte bereits 2019 erwartungsfroh: «Hansi Voigt kommt auf weit mehr als eine Million Franken, die Ringier mit der publizistischen Ausbeutung von Spiess-Hegglin verdient habe.»

Beziehungskorruption vom Feinsten. Im Vorstand von Fairmedia sitzt Guy Krneta als Vizepräsident. Krneta machte von sich reden als Initiator der Aktion «Rettet Basel». Die Stadt sollte vor Christoph Blocher gerettet werden; genauer vor dessen Übernahme der «Basler Zeitung». Dagegen wurde mit den Millionen einer Pharma-Erbin das Projekt «TagesWoche» in Stellung gebracht.

Weitere Millionen sind abrufbereit

Der Zwitter zwischen Online-Magazin und Printausgabe verröchelte trotz vielen Millionen sang- und klanglos. Aber wo das Geld herkam, gibt es noch mehr. Jährlich eine Million Franken will die «Stiftung für Medienvielfalt» für ein Nachfolgeprojekt der gescheiterten «TagesWoche» aufwerfen. Da ist Krneta natürlich zur Stelle. Genauso wie Hansi Voigt, der mal wieder ein Konzept erstellte. Damit ist eigentlich nur eins sicher: Auch dieses Projekt wird die jährliche Million locker ausgeben – und irgendwann verröcheln.

Daher hat Voigt offenbar vorausschauend im Dienste von Spiess-Hegglin auf abenteuerliche Weise einen Gewinn von über einer Million Franken durch Artikel über sie bei Ringier herbeifantasiert. Was überraschungsfrei Fairmedia toll findet. Und was Hollenstein seinen Lesern serviert, ohne natürlich auf diese Verbandelungen aufmerksam zu machen.

Auch von Juristerei versteht Hollenstein wenig

Fairmedia will nun die verfolgende Unschuld Spiess-Hegglin «bei ihrem Kampf für Gerechtigkeit weiterhin tatkräftig unterstützen». Krneta, Voigt und Hollenstein: Da bekommt man fast Mitleid mit Spiess-Hegglin. Denn wie schreibt Ringier in seiner ersten Stellungnahme nach der Entschuldigung seines CEO: Es sei zu befürchten, dass «die Vorstellung der Klägerseite über den erzielten Gewinn und die ökonomische Realität des Mediengeschäfts enorm weit auseinander liegen.»

Nicht nur das, in seiner Eile, seinen Primeur so schnell wie möglich herauszuhauen, zeigt Hollenstein, dass er von Juristerei wenig versteht. «Im Juristendeutsch handelt es sich um eine sogenannte Stufenklage», schreibt er mit Kennermiene. Die erste Stufe habe Spiess-Hegglin mit der Verurteilung des Ringier-Verlags wegen Persönlichkeitsverletzung erklommen, «jetzt zündet sie die nächste».

Auf Journalistendeutsch ist das Quatsch. Unsinn. Hollenstein wäre gut beraten, sich von der Anwältin von Spiess-Hegglin mal einen Grundkurs «wie verstehe ich Juristendeutsch» geben zu lassen. Wenn man ins Jufeln gerät, weil man unbedingt die Nase bei der Publikation einer weiteren Stufenklage vorn haben will, passieren natürlich solche Flops.

Alle unterwegs im Neuland

Spiess-Hegglin betrete hier Neuland, schreibt Hollenstein bewundernd. Es ist allerdings zu befürchten, dass dieses Neuland nicht tragfähig ist; zumindest nicht in der Grössenordnung von Hunderttausenden von Franken, die sich offenbar das Opfer, ihre Anwältin, Fairmedia und wohl auch Hollenstein erträumen.

Allerdings, wenn Spiess-Hegglin mehrstufig auf Gewinnherausgabe klagt: Hollenstein hat sich bekanntlich auch schon für fehlerhafte Berichterstattung in seinen Blättern entschuldigt. Auf Juristendeutsch wäre das doch ein Schuldeingeständnis. Hansi Voigt, übernehmen Sie! Was CH Media, also die früheren Lokalzeitungen der NZZ, an Spiess-Hegglin verdient haben, das muss doch auch zurückgefordert werden.

