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Gegen die Stimme der Vernunft

Weinerlich im Elfenbeinturm. So sind die woken Wissenschaftler.

505 Unterzeichner aus der Schweiz hat ein «Offener Brief» gefunden. Von Dr. Adam Knowles, «Department of Philosophy, University of Zurich», die offenbar in den englischen Sprachraum disloziert ist, bis Dr. Zoé Kergomard, «Historisches Seminar, University of Zurich». Von Nr. 24 bis 159 handelt es sich allerdings, wissenschaftliches Neuland, um «Prof. Anonymous», «Dr. Anonymous» oder schlicht um «Anonymous, student». Eine Meinung haben, aber zu feige sein, dazu zu stehen. Das macht den unerschrockenen Forscher in seinem Elfenbeinturm aus.

Weitere Auskunft: «Dieser Brief wurde von mehreren Mitarbeiter*innen der Universität Bern zusammen mit Kolleg*innen aus den Universitäten Basel, Lausanne und Zürich verfasst.
Der Brief wurde am 27. Februar 2024 online gestellt und am 13. März 2024 mit über 1000 Unterschriften an akademische Institutionen in der Schweiz übermittelt

Es geht hier mal wieder, wie meist bei aufgeregten Intellektuellen auf Nabelschau, um alles: «Für Wissenschaftsfreiheit in der Schweiz». Himmels willen, ist die etwa gefährdet? Herrschen bald russische, chinesische, nordkoreanische Zustände in der Schweiz? Offenbar: diese «Wissenschaftler*innen» können zwar kein korrektes Deutsch, aber sie schreiben diesen

«Offenen Brief, weil wir uns grosse Sorgen über die Erosion der akademischen Freiheit sowie über das zunehmend anti-wissenschaftliche Klima in der Schweiz machen. Insbesondere möchten wir mit diesem Brief auf die verstärkten Angriffe von Teilen der Medien und Politik auf die Sozial- und Geisteswissenschaften eingehen.»

Sie warnen vor den Folgen eines «wissenschaftlich unqualifizierten und verpolitisierten Medien-Framings».

Ausgelöst wurde dieses Gejammer offenbar durch die völlig berechtigte, nicht nur mediale Kritik an Auswüchsen in wissenschaftlichen Elfenbeintürmen, wo ein Doktorand an der Uni Basel so unwidersprochen wie unwissenschaftlich behaupten darf, Israel setze Wildschweine aus, um Ernten von Palästinensern zu zerstören. Beleg- und beweisfrei, versteht sich. An den Unis von Basel und Bern, und nicht nur dort, herrscht ein ungehemmter Wildwuchs, wurden Greueltaten der Hamas gefeiert, unterstützt, verharmlost. Dass solcher Unfug nicht geduldet werden kann, versteht sich von selbst.

Aber natürlich wird das sprachlich dürftig aufgepumpt: «Durch eine sogenannte „Anti-Woke“-Agenda werden bestimmte Forschungsrichtungen, die den gegenwärtigen, gesellschaftlichen und kulturellen Wandel kritisch reflektieren (z.B. Geschlechterforschung, Postkoloniale Studien, critical race studies), von bestimmten politischen Kräften fälschlicherweise als unwissenschaftlich dargestellt. Einflussreiche Teile der Medien, die dem Wandel kritisch gegenüber stehen, liefern weithin verzerrte, vereinfachende und in vielen Fällen sachlich falsche Darstellungen von Institutionen, einzelnen Wissenschaftler*innen oder ganzen Disziplinen.»

«Als unwissenschaftlich dargestellt»? Dabei fehlt doch jeder Beweis, dass es sich hier um Wissenschaften handeln soll. Dadurch sei eine «Atmosphäre der Verunsicherung und Selbstzensur entstanden». Schliesslich endet das Pamphlet mit einer Reihe von Forderungen, darunter

  • «fordern wir die Zivilgesellschaft und Regierungsbehörden auf, die Autonomie und Integrität akademischer Institutionen aktiv zu verteidigen, und diese als wichtige Räume für die Entwicklung von neuem Wissen und die Förderung von Vielfalt, Inklusion und demokratischer Werte anzuerkennen.»

Vielfalt, Rede und Widerrede, Erkenntnisförderung im Diskurs, so geht Geisteswissenschaft. Ginge.

