Geldregen in offene Münder
Medienkonzerne tröten gerne in die grosse Trompete. Vierte Gewalt, unverzichtbar. Dann stellen sie den grossen Spendeneimer auf.
Es ist eine hochgefährliche Entwicklung. Die sich zudem wiederholt. Seitdem viele Privat-Sender ein paar Krümel vom Milliardentopf der Radio- und TV-Zwangsgebühren abkriegen, sind die Medienkonzerne recht handzahm geworden, was Kritik am Koloss SRG betrifft.
Aufgejault wird nur, wenn im Rahmen der Strategie «digital first» Angebote ausgebaut werden, mit denen sich die Verlage direkt konkurrenziert sehen. Zankapfel ist hier vor allem der News-Auftritt von SRF im Internet. Da wird gehobelt und gebaggert und lobbyiert, dass der möglichst streng eingehagt wird.
Aber wer ausser Kurt. W. Zimmermann weisst schon darauf hin, dass sich im Koloss SRF knapp zwei Sesselfurzer um jeden Journalisten kümmern? Wann las man das letzte Mal etwas über den Wahnsinn, dass im Tessin der Staatssender, Pardon, der staatsunabhängige Verein der grösste Arbeitgeber ist? So neben der Staatsbürokratie?
Martin Kall oder Aston Martin?
Zum Crescendo hat sich das Gejammer seit der Pandemie gesteigert. Weniger Einnahmen, weniger Inhalt, Zentralredaktionen, brutale Sparmassnahmen, ausgehungerte Lokalredaktionen, zum Skelett abgemagerte Zentralredaktionen, Einheitssaucen von Basel bis Bern, von Zug bis St. Gallen, von Aarau bis Luzern, von der Stadt Zürich über den Kanton Zürich.
Aber keinerlei Sparmassnahmen gibt es bei der Phonstärke des Bettelns. Unverzichtbar, besondere Bedeutung, nicht einfach ein profitgieriges Privatunternehmen wie alle anderen auch. Niemals ginge es den Familien Ringier, Coninx, Wanner, Lebrument (und früher mal Hagemanns, aber die haben’s in den Sand gesetzt) um schnöden Mammon. Niemals machte Michael Ringier den kleinen Scherz, dass sich Martin (gemeint war Martin Kall) um den Verlag kümmere, damit er sich um seinen Martin kümmern könne, den Aston Martin.
Aber andere Dienstleister, andere Produzenten können halt nicht so schön staatstragend die hohle Hand machen. Können nicht Politiker so schön mit lobhudelnden Berichten einseifen, wie toll doch das Krisenmanagement funktioniere, wie da Bundesräte, Beamte und Staatswissenschaftler über sich selbst herauswüchsen. Ungeahnte Führungsqualitäten zeigten, den Überblick behielten, Druck standhielten, wahre Supermänner (und Frauen, of course).
Nach Jammern im hohen C wird die Ernte eingefahren
Gelegentlich auch mal ein Nasenstüber, um zu zeigen, dass man es sich mit den Medien nicht verscherzen sollte. Und es hat gewirkt, jetzt können die Verlage die Ernte einfahren. 120 Millionen zusätzlich regnen über die Printtitel herunter; direkt oder indirekt. Aber auch die Internetpräsenz wird mit 30 Millionen Steuerfranken gefördert. Die Hand hinstrecken dürfen Printmedien, Stiftungs- und Mitgliederorgane, Nachrichtenagenturen, Onlinemedien und auch ein wenig die Medienausbildung.
Im Rausch der Milliardennothilfe für eine Not, die der Staat selbst verursacht hat, mag das als Kleckerbetrag erscheinen. Aber mit lediglich 6 Prozent Anteil am 1,25-Milliardentopf für die SRG wurden die Betreiber von Privat-Sendern gefügig gemacht. Weil dieser Zustupf bis zu 60 Prozent des Budgets ausmacht. Also zwischen Sein oder Nichtsein unterscheidet.
Bei den zusätzlich bewilligten Batzeli wird es noch ein hartes Armdrücken zwischen Gross- und Kleinanbietern von News geben. Im Internet kommt ein besonders absurdes Fördersystem zum Einsatz. Nur Plattformen, die vom User Geld verlangen, sollen in den Genuss von Unterstützung kommen.
Was nichts kostet, ist nichts wert?
Also beispielsweise das grösste Portal «20 Minuten online» nicht. «watson» ebenfalls nicht. Auch nicht «Die Ostschweiz». Oder ZACKBUM. Ausser, es wird ein Bezahlmodell hingewürgt, damit der Geldregen nicht vorbeiplätschert.
Neben dem Gehorsam, der Beisshemmung in die Hand, die einen füttert, hat diese Art der staatlichen Subvention noch einen weiteren gravierenden Nachteil. Trotz allem Gedöns über die besondere Rolle und Aufgabe der Medien: wird Nachrichtenvermittlung als Geschäft betrieben, und (fast) alle Anbieter sehen das als Geschäft, dann sollte ein bewährtes Prinzip der Marktwirtschaft gelten.
Wenn es keine Nachfrage gibt …
Ob es ein Angebot braucht, entscheidet der Markt, bzw. der Konsument. Ist der Produzent so blöd, sein Produkt gratis anzubieten oder sich vom Mittelsmann die Werbebutter vom Brot nehmen zu lassen, bietet er sein Produkt zu teuer an, ist es qualitativ lausig, gibt es keine USP, wird sogar weniger für gleichviel Kosten angeboten, dann regelt das normalerweise das Grundprinzip des Kapitalismus.
Solche Buden müssen sich vom Markt verabschieden. Nicht mehr konkurrenzfähig. Zu wenig Nachfrage. Nun gibt es bei Medien schon lange die Unkultur, dass unter beliebigen Vorwänden bei irgendeinem Randgruppenpublikum Unterstützung erbettelt wird. Weil das Organ niemals seinen Aufwand erwirtschaften könne, aber unverzichtbar sei. Sich höher vergreifen als die «Republik» hat noch keiner geschafft: «dringend nötig zur Rettung der Demokratie.»
Wieso soll selbstverschuldete Krise subventioniert werden?
Ob sich das «unabhängiger Journalismus ohne Bullshit» nennt, «News ohne Bla Bla» (und ohne Rechtschreibung), ob eine Stiftung, ein Verein, eine Genossenschaft oder was auch immer hinter einem Newsorgan steht: wer freiwillig dafür etwas bezahlen will, wohlan. Aber warum soll sich der Steuerzahler daran beteiligen? Damit Randgruppenblättchen weiter überleben, damit multimillionenschwere Medienclans weiterhin von üppigen Dividenden sich einen schönen Tag machen können?
Oder kurz: warum soll etwas subventioniert werden, das überwiegend aus eigener Unfähigkeit ins Gebüsch gefahren wurde? Soll da – neben der Landwirtschaft – eine zweite geschützte Werkstatt entstehen? Damit der Kontrolleur vom Kontrollierten finanziert wird? Was für Schwachsinn dabei herauskommt, zeigen unzählige Skandale im Finanzbereich, wo die Prüffirma auch vom Geprüften bezahlt wird.
Aber eine gute Nachricht gibt es: Der Geldregen ist für 2023 angekündigt. Da dürfte es vorher hoffentlich noch ein paar Auslaufmodelle lupfen.