Wenn wir schon dabei sind, weitere Einnahmequellen aufzutun: Hansi Voigt selbst hat sich ebenfalls schon entschuldigt. Für die Berichterstattung in «20Minuten». Da könnte er doch in eigener Sache sozusagen ausrechnen, welche Gewinnherausgabe Spiess-Hegglin zusteht. Schliesslich ist «20Minuten» mindestens so klickstark wie der «Blick». Auch hier kann Voigt locker auf eine weitere Million kommen.

Haltet den Dieb!

Schliesslich schimpft Voigt auf Twitter, in der Hoffnung auf das mangelhafte Kurzzeitgedächtnis der Journalisten: «Blick soll die Beute aus der illegalen «Journalismus»-Orgie herausrücken. Was bei jedem Kaufhausdieb selbstverständlich ist, wird dank Jolanda Spiess bald auch in der Medienbranche gelten.» Allerdings neigen Kaufhausdiebe auch dazu, «haltet den Dieb» zu rufen, um vom eigenen Diebstahl oder der eigenen Orgie abzulenken. Zum Lernen: An dieser «Orgie» war nichts illegal, lieber Herr Dummschwätzer.  Weder in «20 Minuten», noch im «Blick». Vielleicht erklärt Ihnen mal ein geduldiger Mensch, was der Unterschied zwischen einem Zivil- und einem Strafprozess ist.

Oder aber, das Beispiel von Carmen Epp macht Schule. Die entschuldigte sich im Juni 2019 nicht nur öffentlich, sondern kündigte an, dass sie das Honorar, das sie für Ihre Kolumne in der «Medienwoche» gekriegt habe, spende. Davon könnten sich doch Hollenstein, Voigt und alle Entschuldiger eine dicke Scheibe abschneiden! Wir sammeln gerne die Spendenbelege und veröffentlichen sie dann unzensiert.

Geld oder Entschuldigung? Beides!

Seit Jahren verfolgt Jolanda Spiess-Hegglin Medien, die sich ihrer Meinung nach auf Kosten von Opfern bereichern.

Um sich an ihnen zu bereichern?

Schon längst ist sie zur verfolgenden Unschuld geworden. Mit dem Verein «Netzcourage» setzt sie sich nicht nur in eigener Sache ein. Droht nicht nur mit Anzeigen, sondern tut es auch.

Eines ihrer Opfer bittet um Verzeihung und darum, die Klage wegen Ehrverletzung gegen ihn fallenzulassen. Da bleibt Spiess-Hegglin unerbittlich: «Ihre Entschuldigung kann ich leider nicht so ernst nehmen», erwidert sie kühl. Allerdings, vielleicht gebe es doch eine Möglichkeit, nicht bis zu 1500 Franken an den Staat abdrücken zu müssen, «den Strafbefehl und den Registereintrag zu umgehen.» Nämlich mit einer Spende von 1000 Franken an den Verein «The Voice of Thousands».

Rücknahme einer Strafanzeige gegen Spende?

Das war 2016, und Spiess-Hegglin betrat damit mindestens eine Grauzone, um es höflich zu formulieren. Der Verein, der sich der Flüchtlingshilfe widmete, hat Ende Juli dieses Jahres übrigens seine Auflösung bekannt gegeben.

Aber in erster Linie kümmert sich Spiess-Hegglin um ihren eigenen Fall: «Ich möchte einfach, dass meine Ehre und mein Ruf wiederhergestellt werden, die durch Lügen stigmatisiert worden sind. Meine Absicht ist, dass ein weiterer Schreibtischtäter zur Verantwortung gezogen wird.» So begründete sie in «zentralplus» 2017 ihre Klage gegen den damaligen stellvertretenden Chefredaktor der «Weltwoche».

Hollenstein entschuldigt sich

Besonderen Wert legt Spiess-Hegglin darauf, dass sich Medienorgane bei ihr entschuldigen. Das tat schon damals der Publizistische Leiter der «Luzerner Zeitung» Pascal Hollenstein ausführlich: «Jenseits dieser juristischen Auseinandersetzungen kann man festhalten, dass sich einige Medien zu Vorverurteilungen, Ungenauigkeiten und zur Verbreitung zum Teil ungenügend verifizierter Informationen zu Ungunsten von Jolanda Spiess-Hegglin hinreissen lassen haben. Auch dieser Zeitung sind Fehler unterlaufen. Dafür möchten wir uns entschuldigen.»