Besser als Christina Neuhaus in der NZZ kann man darauf nicht replizieren: «Das ist – mit Verlaub – nicht nur schlecht geschrieben, sondern auch dürftig durchdacht. Für die Unterzeichner des offenen Briefs ist politisch gefärbte Wissenschaft offenbar zum Dogma geworden. Deshalb rufen sie nach einem Panic-Room im woken Elfenbeinturm, der sie vor kritischen Nachfragen schützen soll. Forschungsfreiheit? Gefährdet! Pressefreiheit? Haltet’s Maul!»

Zu feige, diesen Offenen Brief zu unterzeichnen. Sich weinerlich darüber beschweren, dass unreflektierte Jubelschreie über ein Massaker und deren Verteidigung kräftig Gegenwind auslöst. Aber am allerschlimmsten ist: wenn (wohlbezahlte) akademische Forschung und Positionierung Sinn machen soll, dann muss sie sich Konflikten, Widerworten, Kritiken aussetzen können.

Wir plaudern über Gender, 164 sexuelle Orientierungen, über postkoloniale Aneignung, über Safe Rooms, wir machen Veranstaltungen, an denen CIS-Männer keinen Zutritt haben, wir wollen in aller Ruhe leiden und klagen und auch noch für bezahlt werden: wie tief sind diese Wissenschaftler gesunken?

Das kann man daran ermessen, dass es offensichtlich keinem der Unterzeichneten peinlich ist, seinen Namen unter ein solches Gegreine zu setzen. Noch peinlicher ist, dass von ihnen die Teilnahme «anonymer» Unterzeichner geduldet wird. Von jetzt an behauptet ZACKBUM, dass beispielsweise dieser Artikel von René Zeyer mutig mit Namen unterschrieben ist. Plus 37 anonyme Autoren, die angesichts der Repression, die ZACKBUM öffentlich erleidet, sich unwohl fühlen würden, käme ihr Name ans Licht. So tief ist die Medienkritik in der Schweiz gesunken!

Man muss leider konstatieren, dass hier ein altes Vorurteil seine neue Bestätigung findet: es gibt nichts Dümmeres als einen Wissenschafter in seinem Elfenbeinturm, der an der Ungerechtigkeit der Welt leidet. Ist das vielleicht peinlich.

Leonard Cohen brachte das Äusserste an Peinlichkeit auf den Punkt: «white man dancing». Es gibt aber noch eine Steigerung: «anonymous scientists moaning».

 

 

Medial genial: unbezahlte Fragen und Antworten Teil 1

Mediensterben oder Fake News? Vierte Gewalt oder Bereicherungsmaschinen?

Wie steht es nach einem Jahr Corona um die Schweizer Medien? Wenn man diese Frage stellt, antwortet eine Kakophonie, als hätte man die Task Force to the Bundesrat um eine klare Meinung gebeten.

Laut Statista gab es 2010 in der Schweiz 14’177 Journalisten und Redaktoren. 2018, neuere Zahlen sind da nicht vorhanden, waren es 14’507. Dass die Qualität des Angebots schwer leidet, wird ausführlich beklagt. So gingen alleine in einem Jahr 600 Journalistenstellen verloren. Das konstatiert das Buch «News-Fabrikanten». Allerdings erschien es in aktualisierter Auflage – 2010.

Unbestritten ist lediglich, dass der Anzeigenmarkt dramatisch eingebrochen ist. Im Print bis zu 80 Prozent. Und online? Da lassen sich die grossen Verlage seit Jahren von den Riesen Google, Facebook & Co. die Butter vom Brot nehmen, und die grösste Scheibe vom Brot auch noch. Ein seltenes Armutszeugnis für hochbezahlte Manager.

Das ist etwa so, wie wenn sich der Finanzplatz Schweiz 80 Prozent des Online-Hypothekenmarkts von Internet-Giganten wegnehmen liesse. Und ausser gelegentlichem «das ist aber nicht schön» oder «Staat, Hilfe» nichts dagegen täte.

Die grossen Medienkonzerne sind Familienunternehmen

Die drei grossen überlebenden Konzerne, neben NZZ und tapferen Kleinverlagen, sind fest in privater Hand. Von ihnen ist lediglich Tx (wenn der Konzern immer noch so heisst) börsenkotiert, was eine gewisse Auskunftspflicht mit sich zieht. Ringier und CH Media sind es nicht. Aber ob sie das freiwillig freiwillig oder gezwungen preisgeben, bei allen drei Verlagen sprudeln die Gewinne für die Besitzer stetig und ungebremst. Damit dieser Zustand trotz garstigen Zeiten weiterhin anhält, entfalten sie eine hektische Aktivität.