Allerdings ist Spiess-Hegglin wählerisch, wessen Entschuldigung sie annimmt und von wem nicht. Hollenstein ist inzwischen zu ihrem Sprachrohr denaturiert, das exklusive Meinungshäppchen von Spiess-Hegglin veröffentlicht. Damit das auch richtig klappt, sogar unter Brechung einer gerichtlich angeordneten Sperrfrist für die Berichterstattung über ein neues Urteil in Sachen Spiess-Hegglin.

Spiess-Hegglin hat laut eigenen Aussagen schon mehrere Dutzend Anzeigen eingereicht; in eigener und in fremder Sache. Oftmals würden die dann mit einem Vergleich erledigt; gerne auch mit Spende an ihren oder an andere Vereine ihrer Wahl.

Persönlichkeitsverletzung durch den «Blick»

Besonderer Verfolgung durch Spiess-Hegglin ist der «Blick» ausgesetzt. Der nahm eine Meldung der «zentralschweiz» auf und brachte zur Weihnachtszeit 2014 das sexuelle Rencontre bei einer weinseligen Feier mit den Namen und Fotos der Beteiligten an die Öffentlichkeit. Mit der Frage: Wurde sie geschändet? Denn bei der Fortsetzung des Techtelmechtels in einem Separée könnten k.o.-Tropfen im Spiel gewesen sein.

Daran schlossen sich eine längere Reihe von weiteren Artikeln an, nicht nur im «Blick». Gegen diesen ersten Artikel im «Blick» strengte Spiess-Hegglin eine Klage an. Es handle sich um eine Persönlichkeitsverletzung. Dafür sei ihr eine Genugtuung in der Höhe von 25’000 Franken zu zahlen, zudem solle sich das Boulevardblatt in Form eines vorformulierten Textes auf der Frontseite bei ihr entschuldigen.

Weitere Forderungen auf Gewinnherausgabe behielt sich Spiess-Hegglin vor. Kürzlich entschied das Zuger Obergericht in zweiter Instanz in diesem Zivilprozess. Es bestätigte eine Persönlichkeitsverletzung. Unabhängig von der Richtigkeit der Darstellung im «Blick» gehörten die Ereignisse zur Privatsphäre der Klägerin, zudem habe es kein öffentliches Interesse an der Beschreibung dieses Vorfalls gegeben.

Keine Entschuldigung und gekürzte Genugtuung

Mit der Forderung nach einer Entschuldigung scheiterte die Klägerin allerdings; auch die Genugtuungssumme wurde nochmals gekürzt, auf noch 10’000 Franken. Zudem wurde die Klägerin an den Gerichtskosten beteiligt.

Als dieses Urteil vom Büttel von Spiess-Hegglin bereits 24 Stunden vor Ablauf der Sperrfrist verkündet wurde, liess sie sich so zitieren: «Wir haben nun eine perfekte Grundlage für alles, was noch kommen wird.»

Zunächst kam aber, nach Ablauf der Sperrfrist, eine «aufrichtige Entschuldigung» vom Ringier-CEO Marc Walder. Spiess-Hegglin sei durch die Berichterstattung verletzt worden, und das tue ihm leid. Zuvor hatte sich Spiess-Hegglin noch darüber beschwert, dass es nicht mal eine freiwillige Entschuldigung gebe.

Nun also Gewinnherausgabe

Was wird denn noch kommen? Spiess-Hegglin liess sich vom mehrfach gescheiterten Internet-Guru Hansi Voigt ausrechnen, wie viel Ringier angeblich an seiner Berichterstattung über sie verdient habe. Mit komplizierten Berechnungen, mit denen Voigt absolutes Neuland betrat, kam er auf die beeindruckende Summe von rund einer Million Franken. Zuvor hatte auch er sich bei Spiess-Hegglin entschuldigt, weil Voigt damals bei «20Minuten» natürlich auch an der Erregungsbewirtschaftung dieses Falls mitgemacht hatte. Aber inzwischen ist er offenbar vom Saulus zum Paulus und Frauenversteher gereift.

Das würde also bedeuten, dass Spiess-Hegglin eine Gewinnherausgabe in sechs- oder gar siebenstelliger Höhe fordern könnte. Walder schrieb in seiner freiwilligen Entschuldigung hellsichtig: «Jolanda Spiess-Hegglin wird die Klagen gegen Ringier weiterführen und aufgrund dieser Zeilen nicht fallen lassen.»

Zunächst macht sie sich über die Entschuldigung von Ringier lustig

Was meint Spiess-Hegglin denn zu seiner Entschuldigung, die sie von Anfang an gefordert hatte? Auf Twitter widmet sie Walder einen alten Song der «Toten Hosen». Darin macht sich die deutsche Politband über falsche Entschuldigungen lustig. Persifliert angebliche Entschuldigungen der Polizei und singt selber eine Entschuldigungsarie. Die Botschaft ist klar: Wie schon in der Vergangenheit in anderen Fällen nimmt Spiess-Hegglin dem Ringier-Verlag seine Entschuldigung nicht ab, macht sich sogar lustig darüber.

Während es bei ihren anderen Anzeigen jeweils nur um Kleckerbeträge geht, würde die Gewinnherausgabe im Fall Ringier hoffnungsfroh gewaltig einschenken. Deshalb hat Spiess-Hegglin bereits präventiv, bevor das Urteil des Zuger Obergerichts bekannt war, eine entsprechende Klage eingereicht.

Schon vor dem Urteil des Zuger Obergerichts weitere Klage eingereicht

Um welche Summen geht es da? Nun, um einen Streitwert von «mehreren CHF 100’000». Dabei wird nur die Gewinnherausgabe von 5 «Blick»-Artikeln gefordert, allerdings weitere «Schadenersatz- und Genugtuungssummen» ausdrücklich vorbehalten.

Auf entsprechende Anfragen reagiert ihr Büttel Hollenstein öffentlich. Statt dass Spiess-Hegglin oder er meine Fragen beantworten, publizierte er am Donnerstagabend einen sicherlich schon längst geschriebenen Artikel: Seine Schutzbefohlene «fordert von Ringier die Herausgabe des Gewinns». Angesichts dieser Klage wird auch klar, wieso Spiess-Hegglin versuchen will, die von ihr immer eingeforderte und inzwischen erfolgte Entschuldigung ins Lächerliche zu ziehen. Denn damit fällt eine Flanke ihres Feldzugs gegen Ringier in sich zusammen. Es bleibt nur noch das Finanzielle.

Wie soll die Ebbe in der Kasse behoben werden?

Nun ist durch dieses Urteil zur Persönlichkeitsverletzung, «das nicht eindeutiger sein könnte», wie es sich Spiess-Hegglin schönredet, ein Problem sogar verschärft worden. Spiess-Hegglin bekommt viel weniger Genugtuung als gefordert, auch die Entschädigung für ihre Anwältin fällt magerer aus, und die von ihr per Crowdfunding gesammelten 70’000 Franken sind auch schon längst aufgebraucht.

Selbst wenn Spiess-Hegglin da alles zusammenkratzt, dürfte sie weiterhin auf unbezahlten Rechnungen ihrer für eine forsche Honorarpolitik bekannten Anwältin in der Höhe von sicherlich mindestens 100’000 Franken sitzen.

Also sind sowohl Anwältin wie Mandantin sehr daran interessiert, mittels Gewinnherausgabe die Ebbe in der Kasse zu beheben. Aber auch das ist tricky. Um eine solche Summe wurde in der Schweiz noch nie gestritten. Und ob ein Gericht die abenteuerlichen Berechnungen von Voigt akzeptiert, ist eine weitere Frage.

Geht es ihr einfach nur um Geld?

Die verfolgende Unschuld Spiess-Hegglin ist in einer rechten Bredouille. Die Öffentlichkeit reagiert immer matter auf Neuigkeiten in dieser Affäre ohne Ende. Die Feststellung einer Persönlichkeitsverletzung hat finanziell nicht eingeschenkt. Die verlangte und freiwillig gemachte Entschuldigung von Ringier muss zuerst desavouiert und als unglaubwürdig ins Lächerliche gezogen werden.

Fordert Spiess-Hegglin nun eine enorme Geldsumme, läuft sie Gefahr, dass auch in ihrer Unterstützer-Filterblase der naheliegende Verdacht geäussert wird: Geht es ihr letztlich nicht doch einfach um Geld?