Immer unter dem Slogan «Qualitätsjournalismus, vierte Gewalt, Service Public, unverzichtbar in einer Demokratie» wird vorgetanzt. Am liebsten zum Lied: «Was geht mich mein dummes Geschwätz von gestern an». Ewige Begleiter sind:

«Wächterfunktion, niemals werden wir, im Zentrum steht der Journalismus, Verantwortung», Blabla und Blüblü.

Hinter diesem durchsichtigen Wortvorhang wird zusammengelegt, gespart, werden feste Zusagen am Laufmeter gebrochen. Tamedia sonnte sich einige Jahre im «Berner Modell», zwei sich konkurrenzierende Zeitungen am Platz, aus dem gleichen Medienhaus. Eine völlige Fusion sei «kein Thema», verkündete der Verlag markig. Gerade in der Bundeshauptstadt, Meinungsvielfalt, Verantwortung, Lülü. Bis es dann mal wieder hiess: «April, April. Es ist April, und das war’s mit zwei Redaktionen. Wir verabschieden uns zudem von 20 Vollzeitstellen. Ging nicht anders.»

Die Journis kreischen auf, verfassen ein «Manifest», die Gewerkschaften toben, missbilligen, fordern wenigstens einen anständigen Sozialplan, Politiker runzeln wieder die Stirne, ein paar Todesmutige versuchen ein Crowdfunding, um die «Meinungsvielfalt» zu retten. Die Karawane zieht weiter, und auch diese Aufregung wird sich legen.

Eines ist die reine Wahrheit: das Gewinnziel

Tamedia hat schon vor Jahren ein Gewinnziel von 15 Prozent vorgegeben. Pro Profitcenter, versteht sich. Das bedeutet zum Beispiel, dass die ins Internet abgewanderten Anzeiger (Stellen, Autos, Immobilien) als eigene Entität gelten, die davon abgetrennten Medien wie «Tages-Anzeiger» ebenfalls. «Quersubventionierung», weil diese Plattformen nur funktionieren, weil sie im Print aufgepäppelt wurden? Ganz falsch, sagt Pietro Supino, Meister des Return on Investment.

Aber das Problem wird sich sowieso demnächst erledigen, wenn Google, Facebook, Amazon & Co. auch noch diese Marktplätze erobern werden, die dann ihrerseits von Alibaba weggeräumt werden. Und die Schweizer Medienhäuser? «Ist aber nicht schön, Staat, Hilfääää!»

Eigentlich ist nichts dagegen einzuwenden, dass die Familien Wanner, Coninx und Ringier die hohle Hand beim Staat machen, nachdem sie sich über Generationen goldene Nasen, Badewannen und Villen verdienten. Niemandem ist vorzuwerfen, dass er macht, was er darf und kann. Wenn Geld gratis angeboten wird, wieso nicht zugreifen?

Denn auch bei Medien gilt: wer laut jammert und dabei das Halszäpfchen sehen lässt, bekommt am meisten in den Rachen geworfen. Nur: ist das selbst beim staatlichen Gebührensender SRG richtig? Pardon, beim Verein SRG, der in völliger Staatsferne seinem Verfassungsauftrag nachkommt.

Die Schweizer Medienlandschaft.

Fortsetzung folgt.

Oh je, nun auch «Edito»

Was allen anderen billig ist, kann doch bei «Edito» nicht falsch sein. Es wird gebettelt.

Unerreicht in der Champions-League spielt in der Schweiz die «Republik». Grosse Worte, grosse Summen, jährlich wiederholt, inklusive Selbstmorddrohung. Eindeutig Platz eins.

Dahinter kommen dann einige (noch) lebende hoffnungsfrohe Plattformen. Bajour bettelt um mehr Members bis Ende Jahr. Gönner natürlich auch immer willkommen.

Ausgerechnet unter die grottenschlechten Artikel stellt die «Medienwoche» ihren Aufruf, als Gönner «100 Prozent in unabhängigen, hintergründigen Journalismus» zu investieren. Wohl eher in abgründigen, der die Tiefen der guten Gesinnung auf Kosten schlechter Recherche auslotet.

Auch «Edito» macht die hohle Hand

Und jetzt auch noch «Edito».  Zu den grösseren Nachteilen meiner Mitgliedschaft bei impressum gehört, dass mir «Das Schweizer Medienmagazin» zugestellt wird. Den schmalbrüstigen, dünnen Gesinnungsjournalismus drin haben wir schon rezensiert.

Aber diesmal kommt das Blättchen mit einer Gesamtauflage von rund 10’000 Exemplaren mit Beilage. Während man sich nostalgisch daran erinnert, dass das nun die Ruine ist, die aus Gazette, journalisten.ch und dem unerreichten «Klartext» übrig blieb.

Wie alle Bettler haben sie gute und schlechte Nachrichten

Unterzeichnet ist der neuste Bettelbrief vom Verleger, der Chefredaktorin und dem Redaktionsleiter Romandie. Sie haben, wie eigentlich alle Bettler, eine schlechte und eine gute Nachricht. Die schlechte: «Die Edito-Erträge» sanken «teilweise über 50 Prozent». Interessante Formulierung. Aber was ist die gute Nachricht? Dank der Abonnententreue und «der Bereitschaft aller Mitarbeitenden, auch in 50 Prozent Kurzarbeit ein Bestes zu geben, konnte sich unser Schiff über Wasser halten».

Bötchen, Schlauchboot würde es wohl besser treffen. Wir wollen auch nicht grübeln, ob die staatlich bezahlte Kurzarbeit zum Besten für alle in Vollzeitarbeit umgemünzt wurde. Aber item, man wolle alles daransetzen, um den Erhalt «des einzigen gesamtschweizerischen Medienmagazins» zu gewährleisten.

Auch wir sind für kritischen Medienjournalismus

Mit Verlaub, nur weil auf den Kopf gestellt im gleichen Heft ein Teil auf Deutsch und ein fast identischer Teil auf Französisch erscheint, während es im Tessin keinen Journalismus zu geben scheint, ist «einziges gesamtschweizerisches Medienmagazin» doch ziemlich hoch gestapelt.

Aber wie auch immer, was mal wieder gesagt sein muss: «Kritischer Medienjournalismus ist gerade jetzt nötiger denn je.» Dieser Auffassung sind wir bei ZACKBUM.ch allerdings auch. Nur betteln wir nicht um Spenden. Obwohl wir inzwischen Single Vistors in einer Zahl haben, die die Auflage von «Edito» weit übertrifft.

Da das ja scheint’s alle anderen auch so machen, «arbeitet ein Projektteam an der Zukunft von Edito». Und auf welche originelle Idee ist dieses Team gekommen? Ausbau der digitalen Angebote. Wahnsinn. Dafür haben wir weder ein Projektteam noch mehr als eine Minute gebraucht. Internet first, vielleicht, in weiter Zukunft, auch mal Print. Wenn man uns gefragt hätte, hätte sich das Projektteam nicht an sicherlich zahlreichen Sitzungen den Kopf zerbrechen müssen. Andererseits: dann hätte es ja kein Sitzungsgeld, kein Gemeinschaftsgefühl und keine gemeinsame Absackerchen gegeben.

Wieso nicht mit uns reden?

Aber wir wissen schon, wieso man mit uns nicht reden will. Weil wir immer so böse mit allen sind? Aber nein. Weil wir der festen Überzeugung sind: wo es keine Nachfrage gibt, nützt auch Bettelei, Aufrufe, Solidarität, Appelle schlichtweg nix. Das Einzige, was passiert, ist immer die Verlängerung der Agonie. Sterbebegleitung. Geld sinnlos verrösten.

Wir haben uns fest vorgenommen, Ende Jahr Zwischenbilanz zu ziehen. Rund 5 Monate, das scheint uns ausreichend. Wofür? Na, für die einzige Währung, die im Internet wirklich zählt. Wie viele Leser haben wir, und nimmt deren Anzahl zu oder ab?

Nimmt sie deutlich ab, würden wir ohne zu zögern am 31. Dezember den Stecker ziehen. Ohne Gewinsel, ohne Bettelei, ohne vorherige Drohung mit Selbstmord. Ohne Hinweis darauf, dass Medienkritik so nötig wie noch nie sei.

So macht man das, finden wir.